Protocol of the Session on March 29, 2019

(Beifall CDU)

Als nächstem Redner gebe ich Herrn Abgeordneten Adams von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Artenschutz ernst nehmen und invasive Arten eindämmen – die weitere Ausbreitung der Nilgans in Thüringen stoppen“, das ist der Antrag der AfD, meine sehr verehrten Damen

und Herren. Und wenn man das liest, dann hat man das Gefühl, dass Ihnen das ganz offensichtlich sehr am Herzen liegt, also Lebewesen, die vom Namen her schon eher aus Nordafrika – Nilgans – stammen, sozusagen als große Bedrohung für die einheimische Flora und Fauna zu sehen.

Im letzten Jahr, meine sehr verehrten Damen und Herren, war im Innenhof, wo wir auch eine Wasserfläche haben, des Thüringer Landtags, ein Nilganspärchen – ich bin da nicht ganz fit, aber ich glaube, es waren zwei, da würde ich mal sagen, das ist ein Pärchen. Wir haben damals schon überlegt, wann die AfD das zum Thema machen wird. Es hat ein Jahr gedauert – sie waren auch schon mal schneller – und wir vermuten, dass Sie unglaublich schlecht geschlafen haben, denn das Ganze riecht natürlich danach, dass diese Nilgans eine unberechtigte Landnahme in unseren schönen deutschen Seen- und Flusslandschaften versucht durchzuführen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Die Nilgans ist zudem – das beunruhigt die AfD auch – extrem anpassungsfähig und hat ein besonders ausgeprägtes Aggressionsverhalten, zumindest wird davon berichtet in verschiedenen Darstellungen. Sicher ist das so, dass Sie davor große Sorge haben und hoffen, dass nun richtige Maßnahmen ergriffen werden.

Der deutsche Staat, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch aktiv geworden. Denn das Bundesamt hat – ähnlich wie den Marderhund – auch diese Nilgans unter Beobachtung genommen.

(Zwischenruf Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie bei der AfD auch!)

Es ist jetzt nicht das gleiche Bundesamt, das sie zum Prüffall erklärt hat, sondern das ist das Bundesamt für Naturschutz gewesen, das Nilgans und Marderhund und verschiedene andere invasive Arten unter Beobachtung genommen hat. Das dürfen wir erst mal feststellen. Der deutsche Staat ist nicht passiv, sondern er ist aktiv geworden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und jetzt hoffe ich, dass der Vorschlag der AfD nicht der sein wird, dass wir V-Gänse einsetzen, die Sie möglicherweise fordern, denn das gibt es nicht. Auch wenn Gänse manchmal eine V-Formation fliegen, es gibt keine V-Gänse, die wir hier einsetzen können und einsetzen sollten. Vielmehr lehrt uns doch die Nilgans eines: Dass die Strategie der AfD, zum Beispiel Zäune, Mauern, Kontrollen einzuführen …

(Abg. Malsch)

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Was verste- hen Sie denn von unserer Strategie?)

Die AfD fragt mich gerade, was ich von Strategie verstehe. Da würde ich Ihnen mal sagen, das können wir an anderer Stelle diskutieren. Ich verstehe vor allen Dingen Ihre Strategie so, dass Sie immer eindämmen, kontrollieren, ausgrenzen wollen. Und ich will Ihnen nur ganz kurz sagen: Wenn man sich anschaut, an der Grenze zwischen Deutschland und Dänemark versucht man im Augenblick Wildschweine durch einen durchgezogenen Zaun zurückzuhalten,

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Fasching ist vorbei!)

genauso wie Sie versuchen, mit untauglichen Maßnahmen die Nilgänse abzuhalten. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, das haben ja viele verschiedene Arten, die in das Jagdgesetz, so wie Sie es heute fordern, aufgenommen wurden, gezeigt, dass damit ein Zurückdrängen, ein Dezimieren eben nicht eingetreten ist. Das heißt, die AfD muss ihre Strategien überdenken und muss versuchen, wieder vernünftige Vorschläge hier in den Thüringer Landtag einzubringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu den inhaltlichen Punkten hat die Dagmar, die Frau Becker, schon vieles gesagt. Ich glaube, eines ist dabei sehr wichtig. Der Freistaat Thüringen hat ebenso reagiert und hat mit anderen Bundesländern gemeinsam ein Beobachtungsfeld aufgemacht, um mit anderen Ländern gemeinsam auch die EUMaßgabe umzusetzen, die Nilgans zurückzudrängen.

Herr Kollege Adams, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Henke?

Ja, immer!

Herr Henke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Adams, eine kleine Zwischenfrage: Ist die Nilgans eine Ente oder ein Huhn?

Ich würde sagen, die Nilgans ist eine Gans.

Vielen Dank. Richtige Antwort.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Nilgans ist eine Mi- schung zwischen Ente und Gans!)

