Protocol of the Session on September 26, 2019

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, ich amüsiere mich köstlich, Herr Fiedler!)

Na, das ist mir vollkommen klar, weil Sie davon auch keine Ahnung haben.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, ich will Sie nur daran erinnern: Der Vorgänger vom jetzigen Minister, Minister Poppenhäger – ich muss es einfach noch mal sagen, ich habe es hier schon mal gesagt –, hat wahrlich nach mehreren Nachfragen im Innenausschuss immer wieder gesagt, in Thüringen gäbe es keine Mafia.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Sehr richtig!)

Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film. Der jetzige Minister hat das schnell korrigiert und hat das zumindest mal zugegeben, dass es das in Thüringen gibt, was offenkundig ist und war, meine Damen und Herren. Wenn man das als Staat negiert, braucht man sich nicht zu wundern, dass es dann Probleme gibt. Verschiedene italienische Gruppierungen wie die kalabrische ‘Ndrangheta, aber auch verschiedene OK-Gruppierungen aus dem russisch-eurasischen Raum sowie Rockergruppen nutzen Thüringen als Operationsgebiet und als Rückzugsgebiet.

Nach einem spektakulären Überfall auf eine Erfurter Gastwirtschaft hatte die Landesregierung der organisierten Kriminalität 2017 öffentlichkeitswirksam den Kampf angesagt. Zusätzliches Personal sei im Landeskriminalamt für dieses Deliktfeld bereitgestellt worden, hatte Innenminister Georg Maier, SPD, angekündigt. Dennoch sind 2018 nur ganze vier Ermittlungskomplexe im Bereich der OK in Thüringen bearbeitet worden. Dies lässt befürchten, dass es in Wahrheit zu gar keiner nennenswerten personellen Verstärkung gekommen ist oder es den eingesetzten Kriminalisten an der notwendigen Unterstützung mangelt.

Darum wird die Landesregierung aufgefordert, zur Frage der wirksamen Bekämpfung der organisierten Kriminalität Stellung zu beziehen. Unsere Position dazu ist klar. Wir, die CDU, wollen die organisierte Kriminalität stärker und frühzeitig ins Visier der Sicherheitsbehörden nehmen. Organisierte Kriminalität kann nur dann erfolgreich bekämpft werden, wenn über die Aufklärung einzelner Straftaten hinaus Organisationsstrukturen aufgehellt und zerschlagen werden. Daher wollen wir an eine erfolgreiche Ermittlungsarbeit unserer Regierungsjahre anknüpfen und die organisierte Kriminalität auch wieder durch den Verfassungsschutz beobachten lassen. In Bayern und in anderen Ländern ist das

gelebte Demokratie. Dazu wollen wir unsere Sicherheitsbehörden stärken, insbesondere den Verfassungsschutz, auch durch den Einsatz von VLeuten

(Beifall CDU)

sowie Online-Durchsuchungen und die Überwachung verschlüsselter Messengerdienste. Nur so kann der Verfolgungsdruck massiv erhöht werden.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wollen also Bürger- rechte abbauen?)

Ach hör doch auf mit dem dummen Quatsch – Bürgerrechte abbauen! Wir müssen unsere Demokratie schützen und müssen sie wirksam schützen vor solchen Verbrechern. Kommen Sie nicht immer mit solchen plumpen Dingen, wir wollten die Demokratie abschaffen! Dafür sind wir vor 30 Jahren nicht auf die Straße gegangen. Ich weiß nicht, ob ihr überhaupt schon dabei wart, da wart ihr viel zu jung. Aber ich war dabei!

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na ja, Herr Fiedler – ganz dünnes Eis!)

Meine Damen und Herren, derzeit ist der Verfassungsschutz …

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ganz dünnes Eis!)

Ganz dünnes Eis? Nein.

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Mach weiter!)

Oh, ich werde nicht fertig!

Derzeit, meine Damen und Herren, ist der Verfassungsschutz in Thüringen chronisch unterbesetzt, dank Rot-Rot-Grün, hier insbesondere links, kaum mehr handlungsfähig, und die Linke will den Verfassungsschutz – meine Damen und Herren – weiterhin abschaffen.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Ja!)

Herr Fiedler!

Ein Skandal, meine Damen und Herren!

Ich schaffe nicht mehr alles, aber ich will nur eines sagen: Wer mit dieser Regierung weitermachen will, die die organisierte Kriminalität nicht ordentlich bekämpft, Verfassungsschutz abschaffen will, der

ist falsch gewickelt und sollte noch einmal überlegen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Dafür ist die Polizei zuständig! Die Polizei!)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Dittes das Wort.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Fiedler, nach Ihrem Redebeitrag kann ich gar nicht sagen, dass ich bedaure, dass Sie den Landtag verlassen wollen. Wissen Sie, man kann sich gar nicht hier vorn hinstellen und sagen, dass man der Polizei dankt und Rot-Rot-Grün würde das nicht tun.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Jetzt will ich es noch einmal in Stichpunkten nennen: Wir haben die Stellenobergrenzen abgeschafft, damit Beförderungen in die A9 möglich sind.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben die Beförderungen in den Jahren 2018 auf 10 Prozent angehoben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Einstellungen bei der Polizei vorgenommen. Beim Landeskriminalamt sind in dieser Legislaturperiode 53 zusätzliche Stellen geschaffen worden, das sind 8 Prozent im Verhältnis zum Gesamtbestand.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hört, hört!)

