Protocol of the Session on October 2, 2015

Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu geplanten Internierungs- und Isolierungslagern in Thüringen

Historischen Nachforschungen zufolge waren durch die Stasi etwa 86.000 Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR im Falle einer inneren Krise, einer Spannungsperiode oder im Verteidigungszustand zur Festnahme, zur Isolierung und zur verstärkten operativen Kontrolle und Überwachung vorgesehen. Innerhalb der DDR gab es bis ins kleinste Detail erstellte Planungen für Isolierungslager, in de

nen unliebsame und systemkritische Menschen, wie zum Beispiel sogenannte Anführer von Friedens- und Umweltbewegungen, interniert werden sollten. Überall in der DDR, auch in Thüringen, gab es speziell vorbereitete Gebäude, in die diese festgelegten Personen gebracht worden wären. Manche dieser Gebäude stehen bis heute.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung der Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu Internierungs- und Isolierungslagern in Thüringen bei und was tut sie, um diese voranzubringen?

2. Durch welche konkreten Maßnahmen wird die Aufarbeitung zu diesem Thema entsprechend unterstützt?

3. Welche Aktivitäten sind der Landesregierung seitens des Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur zu dieser Problematik bekannt und wie bewertet die Landesregierung die Entscheidung des Beauftragten, die Forschung dazu, welche ursprünglich in eine Ausstellung münden sollte, nicht weiter voranzutreiben?

4. Wann ist mit einer ersten Berichterstattung zum Stand der Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu rechnen?

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatssekretärin Winter.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, als Vorbemerkung danke ich zunächst der Abgeordneten Rothe-Beinlich für die Anfrage. Die Diskussion eben zum Tagesordnungspunkt des Gedenktags hat auch gezeigt, wie viele Aspekte es gibt, die man immer wieder aufrufen muss. Auch hier ist ein Aspekt genannt, der vielleicht nicht jedem in diesem Freistaat bekannt ist, sodass es gut ist, Dinge immer wieder zu thematisieren.

Ich beantworte Ihre Anfrage für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Natürlich ist die Aufarbeitung der SEDDiktatur und deren Überwindung ein besonderes Anliegen für diese Landesregierung. Die Erforschung und die Vermittlung von Wissen zu den von der SED-Diktatur geplanten Internierungs- und Isolierungslagern ist dabei ein Aspekt dieses Aufgabenfelds. Die Landesregierung gewährleistet mit ihrer nachhaltigen Förderung der in Thüringen mit der Aufarbeitung befassten Institutionen und Initiativen beste Rahmenbedingungen auch für Projekte zu diesem genannten Teilgebiet. Die Thematik der Internierungs- und Isolierungslager selbst ist ja keine

Terra Incognita. Sie haben es gerade in Ihrer Anfrage auch dargestellt. Grundlegend ist hierzu erst einmal die Erstauflage der Studie der Stasi-Unterlagenbehörde von 1995, „Vorbereitung auf den Tag X. Die geplanten Isolierungslager des MfS“. Detailrecherchen lokaler Forscher in Thüringen zum Eichsfeld oder zu Apolda – wir haben auch heute in einer Thüringer Tageszeitung ausführlich dazu lesen können – liegen vor. Ich möchte auch auf die letztes Jahr von der Landeszentrale – Blätter zur Landeskunde – herausgegebene kleine Schrift „Die geplanten Isolierungslager der Stasi“ hinweisen. Jeder kann sich letztlich informieren, wenn er oder sie denn will.

Zu Frage 2: Die Landesregierung bekennt sich zum Thüringer Modell einer dezentralen, zivilgesellschaftlich verfassten Aufarbeitungslandschaft. Den Akteuren steht das Förderinstrumentarium für Vorhaben zum Themengebiet weiter zur Verfügung, wie in den vergangenen Jahren auch. Ich muss aber auch sagen, bisher sind zu dem Thema keine Förderanträge eingegangen. Ich werde das Thema daher gerade durch die Mündliche Anfrage hier beim Treffen des Geschichtsverbunds Thüringen für mögliche Projektideen anregen.

