Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte ausdrücklich dem Ministerpräsidenten, ich möchte dem Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee, der Landesregierung insgesamt dafür danken, dass wir – wenn auch nach einer langen Beratung – dieses Gesetz heute, diesen Gesetzentwurf vorliegen haben. Er ist – und das lässt sich schon jetzt sagen – ein Fortschritt für Beschäftigte, ein Fortschritt für Unternehmen, auch ein Fortschritt für die, die damit zu tun haben, die öffentlichen Vergabestellen. Deshalb hat sich die Debatte dazu bis hierher sehr gut gelohnt und ich denke, das wird sich auch in der parlamentarischen Beratung fortsetzen.
Ich gehe mal davon aus, Herr Voigt, wenn Sie reden, dann werden wir auch hier noch einmal die ganzen Bedenken hören, was die Unmöglichkeit betrifft, EU-Recht-seitig. Immer wieder habe ich jetzt Ihre Behauptung nachgelesen, dass alles ein bürokratisches Monster ist. Ich gehe dann noch kurz darauf ein, dass das nicht so ist.
Aber wie wichtig es ist, das gestatten Sie mir mal zu sagen. Das erleben wir im Augenblick gerade hier in der Landeshauptstadt Erfurt im Bereich der Energieversorgung. Wir haben hier eine Situation, wo man sich entsprechend der Ausschreibungskriterien, die sich die Stadt natürlich in aller Rechtsform selber gegeben hat, am Ende – ich will es mal so sagen – für den sogenannten billigsten – eigentlich heißt es ja: günstigsten – Bieter entscheidet. Man hat sich entschieden, sogar die eigenen Stadtwerke sind dahinter zurückgeblieben. Jetzt haben wir aber eine Situation – und ich sage das nicht, weil es nun gerade hier in Erfurt passiert ist, das könnte im Grunde genommen überall so stattfinden –, dass der Energieanbieter pleite ist, dass es da offensichtlich sogar noch zu Mehrkosten kommen kann, dass es gegebenenfalls ein Problem für Energiepreise werden kann. Dass die Stadtwerke zum Beispiel auch in einem Gemeinwesen andere Verpflichtungen haben, die sie erfüllen sollen – im Kulturbereich, im sozialen Bereich –, das wird damit vielleicht auch etwas infrage gestellt. Aber was ich eigentlich an dem Beispiel sagen will – und wir sehen es doch hier ganz klar: Es ist eben auf Dauer überhaupt nicht gesagt, dass die billigste Lösung wirklich die dauerhaft billigste und günstigste im Umfeld für die Stadt ist.
Auch deshalb gibt es ja – gegebenenfalls komme ich noch darauf zurück – im EU-Recht entsprechende Kriterien, die eben gerade eine andere Vorgehensweise ermöglichen.
Ich will aber hier schon noch mal deutlich sagen – Herr Minister hatte das ausgeführt –: Die rot-rotgrüne Koalition hat sich für einen Weg entschieden, der heißt, wir erhalten und bauen die Standards im neuen Vergabegesetz aus und senken zugleich bürokratische Lasten für Unternehmen und die öffentliche Hand. Das will ich hier schon noch mal sagen und auch der Öffentlichkeit deutlich machen. Das Bestbieterprinzip ist angesprochen. Es sichert ab, dass nur das Unternehmen, welches eine Ausschreibung gewinnt, die gesetzlich vorgeschriebenen Nachweise erbringen muss. Alle anderen haben dann dadurch keinen Mehraufwand. Und alles, was mir Unternehmen sagen, ist, dass gerade das eine Regelung ist, die wir brauchen.
Wir werden die elektronische Vergabe bis 2020 verpflichtend in allen Bereichen haben, was gerade für Unternehmen die Antragstellung deutlich erleichtert und die Vergabestellen auch in der Auswertung entlastet. Wir verdoppeln die Direktvergabe ohne Ausschreibung auf 1.000 Euro, um sicherzustellen, dass gerade kleine Handwerksarbeiten oder kleine Dienstleistungsangebote zügig erfüllt werden können – und auch das stärkt lokale Unternehmen. Zukünftig müssen Eignungsnachweise von Unternehmen nur alle zwölf Monate vorgelegt werden, wenn sich bei derselben Vergabestelle ein zweites Mal beworben wird. Auch das schützt Unternehmen vor einem unnötigen Mehraufwand.