Ja. Aber gestatten Sie mir eine Frage? Was tut das zur Sache?

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Weil Sie von etwas anderem reden!)

Wir reden von der Nilgans, das ist doch Ihr Antrag gewesen, ja? Okay.

Also, die Nilgans steht unter Beobachtung, es gibt ein abgestimmtes Verfahren zwischen einzelnen Bundesländern, um dagegen vorgehen zu können. Und auch wenn ich es ein bisschen persifliert habe, was ich ja gern hier an der Stelle zugebe, denke ich, hat es einen gewissen Kern, wo wir uns dem auch widmen müssen. Allerdings ist die überzogene Form, die hier die AfD wieder an den Tag legt, nicht geeignet, wirkliche wirksame Maßnahmen zu bewirken. Um mal in dem Bild zu bleiben. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner ist hier Herr Kollege Rudy gelistet – Herr Kollege Möller von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Vielleicht gehe ich zunächst mal auf die sachlichen Redebeiträge ein. Also bei Herrn Malsch bedanke ich mich sehr für die Unterstützung und bei Frau Becker auch für die sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Vielleicht insofern noch ergänzend: Natürlich, man kann das Problem nicht nur mit Bejagen lösen. Da widerspreche ich Ihnen auch gar nicht. Es gibt schöne Pilotprojekte zum Beispiel bei Tauben in Jena mit diesen Taubenhäusern, wo man dann eben die Gelege austauscht gegen Attrappen. Das kann durchaus auch mit dazu beitragen. Das ist vielleicht für die feinfühligen Grünen die angenehmere Me

(Abg. Adams)

thode. Insofern kommen wir Ihnen da sogar ein bisschen entgegen. Ansonsten, sage ich mal, die Bereitschaft der Jägerschaft, die Nilgans zu bejagen, steigt enorm mit der Aufnahme der Nilgans ins Jagdrecht. Also, das ist im Grunde genommen das einzige große Hindernis. Der Antrag, den wir gestellt haben, geht natürlich auch in diese Richtung. Und die Bejagung von Nilgänsen sorgt natürlich auch dafür, dass die Brutpaare abnehmen oder zumindest nicht mehr so exponentiell zunehmen, wie das momentan der Fall ist, und damit natürlich auch dem Arterhalt und dem Biotopschutz und dergleichen hier in Thüringen Vorschub geleistet wird. Das Ganze ist ja auch kein Novum in Deutschland, muss man dazu sagen. Die Bejagung der Nilgans findet ja in anderen Bundesländern statt, unter anderem auch in Bundesländern, wo Grüne beteiligt sind, wie zum Beispiel Sachsen-Anhalt und Hessen. Insofern verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht die sehr polemische Auseinandersetzung mit dem Thema, die Herr Adams hier abgeliefert hat. Im Grunde haben Sie es geschafft, aus dem Thema „Nilgans“ eine Po-„Ente“ zu machen. Das ist der Sache nicht angemessen.

Vielleicht nur ganz kurz, Sie haben zumindest ein Sachargument gebracht, ein Beobachtungsfeld ist eingerichtet worden hier in Thüringen. Das ist eine tolle Sache, dass nach 18 Jahren nach dem Auftreten einer invasiven, aggressiven Art dann zumindest schon mal ein Beobachtungsfeld eingerichtet wird, und das Ganze immerhin schon zehn Jahre nachdem man gemerkt hat, dass man es hier mit einem exponentiellen Wachstum zu tun hat und mit einem richtigen Problem für die Umwelt und für den Naturschutz. Wenn das Ihr einziger wirklicher Beitrag sein soll, dieses Problem in den Griff zu kriegen, dann frage ich mich, wo Ihre grünen Kernkompetenzen verblieben sind. Die scheinen nur noch in homöopathischen Dosen vorhanden zu sein, um sich wahrscheinlich dann vollständig auf den Wolf zu konzentrieren.

Im Übrigen weiß ich nicht, was Sie an unserem Antrag kritisieren, wenn Sie davon sprechen, dass er in überzogener Form abgehalten wäre. Also ich wüsste nicht, wo da jetzt irgendein unsachliches Vokabular verwendet worden wäre oder irgendeine Maßnahme, mit der man überreagiert. Das ist aus meiner Sicht ganz sachlich. Sie haben auch keine Detailinformationen abgegeben, was Sie daran überzogen finden. Vielleicht können Sie es ja noch präzisieren. Dann kann man Ihrem Debattenbeitrag vielleicht irgendwo noch was Gutes entnehmen.

