Protocol of the Session on June 18, 2015

Wir wollen außerdem eine Stärkung der Beratungsund Netzwerkarbeit, indem wir zum Beispiel den Thüringer Flüchtlingsrat mit zusätzlichen 90.000 Euro einbringen. Wir wollen außerdem, dass wir eine stärkere Förderung in der dezentralen Unterbringung durch die Veränderung der Investitionspauschale erreichen können. Das ist ein Anfang von dem, was wir machen wollen. Es ist sicherlich noch nicht alles. Das wird in den kommenden Haushaltsberatungen auch noch mal eine Rolle spielen. Ich möchte aber noch mal sagen, dass der Migrationsbereich ein sehr, sehr sensibler Bereich ist, auch wenn wir über den Haushalt sprechen. Ich bin mir nicht sicher, ob jede Parlamentarierin und jeder Parlamentarier hier in diesem Hohen Haus das verstanden hat.

Ein wichtiger anderer Punkt in diesem Haushalt sind zum Beispiel die Erhöhungen der Zuschüsse an die Verbraucher- und Insolvenzberatungsstellen. Das sage ich auch als Arbeitsmarktpolitikerin. Wir wissen, dass die Verbraucherinsolvenzberatungsstellen bei Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit mit Vermittlungshemmnissen eine ganz große Rolle spielen, dass es eigentlich sogar größeren Bedarf gibt, als das momentan durch die Kommunen sichergestellt wird, dass es da auch wichtig ist, um deren Arbeitsfähigkeit aufrechtzuerhalten und zu zeigen, wir wollen hier auch noch mal mehr Geld einstellen.

Ich würde gern noch das eine oder andere zu den Änderungsanträgen der Opposition sagen. Ich konnte nicht alle Änderungsanträge lesen, weil ich bis eben noch im Präsidium saß, deswegen bin ich mir nicht sicher, was jetzt eingebracht wurde und was tatsächlich nur im Haushalts- und Finanzausschuss beraten wurde. Zunächst möchte ich noch mal sagen, es ging in der Debatte darum, dass wir

bei der Migrationsbeauftragten kürzen, weil angeblich hier keine Förderung oder keine öffentlichen Gelder notwendig sind, weil das alles über einen rechtlichen Anspruch geklärt ist. Das ist völlig absurd, weil wir gerade in der Situation, die wir aktuell erleben, wenn wir uns Thügida anschauen, wenn wir uns Nazidemonstrationen anschauen, wenn wir uns Übergriffe auf Flüchtlingsheime anschauen, wissen, dass wir hier einen großen Bedarf haben. Wir wissen auch, dass die Migrationsbeauftragte hier eine wichtige Stellung hat, nämlich sich für die Interessen der Betroffenen einzusetzen, aber eben auch eine Scharnierfunktion in die Gesellschaft hat und das auch ein Beitrag ist, zu zeigen, wie wir eigentlich für Willkommenskultur sorgen, wie wir für ein gutes gesellschaftliches Klima sorgen. Dass das nicht allen in diesem Haus wichtig ist, gerade der AfD, das haben sie in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder unter Beweis gestellt. Aber uns als Koalition ist es auf jeden Fall ein wichtiges Anliegen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ebenso absurd ist eine Debatte darum – den Antrag habe ich zumindest auf die Schnelle gefunden –, zu sagen, dass es eine Kürzung bei den Kosten für die Unterbringung geben soll, weil die Statistiken oder die Prognosen angezweifelt werden. Jetzt kann man natürlich über den Sinn und Unsinn von Prognosen streiten, aber Prognosen sind nun mal Schätzungen

(Zwischenruf aus dem Hause)

hören Sie mir einfach zu, vielleicht lernen Sie noch etwas – und ich glaube, es ist wichtig, dass wir das Geld in den Bereich einstellen. Sollten wir es zum Schluss nicht dafür brauchen, glaube ich, sind wir alle froh, das nicht tun zu müssen, weil wir alle froh sind über jeden Menschen, der nicht fliehen muss.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Man kann sich auch anders für Flüchtlinge einsetzen!)

Ja, oder wir können uns schlicht und ergreifend anders für Flüchtlinge einsetzen.

