Protocol of the Session on July 4, 2019

Hierüber dürften wir in diesem Hohen Haus sogar Einigkeit haben. Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, aus der Sicht der AfD gehören die Ausübung von politischer Macht einerseits und die kritische Bewertung politischen Handelns andererseits durch die Medien nicht in eine Hand. Besonders bedenklich ist es dabei, wenn Parteibeteiligungen an Zeitungen mit regionalem Monopol bestehen, da sich bei derartigen Monopolstellungen eine Parteibeteiligung besonders verzerrend auf die öffentliche Meinungsbildung ausüben kann.

(Beifall AfD)

Dabei ist es für den Leser oftmals nicht erkennbar, welches Medium zu welchem Anteil in der Hand einer einzelnen Partei ist. Zugleich ist der Markt für Zeitungen und Zeitschriften zunehmend gekennzeichnet durch Formen redaktioneller Zusammenarbeit, mit dem grundsätzlich nachvollziehbaren Ziel der Kostenersparnis. Dies führt jedoch dazu, dass selbst vermeintlich parteiunabhängige Zeitungen Inhalte von Zentralredaktionen oder Redaktionsnetzwerken nutzen, die mitunter wiederum ebenfalls anteilig direkt oder indirekt im Besitz von Parteien sind, und zwar ohne dass der Leser die Möglichkeit hätte, sich darüber zu informieren. Hier fehlt jegliche Transparenz und die im Landespressegesetz vorgesehene Offenlegungspflicht im Impressum reicht unserer Meinung nach jedenfalls nicht aus, um diesem Transparenzdefizit tatsächlich entgegenzuwirken. Hier, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, setzt der Gesetzentwurf meiner Fraktion an. Wir schlagen eine gesetzliche Regelung vor, die die Offenlegungspflicht im Thüringer Pressegesetz ergänzt und sicherstellt, dass Medienkonsumenten darüber in Kenntnis gesetzt werden, wenn Publikationen oder Medieninhalte von Unternehmen stammen, an denen unmittelbar oder mittelbar politische Parteien beteiligt sind. Wir freuen uns auf diese wichtige und notwendige Debatte und ich beantrage hier schon die Überweisung der Vorlage an den zuständigen Ausschuss für Europa, Kultur und Medien. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

(Vizepräsidentin Jung)

Ich eröffne die Aussprache und das Wort hat Abgeordneter Wucherpfennig, Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren, zu dem Vorschlag der AfD-Fraktion, das Thüringer Pressegesetz zu ändern, möchte ich Folgendes bemerken: Mit der Formulierung in der Überschrift „Herstellung von Transparenz bei Beteiligungen politischer Parteien an Medienunternehmen“ wird bereits durch die Wortwahl „Herstellung“ suggeriert, eine Transparenz hinsichtlich der Beteiligung politischer Parteien an Medienunternehmen würde es nicht geben. Vielmehr müsse diese erst durch eine Gesetzesinitiative der AfD geschaffen werden. Dem ist allerdings nicht so.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Zusammenhang verweise ich auf Artikel 21 Abs. 1 unseres Grundgesetzes sowie § 24 Abs. 7 Nr. 1 und 2 des Parteiengesetzes, wonach die Parteien ihre finanziellen Beteiligungen an Unternehmen und den im Jahresabschluss aufgeführten unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen aufzulisten haben. Zusätzlich sind die Hauptprodukte der entsprechenden Medienunternehmen zu benennen. Diese Angaben bzw. Auskünfte sind für die Parteien verpflichtend und in ihren sogenannten Rechenschaftsberichten darzustellen. Einsehbar für jedermann bzw. jedefrau sind diese Rechenschaftsberichte der politischen Parteien, unter anderem im Internet unter: Deutscher Bundestag, Dokumentation, Beteiligung von Bundesparteien an Medienunternehmen. Nach dem Kommentar zum Beteiligungsgesetz von Morlok 2013 soll die vorgenannte Regelung die Transparenz der zulässigen unternehmerischen Beteiligung der Parteien als Akteure einer pluralistisch geprägten Medienpolitik befördern. Insbesondere soll sie der Sichtbarmachung etwaiger parteipolitischer Einflussnahme auf den redaktionellen Inhalt des Medienprodukts dienen.

