Protocol of the Session on May 9, 2019

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Ja, weil Sie ja nichts gemacht haben!)

Wir werfen es Ihnen nicht vor, weil wir wissen, wie schwierig das ist, und wir wissen, wie kompliziert die Rechtslage ist und auch wie groß die Freiheiten nach unserem Grundgesetz sind. Genau das ist doch die Herausforderung. Und dass wir im Kampf gegen den Extremismus gemeinsam zusammenstehen, ist selbstredend. Da geht es nicht darum, dass die eine Rednerin oder der andere Redner schneller und lauter sein muss, um zu beweisen, dass er mehr gegen die Rechtsrockkonzerte ist und mehr gegen Neonazis auftreten will. Hier geht es um die ernsthafte Frage: Wie und mit welchen Mitteln bewältigen wir diese Herausforderungen?

Es ist schön, dass Kollegin Marx gerade aufgezählt hat, welche Rechtsrockkonzerte wir in Thüringen verhindert haben. Aber ich will mal alle ein bisschen auf den Boden zurückholen und das „Wir“ auch gern ein bisschen reduzieren, da ich ja gut weiß, dass die Konzerte, die wir in Mattstedt und in Magdala unterbinden konnten, wenig mit dem „Wir“ hier zu tun haben, sondern ziemlich genau mit der Ausschöpfung von verwaltungsrechtlichen Möglichkeiten, die wir hatten, weil vor Ort ein paar kluge Leute Lücken gefunden haben, die einmal funktioniert haben, und wir ein Konzert verhindern konnten und die Behörden zum Glück – von der gemeindlichen Ebene über die kreisliche Ebene bis zur Landesebene – unter dem Strich gemeinsam gut zusammengearbeitet haben. Aber vor allen Dingen haben die Leute vor Ort Lücken gefunden, wo gemeindliches oder Bundeseigentum plötzlich in den Grundbüchern zu finden ist, und haben deshalb den zivil

(Abg. Marx)

rechtlichen Zugang verhindern können, was den Rechtsrockkonzertbetreibern an dem Tag, an dem sie auftreten wollten, ein Ende gesetzt hatte. Das ist die Wahrheit, aber diese Geschichte wiederholt sich nicht, wie sich Geschichte sowieso nie wiederholt. Das ging einmal gut, dass wir ein Betriebsgelände gefunden hatten, wo noch ein paar Quadratmeter Bundeseigentum waren und damit die Eigentümer nicht alle gefragt wurden. Es ging einmal gut, dass wir bezüglich des Feldwegs in Magdala natürlich wussten, dass er Gemeindeeigentum ist und der Bürgermeister mutig genug war zu erklären, dass diesen Weg keiner weiter betreten kann und damit der Weg zum Konzertgelände verhindert wurde. Aber das wiederholt sich nicht noch mal. Es wird neue Gemeinden geben, wo dieser Zugang plötzlich nicht mehr verwehrt werden kann, und dann haben wir dieselben Probleme wieder.

Aber was mir alle Bürgermeister gesagt haben – der Mattstedter Bürgermeister, der Landgemeindebürgermeister aus Pfiffelbach, der Bürgermeister aus Apolda, der Bürgermeister aus Magdala, mit denen ich persönlich gut befreundet bin und natürlich auch politisch zusammenarbeite –, inklusive der Landrätin aus dem Weimarer Land: Wenn ihr uns helfen wollt, dann regelt für uns einen gesetzlichen Rahmen, an dem wir gleichermaßen Orientierung finden und auf dem Weg der ordnungsbehördlichen Genehmigung einen Schritt weiter können, uns verlassen können und wir vor Ort Rechtssicherheit durch den Gesetzgeber bekommen. Und das haben wir mit unserem Versammlungsgesetz geleistet und dieser Forderung der Leute, die vor Ort betroffen sind, haben wir Rechnung getragen, nicht der Ideologie, aber dem, was sie vor Ort wollten, damit wir ihnen helfen und sie nicht allein lassen. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall CDU)

Da will ich Ihnen natürlich auch dazu sagen – es klingt ja hier immer so nett: Wir müssen zusammenstehen und müssen gemeinsam gegen die Nazis kämpfen –: Wissen Sie, wie es vor Ort aussieht?

