Protocol of the Session on March 1, 2019

(Beifall SPD)

aber es ist so viel Dummheit von Herrn Hartung erzählt worden, dass man doch noch mal hier vorgehen muss.

(Abg. Rothe-Beinlich)

(Beifall CDU)

Herr Hartung, Sie sind ja ein bisschen älter als ich, eigentlich müssten Sie wissen, was in der Vergangenheit war, aber ich will es Ihnen gern noch mal sagen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Hartung, SPD: Das weiß ich!)

Es tut ein bisschen weh, dass man es eigentlich hier jedes Vierteljahr erzählen muss, weil Rot-RotGrün sich irgendwie nicht zurückerinnern kann, was eigentlich in der Vergangenheit in Thüringen los war. Wir hatten in Thüringen 1990 400.000 Schüler. Herr Hartung, ich frage Sie: Wie viele Schülerinnen und Schüler hatten wir 2005, nach 15 Jahren? 50 Prozent weniger. Wozu hat sich die Regierung damals entschlossen – übrigens auch Regierungen mit Ihrer Beteiligung? Nicht so, wie es Herr Torsten Wolf gestern empfohlen hat, die Leute auf die Straße zu setzen und in die Arbeitslosigkeit zu schicken, sondern für Floating-Modelle. Das kann man gut oder schlecht finden. Auch wir hatten in der Familie Kollegen und Angehörige, die natürlich nicht begeistert waren. Aber man hat den Kollegen die Arbeitsplätze erhalten. Man hatte ein Problem, man hatte keine steigenden Schülerzahlen, um mehr Leute einstellen zu können. Deswegen ist tatsächlich etwas passiert, was nicht gut war, dass man nicht genug Leute eingestellt hat.

Aber es ist falsch zu behaupten, es wurden keine Leute eingestellt. Es wurden in jeder Wahlperiode weit über 1.000 bis 1.500 Leute, Kolleginnen und Kollegen, eingestellt – immer noch zu wenig. Ich selbst bin Lehrer gewesen, der in Thüringen ausgebildet worden ist, der in Thüringen sein Referendariat gemacht hat, der nachher unter dem Bildungsminister Matschie keine Perspektive bekommen hat. Ich habe zu Hause noch den Brief, den Herr Matschie mir persönlich geschrieben hat, wie er gerechtfertigt hat, dass keine jungen Leute eingestellt werden können. Da war kein Verweis auf irgendeinen Finanzminister oder irgendetwas, sondern er hat ganz klar gesagt: Wir haben einen Lehrerüberhang und sinkende Schülerzahlen. Genau das ist seit 2014 umgedreht. Daran hat Rot-Rot-Grün keinen Anteil, das waren die Eltern in Thüringen, die – Gott sei Dank – wieder mehr Kinder machen. Alle Statistiker, auch bei der KMK, haben sich getäuscht. Wir haben steigende Schülerzahlen – Gott sei Dank.

Nun hat man eben etwas vollziehen müssen, was dringend notwendig ist, dass auch wieder mehr Leute eingestellt werden und dass man auch von dem Abbaukorridor abweichen muss. Das ist ganz klar: Bei steigenden Schülerzahlen und zunehmen

den 1.000 Kollegen, 800, 900 VZE, muss man etwas tun. Die letzte Regierung, Herr Hartung, Ihr Minister gemeinsam mit dem jetzt gerade eben noch einmal gescholtenen Finanzminister – ich will ihn gar nicht in Schutz nehmen, ich hatte da auch ganz persönlich mein Schicksal –, aber die haben sich zu einem entschlossen, was Rot-Rot-Grün nicht gemacht hat. Die haben nämlich gewusst, wir müssen die Leute ausbilden, die wir einstellen wollen. Sie haben jedes Jahr die Kapazitäten für die Ausbildungsplätze in Thüringen erhöht, von 200 Referendariaten auf 300, auf 400, auf 500.

(Beifall CDU)

Es sollten 2015 600 Referendare sein. Was haben Sie gemacht, Herr Hartung, mit Ihrer Finanzministerin, mit Ihrer Koalition? Sie haben die 600 geplanten Referendare 2015 um 200 auf 400 reduziert. Jetzt nach zwei Jahren regen Sie sich auf, dass Sie keine Leute haben, die Sie einstellen können. Das ist schon ein bisschen schizophren, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Hätte man das weiter vollführt, was die letzte Regierung Lieberknecht-Matschie angefangen hat, nämlich die Referendarzahlen jedes Jahr um 50, 100 zu steigern, dann hätten wir heute 900 Referendare, und das wären genau die 900 Kollegen, die Minister Holter bräuchte. Ich nehme ihm das ja ab, dass er die einstellen will. Er ist da ja wirklich bemüht und hinterher und alles. Aber es ist von Ihnen eben nicht gemacht worden. Sich dann hier hinzustellen und immer mit dem Finger zu zeigen und die Geschichte zu verklettern – wir hatten ganz andere Herausforderungen in den letzten Jahren in Thüringen.