Zu Frage 3: Der Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ist eine Behörde des Thüringer Landtags. In seinem am 31. März 2015 dem Präsidenten des Hohen Hauses vorgelegten Jahresbericht von 2013/2014 informiert der Landesbeauftragte auf Seite 37 kurz über lokale Forschung, Publikationen und Ausstellungsvorbereitungen zur Thematik der Internierungs- und Isolierungslager. Weitere Informationen liegen der Landesregierung bis heute nicht vor. Ich bemerke aber sehr wohl – das möchte ich ergänzen –, dass es immer mal zu Irritationen zwischen engagierten Akteuren der Aufarbeitung und dem Landesbeauftragten kommt. Ich werde dies – das war jetzt im Rahmen der Mündlichen Anfrage zu kurzfristig – zum Anlass nehmen, den Landesbeauftragten nach § 9 Abs. 2 des Gesetzes über den Beauftragten zur Stellungnahme zu dem Thema aufzufordern.

Zu Frage 4: Entsprechend des Beschlusses in der Drucksache 6/667 werden wir im März 2016 hier im Landtag berichten.

Frau Rothe-Beinlich, Sie haben eine Nachfrage?

Genau genommen habe ich sogar zwei Nachfragen. Die erste ist: Sie haben gerade ausgeführt, dass Sie den Beauftragten um Stellungnahme bitten werden. Können Sie uns diese Stellungnahme

zur Verfügung stellen, wenn Sie sie vorliegen haben? Das ist meine erste Frage.

Die zweite Frage: Sie hatten ausgeführt, dass im Bericht der Beauftragten von 2013/2014 kurz ausgeführt ist, dass Forschung zum besagten Thema stattfindet. Wir können heute in der „Thüringischen Landeszeitung“ nachlesen, dass Herr Köhler, der über viele Jahre dazu geforscht hat, natürlich nach wie vor ein großes Interesse hat, seine Forschung auch öffentlich werden zu lassen. Ist es denkbar, dass die Landesregierung Herrn Köhler und seine Forschung an der Stelle unterstützt?

Zur ersten Nachfrage: Abgesehen davon, dass auch der Landtag selbst um Stellungnahme bitten kann, denke ich, spricht nichts dagegen, dass ich Ihnen die Stellungnahme dann, wenn sie mir vorliegt, zur Verfügung stelle.

Das Zweite ist, zieht man den Vergleich zu den Irritationen rund um die Sportstudie: In dem Moment, wo diejenigen, die die Studien betreiben, sagen, ich trete an die Landesregierung heran – ich habe gerade gesagt, es steht ein Förderinstrumentarium zur Verfügung –, dann bin ich sehr offen dafür, um zu schauen, was wir da machen können.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Nächste Fragestellerin der Drucksache 6/1116 ist Frau Abgeordnete Herold, vorgetragen von Herrn Abgeordneten Kießling.

Vielen Dank, Herr Präsident!

Die Frage lautet:

Gewinnung von Ärzten aus den Reihen der Flüchtlinge in Thüringen

Zur Versorgung der großen Anzahl von Migranten und Flüchtlingen, die in den letzten Monaten Thüringen erreicht haben, sollen unter anderem Ärzte aus den Reihen derselben identifiziert und für die Mitarbeit bei der Erstuntersuchung der Flüchtlinge gewonnen werden. Dieses medizinische Personal soll eine vorläufige Berufserlaubnis erhalten. Dazu gehört in der Regel eine Prüfung der Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 oder C1.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele ausländische Ärzte sind bis jetzt für dieses Vorgehen gewonnen worden?

2. Wie viele von ihnen verfügen über Sprachkenntnisse auf dem Niveau B2 oder C1?

3. Wie soll, bei Nichtvorliegen deutscher Sprachkenntnisse, die gesetzlich vorgeschriebene Betreu

(Staatssekretär Dr. Winter)

ung der ausländischen Ärzte durch einen diesen beigegebenen Kollegen mit deutscher Approbation sichergestellt werden?

4. Welche anderen Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um die ärztliche Versorgung der Flüchtlinge zu gewährleisten?

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Werner.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Die nachfolgenden Angaben zu den Fragen 1 bis 3 hat mein Haus von der zuständigen Behörde, dem Thüringer Landesverwaltungsamt, eingeholt.

