Nur eine Klarstellung: Wir rätseln hier gerade in der Fraktion, Herr Voigt, ob wir die Worte „Pissing Contest“ von Ihnen vernommen haben, und wenn ja, was Sie damit meinten.
Mir ist vollkommen klar, dass die AfD sehr daran interessiert ist, dem deutschen Sprachgut weiterhin Ausdruck zu verleihen. Wenn Sie wollen, können wir vor der Tür gleich mal über das Thema „Pissing Contest“ reden. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Tiefensee, ich darf mich namens meiner Fraktion für Ihre Ausführungen bedanken, vor allen Dingen – wenn ich das mal zusammenfassen kann – aus dem Grund, weil Sie es gut verstanden haben – das, gehe ich mal davon aus, ist auch das Anliegen des Ministeriums, Ihr persönliches wie das der Landesregierung –, dass wir – deshalb heißt auch der Titel des Ministeriums ganz folgerichtig so – Digitalisierung wirklich als ein umfassendes gesellschaftliches Problem betrachten, wenn wir uns diese Sichtweise nicht zu eigen machen. Aber ich gehe davon aus, wir machen das hier in dem Haus insgesamt und die Landesregierung tut es, dann wären wir, glaube ich, bei all den Fragen, die Sie hier sehr deutlich aufgezeigt haben, nicht auf der Höhe der Aufgaben, würden wir das nicht meistern. Aber indem wir die Sache als ein gesellschaftliches Problem in Gänze betrachten, werden wir sie auch hier in Thüringen – davon bin ich überzeugt – gut meistern können. Wir werden sie auch im Interesse – allerdings bringt das natürlich die Frage Gesamtgesellschaft mit sich –, im Dialog und in der gegenseitigen Befruchtung der Debatte mit der Wirtschaft in verschiedenster Form führen können und damit zu einem guten Ergebnis kommen, weil – und das sehe ich sicherlich naturgemäß ein bisschen anders als Kollege Voigt, wenn wir auch, denke ich, was die rein inhaltlichen Fragen betrifft, weit übereinstimmen, das sehe ich genauso – es aber eben nicht so ist, dass automatisch alle Probleme gerade in so komplizierten Prozessen auf der Ebene zwischen Unternehmen und Beschäftigten gelöst werden können. Da gibt es berechtigte Anforderungen an Politik und Staat und da gibt es auch Notwendigkeiten, sich mit diesen Fragen hier zu befassen.
Ich will an der Stelle nichts mehr weiter zu den ganzen Fragen der – man muss schon sagen – historischen Einordnung dieses Prozesses unter dem Gesichtspunkt „Industrie 4.0“ ausführen, ich will aber noch auf einige Problemlagen aufmerksam machen. Natürlich ist es so – das hatten Sie auch ausgeführt, Herr Minister –, wir haben einen insgesamt zunächst einmal ganz guten Stand, was Wirtschaft und Digitalisierung betrifft. 95 Prozent aller Unternehmen verfügen heute über einen Computer. Wir haben das zu 2013 mit dem Internetanschluss dann auch gesteigert, aber wir wissen natürlich – das ist auch von meinem Vorredner und auch von Ihnen
angesprochen worden –, oftmals ist die Bandbreite viel zu gering und die Verfügbarkeit vom mobilen Internet (WLAN) ist gegenwärtig nur bei 45 Prozent der Thüringer Unternehmen gegeben. Das ist völlig richtig, dass Sie den Akzent auch auf diesen Ausbau der Situation hier legen. Die – das hatte auch Kollege Voigt angeführt – Digitale Dividende II aus den Versteigerungen der Funkfrequenzen sowie angekündigte EU- und Bundesmittel werden durch diese Regierung so gestaltet, dass sie ungeschmälert in den Breitbandausbau fließen werden. Das ist eine ganz konkrete und wichtige Frage, um hier voranzukommen. Natürlich sind wir uns darüber im Klaren, wie alle gesellschaftlichen Entwicklungsfragen sind auch die der Entwicklung der digitalen Gesellschaft und der Digitalisierung in der Wirtschaft immer mit großen Chancen, andererseits – das ist ganz normal, wenn man vorwärtsgeht – mit Risiken verbunden und wir sind politisch gefordert, genau diese Prozesse und zum Teil auch Widersprüchlichkeiten zu sehen, um sie insgesamt zu nutzen. Es ist, glaube ich, unbestreitbar, es geht um die Voraussetzungen für eine gesteigerte ökonomische Effektivität. Es geht ganz konkret bei der Digitalisierung der Wirtschaft um verbesserte Produktionsabläufe, um höhere Serviceorientierung und Qualität, um gesteigerte Ressourceneffizienz. Das ist eine ganz zentrale Frage, die sich auch einbindet in unsere politischen Gesamtvorstellungen.
