Ich weiß auch, dass es sehr viele Studien gibt, auch von Politikwissenschaftlern und Soziologen, die sagen, dass junge Menschen das Wahlalter mit 16 ablehnen. Aber man muss sich auch mal die
Frage stellen, woher das kommt. Wenn jungen Menschen immer wieder gesagt wird, ihr könnt das nicht und ihr seid nicht in der Lage, diese Entscheidung zu treffen – ja, dann glaube ich das möglicherweise irgendwann. Unsere Aufgabe ist es doch, den jungen Menschen zu sagen: Du kannst das und wir unterstützen dich dabei, diese Entscheidung zu treffen.
Genau darum geht es nicht. Herr Emde, vielleicht können wir noch einmal darüber reden, wie das Frauenwahlrecht in Deutschland zustande gekommen ist.
Ich möchte auf jeden Fall noch einmal sagen, dass wir als Fraktion uns sicher sind, dass junge Menschen durchaus in der Lage sind, diese Aufgabe zu erfüllen. Ich freue mich sehr auf die Debatte im Ausschuss. Ich hoffe, dass im Ergebnis dieser Debatte junge Menschen tatsächlich davon profitieren und deutlich wird, wir trauen euch das zu, wir trauen euch zu, dass ihr in der Lage seid, an einer Landtagswahl, an einer Kommunalwahl teilzunehmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Besucherinnen und Besucher, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer am Livestream, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da unseren Gästen, Zuhörerinnen und Zuhörern die jetzt zu behandelnden Gesetzentwürfe der Landesregie
Das Mindestalter für das aktive Wahlrecht, also das Recht, wählen zu gehen, soll auf Landesebene von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden. Das passive Wahlrecht, also das Recht, sich zu einer Wahl aufzustellen, soll weiterhin bei 18 Jahren bleiben. Außerdem sollen in Thüringen, in der Thüringer Landesverfassung Voraussetzungen geschaffen werden für den Fall, dass der Bund oder die Europäische Union ein Wahlrecht für Menschen ohne deutschen Pass einführt. Dafür ist es nötig, die Thüringer Verfassung und das Thüringer Wahlgesetz für den Landtag zu ändern. Artikel 46 Abs. 2 der Thüringer Verfassung würde dann folgendermaßen lauten: Wahl- und stimmberechtigt ist jeder Bürger, der das 16. Lebensjahr vollendet und seinen Wohnsitz im Freistaat hat. Wählbar ist jeder Bürger, der das 18. Lebensjahr vollendet und seinen Wohnsitz im Freistaat hat. Anderen Personen, die ihren Wohnsitz im Freistaat haben, sind diese Rechte durch Gesetz zu gewähren, sobald und soweit das Grundgesetz dies zulässt oder das Recht der Europäischen Union dies vorsieht.
Mit der Herabsenkung der Altersgrenze erhalten die Jugendlichen auf Landesebene auch Stimmrecht bei Bürgeranträgen, Volksbegehren und Volksentscheiden, da die Stimmberechtigung an die Wahlberechtigung gebunden ist. Die Änderungen im Wahlgesetz sind Folgeänderungen, die sich dann aus dieser Verfassungsänderung ergeben.
Im zweiten Gesetzentwurf geht es um die Absenkung des Mindestalters für die Ausübung des aktiven Wahlrechts, dem Recht zu wählen, bei Kommunalwahlen. Die Landesregierung möchte das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre senken. Das passive Wahlrecht, also das Recht, sich bei einer Kommunalwahl wählen zu lassen, soll unverändert bei 18 Jahren bleiben. Dafür ist eine Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes nötig. Mit dem aktiven Wahlrecht für die Kommunalwahlen würden Jugendliche auch den Rechtsstatus eines Bürgers der Gemeinde bzw. des Landkreises erhalten. Die Jugendlichen würden damit volljährigen Bürgerinnen und Bürgern gleichgestellt und erhalten damit auch alle damit verbundenen Rechte und Pflichten wie zum Beispiel Beantragung und Unterzeichnung bei Bürgerbegehren, Stimmrecht bei Bürgerentscheiden, Mitwirkung als sachkundige Bürgerinnen in Ausschüssen des Gemeinderats und Kreistags, Mitarbeit im Wahlausschuss und Wahlvorstand sowie Mitwirkung bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen.
