Protocol of the Session on June 17, 2015

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Lehmann. Als Nächste hat Frau Abgeordnete Muhsal für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, die These „Ehe für alle auch in Thüringen“ kann ich im Namen meiner Fraktion – jedenfalls so lange sie Minderjährige nicht mit einschließt, liebe Grünen-Fraktion – nur vollstens unterstützen.

(Beifall AfD)

Die Institution Ehe ist neben der Familie einer der wichtigsten Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Immer noch mehr als drei Viertel aller Kinder in Deutschland wachsen bei ihren verheirateten Eltern auf. Diese besondere Zusage, die sich diese Eltern durch ihr Eheversprechen gegeben haben – nämlich ein Leben lang füreinander da zu sein, füreinander Verantwortung zu tragen und für die gemein

(Abg. Lehmann)

samen Kinder gemeinsam zu sorgen –, diese besondere Zusage gibt diesen Kindern auch ein besonderes Maß an Geborgenheit und Sicherheit.

(Beifall CDU, AfD)

Nach der Definition unserer Grundgesetzgeber ist die Ehe ein auf Lebenszeit geschlossener Bund zweier Personen unterschiedlichen Geschlechts. Zur Eheschließung müssen also drei Voraussetzungen vorliegen: Der Wille, sich auf Lebenszeit zusammenzutun, dieser Wille muss bei genau zwei Personen bestehen – und nicht etwa bei mehreren, liebe Grünen-Fraktion –

(Beifall AfD)

und diese beiden Personen müssen unterschiedlichen Geschlechts sein. Die Möglichkeit, eine Ehe einzugehen, steht nach geltender Rechtslage jedem Thüringer Bürger zur Verfügung. Die „Ehe für alle auch in Thüringen“ ist also bereits Realität.

(Beifall AfD)

(Unruhe im Hause)

Frau Muhsal, ich bitte mal kurz um Unterbrechung. Ich möchte die Kollegen bitten, sich etwas ruhiger zu verhalten, damit Sie auch alle dem Vortrag von Frau Muhsal folgen können.

Frau Lehmann, Sie können auch aufhören, auf Ihr Handy zu gucken, Sie können nämlich noch was lernen, wenn Ihnen so viel unklar ist.

(Beifall AfD)

(Heiterkeit SPD)

Also: Diese Möglichkeit der Ehe für alle sollte selbstverständlich auch für alle erhalten bleiben. Insofern nochmals: Vollste Zustimmung.

Obwohl dieses Thema dank einer völlig eindeutigen Rechtslage wenig aktuell ist, haben Sie es als Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gebracht. Deswegen und selbstverständlich auch durch Ihre Redebeiträge vermutete ich, dass es Ihnen bei dem Tagesordnungspunkt in Wahrheit nicht um die „Ehe für alle“ geht, die haben wir ja schon, sondern dass es Ihnen vielmehr darum geht, das Institut Ehe unseres Grundgesetzes grundlegend zu verändern, die Ehe ihres Charakters zu berauben und sie dadurch zu dekonstruieren.

(Beifall AfD)

Diese Dekonstruktion machen wir nicht mit!

Es gibt einige Gründe, warum der Staat die Ehe besonders fördert und besonders schützt. Leider kann ich aus Zeitgründen nicht auf alle eingehen, son

dern nur auf einen einzigen, aber wichtigen Grund, den ich eingangs schon angedeutet habe: Der Staat schützt die Ehe unter anderem auch, weil sie in ihrer Verbindlichkeit die beste Grundlage für das Bekommen und erfolgreiche Aufziehen von Kindern ist.

(Beifall CDU, AfD)

Hier kommen wir zu dem Unterschied zwischen Eheleuten und Lebenspartnern: Die Verbindung zwischen Mann und Frau ist Grundvoraussetzung für das Entstehen von Kindern und damit auch Grundvoraussetzung für den Erhalt des Staatsvolks mit allem, was an Sozial- und Rentensystemen dranhängt.