Es ist nicht alles richtig gelaufen. Aber jetzt müssen wir die Zukunft gestalten und sollten uns nicht immer hier gegenseitig irgendwelche Sachen zuschieben. Die Leute, die Lehrer, die Schüler, die Eltern, haben andere Erwartungen an uns, nämlich dass wir ein gutes Bildungssystem erhalten. Und – die Bemerkung sei mir noch erlaubt – das Schulgesetz, was derzeit auf den Weg gebracht wird, ist kein Beitrag dafür, dass das gelöst wird, dass das Schulsystem besser und attraktiver wird. Danke.

(Beifall CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Hartung.

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Och, das wird doch nicht besser! Lass es sein!)

(Abg. Tischner)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schlechter kann es ja nicht werden!)

Herr Tischner, es ist die eine Sache, mich von Ihnen als dumm oder blöd bezeichnen zu lassen. Das nehme ich hin, das gehört zum politischen Geschäft. Aber ich lasse es nicht zu, dass Sie hier die Leute für dumm verkaufen. Sie sagen, 2014 gab es plötzlich steigende Schülerzahlen. Mensch, die waren doch 2008 schon auf der Welt. Es war doch absehbar. Wenn wir seit 2014 steigende Schülerzahlen haben, wissen wir spätestens seit 2008, dass die da sind. Das ist doch das Problem.

Sie haben darauf hingewiesen, dass ich ein bisschen älter bin als Sie, auch das ist richtig. Vielleicht ist das einfach auch die Möglichkeit, dass ich Ihnen das noch einmal sage: Es ging bei den Verhandlungen darum, die Einstellungskorridore zu verbreitern. Da führte kein Weg rein. Unser Problem bei der Ausbildung ist weniger, dass wir die Leute nicht einstellen wollen. Das Problem ist, dass sie überwiegend Gymnasiallehrer werden wollen. Wenn wir 50 Prozent Berufswunsch „Gymnasium“ haben und nur 10 Prozent Bedarf in manchen Jahren, dann gibt es da eben eine Diskrepanz. Diese Diskrepanz versuchen wir unter anderem dadurch aufzulösen, dass wir die Einstufung, also die finanziellen Bezüge angleichen, dass es also attraktiver ist, auch in die Regelschule zu gehen – zukünftig dann auch in die Grundschule. Wir tun das schon.

Noch einmal, Herr Tischner: Sich hierherzustellen und zu sagen, seit 2014 wurde es auf einmal ganz schlimm, das ist doch Blödsinn – Entschuldigung. 2008 waren die Kinder, die 2014 mehr in die Schule gekommen sind, schon auf der Welt. Das lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Dann hätte man da die Weichen schon stellen müssen. 2008 haben Sie sogar noch allein regiert. Seit 2009 kann ich es überblicken und es führte kein Weg rein. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung aus den Reihen der Abgeordneten. Herr Abgeordneter Wolf.

Herr Kollege Tischner, das müssen Sie jetzt schon ertragen, auch wenn Sie jetzt stöhnen, wenn ich noch mal vorgehe, denn Sie haben wirklich schlicht

und einfach die Unwahrheit gesagt. Ich möchte das noch mal klarstellen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Ich habe doch gar nicht gestöhnt!)

Sie haben gesagt – und ich möchte das noch mal klarstellen –, dass ich im Bereich des Floating-Vertrags gesagt hätte, dass wir als Linke irgendwann Lehrer hätten abbauen wollen. Das stimmt überhaupt nicht. Ich habe gesagt, Sie haben die Menschen damit erpresst, Sie haben die Lehrer damit in die Floating-Verträge erpresst und danach kam sozusagen die schlechte Entwicklung hin zur Verbeamtung, Teilzeitverbeamtung, was nicht haltbar war.

Herr Abgeordneter Wolf, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tischner?

Gern zum Schluss. Hören Sie sich erst mal an, was ich zu sagen habe. Vielen Dank. Ich habe jetzt gerade mal 30 Sekunden gesprochen. Aber das ist ja das Gute an einer parlamentarischen Debatte, dass es ein bisschen lebhafter zugeht, vielleicht eben gerade kurz vor dem Mittagessen.

Der Floating-Vertrag hat eines beinhaltet – das ist von der CDU nicht eingehalten worden –, nämlich dass die Lehrerinnen und Lehrer nur noch bis zu 50 Prozent ihrer Arbeitszeit arbeiten und – das stand im Floating-Vertrag, Herr Kollege Tischner – dafür neue Stellen geschaffen werden, damit – das war den Gewerkschaften besonders wichtig – Neueinstellungen vorgenommen werden und diese Lücke, die Kollege Hartung hier vorhin beschrieben hat, nämlich dass wir eine komplette Lehrergeneration gar nicht mehr an den Schulen haben, gar nicht erst entsteht. Was passiert ist, war, dass 2008 Lehrer aus der Teilzeit wieder verbeamtet worden sind, dass dann ein Urteil kam, dass dann entsprechend Vollzeitverbeamtung anstand und wir einen Überhang hatten und die damalige Landesregierung das nicht mehr durchhalten konnte. Deswegen fehlt uns die Generation und deswegen haben wir keine Möglichkeit, das auszugleichen, weil die älteren Kolleginnen und Kollegen länger krank sind – das ist verständlich –, die jüngeren sind eher schwanger, in Elternzeit – das ist alles schon gesagt worden. Und deswegen haben wir die Probleme, weil Verträge von Ihnen nicht eingehalten worden sind – sehenden Auges in die Katastrophe reingerannt. Damals haben Sie noch allein regiert. Das hat damit überhaupt nichts zu tun, wer dann später mal mit Ihnen zusammen regiert hat. Und ja, wir brau

(Vizepräsidentin Jung)

chen mehr Referendare, da haben Sie doch völlig recht.

