tragsrecht nicht bereits mit Abschluss der das Bauprogramm umsetzenden technischen Bauarbeiten, sondern erst mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung entsteht. Auch hier folgt der Gesetzentwurf sogar der Rechtsprechung hier in Thüringen. Auch hierzu finden Sie in der Begründung zum Gesetzentwurf ausführliche Erläuterungen. Der Gesetzentwurf betritt also entgegen allen Unkenrufen mit diesem Anknüpfungsmerkmal kein Neuland, sondern greift aus Gründen der Rechtssicherheit, die von allen immer verlangt worden ist, auf eine Formulierung zurück, die in der Praxis bereits bekannt ist und zu der eine gefestigte Rechtsprechung existiert.
Ein dritter Punkt, meine Damen und Herren, ist mir noch wichtig, weil das auch in der Debatte im Ausschuss und bei der Anhörung eine Rolle gespielt hat: die mögliche Abgrenzung zwischen Erschließungs- und Straßenausbaubeitragsrecht – ich glaube, Kollege Kuschel ist in seiner Rede vorhin auch auf den Punkt eingegangen. Im Rahmen der Erörterung zum Gesetzentwurf wurde das Problem einer möglichen – denken Sie sich bitte die Gänsefüßchen an der Stelle mit – Flucht ins Erschließungsbeitragsrecht mehrfach angesprochen. Auch nach der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, meine Damen und Herren, gilt die bisherige gesetzliche Abgrenzung zwischen dem Straßenausbaubeitragsrecht und dem Erschließungsbeitragsrecht fort. Das hebt niemand auf. Ich möchte insoweit auf den § 242 Abs. 9 Satz 1 des Baugesetzbuchs des Bundes und die hierzu existierende Rechtsprechung verweisen. Die wesentlichen Grundzüge dieser Regelung sind in der Gesetzesbegründung hier auch dargestellt. Wir sollten an dieser Stelle den Gemeinden Vertrauen entgegenbringen. Ich gehe davon aus, dass die Gemeinden gewillt sind, die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten und nicht zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger in Thüringen abzuweichen.
Meine Damen und Herren, nach der Verabschiedung hier im Hohen Haus wird sich die Verwaltung im Freistaat umgehend daran machen, die neuen gesetzlichen Regelungen in die entsprechenden Verordnungen umzusetzen. Dafür sind die nächsten Wochen vorgesehen, damit zeitnah auch für alle Beteiligten Rechtssicherheit mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen herrscht für den finanziellen Ausgleich der Beitragsausfälle durch das Land, der dann geschaffen werden muss. Insofern empfiehlt die Landesregierung auch an dieser Stelle die Zustimmung zum Gesetzentwurf nebst dem Änderungsantrag. Herzlichen Dank.
Danke schön. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung zum Gesetzentwurf. Wir stimmen als Erstes über die Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses in der Drucksache 6/7675 ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD, der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer ist dagegen? Dagegen sehe ich keine Stimmen. Wer enthält sich? Es enthalten sich die Fraktion der CDU und Abgeordneter Rietschel. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung zum Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/7139 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung über die Beschlussempfehlung. Wer dem zustimmen will, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Fraktionen der Koalition, die AfD und Abgeordneter Rietschel. Wer ist dagegen? Ich sehe keine Gegenstimmen. Wer enthält sich? Es enthält sich die Fraktion der CDU. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.
Wir kommen zur Schlussabstimmung des Gesetzentwurfs. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich jetzt von den Plätzen zu erheben. Das sind die Fraktionen der AfD und der Koalition.
Wer ist dagegen? Dagegen sehe ich keine Stimmen. Wer enthält sich? Es enthalten sich die Fraktion der CDU und Abgeordneter Rietschel. Damit ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung ebenfalls bestätigt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Frau Präsidentin, wir würden um eine Sitzungsunterbrechung zur Durchführung einer Fraktionssitzung bitten.
Danke. Dann stimmen wir über den Entschließungsantrag ab. Wird Ausschussüberweisung zum Entschließungsantrag gewünscht?
