Protocol of the Session on September 10, 2015

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Herr Minister Tiefensee, vielen Dank. Wir kommen dann zur nächsten Anfrage, eine des Abgeordneten Schaft in der Drucksache 6/1001. Herr Schaft.

Hochschulzugang für Geflüchtete in Thüringen

Bildung und Qualifizierung sind wesentliche Elemente gesellschaftlicher Integration und Inklusion und dienen der Sicherung von Teilhabe. Nicht zuletzt sind sie auch Voraussetzung für die Partizipation am Arbeitsmarkt. Zur Sicherung dieser Teilha

(Abg. Henke)

bemöglichkeiten für Geflüchtete kommt deshalb dem Thüringer Bildungswesen eine entscheidende Rolle zu. Die Thüringer Hochschulen besitzen hierfür bereits eine umfassende Infrastruktur wie internationale Büros, Sprachlernzentren und soziale Betreuungsmöglichkeiten durch das Studierendenwerk.

Bereits am 7. Juli 2015 hat die Hochschulrektorenkonferenz vor diesem Hintergrund erste Ergebnisse einer deutschlandweiten Befragung von Hochschulen zu unterstützenden Maßnahmen für Geflüchtete veröffentlicht. In der Pressemitteilung wird auf vielfältige Unterstützungsangebote seitens deutscher Hochschulen hingewiesen. So werden etwa vereinfachte Zugangsverfahren, finanzielle Unterstützungen und eine besondere psychosoziale Betreuung ausgewiesen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat zudem am 12. August 2015 bekannt gegeben, den schnelleren Zugang für Geduldete und Inhaber bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel zum BAföG bereits ab dem 1. Januar 2016 zu ermöglichen.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bisher unternommen, um den Hochschulzugang für Geflüchtete in Thüringen zu erleichtern?

2. Welche Initiativen seitens der Thüringer Hochschulen sind dem Ministerium in diesem Bereich darüber hinaus bekannt?

3. Plant die Landesregierung weitere unterstützende Schritte, und wenn ja, welche?

4. Wie beurteilt die Landesregierung die in Bezug auf Geflüchtete vorgenommenen Anpassungen beim BAföG?

Vielen Dank, Herr Schaft. Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Herr Minister Tiefensee.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema der Flüchtlinge treibt uns um, ist mehrfach Gegenstand der Diskussion hier im Landtag gewesen und selbstverständlich sind alle gesellschaftlichen Kräfte aufgefordert, ihren Beitrag zu leisten. Von daher bin ich Ihnen dankbar, dass Sie in Ihrer Anfrage den Fokus auf die Hochschulen und auf die möglichen Aktivitäten der Hochschulen legen.

Eine weitere Vorbemerkung: Vor wenigen Tagen hat das Landesamt für Statistik eine aktualisierte Bevölkerungsprognose herausgegeben. Thüringer

Kommunen schrumpfen bis auf wenige Ausnahmen und auch deshalb sage ich, die Flüchtlinge sind vor allem auch eine Chance für uns, wenn es uns gelingt, sie über die Integration in den Bildungsbereich einschließlich der Hochschulen, Integration in den Arbeitsmarkt und darüber hinaus in die Gesellschaft zu integrieren. Aktuell geht es um Fragen der Unterbringung und um die Sicherstellung der notwendigen Versorgung. Aber mittelfristig müssen wir weitere Perspektiven in den Blick nehmen. Viele dieser Menschen kommen mit einer hohen Bereitschaft zur Qualifizierung oder Weiterqualifizierung. Dieses Potenzial sollten wir nicht brachliegen lassen.

Was können die Hochschulen tun? Der Hochschulzugang spielt für studierwillige Flüchtlinge eine wichtige Rolle. Im Zuge des Thüringer Flüchtlingsgipfels wurde eine Reihe von Maßnahmen identifiziert, um deren Umsetzung die Thüringer Hochschulen gebeten wurden. Diese Anmerkung vorangestellt, möchte ich die einzelnen Fragen wie folgt beantworten:

