Protocol of the Session on May 10, 2019

se Unterrichtung wie bisher zu einem Beratungsgegenstand im Ausschuss wird. Darüber hinaus sollte künftig auch aus dem Reihen des Landtags die Beratung einer Mitteilung oder einer Konsultation im Rahmen von § 54 a der Geschäftsordnung initiiert werden können. Am Ende der Beschlussempfehlung stehen die Empfehlungen des Ausschusses, die wir dem Landtag vorschlagen. Dazu haben die Fraktionen der CDU, der Linken, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen auch einen Antrag hier eingebracht. Wir wollen die Vereinbarung dahin gehend ändern, dass die Landesregierung den Landtag neben Grün- und Weißbüchern der Europäischen Kommission auch über Mitteilungen und Konsultationen informiert. Dabei soll der Ausschuss vorrangig über Konsultationen informiert werden, die Gegenstand einer Kabinettsberatung sind.

In die Vereinbarung soll auch die Formulierung „Verhältnismäßigkeitsprüfung“ mit aufgenommen werden, also nicht nur eine Subsidiaritätsprüfung, sondern auch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, damit wir das Instrument „Subsidiaritätsbedenken“ oder „Verhältnismäßigkeitsbedenken“ anwenden können.

Wir sprechen Empfehlungen für eine behutsame Änderung der Geschäftsordnung dahin gehend aus, dass beim § 54 a Abs. 6 auch die Möglichkeit eröffnet wird, dass der Vorsitzende des Ausschusses über den Beratungsgegenstand – im Fall von Konsultationen und Mitteilungen – entscheiden kann, sodass der Ausschuss das auf die Tagesordnung setzt. Dazu sage ich dann aber auch noch etwas in meiner Rede zum Antrag.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Mitgliedern des Ausschusses für Europa, Kultur und Medien für ihre konstruktive Mitarbeit bedanken. Ich möchte mich auch besonders bedanken bei Frau Marx, Frau Henfling, Frau Walsmann, jetzt bei Herrn Wucherpfennig für ihre konstruktive Mitarbeit im Ausschuss und vor allem auch für ihre inhaltlichen Beiträge, dass es uns als Fraktionen gelungen ist, bei den meisten Fragen, wo es um Frühwarndokumente, um europäische Mitteilungen ging, europäisch zu entscheiden. Mein Dank geht aber auch an die Landtagsverwaltung, insbesondere an Herrn Nepp und an Herrn Forelle, die die Arbeit des Ausschusses – gerade bei der Entscheidungsfindung – gut vorbereitet, uns viele Materialien zur Verfügung gestellt, uns viele Entscheidungen damit erleichtert und uns inhaltlich immer rechtzeitig ausgestattet haben. Nochmals vielen Dank an die fleißige Arbeit der Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, auch an die Mitarbeiter aus den Fraktionen,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

die hier mitgewirkt haben. Abschließend bedanke ich mich noch einmal für die angenehme Atmosphäre in unserem Ausschuss und für die immer sachlichen Diskussionen, die wir im Interesse von Europa bei uns im Ausschuss geführt haben. Jetzt wünsche ich auch eine genauso sachliche Diskussion hier bei diesem Thema.

Wünscht die Landesregierung das Wort zu ihrem Erfahrungsbericht?

(Zuruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bun- des- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Für 16 a und b zusammen dann!)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: In der Diskussion!)

Ja, in der Diskussion dann. Okay, dann nicht. Wünscht jemand aus den Fraktionen der CDU, Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen das Wort zur Begründung zum Antrag in Drucksache 6/6966? Das ist nicht der Fall und zum Antrag in Drucksache 6/7141 auch nicht. Dann eröffne ich die gemeinsame Aussprache und das Wort hat Abgeordneter Wucherpfennig von der Fraktion der CDU.