Meine Damen, meine Herren, aus meinen bisherigen Ausführungen mit Verweis auf das Parteiengesetz dürfte bereits erkennbar sein, dass die von der AfD geforderte Transparenz nicht herzustellen ist, sondern bereits existiert.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So viel allein zur Überschrift der AfD-Initiative. Dass es tatsächlich eine Transparenz bzw. ein Transparenzgebot für Parteien gibt, wird von der AfD-Fraktion dann zumindest unter „Probleme und Rege

lungsbedarf“ zugestanden, vergleiche Absatz 4. Allerdings ist dieses Transparenzgebot für die AfD offensichtlich nicht ausreichend genug, zumal für sie kaum ein Leser die Rechenschaftsberichte der Parteien studiert, bevor er sich eine Zeitung kauft; vergleiche Absatz 5. Gelöst werden soll dieses Problem nach der AfD durch eine Neufassung von § 8 Abs. 1 Thüringer Pressegesetz, wonach die Verleger von periodischen Druckwerken bei jeder Ausgabe an herausgehobener Stelle des Druckwerks auf die unmittelbare bzw. mittelbare Parteienbeteiligung hinzuweisen haben.

Meine Damen, meine Herren, eine Parteienbeteiligung an nicht eigenen, periodisch erscheinenden Druckwerken ist zweifelsfrei ein sensibles Thema, wobei der verfassungsrechtlich gewährte Rahmen der Maßstab für die Beurteilung sein muss. Gleichwohl gehen unseres Erachtens die Schlussfolgerungen bzw. die vorgeschlagenen Problemlösungen der AfD, bei Printmedien mit einer Unternehmensbeteiligung von Parteien an hervorgehobener Stelle den – ich sage jetzt mal – Parteienstempel aufzudrucken, eindeutig zu weit. Erstens: Die AfD unterstellt damit den Medienkonsumenten Unkenntnis und unbewusstes, ja schon törichtes, nicht selbstbestimmtes Handeln. Zweites: Die AfD unterstellt damit Medienunternehmen mit Parteienbeteiligung eine parteipolitische Einwirkung auf die Gestaltung der Inhalte einer vorgeblich unabhängigen Zeitung; vergleiche Absätze 3 und 7. Drittens: Schließlich kann das Ansinnen der AfD, die Darstellung der Parteien auf den jeweiligen Druckwerken, quasi als Angriff auf den Pressekodex und die journalistische Berufsethik, auf die journalistische Unabhängigkeit betrachtet und von einem parteipolitisch motivierten Wirken ausgegangen werden.

Wenn ich es auf den Punkt bringen würde, meine Damen, meine Herren, könnte ich in diesem Kontext auch das Unwort des Jahres 2014 verwenden. Das liegt mir allerdings fern, weil es nicht zu meinem Sprachgebrauch gehört.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abschließend möchte ich auf die Mainzer Langzeitstudie 2018 der Universität Mainz und Düsseldorf mit dem Titel „Medienvertrauen im Zeitalter der Polarisierung“ hinweisen, die in dieser Zeitschrift veröffentlicht ist. Ich denke, das Thema ist gegenwärtig höchst aktuell. Das Ergebnis dieser Langzeitstudie könnte aber auch etwas Zuversicht auslösen. Denn in dieser Studie heißt es – ich zitiere –: „Die große Vertrauenskrise gab und gibt es nicht. Im Gegenteil: Mit 44 Prozent stimmten 2018 mehr Befragte der Aussage zu, dass man den Medien ‚bei wichtigen Dingen‘ vertrauen könne […] (42 % [waren es]

im Jahr 2017, 41 % im Jahr 2016)“ Regionalzeitungen genießen nach dieser Studie mit 63 Prozent ein vergleichsweise hohes Vertrauen. Demgegenüber ist das Vertrauen in Internetquellen auch im Jahr 2018 gering. Nur 21 Prozent der Befragten vertrauten Nachrichten auf Suchmaschinen und nur 4 Prozent in den sozialen Netzwerken.