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Da sind Sie nicht dabei!)

Der Mattstedter Bürgermeister hat es im Petitionsausschuss beschrieben. Sein Gemeinderat arbeitet seitdem nicht mehr mit. Eingeflogen sind die Nazis, eingeflogen sind die aus Jena, die dagegen demonstriert haben. Alle haben einen Kreis um das Dorf gezogen. Seitdem ist das Dorf gespalten und der Bürgermeister steht allein und überlegt, ob er noch mal für die Kommunalwahl antritt.

In Magdala haben die Nazis – oder wer auch immer das war – ihm die ganze Scheiße vor das Haus abgekippt. Die Frau hatte Angst, weil sie gesagt hatte: Wer weiß, was noch alles passiert. Seitdem steht er allein in seiner Gemeinde, weil er nicht mehr weiß, ob er die Aufgabe noch machen soll.

Wissen Sie, was nichts nützt? Sich in Sonntagsreden aufpumpen und sagen: Wir stehen alle zusammen – und montags, wenn das Nazikonzert vorbei ist, stehen die Leute allein mit ihrer Sorge, mit ihren Ängsten und niemand hilft ihnen mehr dabei.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall CDU, AfD)

Aber das, was alle wollen, ist, dass der Gesetzgeber hier auch alle Möglichkeiten ausnutzt und Hilfestellung leistet.

(Unruhe DIE LINKE)

Niemand in der gesamten CDU in Thüringen hat behauptet, dass wir mit dem Versammlungsgesetzentwurf Nazikonzerte verhindern. Natürlich können wir sie nicht verhindern,

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch!)

aber wir haben eine Chance, einen weiteren Schritt zu gehen, um hier und dort durch ordnungsrechtliche und versammlungsrechtliche Maßnahmen vielleicht das nächste Konzert zu verhindern und einen gemeinsamen Rechtsrahmen zu setzen. Und das wisst ihr doch auch im Innenministerium, lieber Innenminister, dass ein Wunsch seit Themar ganz groß in Thüringen besteht: dass der gemeindliche ehrenamtliche Bürgermeister, der ganz viele andere Sorgen in seinem Leben hat und abends nach Hause kommt und plötzlich mitkriegt, da ist ein Nazikonzert in seinem Dorf, dass der Hilfestellung von Profis kriegt und dass er Hilfestellung vom Land und vom Gesetzgeber kriegt, dass er nicht allein gelassen wird. Was macht er, wenn so eine Anmeldung bei ihm vorliegt und da morgen 100 oder 200 Nazis einmarschieren wollen? Dass er da Unterstützung kriegt, weil eine Taskforce eingesetzt ist, die die rechtliche Bewertung vornimmt, weil ein Gesetz da ist, an dem er sich orientieren kann, und weil das Landratsamt, das vielleicht auch plötzlich überfordert ist, weil es mit dieser Frage noch nicht konfrontiert wurde, vom Gesetzgeber Unterstützung bekommt. Diese Unterstützung, diese Rechtssicherheit und dieses Rückenstärken aus der Gesellschaft, vom Gesetzgeber wollen wir geben. Deshalb haben wir mit aller Ernsthaftigkeit dieses Gesetz vorgelegt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, das ist mir noch nicht passiert. Sie haben es bei der AfD gemacht – Ihr Ding. Aber dass Sie der größten

Fraktion, die ein Gesetz vorlegt und sich ernsthaft bemüht, auch einen Beitrag zu leisten, die Diskussion im Ausschuss verweigern

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das haben Sie nie gemacht? Nein, nie!)

und wir hier erste und zweite Lesung machen, ohne einmal im Ausschuss beraten zu haben, das bleibt unerhört.