Ja, meine Damen und Herren, Digitalisierung ist eine große Chance, nicht einfach weiter vom Wirtschaftswachstum zu reden und darauf zu sehen, sondern es ist eine Riesenchance für ein schonendes Wirtschaftswachstum und ein nachhaltiges Produktionssystem. Gerade auf diese Gesichtspunkte sollten wir – und ich gehe davon aus, wir tun das – größten Wert legen. Auch aus Sicht der Beschäftigten – die Veränderungen wurden hier aufgezeigt – bringt es die Möglichkeit einer weiteren Entlastung der Beschäftigten von belastenden und körperlichen Routinetätigkeiten, immer wieder gleichförmigen Arbeitsschritten. Wenn die Ausgestaltung des Prozesses vernünftig vonstatten geht, werden es also sowohl ökonomische als auch soziale und arbeitsphysiologische Verbesserungen sein, die uns erwarten.
Andererseits müssen wir uns auch – und ich habe ja von diesen widerstreitenden Überlegungen gesprochen – darauf einrichten, dass komplexe digitale Systeme bekanntermaßen störanfällig sind. Wir haben die Frage von Hackerangriffen, wo oft nicht ausreichend geschützt werden kann, generell. Das ist eine Frage, die viele Wirtschaftsunternehmen auch in Thüringen bewegt und die manchmal auch zu einer gewissen Zögerlichkeit bei der weiteren Anwendung führt. Wir müssen politisch dafür sorgen, dass sie diese Zögerlichkeit sozusagen überwinden können, weil wir uns für mehr Sicherheit einsetzen. Da muss ich schon mal ganz deutlich
sagen – Kollege Voigt ist, glaube ich, nicht im Raum –: Das, was ich heute lesen konnte über Ihre Position, Herr Minister, im Zusammenhang mit dem NSA-Skandal, das kann ich nur vollumfänglich unterstützen, weil wir, wenn wir diese Fragen nicht lösen werden, dann immer eine große Diskrepanz zum Abbau dieser Hemmnisse haben werden, mal ganz abgesehen von den politischen Weiterungen, die natürlich damit verbunden sind, auf die ich hier an der Stelle nicht weiter eingehen will.
Aber wenn die Bundesregierung – das will ich schon sagen – nicht ganz dringend zur umfangreichen Information des Parlaments beiträgt und für nachweisbare Schritte zum Abbau dieses Skandals sorgt, wird das die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland und auch die Thüringens hemmen, meine Damen und Herren.
Und wir wollen ja nicht, dass die Bundesregierung ein Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung ist. Wenn es so ist, müssen wir sie berechtigterweise kritisieren.
Zu den Problemfeldern zählt auch die Frage – und das hängt wieder mit sicherheitsrelevanten Dingen zusammen – einer großen anfallenden Datenmenge. Da sind die Fragen des Datenschutzes und der Transparenz insbesondere auch gegenüber Kunden und Mitarbeitern, aber natürlich im weiteren Sinne auch gegenüber Bürgerinnen und Bürgern allgemein. Also, wenn wir eine papierlose – sage ich mal, da gehe ich etwas weg von den reinen Wirtschaftsfragen, aber auch dort trifft es ja zu – Verwaltung in den Abläufen anstreben, wenn wir dieses vorantreiben wollen, was letzten Endes auch wieder aus ressourcenschonenden Gründen unter anderem nur richtig ist, dann brauchen wir hier auch die notwendige Sicherheit in diesen Datenbereichen.
