Protocol of the Session on March 28, 2019

(Beifall CDU, AfD)

Wir werden auch die Verwaltungsgemeinschaften erhalten, wo sie gewollt sind. Sie haben selbst Verwaltungsgemeinschaften aufgelöst, andere haben Sie wieder zugelassen. In dem Ganzen ist einfach keine Konsistenz. Meine Damen und Herren, wir wollen die Freiwilligkeit nicht verhindern. Deswegen werden wir es mitberaten. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Fiedler. Es spricht jetzt Herr Abgeordneter Adams für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen hier im Thüringer Landtag, liebe Gäste! Die Bildung zukunftsfähiger – damit meist auch größerer – Gemeinden ist der richtige Schritt. Deshalb ist auch dieses dritte Neugliederungsgesetz ein gutes Gesetz, ein Erfolg und ein richtiger Schritt in die Zukunft Thüringens.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

70 Gemeinden in 11 Landkreisen werden sich zusammengefasst in 17 Neugliederungsprozessen ganz unterschiedlicher Art zusammentun, weil es gemeinsam besser geht. Was mich besonders freut: Dass diesmal – ich glaube, das ist eine Premiere – das erste Mal eine Neugliederung oder ein Beitritt einer Gemeinde im Landkreis Greiz dabei ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich freue mich darüber, weil man jetzt auch im Landkreis Greiz, wo Frau Schweinsburg immer stramm das Gegenteil behauptet, lernen wird, dass niemand die Identität verliert, niemand in Neumühle/Elster wird seine Identität verlieren, wenn diese Gemeinde in die Stadt Greiz eingegliedert wird. Das ist eine wichtige Sache, die auch in Ostthüringen erkannt und gelebt werden kann. Deshalb ist dieses dritte Neugliederungsgesetz von ganz besonderer, beispielgebender Wirkung und wird noch lange in der Thüringer Geschichte der Gesetzgebung einen Platz behalten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Jetzt reicht es mit den Lobeshymnen!)

Warum ist es richtig, sich zusammenzutun? Da ist zum einen das, was Verwaltungswissenschaftlerinnen und Verwaltungswissenschaftler Skalierungseffekte nennen. Das ist ein großes Wort. Wenn man sich das genau anschaut, wird man sehen, dass sich das am besten so erklären lässt: An diesem Wochenende soll das Wetter hoffentlich ein bisschen besser werden, wenn Sie da den Rost für circa fünf Leute anzünden, dann werden Sie dafür – ich sage mal für ein bisschen Bier, eine Limo, Bratwurst, Brötchen, Senf, Ketchup, wer das will – ein bisschen Geld ausgeben müssen. Wenn Sie das Gleiche für 50 Menschen machen, werden Sie nicht zehnmal so viel ausgeben, und wenn Sie das Gleiche für 500 Thüringerinnen und Thüringer machen, werden Sie sehen, dass für alle noch was übrig

(Abg. Fiedler)

bleibt. Das sind Skalierungseffekte und daran sieht man,

(Beifall DIE LINKE)