All diese Änderungen würden positive Auswirkungen auf mehr als 30.000 junge Menschen in Thüringen haben. Durch das Festhalten am Wahlalter mit 18 Jahren wurde diese Gruppe bei demokratischen Entscheidungsprozessen bisher stets ausgeschlossen. Doch auch 16-Jährige sind von der Kommunal- und Landespolitik nicht weniger betroffen als 18-Jährige.
Die Schulpolitik beispielsweise ist Ländersache und betrifft Jugendliche am stärksten. Bisher hatten sie aber keine Möglichkeit, ihre Meinung über Wahlen auszudrücken. Warum sollten sie denn von der Mitentscheidung ausgeschlossen sein? Wir halten Jugendliche für mündig genug, ab 14 Jahren ihre Religionszugehörigkeit zu wählen, ab 16 Jahren einen Führerschein zu machen oder Alkohol zu trinken.
Aber sie dürfen nicht mitentscheiden, was wir mit ihren Steuern machen. Das ist doch ein bisschen paradox, oder?
Das Absenken des Wahlalters wäre also nicht nur das bloße Erlangen des aktiven Wahlrechts, sondern auch ein Schritt auf dem Weg zu mehr Generationengerechtigkeit.
Die CDU sagt, dass jungen Menschen die nötige Reife fehlt. Aber auch in der CDU kann ich ab 16 Jahren Parteimitglied werden, in der Jungen Union sogar schon ab 14 Jahren. Da frage ich mich doch, ob Sie auch von Ihren eigenen Mitgliedern behaupten, politisch unreif zu sein.
Ich frage mich, was es für ein Gefühl ist, in einer Partei Mitglied zu sein, die zwar meine Mitgliedsbeiträge und meine Arbeitskraft gern entgegennimmt, mir aber gleichzeitig abspricht, eine eigene politische Meinung zu haben und diese durch ein Kreuz auf dem Wahlschein auch äußern zu dürfen.
Außerdem sagen Sie, liebe CDU, dass ein Zusammenhang zwischen Wahlalter und Volljährigkeit besteht. Eine Entkopplung des Wahlalters von der Volljährigkeit würde das Wahlalter willkürlich machen. Soll ich Ihnen mal was verraten? Sowohl die Volljährigkeit als auch das Wahlalter waren schon immer willkürlich. Ich meine, wir haben das heute bei Herrn Mohring gesehen,
(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das hat er nie gesagt! Was erzählen Sie denn hier für einen Schwachsinn?)
„Die Zeit“ hat noch 1966 bezweifelt, dass ein 18Jähriger die nötige Reife besitzt, wählen zu gehen. Bis 1970 lag das aktive Wahlalter bei 21 und das passive sogar bei 25 Jahren. Das wurde nämlich erst unter Willy Brandt als Bundeskanzler geändert, übrigens genau gestern vor 45 Jahren.
Er war bereit, wie er selbst sagte, mehr Demokratie zu wagen. Eine Demokratie setzt sich nämlich über das Wahlrecht um. Es ist das Wesen einer Demokratie, denjenigen, die von Entscheidungen betroffen sind, auch ein Mitwirkungsrecht zu geben. Effektiv mitwirken kann aber nur, wer auch das Wahlrecht hat. In einer Demokratie entscheidet immer das sogenannte Volk und jede Gruppe, die wir ausgrenzen, gehört nicht dazu. Es gehört zu den Grundvoraussetzungen einer demokratischen Gesellschaft, dass alle Menschen an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben können.