(Beifall CDU, AfD)

In der Verbindung zwischen Mann und Mann oder Frau und Frau ist das Entstehen von Kindern und damit auch der Beitrag für den Erhalt unseres Staatsvolks hundertprozentig und unumstößlich ausgeschlossen.

(Beifall AfD)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es absolut legitim, wenn der Staat gerade in Zeiten, in denen ohnehin kaum noch jemand Kinder bekommt, die auf Kinder gerichtete Lebensvariante fördert und die andere nicht. Ihr Vorhaben, Thüringen mit hausgemachten Problemen und unnötiger Klientelpolitik zu belasten und damit von den wirklichen Problemen, die wir haben, abzulenken, lehnen wir ab.

(Beifall AfD)

Ihr Vorhaben, die Ehe als staatstragende Institution weiter zu erschüttern, lehnen wir ab. Wir stehen für die „Ehe für alle“ im wahrsten Sinne des Wortes und halten es ansonsten mit Artikel 3 unseres Grundgesetzes: Gleiches soll gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. Das Wort hat nun Kollegin RotheBeinlich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir, dass ich mit einer Frage beginne: Was ändert sich denn für heterosexuelle Paare, wenn die Ehe für alle geöffnet wird? Gar nichts.

(Unruhe AfD)

Führen Sie sich einfach mal vor Augen: Es geht eigentlich nur um die Liebe und das ist in der Tat

(Abg. Muhsal)

höchste Zeit. Es ist höchste Zeit für die vollumfängliche Anerkennung der Lebensrealitäten, es ist höchste Zeit für gleiche Rechte. Das sieht, das hat meine Kollegin Frau Stange eben auch schon ausgeführt, auch eine Mehrheit unserer Bevölkerung so, laut aktuellem Deutschlandtrend sogar eine Mehrheit der CDU-Anhängerinnen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In einem Brief zahlreicher Prominenter an die Bundeskanzlerin zum Thema „Ehe für alle“ heißt es recht treffend: „Das Licht der Aufklärung lässt sich nicht wieder verdunkeln.“ Lassen Sie mich anfügen: Und das ist auch gut so.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Erst am letzten Samstag haben Hunderte Menschen in Weimar den CSD unter der Überschrift „Grenzenlos Mensch sein“ gefeiert. Ein besseres Datum hätte es für diesen bunten und fröhlichen Protestzug der Lesben, Schwulen und Transgender für gleiche Rechte kaum geben können; genau zwei Tage nach dem Beschluss des Bundesrats, den Weg freizumachen für die Ehe für alle.

Ich möchte an dieser Stelle noch mal ganz herzlich allen Vertreterinnen unserer Landesregierung danken, die Thüringen ebenfalls in den Lebensrealitäten haben ankommen lassen und die diese Bundesratsinitiative tatkräftig unterstützt haben. Nun liegt es aber an den Abgeordneten des Bundestags – und das wissen wir auch –, die Ehe für alle endlich auch in Deutschland Wirklichkeit werden zu lassen. Ich sage ganz deutlich – Diana Lehmann hat die Länder eben schon aufgezählt –, lasst uns von Irland, von Brasilien, von Frankreich lernen, denn es geht um die Liebe.

Liebe Kollegen aus der Union, trauen Sie sich doch einfach Ja zu sagen, Ja zur Ehe für alle, damit sich auch endlich all diejenigen trauen können, die das wollen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Genau darum geht es. Es geht natürlich um eine Ehe, um ein Lebensbündnis auf Augenhöhe von erwachsenen Menschen, die sich bewusst dafür entscheiden.

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das geht doch jetzt schon!)

Ich sage aber auch, alles andere als die volle rechtliche Gleichstellung von Menschen, die nicht heterosexuell lieben und Verantwortung für und miteinander übernehmen wollen, ist Diskriminierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Diese Diskriminierung findet heute tagtäglich statt. Wir wollen damit endlich Schluss machen.

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das diskrimi- niert die Ehe!)

Ich diskriminiere die Ehe ganz bestimmt nicht, ich bin sogar glücklich verheiratet, kann ich Ihnen versichern.