Dann würde ich gern noch etwas zu Herrn Scherer und der Forderung sagen, dass wir die Mittel, die wir vom Bund für die Flüchtlingsunterbringung bekommen... In diesem Plenum ist es schon mehrfach angesprochen worden –, es wird allerdings dadurch auch nicht richtiger, dass man es mehrmals sagt.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das Geld, das wir vom Bund zur Verfügung gestellt bekommen – auch das ist relativ klar formuliert –,

soll für das Land und für die Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Wir wissen auch, dass die Erstattungsquote, die wir in Thüringen an die Kommunen haben, relativ hoch ist – auch das haben wir hier im Haus schon mal besprochen. Das ist der Vor- und der Nachteil von Pauschalen. Wenn man Pauschalen bekommt, bekommt man manchmal ein bisschen zu wenig, manchmal hat man Glück und man bekommt ein bisschen zu viel. Allerdings das von Ihrer Seite zu kritisieren, ist aus dem Grund unehrlich, weil Sie die Grundlagen, auf denen wir das auszahlen, schlicht und ergreifend selber mit erarbeitet haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Unruhe CDU)

Sie können gern mit Ihren kommunalen Vertretern, mit dem Landkreistag oder dem Gemeinde- und Städtebund darüber sprechen, ob die in der Flüchtlingsunterbringung spitz abrechnen wollen. Ich kann es mir schlicht und ergreifend nicht vorstellen.

Auch auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie regieren auf Bundesebene noch mit, die Bundesregierung hat für 2016 angekündigt, auch strukturelle Förderungen für die Unterbringung von Flüchtlingen und für die Betreuung von Flüchtlingen an die Länder zu zahlen. Setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass das tatsächlich eine Finanzierung ist, die uns hier als Land nützt, die den Kommunen nützt, dann haben wir nämlich alle etwas davon, die Flüchtlinge, die Kommunen und wir als Land. Darüber würde ich mich freuen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD hat Abgeordneter Möller das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal zu Ihnen, Frau Lehmann: Sie haben natürlich völlig recht, der Einzelplan 05 ist ein sehr sensibler Bereich. Es ist ein sensibler Bereich, weil er auch das Thema „Migration“ umfasst und aus dem Thema „Migration“ haben Sie ein politisches Minenfeld gemacht. Dieses politische Minenfeld haben Sie hergestellt, indem Sie so ziemlich jedes Sachargument gegen Ihre Politik, gegen Ihre verfehlte Asylpolitik und ihre verfehlte Zuwanderungspolitik, indem Sie jedes Argument dagegen mit dem Rassismusvorwurf belegen. Das ist nichts anders, als das Aufstellen

(Abg. Lehmann)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Meinen Sie, man sollte es nicht beim Namen nennen, Herr Möller?)

von Meinungsverboten und Sprech- und Denkverboten. Dafür steht Rot-Rot-Grün.

(Beifall AfD)

Das beste Beispiel dafür hat eben Frau Berninger gezeigt. Frau Berninger, das ist nun wirklich allerunterste Schublade gewesen, wie Sie hier diese Empörung zu Ihrem Beruf gemacht haben. Also ich denke, Sie sollten wirklich mal über das Bild des Abgeordneten nachdenken, ob Sie hier wirklich richtig unterwegs sind.

(Beifall AfD)

So, nun aber gehen wir mal in medias res. Die AfD steht im Gegensatz zu Rot-Rot-Grün für eine realistische Asyl- und Zuwanderungspolitik. Wir haben den Haushaltsentwurf angeschaut, gerade unter dem Blickwinkel Migration, und haben da ein Einsparpotenzial von über 6,5 Millionen Euro festgestellt. Ich erläutere Ihnen das jetzt gern mal. Wir haben neun Änderungsvorschläge, Änderungsanträge gemacht. Ich kann sie Ihnen nicht alle erläutern, aber ich werde das mal anhand einiger weniger versuchen. Ein gutes Beispiel dafür ist zum einen die Position für die Kosten der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen, diese sind nämlich förmlich explodiert, von 2013 rund 714.000 Euro auf Ansatz 2015 7,6 Millionen Euro. Das ist eine Verzehnfachung des Werts, wir haben aber keine Verzehnfachung der Migranten. Wir haben 2013 3.000 Migranten gehabt, wir haben jetzt höchstens 13.000 Migranten. Das ist also das 4,3-Fache. Wenn wir dieses 4,3-Fache, wenn wir diesen Faktor ansetzen, dann kämen wir auf eine maßvolle Steigerung auf ungefähr 3 Millionen Euro. Das ergibt wiederum ein Einsparpotenzial von 4,5 Millionen Euro. Das könnte man auch heben, wenn man bereit wäre, die Asylanträge schneller zu bearbeiten und die vom Bund gegenüber Thüringen auch des Öfteren angemahnte konsequente Abschiebepraxis realisieren würde.

