Protocol of the Session on October 1, 2015

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei weiß man auch in dieser Fraktion um die Vorteile, die so ein Mandat mit sich bringt. Sie wissen genau, dass Sie im Thüringer Landtag keinen Antrag oder Gesetzentwurf dieser Art durchbringen werden. Nur das ist der Grund, warum Sie solche Anträge überhaupt einbringen.

Herr Brandner, ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen:

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Nein, lass mal!)

Gehen Sie doch mal mit einem guten Beispiel voran.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Geben Sie Ihr Mandat ab!)

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sind Abgeordneter und arbeiten gleichzeitig als Rechtsanwalt. Ich weiß auch, was gleich kommt. Was sagen eigentlich Ihre besorgten Bürger dazu? Doppelte Einnahmen? Können Sie Ihrem Mandat eigentlich gerecht werden als Rechtsanwalt und als Parlamentarier? Schade, kommt doch nicht der Einwand. Ich habe für die Dauer des Mandats meinen Job niedergelegt – nur mal so.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD)

(Beifall AfD)

Ich hatte keinen? Ach, Herr Möller, wissen Sie, soll ich Ihnen die Lohnabrechnungen herbringen? Ich hatte keinen Job? Sie Spaßvogel. Sie sind doch ein Spaßvogel.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben Sie nicht nö- tig!)

Auch ein Wort an Herrn Höcke: Auch Sie wussten gleich alle Vorteile, die Ihr Amt als Fraktionsvorsitzender mit sich bringt, zu nutzen. Ich denke, Sie wollten anders sein als alle anderen. Herr Brandner hat es ja vorhin auch gesagt, es kommen noch mehrere solche Vorschläge. Nein, Sie nutzen genauso den Dienstwagen. Es wäre doch ein richtiges Zeichen für den besorgten Bürger gewesen, auf diesen zu verzichten. Stattdessen kommen hier nur Sprüche. Man könnte aber auch sagen: Außer Spesen nichts gewesen. Ich lehne diesen Gesetzentwurf, den Sie da vorgelegt haben, ab. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete Marx.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das Beste zum Schluss!)

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Sie sind in Parlamentsgeschichte und Recht und Verfassung eben nicht so bewandert. Es liegt Ihnen ja auch nicht so richtig wirklich am Herzen. Es ist schon viel gesagt worden, auch über die Verschränkung der Staatsgewalten. Wussten Sie schon, dass es Parlamentarische Staatssekretäre im Bundestag gibt? Die haben gleichzeitig die Funktion, Staatssekretäre zu sein und im Abgeordnetenmandat zu verharren. Das ist sozusagen die berufsmäßige Konstruktion. Daran sehen Sie schon, dass dieser alte Trennungsmechanismus eben so nicht mehr funktioniert. Es gibt noch viele andere Gründe dafür, warum man auch gegen eine Trennung von Amt und Mandat sein kann. Wir haben ja alle immer Spitzenkandidaten und wenn diese Spitzenkandidaten gewohnterweise, wenn die Parteien eine Mehrheit haben, ein Ministeramt bekommen und ihr Mandat niederlegen müssten, dann wäre das ein Wahlbetrug. Dann hätten sie als Abgeordnete kandidiert und würden sozusagen gesetzlich hinterher ausschließen können, das Mandat wahrzunehmen. Deswegen ist es eine höchstpersönliche Entscheidung jedes Abgeordneten – und die ist auch verfassungsrechtlich abgesichert –, selbst zu entscheiden, ob er sein Mandat neben dem Ministeramt noch ausüben möchte oder nicht.

Frau Abgeordnete Marx, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Brandner?

Aber immer.

Da nehme ich Sie beim Wort, Frau Marx.

Jetzt nur einmal, ich hatte ja schon mal vor einigen Wochen ergebnislos den Kollegen Adams gefragt, wo wir genau die Ausführungen zum Wahlbetrug finden. Können Sie uns da auf die Sprünge helfen?