Ich möchte noch bekannt geben, dass wir nach dem Tagesordnungspunkt mit dem Tagesordnungspunkt 20 fortsetzen, dann die Tagesordnungspunkte 22 und 10.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren, zunächst zum Tagesordnungspunkt 16 a. Um das Ergebnis der Evaluierung gleich vorwegzunehmen: Die in der 5. Legislaturperiode des Thüringer Landtags unter maßgeblicher Verantwortung der CDU am 19. Mai 2011 gefasste bzw. am 16. April 2014 neu gefasste Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union hat sich grundsätzlich bewährt. Auch hat sich die Vereinbarung insgesamt positiv auf die Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und Landtag in Europafragen ausgewirkt.

Bereits vor vier Jahren wurde die erste Evaluierung der Vereinbarung durchgeführt, in deren Ergebnis diese erweitert wurde. Damals verlangte der Landtag von der Landesregierung die Umsetzung der sich bis heute bewährten Maßnahmen und diese beinhalten die Beteiligung bei allen Angelegenheiten der EU, eigenen Initiativen der Landesregierung, dem Arbeitsprogramm der EU-Kommission,

Berichten über die EMK, also Europaministerkonferenz, und den AdR sowie Grün- und Weißbüchern.

Die Umsetzung dieser im Jahr 2014 zusätzlich aufgenommenen Beteiligungen des Landtags gewährleistet seither eine umfassende Information zumindest aller Abgeordneten des Europaausschusses in den Angelegenheiten der EU. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Einsetzung eines eigenständigen Europaausschusses durch den Beschluss des Thüringer Landtags vom 5. Dezember 2014. Durch diese Maßnahme konnte die Qualität der Europapolitik im Thüringer Landtag zweifelsfrei deutlich erhöht werden. In quantitativer Hinsicht kann festgehalten werden, dass im Berichtszeitraum 2014 bis 2018 – somit innerhalb von vier Jahren – insgesamt 243 sogenannte Frühwarndokumente eingegangen sind, von denen 81 im Europaausschuss und von diesen wiederum 74 in den anderen Fachausschüssen beraten wurden.

Anhand dieser Zahlen kann ich für meine Fraktion sagen, dass die bestehende Vereinbarung sehr wohl mit dazu beigetragen haben dürfte, dass der Thüringer Landtag im Vergleich zu anderen Parlamenten häufig Stellung zu den Frühwarndokumenten bezieht.

Wie die entsprechenden Voten des Europaausschusses ausgefallen sind, darauf ist der Ausschussvorsitzende in seinem Bericht bereits eingegangen. In Auswertung der bisherigen Ausschussarbeit ist jedoch aus meiner Sicht unbedingt folgende Problematik festzuhalten: Aufgrund bislang fehlender einheitlicher und klarer Anwendungskriterien wurden in der Vergangenheit teilweise Fragen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit miteinander vermengt. Dieser Umstand wiederum erschwerte mitunter die gemeinsame Verständigung auf ein qualifiziertes Beratungsergebnis im Ausschuss. In den Beratungen gab es dabei nicht selten unterschiedliche Auffassungen bei der Frage, was Gegenstand einer Subsidiaritätsrüge oder von Subsidiaritätsbedenken sein kann bzw. ob allein schon das Fehlen einer Kompetenznorm oder der Verhältnismäßigkeit eine Subsidiaritätsrüge oder Subsidiaritätsbedenken rechtfertigen könnten. Kurzum: Die Differenzierung zwischen Subsidiaritätsrüge und Subsidiaritätsbedenken gestaltete sich mitunter schwierig.

Meine Damen, meine Herren, nichts ist jedoch so gut, als dass es nicht verbessert werden könnte. Deshalb beinhaltet die Stellungnahme der CDUFraktion eine Reihe von Empfehlungen, die auch Eingang in den gemeinsamen Antrag der Fraktion der CDU und der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 6/6966 gefunden haben. Grundsätzlich bleibt aber festzustellen, dass die CDU-Fraktion aufgrund

(Abg. Kubitzki)

der positiven Praxiserfahrungen im Umgang mit der Vereinbarung im Moment keine Veranlassung sieht, die bestehende Vereinbarung durch eine einfachgesetzliche oder verfassungsgesetzliche Regelung zu ersetzen. Meines Erachtens ergibt sich vielmehr die Notwendigkeit, die bestehende Vereinbarung lediglich anzupassen bzw. zu ergänzen.