Wir sind gerade in den Haushaltsverhandlungen und es ist jetzt schon mehrfach sowohl vom Kollegen Hartung am Mittwoch als auch von mir immer wieder gesagt worden, Kollegin Rothe-Beinlich hat es gesagt: Ja, wir brauchen mehr Referendarinnen und Referendare. Aber das hat auch etwas mit Ausbildungskapazitäten zu tun, das prüfen wir gerade, und vor allen Dingen damit, dass wir denjenigen – das sind dann überwiegend auf das Lehramt Gymnasium ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer – die Möglichkeit geben, mit der A13 – laufbahngleiche Verwendung – zukünftig an den Regelschulen eingesetzt zu werden, wo wir sie als Stärkung brauchen. Da macht es auch Sinn, mehr auszubilden an Regelschulen, Grundschulen, berufsbildenden Schulen, Förderschulen. Die kriegen alle sofort ihre Möglichkeiten, in die zweite Phase übergeleitet zu werden. Das ist überhaupt nicht das Thema.

So, jetzt gern, Kollege Tischner. Jetzt haben Sie 3 Minuten zugehört.

Vielen Dank. Ich habe auf die Antwort auf die Frage gewartet, die war nicht dabei. Herr Kollege Wolf, was wäre denn Ihre Alternative in den 90er-Jahren gewesen, als 50 Prozent aller Schülerinnen und Schüler nicht mehr in Thüringen unterrichtet werden konnten? Hätten Sie die Kolleginnen und Kollegen alle aufs Arbeitsamt geschickt?

Schülerentwicklungszahlen sind prognostizierbar, Kollege Hartung ist vorhin schon darauf eingegangen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Doch nicht in den 90er-Jahren!)

Es gehört zur Regierungsverantwortung, darauf auch zu reagieren.

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe nicht gesagt, dass es ein Fehler war, diesen Vertrag abzuschließen. Was ich gesagt habe, ist, dass er von der damaligen CDU-Regierung nicht eingehalten worden ist. Mit der Verbeamtung ist er sehenden Auges gebrochen worden. Die Anhörung hat das damals eindeutig ergeben, dass man keine Lehrer teilzeitverbeamten kann, und Sie wollten es nicht hören – nicht Sie persönlich, aber Ihre Fraktion und Ihre Regierung damals. Und dadurch ist sozusagen die Unwucht reingekommen.

Herr Abgeordneter, ich bitte aber darum, dass hier kein Zwiegespräch entsteht.

Ja, Frau Präsidentin. Ich entschuldige mich auch bei den Kollegen, dass sich die Mittagspause dadurch etwas verzögert, aber was wahr ist, muss schon wahr bleiben.

Herr Kollege Wolf, geben Sie mir recht, dass in den Zeiten, die Sie gerade ansprechen, beispielsweise im Jahr 1997, fast 300 Kollegen neu eingestellt worden sind, dass im Jahr 1998 fast 400 Kollegen neu eingestellt worden sind, dass im Jahr 2000 400 Kollegen neu eingestellt worden sind und dass es dann in den Jahren von 2000 bis 2008 jedes Jahr zwischen 250 und 300 Neueinstellungen in Thüringen gab?

Das stimmt so nicht, aber ich kann Ihnen definitiv sagen, dass wir Mitte der Tausenderjahre Einstellungszahlen hatten, die im – also ein Jahr mit acht Einstellungen, acht, Kollege Tischner.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Doch durch die Stellenhebungen!)

Acht Lehrer wurden von Ihnen in einem Jahr eingestellt. Wenn ich mich richtig daran erinnere, war es sogar das Jahr 2008. Daran sieht man schon – ich will es nur noch mal sagen –: Wir stellen in dieser Legislatur mehr als 3.700 Lehrerinnen und Lehrer ein, dann kommen noch die befristeten hinzu, die Kollegin Rothe-Beinlich mit benannt hat. Das ist ein klares Zeichen, dass wir für den Nachwuchs in den Schulen sorgen. Noch mal – ich habe es vorhin schon gesagt –: Chapeau vor allen, die tagtäglich dafür sorgen, dass wir den richtigen Lehrer, die richtige Lehrerin finden, das ist ein schwieriges Geschäft. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung von der Abgeordneten Rothe-Beinlich, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen, da es bei mir vorhin den Zwischenruf gab und auch wohl noch mal die Frage, wie viele Lehrerinnen- und Lehrerstellen