Es wird nicht gewünscht. Dann stimmen wir über den Entschließungsantrag von den Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/7716 ab. Wer dem seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Fraktionen der Koalition und der AfD. Wer ist dagegen? Es ist niemand dagegen. Wer enthält sich? Es enthalten sich die Fraktionen der CDU und Abgeordneter Rietschel. Damit ist der Entschließungsantrag angenommen.
Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt. Die CDUFraktion hat um eine Auszeit gebeten von – wie viel? 30 Minuten, ja? Frau Hennig-Wellsow?
Ich habe jetzt die Geschäftsordnung nicht zwingend vor mir, aber muss das nicht wenigstens irgendwie mal begründet werden, warum es jetzt eine Pause geben soll? Weil wir sind nicht vor einer Abstimmung und insofern …
Nein. Mir sagt die Verwaltung hier Nein. Ich habe sie auch nicht so. Dann gehen wir in eine Auszeit von 30 Minuten und treffen uns um 16.25 Uhr wieder hier im Haus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich beende die Unterbrechung, die Auszeit. Die Parlamentarischen Geschäftsführer hatten sich vereinbart, dass wir jetzt den Tagesordnungspunkt 15 aufrufen, den wir auf jeden Fall aufrufen wollten.
Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Hochschulzulassung und zur Änderung hochschulzulassungsrechtlicher Bestimmungen
Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/7412 - dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 6/7440 -
Folgender Hinweis: Der Gesetzentwurf wurde gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung im Einvernehmen mit den Fraktionen vorab an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen.
Das Wort hat Abgeordneter Schaft zur Berichterstattung aus dem Ausschuss. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Werte Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste und Zuschauerinnen am Livestream und noch auf der Tribüne, der Gesetzentwurf der Landesregierung des Thüringer Gesetzes zu dem Staatsvertrag über die Hochschulzulassung und zur Änderung hochschulzulassungsrechtlicher Bestimmungen wurde, wie gerade schon gesagt, gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags im Einvernehmen mit den Fraktionen am 01.07.2019 an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen. Die gesetzlichen Änderungen wurden notwendig, weil am 19. Dezember 2017 das Bundesverfassungsgericht Teile des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für die Hochschulzulassung als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärte. Als verfassungswidrig wurden insbesondere die Beschränkungen der Ortswünsche innerhalb der Abiturbestenquote, der fehlende Ausgleichsmechanismus bei den Abiturnoten, die fehlende gesetzliche Festlegung der Auswahlkriterien im Auswahlverfahren der Hochschule sowie fehlende Begrenzungen der Wartezeit befunden. Der Bund und die Länder bekamen daraufhin die Möglichkeit, bis Ende dieses Jahres die als verfassungswidrig befundenen Teile zu überarbeiten. Der neue Staatsvertrag über die Hochschulzulassung mit den notwendigen Änderungen wurde von der Ministerpräsidentenkonferenz am 21. März 2019 beschlossen und unterzeichnet. Wesentliche Neuerungen sind die Abschaffung der Auswahl nach der Dauer der Wartezeit, die Neuausrichtung der Hauptquoten, die Einführung eines quotenübergreifenden Verfahrens für eine bessere Vergleichbar
keit der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung über Ländergrenzen hinweg sowie die Festlegung, dass die Hochschulen künftig im Auswahlverfahren der Hochschulen neben den Ergebnissen der Hochschulzugangsberechtigung mindestens ein schulnotenunabhängiges Auswahlkriterium mit erheblichem Gewicht berücksichtigen müssen. Neben den abschließenden Regelungen enthält der Staatsvertrag über die Hochschulzulassung auch Regelungen, die bei den Ländern einen Spielraum für die weitere Ausgestaltung einräumen und daraus leiten sich die notwendigen und die im vorliegenden Gesetzentwurf beabsichtigten Änderungen der landesrechtlichen Vorschriften ab. Daher bedarf es neben der Zustimmung zu dem Staatsvertrag über die Hochschulzulassung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch einer Anpassung des Hochschulzulassungsgesetzes in Thüringen und des Thüringer Hochschulgebühren- und Entgeltgesetzes.