Auf die einzelnen von der CDU-Fraktion eingebrachten Ergänzungen bzw. Anpassungen will ich aus Zeitgründen nicht näher eingehen. Ich danke für die Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zum Antrag in der Drucksache 6/6966.

Mal eine Frage: Soll ich auch gleich zu 16 b sprechen?

Es wurde die gemeinsame Aussprache beschlossen. Ich will es noch mal sagen: Wir haben die dreifache Redezeit, weil wir ja den Bericht der Landesregierung haben und zwei dazugehörige Drucksachen.

Vielen Dank. Nun zum Weißbuch über die Zukunft Europas und den fünf Reflektionspapieren der EUKommission sowie insbesondere zum Antrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 6/7141. Viele Punkte des Antrags finden grundsätzlich die Zustimmung meiner Fraktion, folgende Punkte allerdings nicht bzw. nur teilweise, und das sind: II.2., II. 3. sowie V.2.

Zu II.2.: Die Koalitionsfraktionen präferieren das fünfte Szenario des EU-Weißbuchs, welches lautet: „Viel mehr gemeinsames Handeln“. Das bedeutet letztendlich, dass die Mitgliedstaaten künftig weitere Aufgabenkompetenzen und gesetzliche Befugnisse an die EU abgeben. Dieses widerspricht sowohl den Zielen der CDU-Fraktion als auch des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. In diesem Zusammenhang zitiere ich den Präsidenten auszugsweise aus seiner Rede zur Lage der Union 2017: „Nicht zuletzt möchte ich – in Weiterführung der Kommissionsbemühungen der letzten Jahre –, dass sich unsere Union stärker auf die wirklich wichtigen Dinge konzentriert. Wir sollten die Bürger Europas nicht mit Regelungs-Klein-Klein nerven, sondern in großen Dingen Größe zeigen, nicht pausenlos neue Initiativen vom Zaun brechen und Befugnisse, dort wo es sinnvoll ist, an die Nationalstaaten zurückgeben. Deshalb hat diese Kommission versucht, in großen Dingen Größe zu zeigen und sich – und das hat sie getan – in kleinen Dingen zurückzuhalten.“

Um diese Arbeit in dem zitierten Sinne voranzubringen, hat der Kommissionspräsident eine Taskforce eingesetzt, um sicherzustellen, dass die EU nur dort tätig wird, wo dies einen Mehrwert bringt. Er tendiert folglich in Richtung Szenario 4 „Weniger, aber effizienter“, wobei sich die EU auf eine gewisse Zahl von Tätigkeiten konzentrieren soll, um ihre Prioritäten effizienter zu bewältigen. Die CDU-Fraktion stimmt diesem Ansatz grundsätzlich zu, hält in Teilbereichen aber auch andere Szenarien mit Ausnahme des Szenarios 1 „Weiter wie bisher“ für relevant. Fazit: Wir sprechen uns für einen Mix der Szenarien 2 bis 5 aus. Hinsichtlich des Szenarios 5 „Viel mehr gemeinsames Handeln“ sollte auch beachtet werden, dass bereits heute rund 80 Prozent unseres Bundes- und Landesrechts auf EU-Recht basiert.

Zu II.3.: Die Koalitionsfraktionen sind der Überzeugung, dass die EU-Förderpolitik nach 1989 maßgeblich dazu beigetragen hat, in Thüringen eine soziale Infrastruktur zu schaffen, Arbeitsmarktförderung zu ermöglichen und erfolgreiche Klein- und mittelständische Unternehmen entstehen zu lassen. Das ist zwar nicht falsch, ich denke allerdings, das ist zu kurz gegriffen und nur eine partielle und keinesfalls ganzheitliche Betrachtung. Was ist beispielsweise mit unserer seit 1989 geschaffenen technischen Infrastruktur? Ich nenne da insbesondere die Verkehrsinfrastruktur oder unsere Forschungsinfrastruktur.