Zu Frage 1: Wir haben von den Hochschulen gefordert, künftig den Zugang zur Hochschule nicht mehr von einem bestimmten Aufenthaltstitel abhängig zu machen; an manchen Hochschulen ist bzw. war das bisher der Fall. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass es bei der Einschreibung eines Studierbewerbers mit Flüchtlingsstatus zu keiner zeitlichen Verzögerung kommt. Anders als in vielen anderen Ländern bedarf es zur Umsetzung dieser Forderung keiner Änderung des Hochschulgesetzes. Allein die Satzungen der Hochschulen müssen, soweit diese entsprechende Regelungen enthalten, geändert werden. Zu diesem Thema wird mein Haus den Dialog mit den Hochschulen fortsetzen und auf einer Umsetzung dieser Forderung bestehen. Weiterhin wurde auch an die Hochschulen appelliert, die umfassenden Studienberatungsangebote der Hochschulen künftig auch an die besonderen Bedürfnisse von Flüchtlingen anzupassen, beispielweise durch besondere Sprechzeiten. Die Hochschulen sind bereits gegenwärtig mit ihren internationalen Büros sehr professionell aufgestellt, um sich auf die besonderen Bedürfnisse ausländischer Studierender einzustellen. Gleichwohl wird mit den Hochschulen in den einschlägigen Gremien geklärt, in welcher Weise speziell die Bedürfnisse der Flüchtlinge bei der Studienberatung Berücksichtigung finden können.

Des Weiteren: Thüringen wirkt zudem aktiv in einer Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz mit, die sich mit der Frage beschäftigt, in welcher Weise der besonderen Situation von Flüchtlingen beim Hochschulzugang Rechnung getragen werden kann. Hierzu ist anzumerken, dass es gegenwärtig für alle Studienbewerber eine Reihe von Vorlagepflichten für bestimmte Dokumente gibt, um den Hochschulzugang an einer deutschen Hochschule zu erhal

(Abg. Schaft)

ten. Für ausländische Studienbewerber, und damit auch Flüchtlinge, besteht zudem beispielsweise die Pflicht, nachzuweisen, in welcher Weise sie in ihrem Heimatland die Hochschulzugangsberechtigung erlangt haben. Grundsätzlich ist dieses Verfahren angemessen. Flüchtlinge sind jedoch manchmal nicht in der Lage, diese Nachweise zu erbringen, beispielsweise wenn sie fluchtbedingt bestimmte Dokumente verloren haben oder diese zurücklassen mussten. Die Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz beschäftigt sich nun mit der Frage, in welcher Weise diesem Umstand Rechnung getragen werden kann, also welche Möglichkeiten es gibt, diese Nachweispflicht für Flüchtlinge zu erleichtern. Im Ergebnis wird es darum gehen, bestimmte Beschlüsse der Kultusministerkonferenz, die die Länder gegenwärtig noch binden, zu lockern. Es geht um vernünftige Lösungen, mit denen die Rahmenbedingungen für diese Menschen deutlich verbessert werden sollen. Abschließende Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe werden für Anfang Oktober 2015 erwartet.

Zu Frage 2: Welche weiterführenden Initiativen seitens der Thüringer Hochschulen ergriffen werden können, den besonderen Bedürfnissen und besonderen Situationen von Flüchtlingen gerecht zu werden, hängt maßgeblich davon ab, wie viele Flüchtlinge Interesse an einem Studium in Thüringen bekunden. Nach einer stichprobenartigen aktuellen Erhebung beim internationalen Büro der FSU Jena zum Beispiel sind lediglich fünf Bewerbungen von Flüchtlingen eingegangen und lediglich 20 bis 30 Anfragen von Studieninteressenten mit Flüchtlingsstatus. Unser Haus ist im Dialog mit den Hochschulen zu möglichen Verbesserungen und wird bei weiterem Handlungsbedarf zeitnah reagieren. Lassen Sie mich an dieser Stelle jedoch auch festhalten, dass die Hochschulen selber ein großes Interesse daran haben, ihren Anteil an ausländischen Studierenden zu erhöhen. Auch das ist direkte Folge der Internationalisierungsstrategie.

Zu Frage 3: Wesentliche Bedeutung wird die Umsetzung der Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaft der KMK haben, über die ich Sie bereits informiert habe. Unabhängig von der KMK-Arbeitsgruppe prüfen wir immer wieder aktuelle Maßnahmen auf Grundlage landesrechtlicher Regelungen und sprechen die intensiv beispielsweise mit der Landesrektorenkonferenz ab.