(Beifall CDU)

Wissen Sie – und da müssen Sie nicht kommen und sagen, wir sollen nicht nur am 1. Mai und nicht nur im Wahljahr zusammenstehen –, dann gehört es sich auch, dass man miteinander redet, dass man dem anderen zuhört und dass man dem anderen auch unterstellt, er könnte recht haben und sein Bemühen ist ernsthaft. Dass Sie aber das ernsthafte Bemühen der CDU-Fraktion abstreiten und sagen, wir diskutieren gar nicht mit euch, denn wir haben selbst schon geprüft und wir sind neunmalklug und aus unserer Mehrheit heraus bedarf es keiner weiteren gesetzlichen Regelung, das ist die Arroganz der Macht, die Sie mit diesem Verhalten an den Tag gelegt haben – ganz klar.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Ich sage Ihnen ganz klar: In dem Bemühen, diese Rechtsrockkonzerte einzuschränken und aus diesem Freistaat Thüringen zu verdrängen, haben Sie uns an Ihrer Seite. Sie haben die CDU-Landräte an Ihrer Seite. Sie haben die CDU-Bürgermeister an Ihrer Seite und, ich glaube, auch alle, die andere Parteibücher tragen in diesem Land gleichermaßen. Damit das klar ist. Aber ich kann Ihnen sagen aus der eigenen Betroffenheit im eigenen Landkreis, von den eigenen Bürgermeistern und der eigenen Kreisverwaltung, die brauchen diese Unterstützung und sie wollen diese landesgesetzgeberische Unterstützung.

Ich kann auch das ergänzen zu dem, was Herr Dittes gesagt hat: Sie haben auch in dem ordnungsrechtlichen Verwaltungsverfahren wirklich nur einen politischen Blick von hier oben vom Rednerpult. Wissen Sie, was ganz entscheidend ist und was uns zum Beispiel auch in Mattstedt geholfen hat? Und da weiß ich auch, was hier in den Ausschussgremien diskutiert wurde, wie die Drohungen schon liefen, das Weimarer Land sei auf dem rechten Auge blind. Hinterher haben alle gemeinsam getanzt, weil wir es verhindert haben. Aber ich will noch mal beschreiben, die strategische Anlage beim Landratsamt Weimarer Land mit den Auflagen der Genehmigung war nämlich ganz konkret. Wir haben ein zweigestuftes Verfahren der Genehmigung ge

macht. Das war am Ende erfolgreich. Und Herr Dittes hat ja aufgezählt, was man alles prüfen könnte, was möglicherweise einen Beitrag leisten könnte, damit man jeweils so ein Konzert vor Ort verhindert.

Aber es macht eben einen strategischen Unterschied, ob man einen Auflagenbescheid erteilt oder möglicherweise mehrere, die auch unterschiedlich angefochten werden, weil doch klar ist, wenn ich alles in einen Bescheid reinpacke, nur weil ich vermeintlich schlau bin und alles mal da reinschreibe, und der wird an einer Stelle angefochten und vom Gericht aufgehoben, wie wir das so oft leider sehen, dann steht am Ende eine Versammlung auf dem Tisch, die sich dann Rechtsrockkonzert nennt, und dann gibt es gar keine Auflage und gar keine behördliche Beschränkung. Dann können die tun und lassen, was sie wollen. Dann liegt die ganze Last der Erledigungen und der Sorge darum, wie dieses Konzert abläuft, nur bei unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, weil vorher alles versiegt und versagt wurde. Dann haben die die ganze Last eines solchen Konzerts, das in einen ordnenden Rahmen zu bringen, allein auf ihren Schultern. Dann sind wir gemeinsam in Sorge, wie das ausgeht.