Wir haben natürlich die Frage: Wie sieht es mit den Ausbildungs- und Qualifizierungsständen der Menschen aus? Ich denke, Herr Minister, das haben Sie auch entsprechend angerissen. Also fortschreitende Innovation erhöht ja auch laufend ihr Tempo und deshalb brauchen wir gerade unter dem Gesichtspunkt der Digitalisierung diesen Prozess, den wir als lebenslanges Lernen und Qualifizieren verstehen. Ich muss das an der Stelle nicht weiter ausführen. Besonders ältere Menschen müssen wir dazu in die Lage versetzen. Wir haben die Situation, dass es nur dann wirklich klappen kann, wenn insgesamt die Möglichkeiten bestehen, das auch in der Generationenpyramide, auch innerhalb der Familien auszubauen.
Ja, die Dezentralisierung der Arbeitswelt, das ist ebenfalls ein wichtiger Gesichtspunkt, wenn man es gesellschaftlich insgesamt betrachtet. Ich habe Erleichterungen genannt, aber die Frage der ständi
gen Erreichbarkeit stellt natürlich die Fragen nach den Errungenschaften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Dabei geht es nicht darum, diesen Prozess damit auszubremsen, aber es geht genau darum, auch unter diesen veränderten Bedingungen Gesundheits- und Arbeitsschutz, der dann in der einzelnen Frage oftmals ganz anders aussehen wird, als das zum Teil heute noch bei Arbeitsprozessen der Fall ist, einzuhalten. Ja, und es ist völlig richtig, auch hier stimme ich mit der Landesregierung völlig überein, es geht auch darum, andere Formen, adäquate Formen der Mitbestimmung zu finden. Das ist auch die Verantwortung von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik an dieser Stelle.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will insbesondere noch auf die Fragen eingehen, die mit guter Arbeit verbunden sind. Das sagt unser Antrag ausdrücklich. Ich muss mal sagen, da spielen, ich habe das schon angedeutet, auch Fragen der Stressvermeidung, des Stressabbaus auch vorausblickend eine Rolle. Dieses Thema ist keineswegs so neu. Es gab bereits 2013 eine Bundesratsinitiative, damals hat sich Thüringen der Stimme enthalten, aus meiner Sicht leider, aber der Bedarf ist schon offenkundig. Der hat natürlich etwas damit zu tun, wie wir diesen weiteren Digitalisierungsprozess in der Arbeitswelt entwickeln. Der Stressreport der Bundesrepublik, der Bundesregierung von 2012, also unter der schwarz-gelben Regierung damals, hat die Veränderung der Arbeitswelt und die zunehmenden psychischen Belastungen aufgrund von Arbeitsverdichtung aufgezeigt, Erreichbarkeit rund um die Uhr, das ist im Zusammenhang mit unserem Thema eine ganz besondere Frage. Da sind betriebliche Lösungen, wie sie Herr Dr. Voigt hier angeführt hat, natürlich eine Variante. Aber ich bin der Auffassung, das kann man nicht nur allein dem jeweiligen Unternehmen überlassen. Dort müssen auch gesellschaftliche Regelungen her. Im Übrigen: 2014 sind der BDA und der DGB übereingekommen, diese Probleme der Stressbewältigung, der Rund-um-die-Uhr-Arbeit fortgesetzt zu thematisieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Und da ist es unverzichtbar, dass Politik sich in diesen Prozess einbringt,
die Voraussetzungen schafft, dass solche Überlegungen auch gesamtgesellschaftlich wirksam werden können. Das meinen wir gerade mit der Frage, Digitalisierung als ein gesellschaftliches Problem zu betrachten.
Ja, meine Damen und Herren, insgesamt, das zeigt auch der Bericht des Ministers, sind wir, denke ich, in Thüringen für die vor uns stehenden Aufgaben bei der weiteren Digitalisierung insgesamt, aber insbesondere auch mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung gut aufgestellt und gut gerüstet, die Verantwortung auch von uns Parlamentariern. Des
halb haben wir diesen Antrag hier gemeinsam als Koalitionsfraktionen auf den Weg gebracht, das bedeutet oder besteht darin, dass wir nur praktisch tagtäglich und bei allen wichtigen Entwicklungsfragen in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft mit diesem Hintergrund unsere Festlegungen treffen, unsere Positionen und damit letztendlich gesetzliche Regelungen auf den Weg bringen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Ich gehe davon aus, wir werden dazu noch eine sachliche Debatte weiter haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, ich beantrage gemäß § 42 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung die getrennte Abstimmung der Antragsbereiche I bis III. Dass wir mit einer Abstimmung eine Willenserklärung zur Digitalisierung der Wirtschaft und im Weiteren Handlungsmaßnahmen zum gleichen Thema beschließen, welche wir vorab hinsichtlich ihrer Effektivität noch nicht debattiert haben, geht mir etwas zu schnell.