Ansonsten werbe ich natürlich dafür, dass man unseren Antrag an den Ausschuss überweist, und zwar natürlich federführend an den Umweltaus

schuss und mitberatend an den Landwirtschaftsausschuss. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Als nächster Redner erhält Abgeordneter Kummer von der Fraktion Die Linke das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu der Art der Ausbreitung der Nilgans ist vorhin schon eine ganze Menge gesagt worden. Ich kann mich gut daran erinnern, als der Umweltausschuss seine auswärtige Sitzung in der Vogelschutzwarte durchgeführt hat, dass uns eine Nilgans auf dem Dach der Vogelschutzwarte begrüßte und dass wir in dem Zusammenhang in dieser Ausschusssitzung auch darüber gesprochen haben, dass man Maßnahmen gegen die Nilgans ergreifen muss. Ich denke mal, die Landesregierung wird dazu dann nachher auch noch ein paar Worte sagen.

Fakt ist eins: So, wie die AfD in ihrem Antrag beschreibt, was durchgeführt werden sollte, kann man nicht zustimmen. Deshalb wird es auch von unserer Fraktion eine Ablehnung dieses Antrags geben. Denn, Herr Möller, das habe ich Ihnen gestern schon gesagt, als es um das Jagdgesetz ging – Sie verwechseln die Ebenen. Es ist sicherlich richtig, dass man mit einem Antrag die Landesregierung auffordern kann, die Nilgans in die Liste der jagdbaren Arten, aufzunehmen. Was Sie aber sonst noch fordern in Ihrem Antrag, dass dem Gelege der Nilgans die Eier entnommen werden sollen, das lässt das Jagdgesetz nicht zu.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das kann man doch auch außerhalb des Jagdgesetzes regeln!)

Sie fordern, dass man die Hege für die Nilgans aussetzt. Das lässt das Jagdgesetz nicht zu. Das Jagdgesetz kennt keine Ausnahmen von der Hegepflicht. Von der Seite her befinden wir uns, wenn wir das denn umsetzen wollten auf der Ebene der Gesetzgebung, und deshalb sind Sie hier beim Antrag falsch, da hätten Sie beim Gesetz agieren müssen. Von der Seite her wird es die Ablehnung von uns zu Ihrem Antrag geben und ich gehe davon aus, dass es eine Aufnahme der Nilgans in die Liste des jagdbaren Wilds durch die Landesregierung geben wird, was aber unabhängig von Ihrem Antrag ist, sondern einfach bedingt durch die Notwendigkeit, die Ausbreitung der Nilgans in Thüringen zu reduzieren.

(Abg. Möller)

Meine Damen und Herren, trotzdem bin ich da auch bei der Vorrede von Frau Becker und bei Herrn Adams. Wenn ich mir ansehe, wie viele Enten von der Kreisjägerschaft Hildburghausen im letzten Jagdjahr geschossen wurden – das ist die größte Kreisjägerschaft Thüringens –, ich glaube, es waren 30. Die Zahl der Enten, die geschossen wurden, hat sich zum Vorjahr halbiert und sie ist drastisch weniger geworden zu den Jahren davor. Es macht sich kaum noch jemand die Arbeit, einen Wasservogel zu rupfen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Nein, es gibt zu wenige!)

Es ist auch nicht einfach, die Tiere zu schießen, denn ich brauche einen Kugelfang. Am Gewässer ist das nicht immer gegeben. Also es müssen verschiedene Dinge zusammentreffen, um auch handeln zu können. Das macht es schwierig. Von der Seite her – glauben Sie nicht, dass man mit jagdlichen Methoden die Nilgans wieder ausrotten wird.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich Staatssekretär Möller aus dem Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, gebietsfremde Arten, die andere Arten und die Lebensräume anderer Arten bedrohen, spielen in der nationalen und internationalen Naturschutzdiskussion eine zunehmende Rolle. Die Ausbreitung gebietsfremder Arten stellt global betrachtet heute aber nur eine der großen Gefährdungen für die biologische Vielfalt dar. In Thüringen sieht die Situation insgesamt etwas günstiger aus. Hier spielen invasive gebietsfremde Arten als Gefährdungsursache noch eine vergleichsweise geringe Rolle. Die Nilgans ist eine aus Afrika stammende Art – das ist schon mehrfach gesagt worden –, sie ist seit etwa 18 Jahren in Thüringen heimisch. In Deutschland kommt sie schon seit den 80er-Jahren vor. In Deutschland haben wir etwa 13.000 Brutpaare und damit kann sie auch als etabliert angesehen werden. Die Nilgans unterliegt der europaweit geltenden Verordnung gegen invasive Arten, kurz IAS-Verordnung genannt. Zur Umsetzung dieser Regelung wurden Monitoring- und Managementmaßnahmen auf Bund-Länder-Ebene abgestimmt. Am 2. August 2017 erfolgte die Listung der Nilgans als europaweit invasive Art in der IAS-Verordnung. Seitdem besteht das Erfordernis zur Überwachung

dieser Art im Sinne des Artikels 14 der Verordnung und seitdem wird es auch getan.