(Beifall AfD)

Das ist aber was, mit dem wir bei der Landesregierung nicht rechnen können, denn dazu müsste man gut regieren und das heißt, Sachwalter der Interessen unseres Landes und seiner Bürger zu sein. Aber nichts liegt Ihnen ferner, und das zeigt sich gut an einem Statement von Herrn Lauinger, dem Migrationsminister unseres Landes. Er wurde mit der Tatsache konfrontiert, dass im Januar bis Mai dieses Jahres 2.400 Asylbewerber aus Ländern des Westbalkans nach Thüringen kamen, die keine Chance auf Asyl haben, so gut wie keine Chance auf Asyl haben, weil es dort keine staatliche Verfolgung gibt, und im selben Zeitraum, das ist die große Diskrepanz, lediglich 280 freiwillige Ausrei

sen erfolgten. Nun könnte man sagen, vernünftigerweise müsste ein Justizminister, der auch das Migrationsressort unter sich hat, alles daran setzen, den Rechtsvollzug zu stärken und die Zahl der lediglich 49 Abschiebungen im selben Zeitraum erhöhen. Aber damit ist eben nicht zu rechnen. Herr Lauinger setzt weiter auf Freiwilligkeit. Das ist eine – aus unserer Sicht, aus Sicht der AfD – an Arbeitsverweigerung grenzende Haltung. Es tut mir leid, Herr Lauinger, das muss ich Ihnen so sagen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist einfach eine Frage der Haltung, Herr Möller!)

Es ist weiterhin auch eine Steuergeldverschwendung, weil Sie eben dieses Einsparpotenzial von 4,5 Millionen Euro, was allein durch die Umsetzung des Rechts erreicht werden könnte, was Sie eben nicht heben. Das zu dem Thema.

Dann habe ich aber noch eine weitere ideologische Stilblüte aus dem Haushalt des Migrationsministeriums, welche ich Ihnen offenbaren kann. Das ist uns bekannt geworden, als wir uns die Maßnahmen zur Integrationsförderung angeschaut haben. Die steigen im Vergleich zum Ist im Jahr 2013 um fast 250.000 Euro. Maßnahmen zur Integrationsförderung sollen gemäß der Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen, die es dafür gibt, auch zur Förderung von Maßnahmen und Projekten für ausländische Staatsangehörige ohne verfestigten Aufenthaltsstatus genutzt werden. Da muss ich sagen, das heißt nichts anders, als dass jetzt auch die Integration von Ausreisepflichtigen mit illegalem Aufenthaltsstatus, wie zum Beispiel geduldete, abgelehnte Asylbewerber, mit Steuergeld finanziert werden. Geduldete, abgelehnte Asylbewerber haben einen illegalen Aufenthaltsstatus.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kein Mensch ist illegal!)

Hier wird die Außerkraftsetzung des Rechtsvollzugs durch die ausufernde Duldungspraxis in Thüringen noch einmal absurd auf die Spitze getrieben, denn eigentlich sollte der Staat ja alles dafür tun, die Ausreisepflicht solcher Menschen zu vollziehen, aber er finanziert stattdessen das Gegenteil. Ein weiteres Beispiel für Ihre verfehlte Migrationspolitik ist auch die Förderung von Organisationen, die die Integration von Ausländern zum subventionierten Geschäftsmodell gemacht haben. Das sieht man beispielsweise an den Mitteln, die Sie für die Ausländervereinsarbeit bereitstellen. Die Mittel haben Sie um mehr als die Hälfte erhöht, und zwar für wen?