Wenn wir aber die Last nicht nur auf die Frauen und Männer, die für unsere Sicherheit eintreten wollen, allein abschieben wollen, dann sind kluges Handeln und behördliches Regeln, ordnungsrechtliche Rahmen und versammlungsgesetzliche Regelungen notwendig. Deswegen legen wir das Gesetz vor. Es kann helfen, aber niemand sagt, dass es ausschließlich dafür helfen wird. Und diesen Beitrag zu leisten, den haben wir mit der Vorlage dieses Gesetzes gemacht. Ich bitte Sie ernsthaft, in die Beratung hier im Parlament noch mal einzutreten und gemeinsam einen Weg zu finden, der helfen kann, diese schändlichen Konzerte in Thüringen zu unterbinden und nicht mehr werden zu lassen. Vielen Dank.

(Beifall CDU; Abg. Gentele, fraktionslos)

Danke schön, Herr Abgeordneter Mohring. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Henfling von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Geben Sie sich einen Ruck, Frau Henfling!)

(Abg. Mohring)

Herr Möller, das Einzige, was hier peinlich ist, ist Ihre Fraktion. Das gebe ich gern zurück.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausführungen des Fraktionsvorsitzenden der CDU haben mich noch mal nach vorne getrieben, weil man das hier so nicht stehen lassen kann. Ich arbeite in dieser rot-rot-grünen Landesregierung unter anderem deshalb mit, weil es dort Menschen gibt, die tatsächlich klare Kante zeigen, und das schon sehr, sehr lange Jahre. Natürlich kann sich Mike Mohring hier hinstellen und kann sich darüber freuen – berechtigterweise –, dass Mattstedt verhindert worden ist. Aber ich frage mich, wo waren Sie denn die letzten zehn Jahre, in Kirchheim beispielsweise?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich kann Ihnen genau eine einzige Versammlung nennen, an der ein CDU-ler teilgenommen hat. Das war im Kommunalwahlkampf. Das war Ihr Kollege Bühl.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Nein, Mattstedt letztes Jahr!)

Ich rede von Kirchheim, ich rede nur von Kirchheim! In den letzten zehn Jahren, in denen dort die Zivilgesellschaft auf die Straße geht und sich dort gegen dieses braune Haus wehrt, war ein einziges Mal ein CDU-ler da und hat Gesicht gezeigt und das auch nur, weil Wahlkampf war. Das ist das, was Ihnen die Zivilgesellschaft, was auch ich Ihnen vorwerfe. Dort gibt es viele Leute, die seit Jahren auf die Straße gehen, die aber das Gefühl haben, dass sie insbesondere von Ihren Landrätinnen und Bürgermeisterinnen behindert werden in ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement, und das ist eine Tatsache.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist eine Unterstellung!)

Reden Sie mit den Bündnissen vor Ort, die das seit Jahren organisieren.

(Unruhe CDU)

Herr Mohring hat gerade dazu aufgerufen, dass wir miteinander reden. Wie wäre es denn, wenn Sie mit den Bündnissen, die Sie hier als linksextrem diskreditieren mal ins Gespräch kommen, was es heißt, tagtäglich mit Neonazis konfrontiert zu sein?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Reden Sie doch mal mit den Menschen in Ballstädt, was es heißt, wenn dort Nazis wohnen und einen angreifen! Ich glaube, Sie haben das größere Defizit, was die Kommunikation an dieser Stelle angeht. Ich finde, wir müssen uns hier nicht vorwerfen lassen, dass wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben. Auch der Innenminister muss sich das nicht vorwerfen lassen – der macht hier deutlich mehr, als das jemals ein Innenminister von Ihnen getan hat. Ich kenne das auch noch als Sprecherin der Bündnisse gegen rechts und ich weiß, welcher Gesprächspartner Ihr Innenminister Geibert war und wie er gegenüber der Zivilgesellschaft aufgetreten ist. Da haben wir hier gerade einen deutlichen Unterschied zu verzeichnen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)