Die Mitglieder des Ausschusses kamen in ihrer 61. Sitzung, die außerordentlich am 5. Juli 2019 durchgeführt wurde, überein, eine schriftliche Anhörung zum Gesetzentwurf durchzuführen. An der Anhörung haben sich insgesamt aber lediglich 6 von 44 angeschriebenen Anzuhörenden beteiligt. In seiner 62. Sitzung am 5. September 2019 hat sich der Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft mit den Ergebnissen der schriftlichen Anhörung befasst. Die eingegangenen Stellungnahmen begrüßten den vorliegenden Gesetzentwurf überwiegend, die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesärztekammer kritisierten lediglich, dass im Gesetzentwurf keine sogenannte Landeskinderregelung oder auch Quote als eignungsorientiertes Kriterium zur Vergabe von Studienplätzen aufgenommen wurde. Der Fachschaftsrat der Medizinstudierenden der FSU Jena verwies im Gegensatz dazu darauf, dass eine sogenannte Landärztinnenquote oder auch eine Landeskinderquote als nicht hinnehmbare Einschränkung der Freiheit der Studierenden im Sinne der Berufswahlfreiheit betrachtet wird. Zudem betonten sie die Notwendigkeit einer transparenten und fairen Verfahrensweise bei der Studienplatzvergabe und eine regelmäßige Evaluation der Ausfallkriterien. Auch die Juso-Hochschulgruppen, die angehört wurden, betonten in ihrer Stellungnahme den Aspekt der Transparenz bezüglich der festgelegten Auswahlmaßstäbe.
In der Sitzung am 5. September 2019 brachten die Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grüne einen gemeinsamen Änderungsantrag zum vorliegenden Gesetzentwurf ein. Dieser beinhaltet überwiegend redaktionelle Änderungen. Darüber hinaus wurde bei der Befassung mit dem Gesetzentwurf deutlich, dass es für die örtlich zulassungsbe
schränkten Studiengänge und für die zentral zulassungsbeschränkten Studiengänge unterschiedlicher Zeitpunkte für das Inkrafttreten bedarf.
Mit der Änderung in Nummer 9 der Beschlussempfehlung soll geregelt werden, dass für die Vergabeverfahren im Sommersemester 2020 in den örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen die bisherige Fassung des Thüringer Hochschulzulassungsgesetzes Anwendung finden soll. Erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens mit Beginn des Wintersemesters 2020/2021 sollen dann die neuen Regelungen auch in den örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen Anwendung finden. Für die Vergabeverfahren in den zentral zulassungsbeschränkten Studiengängen gelten die geänderten Regelungen des Thüringer Hochschulzulassungsgesetzes ab dem Tag, der auf den Tag des Inkrafttretens des Staatsvertrags und über die Hochschulzulassung folgt. Damit soll eine bessere Umsetzbarkeit für die betroffenen Hochschulen ermöglicht und der Übergang zum neuen Vergabesystem erleichtert werden.
Der Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat in der Sitzung am 5. September den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen einstimmig im Rahmen seiner Beschlussempfehlung verabschiedet. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, heute beraten wir in zweiter Lesung das Gesetz zum Staatsvertrag über die Hochschulzulassung und zur Änderung hochschulzulassungsrechtlicher Bestimmungen. Die Anpassung der Verfahren zur Zulassung zu zugangsbeschränkten Studiengängen ist notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende 2017 die bisherige Praxis teilweise für grundgesetzwidrig erklärt hatte. Entsprechend dient der vorliegende Entwurf im Wesentlichen der Anpassung des Thüringer Hochschulzulassungsgesetzes an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Fragen des Verfahrens zur Studienplatzvergabe im Studiengang Medizin vom 19. Dezember 2017.