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie sind so widerlich!)

Für Migrantenorganisationen etwa? Nein, Sie geben dieses Geld für die Stärkung der Beratungsund Netzwerkarbeit des Thüringer Flüchtlingsrats. Das ist eine Mitgliedsorganisation von Pro Asyl und sie versteht sich selbst als Lobbyorganisation. Diese Lobbyorganisation ist nicht unabhängig, nein, im Vorstand dieser Lobbyorganisation befinden sich acht Personen, davon sind drei Landtagsabgeordnete von den Linken und den Grünen – von den Grünen ist einer – und außerdem ist es noch eine junge Dame von den Jusos. Das heißt, der Vorstand ist durchsetzt mit Aktivisten aus dem rot-rotgrünen Lager und es ist kein Wunder, dass diese Organisation eben auch rechtswidrige Maßnahmen wie den Winterabschiebestopp fordert und außerdem noch eine linksextremistisch offene Flanke hat.

(Beifall AfD)

Dann fehlt natürlich noch im Dreigespann die Bürokratie. Die haben wir hier am Beispiel des Beauftragten für Integration, Migration und Flüchtlinge. Wenn wir diese Institution abschaffen würden, dann würden wir 437.000 Euro einsparen. Diese Stelle ist auch einsparbar, man hat das zum Beispiel an der Wahlbeteiligung des Migrantenrats in Rostock gesehen, da haben von 7.000 zur Wahl aufgerufenen Ausländern gerade mal 350 gewählt. Das zeigt eigentlich auch, dass es sich hierbei nur um einen Versorgungsposten handelt.

Herr Abgeordneter Möller, Ihre Redezeit ist leider zu Ende.

Danke schön.

(Beifall AfD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Rothe-Beinlich, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau Mirjam Kruppa als Beauftragte für Migration, Integration und Flüchtlinge, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden eigentlich über den Einzelplan 05. Im Einzelplan 05 finden sich tatsächlich mehrere wichtige Bereiche wieder, nämlich neben dem Migrationsbereich auch der Bereich der Justiz und des Verbraucherschutzes. Meine Kollegin Sabine Berninger hat schon vieles ausgeführt, auch Frau Lehmann. Ich werde trotzdem noch ein paar Ausführungen aus unserer Sicht machen.

Ja, die Ausgaben gerade im Bereich Asyl sind aufgrund der gestiegenen Zahlen von Asylsuchenden von etwa 16,5 Millionen Euro im Jahr 2010 auf knapp 80 Millionen Euro im Haushaltsansatz 2015 gestiegen. Das ist eine Verfünffachung, der wir Rechnung tragen im wahrsten Sinne des Wortes, weil wir uns als rot-rot-grüne Fraktionen zum Grundrecht auf Asyl bekennen

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und weil wir den Menschen, die hierherkommen, selbstverständlich auch die entsprechende Unterbringung, Betreuung etc. gewährleisten. Vonseiten des Landes, das wissen wir auch alle, besteht beispielsweise großer Bedarf an zusätzlichen Plätzen in der Erstaufnahme. Minister Lauinger hat es hier auch schon mehrfach ausgeführt, wir werden insgesamt etwa 3.000 Plätze schaffen. Mühlhausen wird als neuer Standort hinzukommen. Ich glaube, das ist auch gut so.

Gut so ist auch, dass die Landesregierung in den kommenden Wochen erstmalig klare und verbindliche Standards für die Erstaufnahmeeinrichtungen entwickeln wird und auch die schulische, berufliche und sprachliche Qualifikation früher fördern möchte, um dann eine gezieltere und schnellere Vermittlung in den Arbeitsmarkt zu befördern. Ich habe mich heute übrigens sehr über eine Meldung der IHK Ostthüringen gefreut, die sich dafür starkmacht, gerade jugendliche Flüchtlinge besser auszubilden und ihnen dann aber in dieser Zeit auch Sicherheit zu geben. Das heißt auch, sie nicht abzuschieben, meine sehr geehrten Damen und Herren.