Meines Erachtens hat der Freistaat Thüringen durch die EU-Förderpolitik weitaus mehr profitiert und dies sollte und muss erwähnt werden.

Zu V.2.: Nach den Koalitionsfraktionen brauchen wir ein solidarisches, soziales, gerechtes, demokratisches und ökologisches Europa. Dem stimme ich ebenfalls grundsätzlich zu, aber wir brauchen noch weitaus mehr. Diesbezüglich verweise ich beispielsweise auf die fünf kohäsionspolitischen Ziele der EU-Kommission für die Förderperiode 2020 bis 2027 und diese lauten stark verkürzt: ein intelligentes Europa, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, Globalisierung, digitaler Wandel, ein grüneres, CO2-freies Europa, Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, ein stärker vernetztes Europa, Verkehrs-, Energie- und digitale Netzwerke, ein sozialeres Europa, Effektivität der Arbeitsmärkte, bessere Infrastruktur für Bildung, Ausbildung, Gesundheit und soziale Eingliederung, ein bürgernäheres Europa, nachhaltige und integrierte Entwicklung durch Initiativen vor Ort einschließlich Stadtentwicklung. Also fünf Dimensionen für die Förderperiode 2020 bis 2027.

Und nicht nur das. Ich könnte auch auf die Strategieempfehlungen der EU-Kommission für die kommende Legislatur 2019 bis 2024 mit den fünf Dimensionen hinweisen, die lauten: ein schützendes Europa, ein wettbewerbsfähiges Europa, ein faires Europa, ein nachhaltiges Europa sowie ein einflussreiches Europa.

Aus Zeitgründen will ich darauf nicht näher eingehen. Sie mögen aber daran erkennen, die Herausforderungen der EU sind wesentlich umfangreicher und das ist auch gut so.

Aus den von mir genannten Gründen kann meine Fraktion dem vorliegenden Antrag somit nicht zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion der SPD hat Abgeordnete Marx das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum ersten Teil der Evaluierung der Vereinbarung über die Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union hat unser Ausschussvorsitzender dankenswerterweise schon im Rahmen der Berichterstattung sehr viel ausgeführt. Wir haben uns wirklich viel Arbeit in den letzten Jahren gemacht. Die Arbeit hat sich gelohnt und die Arbeit war sehr effektiv. Am Anfang haben wir diese Vereinbarung hier mitten im Landtag feierlich unterzeichnet. Ich weiß nicht, wer in der letzten Legislaturperiode dabei war und sich noch erinnert. Das war ein sehr besonderer Moment. Da haben sich vielleicht viele gedacht, die überheben sich hier ein bisschen und das ist doch eigentlich eher so ein förmliches Beteiligungsverfahren. Am Anfang hieß es dann auch, eure Subsidiaritätsrügen, die ihr da erteilen könnt, sind ja sehr eng begrenzte Ausnahmefälle und das wird auch nur ganz selten der Fall sein, übernehmt euch ja nicht mit der Wahrnehmung dieses Rechts, wenn ihr da ständig was zu meckern oder anzumerken habt, dann werden wir uns im Bundeskanon vielleicht auch lächerlich machen, wenn wir da immer als Thüringer kommen und sagen, wir hätten aber gerne noch. Es hat sich aber dann in der praktischen Umsetzung gezeigt und das war eigentlich sehr schön, dass wir, auch wenn wir keine klassische Subsidiaritätsrüge erhoben sondern einfach nur gesagt haben, das eine oder andere leuchtet uns nicht so richtig ein, also eigentlich eher eine politische Anmerkung gemacht haben, dann irgendwann nicht mehr sozusagen autoritär zurechtgewie

sen wurden – auch nicht von wohlmeinenden Leuten aus der eigenen Partei, die überregional aktiv waren –, sondern dass wir mit diesen Briefen, die wir dann trotzdem geschrieben und mit denen wir gesagt haben, wir haben aus den und den Gründen Bedenken, auch wirklich in Brüssel gehört worden sind.