Zu I: Unter der Begrifflichkeit „Industrie 4.0“ versteht man die intelligente Vernetzung der Produktentwicklung, Produktion, Logistik und Endkunden. Dabei treten autonome und situativ sich selbst organisierende intelligente Systeme in Form von Softoder Hardware und im Letzteren in der Gestalt von Sensoren oder Robotern immer mehr in den Vordergrund. Bereits im Bundestagswahljahr 2013 hat der Hightech-Verband Bitkom die Parteien aufgefordert, die Digitalisierung der Wirtschaft politisch stärker zu unterstützen. Netzpolitik ist Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, und deshalb schließt sich die AfD-Fraktion der gemeinsamen Willenserklärung des Landtags an, der Verstetigung der Digitalisierung in Gesellschaft und Wirtschaft einen besonderen Nachdruck zu verleihen. Ich bin allerdings über die Forderungen der regierungstragenden Fraktionen bezüglich des notwendigen Maßnahmenpakets zur Digitalisierung von Verwaltungsprozessen einschließlich der Bereitstellung von Schnittstellen zwischen Verwaltung und Bürger sehr verwundert. Rot-Rot-Grün hat am Anfang des Jahres die Einsetzung einer Enquetekommission abgelehnt, die genau darauf abzielte, die Digitalisierung der Verwaltung mithilfe von beratenden Akteuren aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft voranzutreiben.
Rot-Rot-Grün hat in der letzten Plenarsitzung, also gerade mal vor einem Monat, die Bereitstellung von Schnittstellen zwischen Verwaltung und Bürger sowie Wirtschaft verhindert, indem man dem Antrag zur Änderung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes nicht zugestimmt hat. Zur Erinnerung: Interoperable Schnittstellen sind die Kernforderung der INSPIRE-Richtlinie und des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes. Vielleicht meint aber RotRot-Grün weder die Umsetzung von Open-Government-Konzepten auf Landesebene noch die Bereitstellung von Schnittstellen zum Datenaustausch. Aber genau hier ist das Problem: Wenn wir Nägel mit Köpfen machen wollen, dann müssen wir nicht nur unsere Bürger über die Wegmarken und Terminierungen unserer politischen Initiativen informieren, sondern wir müssen auch handeln. Aus diesem Grund unterstütze ich persönlich den sehr sachbezogenen Antrag meines Kollegen Helmerich, der heute Morgen leider abgelehnt worden ist. Wir müssen in unseren Willenserklärungen konkreter werden, und wenn die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen zum Ziel hat, moderne Verwaltungsdienstleistungen per Internet für den Bürger bereitzustellen oder Verwaltungsdaten endlich als Open Data zu deklarieren oder per Kreditkarte Verwaltungsdienstleistungen in einem virtuellen 24 Stunden lang geöffneten Rathaus zu konsumieren oder mit Hilfe von IT-gestützten effizienten Verwaltungsprozessen den Personalabbau in unseren Verwaltungen zu kompensieren, dann ist das nur zu unterstützen. Jeden Cent, den wir mit einer schlanken und effizient arbeitenden öffentlichen Verwaltung sparen, können wir in die Wirtschaft oder in die Hochschulförderung für technologiegetriebene Innovationsprojekte stecken.
Zu III: Die AfD-Fraktion ist der Meinung, dass der Antrag, wie er jetzt hier vorliegt, der anspruchsvollen Aufgabe einer Förderung der „Wirtschaft 4.0“ in Thüringen nicht gerecht wird. Diese Kritik lässt sich sehr einfach an drei Punkten festmachen. Das sind allesamt Punkte, die auf eine Schwäche im Umgang mit dem Thema „Wirtschaft 4.0“ hier im Freistaat Thüringen verweisen.