Schulbücher werden ab sofort ausschreibungsbefreit, was bisher angesichts der Buchpreisbindung in der Tat ein unsinniger Mehraufwand war. Wir erkennen die Richtschnur der Unterschwellenvergabeordnung des Bundes an, womit eine Hauptkritik der Unternehmen, die widerstreitenden Gesetze, die das hier verkompliziert haben, zukünftig entfällt.
Ich will mir nicht ersparen, da doch noch mal zu sagen, dass wir uns einig sind, dass weiter viele bürokratische Hürden auf der Grundlage von Bundespolitik bestehen. Aber darauf, meine Damen und Herren, hat dieser Gesetzgeber, der Thüringer Landtag, keinen Einfluss und die Landesregierung natürlich auch nur bestenfalls indirekt. Also wir haben hier kein Bürokratiemonster, meine Damen und Herren, wir haben eine Entbürokratisierung in diesem Gesetz – darauf lege ich großen Wert.
Zugleich – das sagte ich – halten wir an Standards fest und bauen diese aus. Ich begrüße ausdrücklich, dass das Lebenszyklusprinzip – Herr Minister hatte es erwähnt – im Gesetz verankert wurde und wir damit die Nachhaltigkeit von öffentlichen Vergaben stärken. Ein wesentlicher Fortschritt ist auch
die Tariftreueregelung für den öffentlichen Personenschienennahverkehr und die Weiterbeschäftigungsgarantie für die Angestellten in dieser Branche, meine Damen und Herren. Ich sage es mal so: Nicht zuletzt die aktuellen Vorkommnisse bei Abellio zeigen sehr deutlich, dass ein Preiswettkampf über die Löhne zulasten Reisender geht, weil dann das notwendige Fachpersonal nicht gesichert werden kann.
Also insofern greift dieses Gesetz natürlich auch in Rechte und Möglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern positiv ein.
Wir unterstützen als Linke uneingeschränkt die Ausweitung des Rechtsschutzes im Unterschwellenbereich für Unternehmen, was gerade auch unsere kleinen und mittleren Unternehmen vor Wettbewerbsnachteilen schützen wird.
Allerdings – das will ich nicht verhehlen – gibt es drei Punkte, bei denen ich große Fortschritte sehe, die wir in der parlamentarischen Beratung aber gern noch in der Debatte natürlich ausweiten wollen. Das sind zum einen die sozialökologischen Kriterien. Es ist sehr gut – und ich hebe das hervor –, dass unsere Landesregierung in den §§ 4 und 13 konkretisiert, was beispielhaft unter diese Kriterien fällt, und damit eine höhere Rechtssicherheit schafft. Ich begrüße insbesondere auch, dass die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderung hier explizit aufgenommen wurde.
Allerdings wissen wir: Wir sind in diesem Bereich in der Freiwilligkeit. Das finde ich schon etwas schwierig. Immerhin gibt es eine Reihe vorbildlicher Beispiele, wo sozial-ökologische Kriterien kommunal erfolgreich und rechtssicher angewendet werden. Deshalb muss es auf jeden Fall unser Ziel sein, dies weiter auszubauen. Hier brauchen wir einen noch besseren Wissenstransfer, eine bessere Schulung der Vergabestellen. Das haben wir auch in Werkstattgesprächen und bei anderen Beratungen diskutiert. Zumindest ist es die Auffassung meiner Fraktion, überall den Hinweis auf einen Vorrang für sozial-ökologische Kriterien anzubringen.
Ein zweiter Punkt betrifft die Ausklammerung der Kommunen bei der Anwendung des Vergabemindestlohns. Das ist vor allen Dingen deshalb bedauerlich, weil wir ja wissen, dass ein Großteil der Vergaben über unsere Kommunen erfolgt. Die Lenkungswirkung des höheren Vergaberechts könnte bei einer Einbeziehung der Kommunen also viel größer sein. Aber ich kenne natürlich auch die Argumente der kommunalen Seite und deren Verweis auf Erstattungsansprüche seitens des Landes.
Vor diesem Hintergrund möchte ich noch einmal zwei Aspekte hier vorbringen. Der vorliegende Gesetzentwurf erlaubt es den Kommunen, von sich aus das Mindestentgelt des Landes auch für kommunale Vergaben anzuwenden. Das sollten die Kommunen aus unserer Sicht auch tun, um eine vernünftige Vergütung zur Grundlage unseres Handelns zu machen. Für mich ergibt sich zudem eine zweite noch offene Frage, die ich gern auch noch mal mit den kommunalen Spitzenverbänden diskutieren möchte: Bei Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, bei denen das Land zur vollständigen Kostenübernahme verpflichtet ist und eine Rückerstattung aus dem Landeshaushalt erfolgt, könnten und sollten meines Erachtens auch die Kommunen an das Landesmindestentgelt gebunden werden. Mehrkosten könnten direkt an das Land durchgereicht werden. Zugleich würden mehr Menschen vom Vergabemindestlohn profitieren.
