Also, man kann durchaus sagen: Im rot-grünen Lager gibt es durchaus Politiker, die die Realitäten erkannt haben und nicht, wie Sie, noch irgendwelchen Träumereien hinterherhängen.
Im rot-grün regierten Thüringen ist man leider vom Realismus weit entfernt. Das beste Beispiel – ich wiederhole mich da, aber es ist einfach mal ein hervorragendes Beispiel – ist Herr Lauinger. Mit der Tatsache konfrontiert, dass wir von Januar bis Mai 2015 2.400 Asylbewerber aus den Ländern des Westbalkans, die also keine Chance auf Asyl haben, hier in Thüringen zu verzeichnen hatten und dieser großen Zahl lediglich 280 freiwillige Ausreisen und lediglich 49 Abschiebungen gegenüberstehen, also mit diesen Zahlen konfrontiert, hätte man jetzt eigentlich erwarten können, dass dem Justizminister ein Statement zu entlocken ist, wonach er sich für die Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit starkmacht. Gerade vom Justizminister kann man das eigentlich erwarten. Doch das ist nicht der Fall. Herr Lauinger setzt auf Freiwilligkeit. Warum setzt er auf Freiwilligkeit? Abschiebungen seien kompliziert und schwierig. Dass das eine Ausrede ist, ist offensichtlich. Die Einstellung des Justizministers und vermutlich auch der ganzen Landesregierung in dieser Frage ist – vorsichtig ausgedrückt – skurril. Ich frage mich beispielsweise, ob es das rot-rotgrüne Modell der Zukunft sein soll, dass der Rechtsstaat immer nur dann durchgesetzt wird, wenn das einfach ist. Die Rechtsdurchsetzung ist auch in anderen Fällen nicht einfach, wenn die Verwaltung den einen oder anderen Anwesenden von einer Geschwindigkeitsüberschreitung erst in einem komplizierten Gerichtsverfahren überzeugen muss. Ich bin gespannt, wann Sie bei Verkehrsordnungswidrigkeiten auch auf freiwillige Einsicht setzen.
Als ab und an persönlich Betroffener würde es mich freuen. Aber ich muss Ihnen sagen, für den rot-rotgrünen Landeshaushalt sehe ich dann schwarz bzw. dann eher tiefrot.
Der wahre Grund für den mangelnden Willen zur Rechtsdurchsetzung und auch für den Winterabschiebestopp, der genau in die falsche Richtung geht, ist wohl eher, dass man hier den radikalen Kräften innerhalb des eigenen Lagers eine Beruhigungspille geben möchte, die im Vollzug des Aufenthaltsrechts bereits Parallelen zum Dritten Reich erkennen und Abschiebungen gern mit militanten Aktionen verhindern.
Vielleicht denken Sie auch mal darüber nach, liebe Kollegen aus dem rot-rot-grünen Bereich: Ein Staat, der geltendes Recht nicht umsetzt, weil es schwierig ist, hat ein Demokratiedefizit. Das hat übrigens unser Justizminister Lauinger gesagt. Da muss man sagen, er hat auch gute Sprüche auf Lager, er muss sich nur mal daran halten.
Das heißt, jedenfalls bezogen auf das heutige Thema, dass er endlich mal mit Regieren loslegen muss. Die Vorschläge der CDU-Fraktion sind in diesem Punkt durchweg begrüßenswert, was auch nicht wundert. Denn gut kopiert ist besser als schlecht erfunden. Ich meine, wir haben es Ihnen in unserer vorherigen
Plenarsitzung vorgelegt. Aber da haben wir nichts dagegen, das ist ja eher gut, wenn man von den Besseren lernt.