dass eine Gemeindegebietsreform sinnvoll ist und auch Spaß machen kann genauso wie das Grillen am Wochenende, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Leistungsfähigkeit ist aber auch noch etwas anderes. Da geht es um Qualität und auch um Menge. Es gibt Dinge, die können Sie nicht tun, wenn Sie zu wenige Menschen in der Verwaltung haben. Ich habe immer das Beispiel vom Fußball genommen: Wenn sie nicht elf Mann haben – elf Frauen oder elf Männer –, dann brauchen sie nicht auf den Platz laufen. Da habe ich Anrufe und E-Mails von Schiedsrichtern bekommen, dass man sich auch einigen kann und mit weniger spielen darf. Okay, deshalb ein neues Beispiel: Wenn Sie zum Tauziehen gehen und auf der einen Seite nur vier Leute haben, also acht Hacken, die sich in den Rasen krallen können, und auf der anderen Seite sechs Leute, die also zwölf Hacken in den Rasen setzen können, dann werden Sie, egal, wie viel Kraft Sie haben, auf der Seite der vier Leute immer verlieren. Deshalb müssen wir unsere Kommunen fit machen für das Tauziehen um die besten Lösungen in der Gemeinde, um die beste Aufgabenerledigung für unsere Thüringerinnen und Thüringer. Und diese Aufgaben stehen vor der Tür: Das ist Digitalisierung, das ist eine Spezialisierung in verschiedensten Verwaltungsverfahren – und dafür müssen wir unsere Kommunen fit machen und wir wollen das auch tun. Und deshalb unterstützt der Freistaat Thüringen zum Beispiel allein in diesem Neugliederungsgesetz die Kommunen, die sich zusammentun, mit einer Neugliederungsprämie in Höhe von 11 Millionen Euro.

Herr Fiedler hat gesagt: Das ist die große Wurst, die irgendwo hingehangen wird, holt euch die. Aber wenn Sie sich in Ihrer Gemeinde, wo Sie auch Verantwortung tragen, Herr Fiedler, mal auf den Weg gemacht hätten, sich zusammenzutun, dann hätten Sie auch gemerkt, dass natürlich solche Fusionserfahrungen, solche Fusionen auch ein bisschen Geld benötigen. Man muss ein paar Sachen neu regeln und es macht auch nur Sinn, sich zusammenzutun, wenn man dann etwas neu macht, also Verfahren neu strukturiert, und dafür braucht man ein bisschen Geld. Und deshalb sind diese 11 Millionen Euro gutes Geld, das direkt an die Gemeinden geht, und die Gemeinden entscheiden selbst, was sie damit machen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist natürlich allen Applaus wert. Zusätzlich gibt es fast 2 Millionen Euro Strukturbeihilfe und – besonders wichtig – Entschuldungshilfen, auch noch mal in Höhe von 11 Millionen Euro, fast 12 Millionen Euro. Das sind wichtige Hilfen, die unsere Gemeinden und Städte in Thüringen benötigen, besonders auch der ländliche Raum.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kollege Fiedler hat kritisiert, warum alle Neugliederungsgesetze immer, er sagt, so knapp oder im Schweinsgalopp durchgeführt werden. Weil wir Respekt vor kommunalen Abgeordneten haben. Die Frauen und Männer in unseren Gemeinderäten machen das alle ehrenamtlich, Herr Fiedler, nicht so wie wir hauptamtlich, den ganzen Tag lang. Die machen das nach ihrer Arbeit.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich mache das schon 29 Jahre, auch neben meiner Ar- beit!)

Und wenn die in einem langen Prozess sagen: Wir müssen uns nächste Woche noch einmal treffen, dann ist es richtig, dass das Innenministerium nicht sagt: Ihr habt verloren, weil ihr einen bestimmten Zeitpunkt gerissen habt. Sondern das Innenministerium sagt: Dann trefft euch noch mal und wenn ihr uns danach den Antrag schreibt und danach euren Fusionsvertrag fertig habt, ist es auch immer noch gut.

Deshalb reizen wir die Zeit, um bestimmte Neugliederungen zu schaffen, immer aus. Ich finde, es ist auch in Ordnung, wenn wir dafür zum Beispiel morgen unsere Mittagspause opfern, um nicht mehr und nicht weniger zu tun, als die Anhörung zu beschließen. Wir beschließen ja nicht Ja oder Nein, sollten die Gemeinden zusammengehen, sondern wir beschließen, dass vor Ort angehört werden soll. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, kann man auch mal in der Mittagspause hier während des Plenums machen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