Der dritte Punkt hat natürlich auch für uns weiteren Diskussionsbedarf, nicht vom Grundsatz, sondern von der eben vom Minister auch schon angesprochenen Höhe her. Ich will zunächst noch mal klarstellen, bevor ich zu dem Mindestlohnvergabebereich komme: Wir schätzen und achten die Tarifautonomie, auch und gerade mit diesem Gesetz. Die Landesregierung hat klar festgelegt, dass Tarif stets Vorrang vor dem Mindestlohn hat. Dabei bleibt es, meine Damen und Herren! Wenn also Arbeitgeberverbände und Kammern sich beschweren, dann sollten sie aus meiner Sicht lieber noch mehr gemeinsam mit uns dafür tun, dass wir wieder eine steigende Tarifbindung in diesem Land erleben.
Das will ich ganz unumwunden sagen: Hätten wir eine angemessene Tarifbindung mit guten Löhnen, dann würden wir heute über einen vergabespezifischen Mindestlohn in diesen Umfängen überhaupt nicht reden müssen, meine Damen und Herren.
Leider haben wir aber gerade das nicht. Wir wissen, 80 Prozent der Unternehmen sind nicht im tarifgebundenen Bereich. Deshalb muss unser Land zur Verhinderung von Armut insbesondere bei Alleinerziehenden und Kindern und zur Vorbeugung von Altersarmut konsequent für höhere Löhne kämpfen. Deshalb unterstützt zum Beispiel die Arbeits- und Sozialministerin Heike Werner seit ge
raumer Zeit in der Pflege Gespräche zu einem Tarifvertrag. Deshalb pochen unser Ministerpräsident Bodo Ramelow und auch der Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee praktisch in fast jeder diesbezüglichen Äußerung auf diese Thematik, auf die notwendige Anhebung der Löhne in diesem Land.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, sage ich auch hier noch mal an die Wirtschaft: Wenn schon nicht unsere Argumente Sie überzeugen, dann sollten Sie sich doch wenigstens, ausgehend von dem oft zitierten Fachkräftemangel, unserer Positionierung in dieser Frage anschließen.
Meine Damen und Herren, unsere Landes- und Fraktionsvorsitzenden haben vorgeschlagen, den vergabespezifischen Mindestlohn auf 12 Euro anzuheben. Wir betrachten das natürlich als ein Diskussionsangebot für die noch bestehenden Beratungen und nicht etwa als Ultimatum. Das will ich hier noch mal mit aller Klarheit deutlich sagen.
Ich weiß natürlich – auch darüber haben wir lange gemeinsam diskutiert –, dass es diese rechtlichen, insbesondere die EU-rechtlichen Fragen beim Mindestlohn gibt. Ich will aber trotzdem an der Stelle noch mal hervorheben, wir sind nach wie vor zu der Auffassung gekommen, dass es einen anderen rechtlichen Weg gibt. Darüber sollten wir uns noch mal miteinander – vielleicht auch in den anstehenden Beratungen – besser auseinandersetzen und debattieren, weil wir der Auffassung sind, dass es gerade dem aktuellen EU-Recht entspricht, dass es einen vergabespezifischen Mindestlohn geben kann und dass der auch über den unteren sonstigen Löhnen liegen kann. Wir sagen, ausschlaggebend ist – das ist das, worüber sich Juristen streiten – die EU-Entsenderichtlinie, und das EU-Recht macht es uns auch möglich, nicht nur sozialökonomische Ziele im Allgemeinen anzuwenden, sondern dass wir auch dazu kommen, dass eine Situation entsteht, wo soziale Kriterien direkt in Bezug auf die Erhöhung eines vergabespezifischen Mindestlohns anwendbar sind. Darüber möchten wir gern im Verlauf der parlamentarischen Beratung weiter miteinander debattieren.