Zusammenfassend bedeutet dieses: Das Medienvertrauen allgemein steigt langsam, aber stetig. Zwei Drittel der Befragten betrachten Tages- bzw. Regionalzeitungen als vertrauenswürdig. Deshalb lautet unser Fazit: Die Gesetzesinitiative der AfDFraktion ist völlig unangemessen und ist ein Versuch, erneut zu polarisieren. Meine Fraktion wird sich dieser Initiative nicht anschließen und den Antrag ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Henfling das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Tagesordnung ist voll und wir müssen es auch nicht großartig in die Länge ziehen. Ich kann mich in vielen Sachen dem Kollegen Wucherpfennig anschließen und bin ihm für seine klare Positionierung sehr dankbar. Auch wir von Bündnis 90/Die Grünen halten dieses Gesetz der AfD für völlig überzogen und auch für ein Vorspiegeln falscher Tatsachen. Herr Wucherpfennig hat es gesagt, Transparenz, wer an welchem Medienunternehmen beteiligt ist, ist vorhanden, das ist einfach einzusehen. Es gibt zum Beispiel auch von 2018 eine Übersicht im Deutschen Bundestag, was die Beteiligung von Parteien an Medienunternehmen betrifft. Es ist einfach nur ein Versuch, hier insbesondere – das hat man ja gemerkt – vor allen Dingen die Kolleginnen und Kollegen der SPD zu diskreditieren und zu unterstellen, dass eine Parteienbeteiligung an einem Medienunternehmen bedeutet, dass diese Medien nicht in der Lage wären, parteiübergreifend und parteineutral zu kommunizieren.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Unerhört!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist schlicht und ergreifend falsch.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber um sozusagen die Ehrlichkeit der AfD noch mal zu prüfen, sei doch auf zwei Thüringer Printmedien verwiesen, in deren Impressum im Übrigen

nicht steht, dass unter anderem ihr Geschäftsführer, ihr Verleger ein AfD-Mitglied ist. Wir nennen dabei „Neues Gera“, eine Wochenzeitung in Gera. Der Fraktionsvorsitzende, Stadtrat der AfD, Dr. Harald Frank, ist Verleger und vertreibt diese Zeitung. Und in Arnstadt wird seit vielen Jahren das „Arnstädter Stadt-Echo“ herausgegeben.

(Zwischenruf Abg. Mühlbauer, SPD: Hört, hört!)

Auch derjenige, der das dort macht, Stefan Buchtzik, ist im Vorstand der AfD Ilm-Kreis.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das sind Fake News!)

Das sind nicht Fake News. Sie können ja mal auf Ihrer Internetseite schauen, ich habe es gerade noch mal gemacht, weil

(Unruhe AfD)

es ja immer nicht so ganz klar ist, ob Stefan Buchtzik jetzt noch in der AfD ist oder nicht oder ob er nur bei den Freien Wählern rumhängt. Aber auf Ihrer Internetseite Ilm-Kreis-Gotha ist er noch im Vorstand gelistet als stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Ilm-Kreis-Gotha. Dann müssen Sie Ihre Homepage mal überarbeiten. Ich muss ganz ehrlich sagen, da ist die Internetkompetenz der AfD mal wieder minus zehn.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das zeigt – glaube ich – relativ deutlich, worum es der AfD hier geht. Ihr geht es eben nicht um Transparenz und ihr geht es nicht darum, den Bürgerinnen und Bürgern klarzumachen, wer wo beteiligt ist, sonst hätte sie zum Beispiel auch nicht nur Parteien aufgeführt, sondern unter anderem auch Unternehmen. Es gibt nämlich auch genug Unternehmen, die zum Beispiel als Lobbyisten sonst unterwegs sind, die auch beteiligt sind an Medienunternehmen. Das ist übrigens auch transparent einsehbar. Nein, sie hat sich auf Parteien bezogen und das ist ein Bashing, was Sie hier machen wollen, und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich glaube, die zwei Thüringer Printmedien zeigen relativ deutlich, wohin die Reise gehen soll.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von daher: Auch wir werden das ablehnen und wir glauben, dass die momentane Regelung völlig ausreichend ist und dass die Transparenz für diejenigen, die sie wahrnehmen wollen, vorhanden ist. Vielen Dank.