In dem Zusammenhang ist mir eine Sache ganz wichtig, und zwar, dass hier keine Mythen entstehen. In Eisenach ist die Fusion gescheitert an einem Bündnis, das man Schwarz-Rot nennen muss. Daran ist es gescheitert. Und als man sich Rot-RotGrün wieder zusammengetan hat, hat man sogar die CDU überzeugen können und dann ist es gut geworden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte merken Sie sich das für den Herbst dieses Jahres.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Gesetz hat aber auch noch ein paar Konflikte zu lösen. Es ist zum Beispiel alles das, was wir im Umfeld von Apolda machen. Wir bekommen im Augenblick Briefe aus Kindelbrück. Wir haben auch einen Fall Katzhütte, die sich seit Langem bemühen zusammenzugehen, aber es ist schwer festzustellen, was die Gemeinde wirklich will, was die Bevölkerung dort wirklich möchte. Deshalb ist die Gemeinde Katzhütte in diesem Entwurf der Landesregierung noch nicht enthalten. Von meiner Seite gibt es das klare Bekenntnis für Bündnis 90/Die Grünen: Wenn in den nächsten Tagen die Entscheidung der Kommunalaufsicht getroffen wird, dass der Bürgerentscheid erfolgreich war und zu einem guten Ergebnis geführt hat, werden wir sofort über einen Änderungsantrag auch die Gemeindeneugliederung und den Übergang in einen anderen Kreis für die Gemeinde Katzhütte auf den Weg bringen. Das ist die klare Aussage auch in Richtung Katzhütte, wenn es dazu eine klare Entscheidung geben wird. Im Augenblick liegt diese Entscheidung nicht vor und deshalb ist es auch richtig, dass diese Neugliederung hier noch nicht aufgenommen worden ist.

Wir werden auch diese Konflikte wie zum Beispiel Apolda, Kindelbrück, Katzhütte lösen. Das zeigen vor allen Dingen 380 Gemeinden, die wir in dieser Legislatur neu gebildet haben. Damit sind über 52 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer heute verwaltungsmäßig in neuen Zusammenschlüssen unterwegs. Das sind fast eine Million Thüringerinnen und Thüringer, die Einwohner in diesen neuen Gemeinden sind. Und es wird sich herumsprechen, dass es nicht zum Plattmachen des ländlichen Raums, dass es nicht zu Identitätsverlust kommt, sondern dazu kommt, dass unsere Kommunen leistungsfähig sind und mit einer guten Zukunft nach vorn schauen können. Das ist das Ziel von Bündnis 90/Die Grünen und damit auch von Rot‑Rot‑Grün. Diesem Ziel kommen wir mit diesem Gesetz ein gutes Stück weiter entgegen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Adams. Es spricht jetzt Herr Abgeordneter Henke von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, werte Gäste, Neugliederungsgesetz, das dritte. Seitdem die rot-rot-grüne Landesregierung mit der Durchführung ihres Prestigeprojekts, nämlich der

groß angekündigten Gebietsreform, gescheitert ist, führt sie dies nun Schritt für Schritt durch die Hintertür ein. Unter dem Deckmantel der vermeintlich freiwilligen Neugliederung wird dieser Prozess mit dem hier vorliegenden Entwurf zum dritten, vorerst letzten Gemeindeneugliederungsgesetz abgeschlossen.

Selbstverständlich befürworten wir von der AfD grundsätzlich freiwillige Neugliederungen zur Schaffung von leistungsstarken und verwaltungsstarken Gemeinden, die in der Lage sind, ihre kommunalen Aufgaben dauerhaft und in geordneter Haushaltswirtschaft eigenständig und sachgerecht wahrzunehmen.

(Beifall AfD)

Allerdings lehnen wir die Vorgehensweise der Landesregierung, die in Wahrheit wenig mit Freiwilligkeit zu tun hat, ab. Staatssekretär Kuschel, der landauf, landab unterwegs...

(Unruhe DIE LINKE)

Oh, Entschuldigung, Staatssekretär Höhn, der landauf, landab unterwegs war, um die Gebietsreform weiterzubringen...