Und Punkt 3 – fehlendes Know-how: Es ist fraglich, ob die Landesregierung der richtige Akteur für „Industrie 4.0“ ist.
Aber kommen wir zu den einzelnen Punkten: Eine Digitalisierung – egal ob im Bereich der Gesellschaft, Verwaltung oder Wirtschaft – erfordert eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur. Wenn wir auf die Zahlen schauen, stellen wir fest: In vielen Regionen fehlt eine Verfügbarkeit von über 50 Mbit pro Sekunde, im ländlichen Raum sind es sogar nur
10 Prozent aller Haushalte. Für einen flächendeckenden Breitbandausbau benötigt Thüringen mehr als 2 Milliarden Euro. Doch wie viel steckt der Freistaat Thüringen in den Ausbau der Breitbandversorgung? Von Oktober 2013 bis September 2014 hat das Thüringer Wirtschaftsministerium Fördermittel nach der Richtlinie Breitbandinfrastrukturausbau für Ausbauvorhaben von 113 Ortslagen bereitgestellt. Diese Zuwendungen beliefen sich insgesamt auf 3,3 Millionen Euro. Auch im aktuellen Haushaltsentwurf spielt der Breitbandausbau in Thüringen eine untergeordnete Rolle. Das ist viel zu wenig Geld für die notwendigen Investitionen. Bezieht man die damit angestoßenen Effekte bei den privaten Investitionen ein, dann dauert es statistisch noch 130 Jahre, bis eine flächendeckende Breitbandversorgung – also mindestens 50 Mbit pro Sekunde – vorliegt.
Der Deutsche Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik – VDE – hat deutschlandweit eine Befragung zu „Industrie 4.0“ durchgeführt. Aus der Befragung geht hervor: Das Haupthindernis für den Fortschritt in diesem Bereich sind fehlende Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen. Diese Kritik hat leider auch in Thüringen Bestand. Herr Wirtschaftsminister Tiefensee hat während des Breitbandgipfels und auch heute hier im Haus seine Ziele der aktuellen Landesregierung dargelegt, nämlich bis zum Jahr 2020 thüringenweit 30 Mbit pro Sekunde bereitzustellen. Dieser Offenbarungseid steht im klaren Widerspruch zu den Intentionen des hier vorliegenden Antrags, nämlich „Industrie 4.0“ im Rahmen der Thüringer Wirtschaftspolitik besonders zu fördern. Das Internet der Dinge ist die Schlüsseltechnologie von „Industrie 4.0“. Wie wollen Sie dieses wichtige Wirtschaftsfeld fördern, wenn bereits heute feststeht, dass die Thüringer Landesregierung den Ausbau des Breitbands in Thüringen derart niedrig priorisiert angeht? Das heißt, Sie müssen viel mehr Priorität darauf legen, dass eine prosperierende Digitalwirtschaft sich zeitnah hier in Thüringen etablieren kann.
Dieser Offenbarungseid steht weiterhin im Widerspruch zu der bundesweiten Vorgabe, bis 2018 50 Mbit pro Sekunde zu realisieren. Wenn die Thüringer Landesregierung der Auffassung ist, dass 20 Mbit pro Sekunde weniger ausreichend seien, und sich darüber hinaus noch zwei Jahre länger für eine im Bundesdurchschnitt schlechtere Netzqualität im Ausbau genehmigt, dann sage ich Ihnen eins voraus: dass sich in Thüringen keine Digitalwirtschaft etablieren kann, zumindest nicht in dieser Legislaturperiode. Entweder die Landesregierung priorisiert ihre politischen Schwerpunktfelder neu – und darum bitten wir sehr eindringlich, denn die Wirtschaft ist nun mal das Rückgrat unserer Gesellschaft – oder Sie müssen bis 2020 andere Wege
Frau König, Ihre Vorhaben, Einzelprojekte mit Bezug zu „Industrie 4.0“-Konzepten mit der Gießkanne im Rahmen der Regionalen Forschungs- und Innovationsstrategie – RIS3 – zu fördern, wird keine industrielle Revolution hier in Thüringen hervorrufen. Sie müssen sich über eins klar werden: „Industrie 4.0“ gibt es nicht von der Stange, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es ist auch nicht verkehrt, Daten und IT-Sicherheit zu einem ausschließlichen Thüringer Problem zu machen. Die Problemlösung wird bereits mit Steuergeldern angegangen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik bietet hervorragende und zeitgemäße Dienstleistungen zum Thema „Daten- und IT-Sicherheitsaufklärung“ an, die jedes Unternehmen beanspruchen kann. Ein weiterer Punkt, warum wir es mit der Umsetzung von „Industrie 4.0“ nicht allzu eilig haben, ist die Tatsache, dass der VDE zu diesem Thema jüngst eine Umfrage durchgeführt hat. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass nur ein Fünftel der Betriebe glaubt, dass sich „Industrie 4.0“ vor 2020 durchsetzen wird. Wer hier flächendeckende Fortentwicklung ad hoc erwartet, der schätzt die Entwicklung falsch ein.