Es war wirklich ein tolles Erlebnis für alle, die unsere jährliche Ausschussarbeitsreise – es ist kein Vergnügungstrip – zur EU-Kommission mitmachen konnten und durften. Wir haben uns in den Gesprächen mit den Mitarbeitern der diversen Kommissionen immer sehr ernst genommen und auch wertgeschätzt gefühlt. In vielen Punkten von uns hat es dann wirklich auch Überarbeitungen, Rücksprachen und Änderungen von Gesetzesvorhaben oder von Regelungsvorhaben gegeben, weit unterhalb der Schwelle einer eigentlichen Subsidiaritätseinmischung. Dieser Informations- und Beteiligungsmechanismus, den wir hier in Thüringen als Erste so weitgehend eingeführt haben und mit dem wir eben auch diesem Parlament eine sehr starke Stellung gegenüber der Landesregierung eingeräumt haben, hat dazu geführt, dass unser Landtag sich im Vergleich mit anderen deutschen Länderparlamenten besonders häufig und qualifiziert nicht nur zu EUFrühwarndokumenten geäußert hat. Ich weiß nicht, wer sich von Ihnen noch erinnert; das ist schon lange her: Wir haben ja mal mit dem Bundeseuropaausschuss einen Erfahrungsaustausch gehabt. Die waren sehr erstaunt, womit wir uns hier als Thüringerinnen und Thüringer alle so beschäftigen. Aber – denke ich – das ist eine wunderbare Arbeit gewesen und deswegen ist es auch richtig, hier in kleinen Dingen mit der vorgeschlagenen Änderung der Landtagsgeschäftsordnung unsere seit Jahren geübte Praxis auch geschäftsordnungsfest zu machen, also künftig eben nicht nur formell die klassische Subsidiaritätsrüge vorzusehen, sondern auch die EU-kritischen Vorlagen einer inhaltlichen Beratung im Ausschuss für Europa, Kultur und Medien zu unterziehen, wie wir es bisher auch schon gemacht haben, sodass wir dann eben nicht nur eine Subsidiaritätsrüge aussprechen oder vielleicht auf Bundesebene oder im Kanon mit anderen Ländern sogar eine Klage empfehlen, sondern dass wir auch Verstöße gegen ein Verhältnismäßigkeitsprinzip allein feststellen können. Und dabei möchte ich es eigentlich schon bewenden lassen.

Wie gesagt, ich persönlich kann nur sagen, dass diese Vereinbarung zur Unterrichtung und Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union sich in der Praxis als viel besser herausgestellt hat, als ich zu hoffen gewagt hätte. Auch ich möchte dem Gustav Bergemann hier an der Stelle noch mal danken, der sich in der letzten

(Abg. Wucherpfennig)

Legislaturperiode wirklich sehr entscheidend als Vorreiter hier für diese ganzen Dinge eingesetzt hat.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Gustav, wenn du irgendwie zuhören solltest, wir grüßen dich!

Jetzt haben wir uns noch mal Gedanken gemacht, wie geht es weiter. Zu unserer europapolitischen Kompetenz gehört natürlich nicht nur die Vereinbarung über die Beurteilung von Vorhaben der Europäischen Union, sondern wir diskutieren in unserem Ausschuss natürlich auch intensiv die Zukunft der EU überhaupt und haben uns deswegen auch seit dem März 2017 intensiv mit dem Weißbuch zur Zukunft Europas – Die EU der 27 im Jahr 2025 – Überlegungen und Szenarien der EU-Kommission beschäftigt und mit den auf diesem Weißbuch basierenden Reflexionspapieren der EU-Kommission. Da gab es viele zur europäischen Sozialpolitik, zur Bewältigung der Globalisierung, zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie zur Zukunft der EU-Finanzen. Wir ziehen jetzt als Koalitionsfraktionen mit dem vorliegenden Antrag unser Fazit aus diesen speziellen Beratungen.