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das möchte er gern mal werden!)

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Entschuldigung, kleiner Fauxpas.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wenn schon, dann Innenminister!)

Denn auch für die Durchführung der hier in Rede stehenden dritten Fusionsrunde nimmt sie wieder unzählige Millionen in die Hand. Im Ergebnis werden hier 24,7 Millionen Euro für Neugliederungsprämien, Strukturbegleithilfen sowie Entschuldungshilfen von der Landesregierung ausgegeben, um sich die Fusionsbereitschaft von den klammen Kommunen zu erkaufen. Zusammen mit den zwei bereits vorausgegangenen Fusionsgesetzen veranschlagte die Landesregierung somit knapp 217 Millionen Euro an Steuergeldern für die angeblich freiwillige Fusionsbereitschaft der Kommunen. Da muss ich doch wirklich einmal nachfragen: Was ist denn aus den geplanten Einsparungen geworden, die immer wie eine Monstranz vor sich hergetragen worden sind? Leitbild – ich sage nur in diesem Kontext dem Abgeordneten Fiedler Danke, dass er noch einmal darauf hingewiesen hat. Und nein, Herr Innenminister, es ist ein Erfolg, aber es ist ein erkaufter Erfolg.

(Abg. Adams)

Sie haben sich die Bereitschaft der Gemeinden erkauft!

(Beifall AfD)

Man muss vielleicht auch einmal in der nächsten Legislatur evaluieren, was denn überhaupt aus den Erfolgen geworden ist, die Sie hier verkündet haben. Sind die Gemeinden leistungsfähig? Was ist mit den Geldern gemacht worden? Können die ohne diese Begleithilfen überhaupt überleben? Das sind alles Fragen, die mich einmal interessieren würden. Geld, das letztlich nur ausgegeben wurde, damit Rot-Rot-Grün am Ende der Legislaturperiode noch schnell ein positives Ergebnis ihrer Regierungsverantwortung vorweisen kann. Sie bringen hierbei aber zugleich auch Unruhe, Spannungen und Zwietracht in die Gesellschaft wie jetzt am Beispiel der Gemeinde Katzhütte oder Kaltennordheim. Es gibt viele andere Beispiele, ich erinnere mich an die Demo hier draußen, als die Gemeinden da waren und Sie mit ihnen gesprochen haben. Es gibt genug Redebedarf und das werden wir wahrscheinlich auch nutzen, wenn die Anhörung kommt. Es ist deutlich zu erkennen: Der Landesregierung ist das natürlich egal. Durch Ihre Entscheidung, den Antrag der Gemeinde auf Wechsel zu Großbreitenbach nicht in den vorliegenden Gesetzentwurf mitzunehmen, sieht Katzhütte sich nun in dem Gleichbehandlungsgrundsatz sowie in ihrer kommunalen Selbstbestimmung verletzt und will daher Verfassungsbeschwerde einlegen. An diesem Beispiel sieht man, dass die Betroffenen nicht in ausreichendem Maße in den gesamten Prozess mit eingebunden wurden. Mit dieser Politik, die über die Köpfe der Betroffenen hinweg gemacht wird, treiben Sie nur einen Keil in die Gesellschaft. Dieser Riss zieht sich wirklich durch ganz Thüringen. Ich war in Katzhütte. Ich war in vielen anderen Orten. Da ist alles fifty-fifty. Da haben Sie nicht viel gemacht, um die Bürger auf eine Linie zu bringen. Um zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen, hätte man besser vermitteln und miteinander verhandeln müssen. Wie man unschwer erkennen kann, steht noch eine Menge Arbeit im Ausschuss an, um ein für alle Mal für alle Beteiligten eine einvernehmliche Lösung zu finden. Wir als AfD-Fraktion werden uns nicht verschließen und werden daher einer Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss sowie den Justizausschuss zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Henke. Es spricht jetzt zu uns Abgeordneter Kuschel von der Linksfraktion.