Sicherlich ist die Forderung nach mehr Lohn, um ein besseres Leben zu generieren, eine wichtige Forderung. Aber ich sage es auch gleich: Ein vergabespezifischer Mindestlohn gehört nicht in dieses Vergabegesetz.
Ich möchte Ihnen das auch begründen. Viele Betriebe – ich spreche jetzt maßgeblich für kleine Handwerksunternehmen – sind tariflich schon seit vielen Jahren gebunden und zahlen wesentlich mehr als 10 Euro oder 10,04 Euro. Aber Sie müssen sich hier mal in die Situation versetzen: Sie haben eventuell einen öffentlichen Auftrag, Sie bezahlen 13/14 Euro Stundenlohn, was ja in der Regel auch noch nicht sehr viel ist, und Sie müssen Arbeiten verrichten, wozu Sie eventuell unqualifizierte Menschen brauchen, wofür Sie vielleicht denen mal eine Chance geben, die nie auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Chance haben, eine Tätigkeit zu finden. Dann denke ich nur an das Problem der Integration von Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt, alles zum Teil unqualifizierte Menschen, wo man auf dem Bau oder im Baugewerbe froh sein könnte, wenn man Leute generieren könnte, um bestimmte Aufträge zu realisieren. Nun stellen Sie sich vor, Sie geben jemanden 13 Euro Stundenlohn oder 12,50 Euro – so wie das in den tariflichen Regelungen im Bauhandwerk vorgesehen ist – und müssen jetzt jemanden einstellen, der mindestens 10,04 Euro be
kommt ohne Qualifikation, ohne Arbeitserfahrung usw. usf. Dann stelle ich mir eben die Frage: Wie soll man das denen gegenüber verantworten, die jahrelang im Betrieb arbeiten, Tariflöhne bekommen? Ein letzten Endes so geringer Unterschied motiviert doch keine Arbeitskräfte und
Ich wünsche mir schon länger, dass es die Einstiegsschwelle noch niedriger gibt, um jenen eine Chance zu geben, die keine Qualifikation haben. Wenn wir davon sprechen, dass wir Leute mit geringer Qualifikation oder gar keiner in den Arbeitsmarkt integrieren wollen, dann kann es doch nicht noch Sinn und Zweck sein, in einem Vergabegesetz den Mindestlohn, der ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist, noch zumindest optisch zu erhöhen. Denn letzten Endes sind 50 Cent auch keine Größenordnung, mit der man leben kann.
Im Übrigen gibt es Unternehmen, die haben eine hohe Verantwortung, haben eine soziale Verantwortung gegenüber ihren Arbeitnehmern.
Ein guter Unternehmer ist nur so gut, so gut er gute Leute hat, und gute Leute kriegt man nicht zum Nulltarif. Da muss man sowieso genügend Geld bezahlen, um gute Leute zu haben.
(Zwischenruf Abg. Lukasch, DIE LINKE: Dann bezahlen Sie den Ungelernten 12 Euro und den Gelernten 14 Euro!)
Mit diesem Gesetz unterstellen Sie den Unternehmen, dass sie keine Verantwortung gegenüber Arbeitnehmern haben. Sie wollen sie praktisch vorführen. Das sind alles Sachen, die entweder tariflich zu regeln sind oder Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam zu regeln haben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Wirkner, damit nicht auch für das Publikum etwas Falsches jetzt stehen bleibt: Wir sind uns einig, wir wollen auch in der Baubranche Menschen mit Arbeit versorgen, die nicht so gut qualifiziert sind. Darüber sind wir uns einig. Ich will noch mal in der Öffentlichkeit hier deutlich machen: Tarifverträge, allgemein verbindliche Tarifverträge gehen der Regelung des vergabespezifischen Mindestlohns vor. Und wenn, Herr Wirkner, in der Baubranche allgemein verbindliche Tarifverträge gelten, dann hat sich ein Auftragnehmer an diesen Tarifvertrag zu halten. Es hat nichts mit dem vergabespezifischen Mindestlohn zu tun.
Wenn in diesem Tarifvertrag steht, was ich übrigens sehr bedauere, dass unterschiedliche Löhne zwischen Ost und West bezahlt werden, wenn dort etwas zur Verrichtung von niedrig qualifizierten Arbeiten steht, dann ist das verbindlich – ohne unser Vergabegesetz. Wir beziehen uns lediglich auf die wenigen Branchen, in denen der allgemein verbindliche Tarifvertrag nicht besteht. Also Ihr Beispiel ist von daher nicht tauglich, weil in der Baubranche – das sind sehr viele Aufträge – Allgemeinverbindlichkeit besteht.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Gäste! Kollege Voigt, ich will das
noch mal an der Stelle deutlich sagen: Die Debatte zur EU-Vergaberichtlinie führen wir mit unterschiedlichen juristischen Sichten, aber darum geht es mir jetzt im Moment nicht.
Diese EU-Vergaberichtlinie macht auch alle sozialen und beschäftigungspolitischen Ziele im nationalen Vergaberecht zulässig, guter Lohn, gleicher Lohn für Mann und Frau
und andere Fragen. Damit ist auch klar, es geht nicht nur um ein Mindestmaß – das hat der Minister hier indirekt auch schon erläutert – an sozialem Schutz, sondern es geht eben auch darum, dass man bei einem regional begründeten Mindestlohn über diesen Untergrenzen bleiben kann. Da will ich Ihnen noch mal eins sagen: Wo gibt es im Europarecht vergabefremde Kriterien? Die sind schon seit 2014 obsolet.
Sie führen hier eine politisch motivierte Geisterdebatte. Das muss man öffentlich auch mal deutlich sagen. Deshalb ist es nämlich so, dass Ihnen zu Recht enges Klienteldenken vorgeworfen wird. Ich sage Ihnen mal: Sie vertreten nicht nur Klientelinteressen der Wirtschaft – da bin ich mir sowieso nicht im Klaren –, Sie vertreten meiner Meinung nach sogar nur einen ganz kleinen Teil der Auffassung dort, denn ich kenne und wir alle kennen
Da bleibe ich noch mal dabei: Sie werden nicht damit durchkommen, dass dieser Entwurf eines Vergabegesetzes ein Bürokratiemonster ist. Das haben mehrere Redner hier deutlich gemacht, auch der Minister.
Wir betreiben damit Bürokratieabbau. Das sind die Fakten und daran werden Sie sich irgendwann auch mal gewöhnen müssen, meine Damen und Herren.
Wenn ich das richtig verfolgt habe, ist von allen Fraktionen die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft beantragt worden. Dann stimmen wir über diese Ausschussüberweisung ab. Wer damit einverstanden ist, dass dieser Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Dann ist die Überweisung einstimmig beschlossen.
Thüringer Gesetz zu dem Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6683 - ZWEITE BERATUNG
Ich eröffne die Beratung. Wir haben eine Meldung hier, aber es will keiner reden. Keine Wortmeldung? Gut, wenn man sich so verständigt hat, dann stimmen wir über diesen Gesetzentwurf zum Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in zweiter Beratung ab. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen kann, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung bei den Fraktionen der CDU, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer ist dagegen? Dagegen ist die Fraktion der AfD. Wer enthält sich? Es enthalten sich die fraktionslosen Abgeordneten.
Herr Krumpe, Sie haben zugestimmt? Dann möchte ich das so verkünden. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.