Wie kann man also die Digitalisierung der Wirtschaft in Thüringen vorbereiten? Es liegt zunächst einmal sehr nahe, ein umfassendes Konzept zur Innovationsförderung in Thüringen zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang muss die effektive Verwendung von EU- und Bundesmitteln für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben evaluiert und gegebenenfalls neu justiert werden. Dabei muss auch die Wirksamkeit bestehender Forschungsnetzwerke und Beratungsangebote vor der Zielstellung einer zukünftigen Digitalwirtschaft untersucht werden. Die Thüringer Aufbaubank als leistungsfähiger Partner der Forschungs-, Technologie- und Innovationsförderung soll Überlegungen anstellen, durch die Setzung neuer Schwerpunkte die Förderung von „Industrie 4.0“-Konzepten voranzutreiben. Auch für die Start-up-Szene hier in Thüringen sollen die steuerlichen Rahmenbedingungen für privates Wagniskapital erheblich verbessert werden. Wir brauchen im Weiteren eine neue Unternehmer- und Gründerkultur, die bereits in der Schule gelehrt und erlernt werden kann. Hierzu gehört meines Erachtens, dass Informatik als Querschnittsdisziplin und Teil der Allgemeinbildung verstanden wird und im Pflichtfach im Thüringer Sekundarbereich verankert werden muss. Natürlich muss auch der Fortbildung gemäß dem Motto „lebenslanges Lernen“ durch eine breite Bildungsoffensive begegnet werden. Stärken Sie darüber hinaus die Hochschulen. Es muss mehr Geld in neue Professuren und die damit verbundene angewandte Forschung im Bereich der Informationsverarbeitung, Robotik oder cyber-physischer Systeme fließen. Mit der Förderung von
Technologie- und Gründerzentren kann dann das an Thüringer Hochschulen erarbeitete und erworbene Wissen konzentriert in die heimische Wirtschaft fließen.
Zum Thema „Anti-Stress-Verordnung“: Ja, durch neue Technologien werden organisatorische und damit auch personelle Veränderungen induziert. Stressbedingte Erkrankungen bei den Beschäftigten können innerhalb eines intelligenten Produktionsbetriebs natürlich entstehen, aber auch psychische Erkrankungen von Angestellten, denen Arbeitsplatzverlust, Herr Tiefensee nannte es Substitution, durch die technische Rationalisierung droht, oder Angestellte, die dequalifiziert werden, werden zunehmen. Übrigens warnte auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di – vor psychischen Erkrankungen. Der Vollständigkeit halber müssen auch diese Überlegungen und vor allem Lösungsvorschläge für die Vermeidung psychischer Erkrankungen dem Antrag noch hinzugefügt werden.
Um kurz die Position der AfD-Fraktion zusammenzufassen: Dem Antragsbereich I hätten wir in Kombination mit dem Änderungsantrag von Herrn Helmerich zugestimmt. Den Antragsbereich III lehnen wir ab, weil die Stimulation der Digitalwirtschaft von der Digitalisierung der Wirtschaft in Thüringen durch Einzelprojektförderung uns bei den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht effektiv genug erscheint. Herzlichen Dank.
Herr Abgeordneter Krumpe, kann ich davon ausgehen, Sie hatten am Anfang getrennte Abstimmung aller drei Punkte gesagt, jetzt haben Sie sich korrigiert, also nur die getrennte Abstimmung zwischen Punkt I und Punkt III, weil wir über den Bericht nicht abstimmen.