Zu Frage 4: Die Landesregierung begrüßt die Änderungen des BAföG, da nunmehr bereits nach 15 Monaten Mindestaufenthalt unter anderem Flüchtlinge Anspruch auf eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten. Diese Änderung tritt am 01.01.2016 in Kraft. Auf diesem Wege wird sowohl dem Anliegen der studierwilligen Flüchtlinge als auch dem Arbeitsmarkt und sozialpolitischem Interesse Rechnung getragen,

wonach möglichst viele Menschen in Deutschland einen Ausbildungsabschluss erwerben sollen.

Vielen Dank.

Eine Nachfrage vom Herrn Abgeordneten Schaft, bitte.

Die Hochschulrektorenkonferenz hat in dem Schreiben vom Juli 2015 auch auf Maßnahmen hingewiesen, wie beispielsweise den Erlass von Semesterbeiträgen, kostenlose Semestertickets oder auch die Nutzung von Härte- und Stipendienfonds. Sind das Überlegungen, die auch im Land Thüringen schon diskutiert wurden?

Absolut. Wir sind in der entsprechenden Sitzung der Landesrektorenkonferenz darauf eingegangen und werden das in unserer nächsten Sitzung wieder thematisieren. Ich hoffe auch auf einen engen Schulterschluss der Landeswissenschaftsminister im Kontext des Bundes, weil wir eine möglichst abgestimmte Regelung brauchen, damit wir nicht durch unterschiedliche Regelungen unter Umständen einen Strom von Flüchtlingen generieren, der unnötig ist zwischen den Ländern.

Weitere Nachfragen vom Herrn Abgeordneten Dr. Voigt.

Herr Minister, recht herzlichen Dank für die Information. Es gibt ja andere Bundesländer, die schon versuchen, mit Pilotprojekten voranzugehen. In Niedersachsen ist ein Pilotprojekt gestartet worden, um einerseits die Beratungsangebote und auch die Spracherwerbsangebote an den Hochschulen zu verstetigen. Sie sprachen gerade davon, dass stichprobenartig erst fünf Bewerber plus noch mal 20 der Interessenten bei der FSU eingegangen sind. Schwebt der Landesregierung vor, solche Pilotprojekte, besonders auch das Thema weiterer Spracherwerb und damit Qualifikation, um überhaupt einen Hochschulzugang an einer deutschen Hochschule erfolgreich meistern zu können, in unmittelbarer Zukunft zu starten?

Ja. Im Übrigen – wenn ich das als Wirtschaftsminister anfügen darf: Das Gleiche findet übrigens in Be

(Minister Tiefensee)

zug auf die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt bzw. in unsere mittelständischen Firmen statt. Auch das ist in Form von Pilotprojekten bereits Realität, ich erinnere an die IHK Erfurt. In beiden Fällen brauchen wir ähnliche Vorgehensweisen. Ich darf als Minister, aber auch für das ganze Haus sagen, dass wir die Hochschulen, insbesondere die Rektoren, dabei intensiv unterstützen, für diese Fragen Lösungen zu finden.

Vielen Dank, Herr Minister Tiefensee. Wir kommen nun zur Anfrage des Herrn Abgeordneten Kuschel in der Drucksache 6/1003. Herr Kuschel, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident.

Bilanz der Arbeit des externen Repräsentanten des Thüringer Zentrums für interkommunale Kooperationen

Der Freistaat Thüringen unterhält ein Thüringer Zentrum für interkommunale Kooperationen. Für die Förderung von Projekten der interkommunalen Kooperation standen in den Jahren 2013 und 2014 jeweils 500.000 Euro zur Verfügung. Nach Kenntnis des Fragestellers lief der Vertrag des externen Repräsentanten zum 31. Dezember 2014 aus.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche konkreten Projekte hat das Thüringer Zentrum für interkommunale Kooperation bisher mit welchen Effekten umgesetzt?

2. In welchem Umfang wurden diese nachgefragten Projekte mit welcher Zielrichtung gefördert (bitte Einzelaufstellung nach Projekten)?

3. Welche Vergütung bzw. Entschädigungszahlungen in welcher Höhe aus welchem Titel des Landes erhielt der externe Repräsentant des Zentrums für die Jahre 2013 und 2014?