Es ist kein Wahlbetrug. Ein Wahlbetrug im Wortsinne wäre es nicht, das würde ja zur Anfechtung der Wahl berechtigen. Aber es ist möglicherweise eine Täuschung des Wählers, wenn man einem Abgeordneten vorschreibt, der ein Ministeramt übernimmt, dass er dann auf keinen Fall mehr Abgeordneter sein kann. Wenn das so wäre, dann wäre es ehrlicher, dass die Spitzenkandidaten oder die Minister oder Ministerpräsidentenkandidaten von vornherein gar nicht auf Listen stehen. Das hätte aber noch einen weiteren Nachteil, über den Sie sich sicherlich auch noch keine Gedanken gemacht haben: Das wären dann reine Parteisoldaten, die sozusagen ohne jedes Votum von Bürgerinnen und Bürgern in ein Amt kämen. Aber vielleicht ist Ihnen das ja sympathisch.

(Unruhe AfD)

Auch das kann nicht gewollt sein. Ein Minister, der zeitgleich Abgeordneter ist, hat neben einer stärkeren Anbindung an den Wähler möglicherweise auch eine relativ größere Selbstständigkeit gegenüber seinem Ministerpräsidenten oder seiner Ministerpräsidentin. Auch das muss ihm oder ihr gestattet sein. Wesentlich erscheint mir ein Irrtum, dem Sie immer mal erliegen und auf den der Kollege Blechschmidt schon hingewiesen hat: Wenn Sie irgendetwas politisch für sinnvoll oder für richtig halten, kann man dazu Beschlüsse oder Appelle fassen, aber das bedeutet nicht, dass man in der Verfassung das Recht von Abgeordneten einschränken müsste. Das ist das, was Sie irgendwie nicht begriffen haben. Ich meine, wenn man so ein totalitäres Staatsverständnis hat wie in Ihrem politischen Spektrum, dann kommt man natürlich auf solche Ideen, das vielleicht alles in die Verfassung zu schreiben. Das entspricht aber nicht den Grundsätzen einer freiheitlichen Demokratie.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abgeordnete werden durch freie, geheime Wahlen Abgeordnete. Sie sind – das ist schon zitiert wor

den – nur ihrem Gewissen unterworfen. Es ist daher ihnen allein überlassen, ob sie die Entscheidung treffen, dass sie neben einem Minister- oder Ministerpräsidentenamt ihr Abgeordnetenmandat noch behalten wollen oder nicht. Diese Selbstverständlichkeit, diese selbstverständliche Freiheit per Verfassung einschränken zu wollen, ist absurd.

Es ist auch vollkommen unumstritten bei allen verfassungsrechtlichen und politischen Autorinnen und Autoren, dass auch die Parteitagsbeschlüsse, die Sie so schön vorgelesen haben, letztlich immer nur appellativen Charakter haben können. Sie dürfen keinerlei Verbindlichkeit gegenüber den Abgeordneten entfalten, und sie entfalten auch keine Verbindlichkeit gegenüber der Entscheidung des Abgeordneten. Deswegen haben wir jetzt mal wieder alle hier zusammen im Haus versucht – und das muss Ihnen doch zu denken geben – Ihnen die verfassungsrechtlichen Grundlagen mal so ein bisschen näherzubringen. Aber in einer Struktur, die vielleicht mehr auf Kadavergehorsam und auch auf Kadaverbürger ausgelegt ist, erscheint Ihnen vielleicht so ein Gedanke fremd. Aber Sie sollten sich damit vertraut machen, dass wir eine freiheitliche Demokratie sind und die kennt eben auch nur freie Abgeordnete, die sich nicht einer Parteibeschlussfassung zwingend unterwerfen müssen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Sie kön- nen jetzt aufhören, es ist schon 19.00 Uhr!)

Einen solchen Zwang in der Verfassung niederzuschreiben, das wäre dann ganz verfehlt. Herr Brandner, haben Sie noch eine Zwischenfrage?

(Heiterkeit CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, gerade haben Sie der Kollegin von den Grünen unterstellt, Sie wäre schon nach Hause gegangen und jetzt wollen Sie heimgehen? Na gut, dann lassen wir Sie mal frei. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist Ausschussüberweisung beantragt an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenstimmen? Stimmenthaltungen sehe ich nicht. Mit einer Mehrheit der Gegenstimmen und den Jastimmen der AfD-Fraktion ist die Ausschussüberweisung abgelehnt. Damit schließe ich die Beratung des Tagesordnungspunkts für heute.

Bevor ich die Beratung am heutigen Tag insgesamt schließe, möchte ich noch bekanntgeben, dass der Haushalts- und Finanzausschuss 10 Minuten nach

dem Ende der heutigen Plenarsitzung im Raum F 101 zusammentritt. Damit schließe ich die heutige Plenarsitzung. Ende: 19.01 Uhr