Weißbuch und Reflexionspapiere – ich möchte das hier auch noch mal für die Öffentlichkeit oder für das Protokoll sagen – formulieren fünf alternative Szenarien für die Zukunft Europas, die dann auf ihre jeweiligen Auswirkungen auf die EU und ihre Mitgliedstaaten sowie auf ihre Realisierbarkeit und Wünschbarkeit überprüft werden.

Das Szenario 1 – das einfachste vielleicht, erst mal unkompliziert zu verstehen – „Weiter wie bisher“: Das konzentriert sich auf die Umsetzung und Aktualisierung der aktuellen Reformagenda der EU, wie sie in den politischen Leitlinien der EU-Kommission von 2014 und der Erklärung von Bratislava von 2016 beschrieben worden ist. Schwerpunktsetzung: Beschäftigung, Wachstum, Investitionen durch Stärkung des Binnenmarkts, der digitalen Infrastruktur oder Verkehrs- und Energieinfrastruktur; zusätzlich soll das Funktionieren des Euro-Währungsgebiets weiter verbessert werden.

Das Szenario 2 ist eher schon ein rückschrittlicheres. Es beschränkt sich mehr oder weniger auf den Schwerpunkt Binnenmarkt. Da sich die Mitgliedstaaten in vielen Bereichen nicht darauf einigen können, gemeinsam voranzuschreiten, gibt es auch den Vorschlag, man solle sich auf die Vertiefung bestimmter zentraler Aspekte des Binnenmarkts begrenzen und die Arbeit in anderen Politikfeldern nicht weiter vorantreiben. Gemeinsame Interessen

könnte man dann eben bilateral mit interessierten Staaten angehen.

Das Szenario 3 heißt „Wer mehr tun will, tut auch mehr“. Dieses Szenario beschreibt ein Europa der zwei Geschwindigkeiten, in dem eine oder mehrere Koalitionen der Willigen in bestimmten Politikbereichen auf Grundlage der bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zusammenarbeiten. Der Status der übrigen Mitgliedstaaten bleibt dadurch gewahrt. Es steht ihnen offen, sich im Laufe der Zeit den bestehenden Koalitionen anzuschließen. Das bedeutet unterschiedliche Vereinbarungs- und Entwicklungsschritte in verschiedenen Politikfeldern in Europa.

Das Szenario 4 „Weniger, aber effizienter“: Die Mitgliedstaaten konzentrieren sich in diesem Szenario darauf, in ausgewählten Politikbereichen wie Innovation, Handel, Sicherheit, Migration, Grenzmanagement und Verteidigung rascher mehr Ergebnisse zu erzielen. Dafür unternehmen sie in anderen Bereichen weniger. Hier also eine Konzentration auf bestimmte Politikbereiche zulasten anderer.

Das Szenario 5 „Viel mehr gemeinsam handeln“, das sozusagen zukunftsgewandteste, sieht vor, auf allen Politikfeldern gemeinsam mehr zu machen. Das bedeutet konkret eine engere Zusammenarbeit aller Mitgliedstaaten auf allen entscheidenden Gebieten, beispielsweise wird auch die Vollendung des Binnenmarkts in den Bereichen Energie, Digitalisierung und Dienstleistungen angestrebt.

In den Stellungnahmen zum Weißbuch zu den genannten Reflexionspapieren haben die Koalitionsfraktionen, aber auch die CDU deutlich gemacht, dass sie eine Realisierung des Szenarios 5 präferieren. Und dafür sind wir Ihnen auch sehr dankbar, da nur diese Vorgehensweise die Möglichkeit einer schnellen und tieferen Integration der EU-Mitgliedstaaten bietet, wodurch das Projekt Europa eine neue Dimension erhalten würde. Die Realisierung des Szenarios 5 wäre zudem mit einer erheblichen Stärkung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger in allen Bereichen verbunden.