4. Welche Veränderungen sind in der Arbeit des Thüringer Zentrums für interkommunale Kooperation vorgesehen?

Die Frage wird gern von Herrn Staatssekretär Götze beantwortet.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Die Antwort zu Frage 1: Zum 01.10.2012 wurde beim damaligen Thüringer Innenministerium das Thüringer Zentrum für interkommunale Kooperation – kurz ThüZIK – zur Unterstützung der Kommunen bei der kommunalen Zusammenarbeit eingerichtet. Aufgabe des Zentrums war es, die Möglichkeiten und Chancen der kommunalen Zusammenarbeit aufzuzeigen, für eine vertiefte kommunale Zusammenarbeit zu werben und den Kommunen bei der Vorbereitung und Umsetzung von Kooperationen beratend zur Seite zu stehen. Der externe Repräsentant fertigte vertragsgemäß Berichte über die von ihm betreuten Projekte an. Aus diesen Berichten lässt sich ablesen, dass sich im Verlauf der Zeit die Zielstellungen der Beteiligten verändert haben oder dass im Vorfeld interessierte Kommunen im Ergebnis kein Interesse an einer weiteren Beteiligung am Projekt entwickelten. In einigen Fällen bestand auch keine Klarheit, wie genau die kommunale Zusammenarbeit umgesetzt werden soll. Weiterhin stellte sich heraus, dass Projekte aus verschiedenen Gründen von den Beteiligten nicht mehr oder nicht in naher Zukunft verfolgt werden sollen. Maßstab für die Nutzung der Möglichkeiten der kommunalen Zusammenarbeit ist allein der Wille der Kommunen als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung. Gemessen daran nutzen die Kommunen die Möglichkeiten in dem von ihnen gewünschten Maß in vollem Umfang.

Antwort zu Frage 2: Soweit diese Frage auf die finanzielle Förderung von Projekten auf der Grundlage der Richtlinie zur Förderung der kommunalen Zusammenarbeit in Thüringen nach § 24 Abs. 2 Nr. 5 Thüringer Finanzausgleichsgesetz abstellt, wurde bislang eine Zweckvereinbarung zur Bildung einer Rettungsleitstelle der Landkreise Nordhausen und Kyffhäuserkreis sowie eine Zweckvereinbarung zur Errichtung und Betreibung eines Gemeindearchivs der Gemeinden Herbsleben und Großvargula bewilligt. Im ersten Fall wurden 75.000 Euro, im zweiten Fall 2.230 Euro Fördermittel ausgereicht.

Die Antwort zu Frage 3: Der externe Repräsentant des Thüringer Zentrums für interkommunale Kooperation erhielt für seine Beratertätigkeit für die Jahre 2013 und 2014 vertragsgemäß jeweils 24.000 Euro zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Hiermit sind sämtliche Aufwendungen, wie beispielsweise Schreib-, Telefon-, Reisekosten und sonstige Ausgaben abgegolten. Diese Mittel wurden aus Kapitel 03 01 Titel 427 11 geleistet.

Die Antwort zu Frage 4: Der mit dem externen Repräsentanten geschlossene und für 2014 verlängerte Vertrag wurde nicht erneut verlängert. Die vorgelegten Quartalsberichte sowie die hier vorliegenden Förderungsanfragen lassen gegenwärtig einen erhöhten Beratungsbedarf nicht erkennen. Die gewählte Organisationsform ThüZIK als Projektgruppe der Abteilung 3 des Thüringer Innenministeriums bzw. Thüringer Ministerium für Inneres und Kom

(Minister Tiefensee)

munales war lediglich eine Anschubaktion, um die kommunale Zusammenarbeit flächendeckend zu stärken. Dies ist zwischenzeitlich erfolgt. Der externe Repräsentant hat bei allen Rechtsaufsichten und einer Vielzahl von Kommunen die Thematik vorgestellt. Die mit der Projektgruppe und dem externen Repräsentanten verfolgte Beratung der Gemeinden und Landkreise kann nach hiesiger Sicht ohne weiteren finanziellen Aufwand durch die zuständigen Aufsichtsbehörden wahrgenommen werden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Wir danken Herrn Götze und es gibt eine Nachfrage des Herrn Kollegen Kuschel.