Dafür sind wir da, um auch Ihre Lernkurve zu erhöhen. Unser Alternativantrag, liebe Kollegen, geht allerdings noch ein bisschen weiter. Er zielt auf die Anerkennung aller Westbalkanstaaten als sichere Herkunftsländer ab. Dazu zählt auch Montenegro, wenn ich Ihnen da ein bisschen geografisch weiterhelfen darf, das fehlt bei Ihnen. Bevor Sie jetzt, liebe Kollegen von den rot-rot-grünen Fraktionen, sagen, na ja, das ist ja alles wieder des Teufels: Wissen Sie, wer das heute in der „Welt“ auch gefordert hat? Das war Olaf Scholz,
Wie auch immer, wir plädieren jedenfalls dafür, dass die Asylbewerber aus den Westbalkanstaaten, ähnlich wie das Herr Scholz und auch Bundesinnenminister de Maizière vorschlagen, einem beschleunigten Verfahren zugeführt werden und bis zur Abschiebung in den Erstaufnahmestellen des Landes belassen werden. Wir fordern weiterhin Informationskampagnen. Es kann nicht sein, dass wir den Schlepperbanden im Kosovo, auf dem Balkan das Marketing überlassen und die Leute dann hier mit Märchen nach Deutschland einreisen lassen, die sich dann nicht bewahrheiten können. Wenn man dann solche Informationskampagnen macht, kann man natürlich auch über die legalen Zuwanderungsmöglichkeiten sprechen, allerdings – und das muss ich sagen – fehlt Ihnen dafür das transparente Zuwanderungsmodell à la Kanada oder Australien, also so ein Punktesystem, wo man schnell erkennt, welche Chance man hat.
Zur Beschleunigung von Gerichtsverfahren in Asylsachen sieht unser Antrag weitere Verwaltungsrichter vor. Das ist dringend notwendig, denn die Dauer dieser Verwaltungsverfahren ist viel zu lang. Bevor Sie, liebe Kollegen aus dem rot-rot-grünen Lager, jetzt wieder sagen, dass Sie das alles nicht wollen, weil das alles ganz böse ist: Denken Sie bitte immer daran, auch Ihre Kollegen aus dem rot-grünen Lager fordern Ähnliches. Ich schließe da mal mit dem Zitat oder mit der Aussage von Innenminister Ralf Jäger aus Nordrhein-Westfalen. Auch der hält schnellere Asylverfahren für Flüchtlinge aus dem Kosovo für das „Gebot der Stunde“ und befürwortet diese Aufklärungskampagne, die Sie auch in unserem Antrag finden. Wenn Sie jetzt Ihre eigenen rotgrünen Kollegen ernst nehmen, müssten Sie eigentlich unserem Alternativantrag zustimmen. Wenn nicht, beweisen Sie nur, wie Thüringen dank dieser Landesregierung im Verbund mit den rotgrünen Bundesländern isoliert wird, weil Sie der Ideologie den Vorzug vor der Realität geben. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich gerade einmal mehr gefragt, ob es nur mir in einer solchen Debatte so geht, dass ich mich wirklich schwer getroffen fühle, insbesondere wenn ich solche Reden hier vom Pult erleben muss wie eben.
(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Sind Sie immer so betroffen? Ich kenne Sie nur betrof- fen! Sie laufen von früh bis abends betroffen herum!)
es geht um ein Thema, wo wir, glaube ich, tatsächlich grundverschiedene Ansichten haben und vor allem aber eine grundverschiedene Haltung in uns tragen. Ja, menschenverachtende Haltungen machen mich betroffen. Mir sind die Menschen nicht egal,
ganz egal, woher sie kommen. Herr Möller, wer Selbstbeweihräucherung auf dem Rücken von Flüchtlingen betreibt,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, uns liegen hier zwei Anträge vor, von denen ich mir wahrlich gewünscht hätte, es hätte sie so in diesem Haus nie gegeben. Es fällt schwer, hier ruhig zu bleiben angesichts von Stimmungsmache und Rechtspopulismus, das muss ich einfach so deutlich sagen.
Ich empfehle Ihnen, meine sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, einen Artikel bei „SPIEGEL ONLINE“,
der überschrieben ist mit „Deutschlands Neonationalismus“. Es handelt sich dabei um eine Kolumne von Sascha Lobo, die damit beginnt:
„Die Stimmung im Netz ist vergiftet. Nun geht es mit Pickelhauben gegen die Griechen, mit Nazi-Slogans gegen Flüchtlinge. Die Politik biedert sich diesem Hass aufs Fremde an. Höchste Zeit für den Zorn der Zivilisierten!“