Die vorgenommenen Änderungen des Gesetzes dienen daher ausschließlich der formalen Anpassung auf Grundlage des neuen Staatsvertrags über
die Hochschulzulassung, weshalb dem Gesetz in der Sache auch zuzustimmen ist; ich vermute, dass es auch deswegen so eine Zurückhaltung bei den Redebeiträgen gibt. Was unsererseits jedoch nicht unerwähnt bleiben darf, ist, dass mit dieser Änderung der Hochschulzulassungsmodalitäten bedauerlicherweise die dringend notwendige tiefergehende Auseinandersetzung mit den Kriterien zur Zulassung zum Studium der Medizin ausgeblieben ist. Nicht nur die steigenden Patientenzahlen in Praxen und Kliniken oder der Trend zur Teilzeitarbeit – vor allem bei jüngeren Ärztegenerationen – führen zu der Erkenntnis, dass wir in Thüringen dringend mehr Ärzte benötigen. Nicht zuletzt deshalb fordern Ärzteverbände und Krankenhausvertreter schon seit geraumer Zeit eine Aufstockung bei der Zahl der Studienplätze in der Humanmedizin und wirksame Regelungen dazu, Medizinabsolventen an Thüringer Hochschulen auch nach ihrem Studium in Thüringen zu behalten. Dies wurde auch in der schriftlichen Anhörung zum hier in Frage stehenden Gesetz deutlich.
Sowohl die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen als auch die Landesärztekammer forderten die sogenannte Landeskinderquote, die es ermöglichen soll, dass die Herkunft der Studienbewerber Berücksichtigung beim Zulassungsverfahren finden soll. Nun haben wir aber in der letzten Sitzung des zuständigen Wissenschaftsausschusses, aber auch durch öffentliche Äußerungen verschiedener Regierungsmitglieder zur Kenntnis genommen, dass seitens der Landesregierung erhebliche rechtliche Bedenken gegen eine solche Landeskinderquote bei der Zulassung zum Humanmedizinstudium bestehen. Darüber hinaus zeigen uns die Zahlen, dass auch ohne eine solche Quote bereits rund ein Drittel der Humanmedizin-Erstsemester an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena aus Thüringen kommt. Im Wintersemester 2016/2017 waren unter den 265 Studienanfängern 76 aus Thüringen.
Vor dem Hintergrund des in Thüringen und hier vor allem in den ländlichen Regionen bestehenden Ärztemangels werden wir zur weiteren Gewährleistung des Sicherstellungsauftrags also nicht umhinkommen, an anderen Stellschrauben zu drehen. Und allzu viele Optionen bleiben uns dabei nicht. Es muss einerseits die Zahl der Studienplätze spürbar erhöht werden, andererseits müssen diese Studienplätze mit einer Quote verbunden werden, bei der eine bestimmte Anzahl der Studienplätze für Personen vorgehalten wird, die sich verpflichten, im ländlichen Raum oder zumindest in Thüringen eine Arztstelle für einen gewissen Zeitraum zu übernehmen. Das ist die sogenannte Landarztquote.
Das sind unsere Forderungen als AfD und wir denken, dass auch hier möglichst schnell gehandelt werden muss, um nicht auch im Bereich der medizinischen Versorgung die Probleme entstehen zu lassen, wie wir sie in Teilen des Bildungsressorts haben, wo allenthalben Lehrer fehlen und sich die etablierten Parteien im Wesentlichen darauf konzentrieren, sich gegenseitig die Schuld für dieses Versagen zuzuschieben. Der Leidtragende ist dabei einmal mehr der Bürger. Eins jedenfalls ist klar: Anwerbungskampagnen im In- und Ausland, wie sie Herr Minister Tiefensee vorgeschlagen hat, können nicht die einzige Antwort sein. Und wenn eine Erhöhung der Medizinstudienplätze um 10 Prozent nach Schätzung der Medizinischen Fakultät Jena unseren Landeshaushalt langfristig um jährlich gerade einmal 6 Millionen Euro belastet, dann müssen wir uns ernsthaft die Frage stellen, ob wir als Freistaat unsere Prioritäten noch richtig setzen, wenn es uns das nicht wert sein sollte. Herzlichen Dank.