Zu Frage 1: Eine Aussage kann lediglich bezüglich der ausländischen Ärzte getroffen werden, die für die Tätigkeit in einer Aufnahmestelle eine Berufserlaubnis erhalten haben, da diese einsatzgebunden erteilt wird. Bisher haben drei ausländische Ärzte eine Berufserlaubnis für eine ärztliche Tätigkeit in einer Aufnahmestelle erhalten. Aktuell ist nur einer von ihnen in einer Aufnahmestelle tätig. Bei zwei von ihnen liegt ein Flüchtlingshintergrund vor. Zwei weitere ausländische Ärzte erhalten eine Berufserlaubnis, sobald sie ihren Arbeitsvertrag mit dem Träger einer Aufnahmestelle abgeschlossen haben. Ein weiterer ausländischer Arzt ist auf der Grundlage einer Approbation in einer Aufnahmestelle tätig.

Zu Frage 2: Die vorbenannten Ärzte verfügen über Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 oder C1 und haben zusätzlich einen Patientenkommunikationstest absolviert.

Zu Frage 3: Diese Frage hat sich aktuell in der Praxis noch nicht gestellt. Sofern ein ausländischer Arzt ohne Deutschkenntnisse unter Anleitung eines approbierten Arztes im Rahmen einer Berufserlaubnis nach § 10 Abs. 1 Bundesärzteordnung in einer Aufnahmestelle arbeiten möchte, ist es erforderlich, dass sich beide Ärzte sprachlich verständigen können. Wesentlich ist, dass der ausländische Arzt die Sprache der Flüchtlinge als Muttersprache beherrscht.

Zu Frage 4: Gemeinsam mit der Landesärztekammer Thüringen haben wir einen Aufruf im Septemberheft des Thüringer Ärzteblatts veröffentlicht, mit dem Thüringer Ärztinnen und Ärzte zur Unterstützung der medizinischen Versorgung von Asylbewerbern gewonnen werden sollen. Die sich auf diesen Aufruf meldenden Ärzte werden erfasst und in Abhängigkeit von deren zeitlichen und örtlichen

Möglichkeiten an die Aufnahmeeinrichtungen vermittelt, in denen ein entsprechender Bedarf besteht. Mein Haus hat zudem in einem Arbeitsgespräch gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen, der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen und der Landesärztekammer Thüringen die Möglichkeit erörtert, Anlaufpraxen in der Nähe der Aufnahmeeinrichtungen zu etablieren. Diese sollen die medizinische Versorgung der Flüchtlinge übernehmen, um so die medizinischen Strukturen vor Ort zu entlasten. Dafür werden aktuell die Voraussetzungen geprüft und grundlegende Vorstellungen zu Struktur und Ablauf erarbeitet. Des Weiteren sind wir im Gespräch mit Thüringer Kliniken, um diese in die strukturierte medizinische Versorgung mit einzubeziehen. Danke für die Aufmerksamkeit.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Die nächste Frage in der Drucksache 6/1119 wurde von der Fragestellerin, Frau Abgeordneter Muhsal, zurückgezogen.

Wir kommen dann gleich zur nächsten Anfrage in der Drucksache 6/1123. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Gruhner, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, vielen Dank!

Verkauf der Thüringer Wasserkraft- und Pumpspeicherwerke

Am Freitag, dem 25. September 2015, veröffentlichte die „Thüringer Allgemeine“ einen Artikel zur Zukunft der Thüringer Wasserkraft- und Pumpspeicherkraftwerke. Darin werden die Absichten des Energieversorgers Vattenfall dargelegt, das Pumpspeicherwerk Goldisthal sowie die Pumpspeicherwerke Hohenwarte I und II an einen Investor zu veräußern. In diesem Zusammenhang wird der Sprecher der Thüringer Landesregierung mit den Worten zitiert: „Thüringen ist bereits mit Interessenten und zukünftigen Eigentümern im Gespräch.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie lange ist die Landesregierung in die entsprechenden Verkaufsabsichten Vattenfalls eingeweiht?

2. Seit wann steht die Landesregierung diesbezüglich mit potenziellen Investoren in Kontakt?

3. Zu welchen konkret verfolgten Zielen wurden mit welchen potenziellen Investoren sowie Eigentümern seitens der Landesregierung Gespräche geführt?