Wir haben die Anzahl der Polizeianwärter erhöht, wir haben die Polizeiausstattung sachlich verbessert und wir haben sogar im Dienstrecht Verbesserungen vorgenommen, um das Schmerzensgeld zu übernehmen, wenn Beamte tatsächlich Schaden erlitten haben und praktisch dieses Geld nicht in Anspruch nehmen können. Wenn Sie da mal zurückdenken, Herr Fiedler, wobei die CDU tatsächlich mitgemacht hat und dafür gestimmt hat – Sie werden sich an keinen einzigen Fall erinnern. Aber Sie haben sich jedes Mal hier hingestellt und haben gesagt: Wir danken der Polizei. Bloß haben Sie es eben nie materialisiert, nie in konkrete Entscheidungen umgesetzt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie auch relativ wenig Ahnung von der Materie haben, haben Sie mit Ihrem Redebeitrag auch

wieder bewiesen, denn Ihre Fraktion war es hier selbst, die die Zuständigkeit des Verfassungsschutzes für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität aus dem Gesetz genommen hat und die Polizei zuständig gemacht hat. Das ist doch auch eine richtige Entscheidung gewesen. Da gehört nämlich die Straftatbekämpfung tatsächlich hin, nämlich zur Polizei und nicht zu einer Behörde, die so weitreichende Befugnisse hat.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Muss ich laut rufen?)

Was ich auch nicht verstehe, Herr Fiedler, Sie stellen sich hierhin und sagen: Thüringen wäre das Schlusslicht nach Bremen, es hätte die rote Laterne, weil wir vier OK-Komplexe bearbeiten. Das ist übrigens keine aktuelle Erkenntnis – Herr Walk, das kennen Sie bereits seit März 2019, seitdem der Minister die Polizeiliche Kriminalstatistik vorgestellt hat. Sie tun ja gerade so, als ob man Klassenbester wäre, wenn man die meiste organisierte Kriminalität im Land hat. Das ist doch das Verrückte daran.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Und da will ich Ihnen mal in Ihrer Logik sagen: 2008 hieß der Innenminister Gasser und er war von Ihrer Partei. Da wurde in Thüringen ein OK-Komplex bearbeitet. Und wenn ich hier den Kollegen Hemmerling sehe – ich kann ihn leider nicht fragen –, können wir mal darüber diskutieren, wie viel OK es im Jahr 2008 in Thüringen gegeben hat. Denn, meine Damen und Herren, das gehört auch zur Wahrheit dazu: Die Möglichkeit, dass wir heute über organisierte Kriminalität in Thüringen reden können, liegt nicht daran, dass die Innenministerien – auch Ihre – so besonders aussagefreudig in diesem Bereich waren. Ich teile durchaus die Einschätzung von Herrn Poppenhäger, der mal sagte: Bei der Bekämpfung der OK gehört es nicht dazu, dass man über die durchgeführten Ermittlungsverfahren geschwätzig ist. Hier muss man die Ermittlungen sachgerecht auf dem Wege der Strafprozessordnung führen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Herr Pop- penhäger …! Das ist doch ein Witz, wenn Sie das auch teilen!)

Da muss man die Ermittlungen eben auch sachgerecht führen. Aber wir haben doch drei Ursachen dafür, dass wir wirklich über organisierte Kriminalität reden können: Das ist die Polizeiliche Kriminalstatistik, die sich in diesem Fall verändert hat, das ist das „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität“ in der Bundesrepublik Deutschland und das sind eben auch solche Rechercheergebnisse, die der MDR hier regelmäßig vorlegt.

(Abg. Fiedler)

Natürlich sind wir uns doch einig, dass es mit allen in der Strafprozessordnung möglichen Mitteln – da müssen Sie hier nicht neue Forderungen aufstellen, die stehen nämlich alle in § 100a der Strafprozessordnung: Wenn ein konkreter Straftatsverdacht besteht, der auch von so schwerwiegenden Verbrechen ausgeht, dann besteht natürlich die Möglichkeit, eine Telekommunikationsüberwachung beim Gericht anzuregen und die dann auch durchzuführen. Das muss dann eben auch gemacht werden. Da sind wir uns einig, dass wir in diesen drei Phänomenbereichen Rockerkriminalität, russisch-eurasische Mafia und italienische organisierte Kriminalität natürlich die Ermittlungskompetenzen im LKA stärken müssen.

Aber ich will auch noch mal zwei andere Dinge benennen, über die wir hier reden müssen. Es geht nämlich nicht nur um die Bekämpfung der OK, sondern es geht möglicherweise auch um die Prävention. Beim ersten Fall, Bekämpfung der OK, spreche ich auch Sie an, meine Damen und Herren der CDU. Sie sollten vielleicht einmal Ihre bundespolitische Verantwortung wahrnehmen und die seit Jahren von Polizeibeamten kritisierten engen Grenzen bei Finanzermittlungen, bei Vermögensabschöpfung, bei Nachweispflichten bei hohen Einkommen tatsächlich auch mal verändern, damit dort andere gesetzliche Befugnisse bestehen, in diesem Bereich tatsächlich wirksam zu werden. Das ist eine bundespolitische Verantwortung.

Ich will als zweiten Punkt auch mal den Bereich der Prävention explizit benennen. Ein Teil der organisierten Kriminalität bewegt sich nämlich im Bereich des Menschenhandels und dem können wir natürlich wirksam entgegnen und begegnen, wenn wir uns in diesem Land wirklich an eine an humanistischen und sozialen Kriterien orientierte Einwanderungspolitik machen und ein Einwanderungsgesetz auf den Weg bringen, was es Menschen nicht zur Notwendigkeit macht, sich an Strukturen organisierter Kriminalität zu klammern und damit den Weg beispielsweise zu Familienangehörigen zu finden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)