Zum Schluss will ich noch mal in aller Klarheit sagen: Ich bin froh, dass die Landesregierung diesen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Seine Verabschiedung wird Thüringen – das trifft für die letzten vier Jahre in vielen Bereichen zu – auf diesem Gebiet
Guten Morgen, Frau Präsidentin, guten Morgen, meine werten Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Minister Tiefensee, ich freue mich auf die Debatte. Ich freue mich auch hier – das darf ich ganz ausdrücklich sagen –, dass gerade eben der Fraktionsvorsitzende der CDU den Raum betritt – vielen Dank –, denn heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein guter Tag, und zwar ein guter Tag nicht nur für Thüringen, sondern ein guter Tag für Tariftreue und Tarifbindung.
Ja, Dieter Hausold, mit unserem Vergabegesetz erreichen wir das, was du gefordert hast, mehr Offenheit zu Tariftreue und Tarifbindung, denn wir setzen einen weiteren Auftrag unseres Koalitionsvertrags um. In diesem Vertrag haben wir uns das Ziel gesetzt, das Vergabegesetz in dem Bereich „Transparenzregelung“ zu konkretisieren, in dem Bereich „ÖPNV“ zu verbessern und Aufträge nur noch mit einem klaren Ja zur Tarifbindung zu vergeben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das tun wir. Darüber hinaus ist es uns gelungen, weitere Regelungen zugunsten der Beschäftigten im ÖPNV bei der Vergabe zu gestalten. Aber darauf möchte ich gern später eingehen.
Die Landesregierung hat das Gesetz behutsam mit Blick auf seine Evaluierung im Jahr 2016 weiterentwickelt – das ist gut so –, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, gut Ding muss Weile haben.
Die Ergebnisse der Evaluation sind in den Prozess eingeflossen. Als Konsequenz daraus beraten wir nun hier heute die Novellierung des Thüringer Vergabegesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge. Vergabegesetze, meine sehr geehrten Damen und Herren, gewährleisten eine faire, effiziente und nachhaltige Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch ein transparentes Verfahren. Das Ziel für alle Auftraggeber muss immer sein, das beste, nicht
das billigste Angebot zu berücksichtigen. Dabei sind soziale, ökologische Kriterien und Lohnkriterien Komponenten, die genau den besten Bieter ermitteln. Das Vergabeverfahren unterliegt demnach nicht nur den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und der Preisbindung, sondern unterliegt allen anderen Faktoren. All dies hat die Landesregierung berücksichtigt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Je nachdem liegen dem Modus der Ausschreibung unterschiedliche Grenzen zugrunde. Ich will hier eigentlich nicht über diese Schwellenwerte reden, denn das sollte uns heute nicht beschäftigen. Heute und hier ist unser Thüringer Vergabegesetz entscheidend, das bei öffentlichen Aufträgen im Baubereich über einen Wert von 50.000 Euro und bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ab 20.000 Euro netto greift. Vergabegesetze erlauben es uns als Land, positiv Einfluss auf Arbeits- und Entlohnungsbedingungen zu nehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bis auf Bayern besitzt jedes Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland eigene gesetzliche Regelungen im Vergaberecht, mit einer Ausnahme. Bei unseren Nachbarn aus dem Freistaat Sachsen befinden sich auch in allen Vergabegesetzen Tariftreueregelungen. Das ist auch gut so. In Thüringen führen nach Angabe eines im Jahr 2016 vom Wirtschaftsministerium beauftragten Gutachtens rund 740 öffentliche Vergabestellen insgesamt mehr als 44.000 Vergabeverfahren mit einem Volumen von 480 Millionen Euro durch. Bei diesen Zahlen wird deutlich, welche Reichweite das Gesetz besitzt und weshalb es gut und wichtig ist, bestehende Regelungen zu ergänzen und in dem Sinne auf die Sicherstellung guter und fairer Bedingungen für die Arbeiter und Arbeiterinnen in den betroffenen Unternehmen hinzuwirken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich müssen sich Beschäftigte in Vergabestellen weiterqualifizieren und sich dem Stand der Technik und dem Stand der Zeit anpassen. Darauf werden wir achten. Darauf haben wir zu achten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich auf drei Punkte zu der Novellierung im Detail eingehen. Erstens: Mithilfe verschiedener Punkte im Gesetz ist es gelungen, ein vereinfachtes Verfahren zu generieren, Bürokratieabbau und dabei eine Verringerung des Verwaltungsaufwands bei den Vergabestellen und bei den Unternehmen umzusetzen. Welche sind das? Ich will sie noch mal betonen. Die Digitalisierung erlaubt uns im Prinzip, neue Tools einzusetzen. Wir haben eine Onlineplattform. Das heißt, weg vom Papier, hin zur Onlineplattform. Das reduziert den Rechercheaufwand jedes Unternehmens. Weiterhin müssen öffentliche