(Abg. Wucherpfennig)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD hat Abgeordneter Höcke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne! Sehr geehrte Frau Henfling, Sie haben den Inhalt und die Intention unseres Gesetzentwurfs augenscheinlich nicht verstanden. Es ging hier niemals um Parteimitgliedschaften. Natürlich kann jeder Redakteur Mitglied jeder Partei sein. Das war ja gar nicht Thema unseres Gesetzentwurfs.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um Herausgeber!)

Bitte einfach noch mal durchlesen! Es ist Teil ihres gesetzlichen Auftrags, Parteien versuchen, auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluss zu nehmen, etwa indem sie eigene Zeitungen oder sonstige Veröffentlichungen herausgeben

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und auf diese Weise ihre politischen Inhalte öffentlich kommunizieren. Darüber hinaus – und das hatte ich ja eben schon in meiner Einbringungsrede thematisiert und daran möchte ich an dieser Stelle anknüpfen – steht es politischen Parteien selbstverständlich frei, sich an Unternehmungen zu beteiligen, darunter selbstverständlich auch an Medienunternehmungen. Das stellen wir nicht in Abrede.

2008, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, stellte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags fest, dass mit Ausnahme der Grünen alle im Bundestag vertretenen Parteien Medienbeteiligungen besaßen. Die einsame Spitzenstellung – und das hat nichts mit Diskreditierung zu tun, sondern ist einfach nur die Erwähnung eines Faktums – hatte die SPD inne, die über ihre bereits eingangs erwähnte Holdinggesellschaft DDVG umfangreiche Beteiligungen an Presse- und Rundfunkunternehmungen hält.

Anders als es bei sonstigen Unternehmensbeteiligungen der Fall ist, wirft die Beteiligung politischer Parteien an Medienunternehmen aber Probleme grundsätzlicher, nämlich verfassungsrechtlicher, Natur auf. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist nämlich die wichtigste Funktion der Medien – und ich glaube, darüber herrscht sogar hier im Hohen Hause Einigkeit – die Stärkung der Demokratie. Voraussetzung ist hierfür nach dem traditionellen

Verständnis der Rundfunkfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes eine neutrale Vielfalt im Hörfunk und im Fernsehen und Erhalt der Konkurrenz in der Presse. Die Medien sollen dabei nicht nur eine unabhängige politische Willensbildung der Bürger ermöglichen und sicherstellen, sie sollen auch staatliche Machtausübung kontrollieren und selbstverständlich Missstände aufdecken. Aus diesen Gründen, sehr geehrte Kollegen, ist es zwingend erforderlich, dass sie pluralistisch strukturiert und vor allem frei von jeglicher Form staatlicher Einflussnahme sind. Die vierte Gewalt, wie wir die Medien gern nennen, muss unabhängig von den anderen Gewalten sein. Die zu Kontrollierenden sollen sich nicht selbst kontrollieren, die zu Vermittelnden nicht selbst zu den Mittlern werden, das ist der Kern der funktionalen Unvereinbarkeit von Parteien und Medien.

(Beifall AfD)

Da Parteien aber naturgemäß auf die Erlangung staatlicher Macht ausgerichtet sind – das ist ihr Daseinszweck –, weisen sie in aller Regel eine besondere Staatsnähe auf, die bei Parteien, die sich in Regierungsverantwortung befinden, natürlich umso größer ist. Gerade in der öffentlichen Wahrnehmung lässt sich dann häufig nicht mehr zwischen Parteihandeln und Regierungshandeln unterscheiden. Wenn die betreffende Partei zusätzlich Beteiligungen an Medienunternehmen hält, besteht tatsächlich die Gefahr gegen das Demokratieprinzip verstoßender staatlicher Einflussnahme auf den gesellschaftlichen Willensbildungsprozess. Das wiegt noch weitaus schwerer, wenn das Ergebnis der Einflussnahme als neutrale Berichterstattung in vorgeblich parteipolitisch unabhängigen Medien daherkommt.

(Beifall AfD)