Protocol of the Session on April 30, 2015

Für die geopolitischen Unsicherheiten sind hier nur beispielhaft die Krisen im Iran, in Syrien, Afghanistan, der Ukraine und natürlich auch die Griechenlandkrise zu nennen, wo wir logischerweise haften. Da gibt es einige Fonds, in denen wir mit drinstecken.

Eine Entspannung der Lage ist momentan noch nicht in Sicht. Die Differenz von Exporten und Importen lag rechnerisch bei 0,4 Prozentpunkten zum

BIP-Wachstum im Jahr 2004 für Thüringen. Hier ist anzumerken, dass viele Thüringer Unternehmen unter den Sanktionsauflagen der EU im Rahmen der Ukraine- und Russlandkrise zu leiden haben und somit die benötigten Erträge aufgrund der angeordneten Sanktionen fehlen.

Wie sehen das andere EU-Partner? In einem Presseartikel vom 28.04.2015 kann man nachlesen, Italien positioniert sich öfter kritisch zu den Sanktionen, weil die eigene Exportwirtschaft die Folgen mehr als deutlich spürt. Auch Frau Sahra Wagenknecht von den Linken – man höre und staune – sagte beim jüngsten EU-Gipfel, ich zitiere: „Die von Washington angetriebene Sanktionspolitik gegen Russland wirkt sich dabei immer schmerzhafter auf die deutsche Wirtschaft aus.“ Weiter wird ausgeführt: „Sie schaden natürlich in erster Linie der europäischen Wirtschaft. Sie schaden auch der deutschen Wirtschaft. Die USA sind da relativ fein raus, weil sie ohnehin nicht allzu viele wirtschaftliche Beziehungen zu Russland haben.“ In Thüringen sind aufgrund der Historie viele wirtschaftliche Beziehungen zu Russland vorhanden, was sich auch weiter negativ auf unsere Finanzplan auswirken wird. Die EU hat eine Verschärfung der Sanktionen bereits angekündigt. Auch wenn wir in Thüringen kaum Einflussmöglichkeiten auf diese EUSanktionen haben, so sollte man doch hier vorhandene Möglichkeiten nutzen, dort zu widersprechen und entsprechend hier das positiv zu beeinflussen.

Die positive Entwicklung des BIP lag in Thüringen im Jahr 2014 bei 1,8 Prozent und damit unter dem Durchschnitt von 2,1 Prozent der neuen Länder. Also sind wir hier schon etwas Schlusslicht.

Was weiterhin als Risiko eingeschätzt werden muss, ist der demografische Wandel in Thüringen. Das wurde ja schon mehrfach angesprochen. Laut Zensus hat sich die Bevölkerung in Thüringen von 2012 auf 2013 um 9.620 Menschen verringert, was einen Rückgang um 0,4 Prozent bedeutet. Der Bevölkerungsrückgang wird in den kommenden Jahren anhalten, sofern nicht gravierende Änderungen in der Familienförderungspolitik gemacht werden und Bedingungen für Familien deutlich verbessert werden, so wie wir das schon oft genug kritisiert und angesprochen haben. Daraus ergeben sich weitreichende finanzielle Konsequenzen, da auch Bundesmittel pro Kopf in Thüringen zugewiesen werden. Somit ist mit sinkenden Einnahmen zu rechnen und nicht mit steigenden Einnahmen!

Die Gesamteinnahmen in der mittelfristigen Finanzplanung sehen aber für 2015 Einnahmen in Höhe von 9.272,4 Millionen Euro vor, welche bis auf 9.321,8 Millionen Euro in 2018 ansteigen sollen – wohlgemerkt: sollen. Der Bereich Lohnsteuer soll von 1,039 Milliarden Euro auf 1,224 Milliarden Euro steigen, was unter anderem auch mit der kalten Progression im Rahmen der Tariferhöhungen ein

hergeht. Es ist auch ein Thema: „kalte Progression“ – Enteignung unserer Arbeitnehmer und Angestellten.

Die Umsatzsteuereinnahmen sollen von 3,714 Milliarden Euro auf 3,774 Milliarden Euro steigen. Die Grunderwerbsteuer soll von 102 Millionen Euro in 2014 steigen auf 112 Millionen Euro im Jahr 2015. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Grunderwerbsteuer für die Häuslebauer und Hauskäufer im April 2011 von 3,5 auf 5 Prozent bereits angehoben wurde. Zum Vergleich beträgt in Sachsen die Grunderwerbsteuer nach wie vor noch 3,5 Prozent.

Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer erschwert gerade Jungfamilien den Erwerb von Wohneigentum. Sollte sich die Konjunktur jedoch verschlechtern, so ist auch die Nachfrage der Immobilien geringer, was einhergeht mit einer geringeren Einnahme aus der Grunderwerbsteuer und nicht mit einer steigenden. Dennoch sind hier steigende Einnahmen eingeplant im Haushalt, was wir als Risiko sehen.

Welche Risiken sind noch nicht im Haushalt mitberücksichtigt? Das ist zum Beispiel klar das Thema „Altlasten bei Kali und Salz AG“. Seit 2012 ist klar, dass Thüringen wieder Millionen für die Altlasten des Kalibergwerks der ehemaligen DDR zahlen muss aufgrund des im Jahre 1999 abgeschlossenen fatalen Vertrags. Diese künftigen Kosten sind heute nicht genau bezifferbar, das hatten wir schon in den letzten Debatten festgestellt. Kali und Salz geht von einem Betrieb der Kaligruben Unterbreizbach bis zum Jahr 2032 aus, was auch die Kostenbeteiligung für mindestens diesen Zeitraum bedeuten wird. Hier fallen die Kosten für das Abpumpen des Wassers an. Insgesamt geht K+S von einer Erschöpfung der Lagerstätten voraussichtlich bis um das Jahr 2060 aus. Hier hätten definitiv Rückstellungen gebildet werden müssen! Jedoch sieht der Plan 2015 eine Entnahme aus den Rücklagen in Höhe von 89 Millionen vor. Das ist in unseren Augen mehr als fahrlässig! Hier hätte ich mir eigentlich gewünscht, dass dort gerade für diesen Punkt Rücklagen gebildet werden statt Rücklagen aufzulösen.

Eine weitere Kostenfalle sind die Kosten im Bereich Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern. Dass wir die aufnehmen müssen, ist klar, aber wir müssen immer schon schauen, wer hier kommt. Hier kann nicht mit einer vollständigen Deckung der Kosten durch den Bund gerechnet werden, was Frau Taubert ja auch bereits gegenüber der TLZ am 29.04.2015 bestätigte. Auch ist aufgrund der ganzen Krisenherde in der ganzen Welt noch nicht mit einer Entspannung, im Gegenteil, eher mit einem Anwachsen des Flüchtlingsstroms zu rechnen. Da die Regeln im Asylrecht nicht konsequent angewendet werden, sind Ausgaben zu erwarten, die über den Planungen liegen. Hier müsste dringend

auch eine Neuregelung des Asylrechts erfolgen, um die Kosten im Rahmen des Gesetzes zu halten!

Die geplanten Steuermehreinnahmen werden nicht konsequent zur Schuldentilgung eingesetzt, was sie eigentlich sollten, sondern sind bereits mit Ausgaben unterlegt. Dadurch wird der Konsolidierungskurs, was die Vorredner bereits mehrfach angesprochen haben, im Jahr 2015 leider verlassen.

Im letzten derzeit statistisch erfassten Jahr 2013 erreichte die Verschuldung des Landes Thüringen – in Klammern: inklusive der Bürgschaften – einen Wert von 18,42 Milliarden Euro. Das entspricht einem Wert von 8.513 Euro je Einwohner des Landes, wobei die Einwohnerzahlen zum 30.06.2013 zugrunde gelegt werden.

Die Landesverschuldung ohne Bürgschaften erreichte zum 31.12.2013 einen geringeren Wert von 16,57 Milliarden Euro, was eine Pro-Kopf-Verschuldung von 7.660 Euro pro Einwohner entspricht.

Schauen wir uns mal das Nachbarland Sachsen an, zum Vergleich: Die sächsische Landesverschuldung ohne Bürgschaften erreicht zum 31.12.2013 einen geringeren Wert, nämlich nur 10,31 Milliarden Euro, was eine Pro-Kopf-Verschuldung von nur 2.552 Euro je Einwohner entspricht. Hier hat Thüringen noch sehr viel Nachholbedarf, was die ProKopf-Verschuldung anbelangt. Sicher ist auch hier die CDU nicht ganz unschuldig dabei gewesen, denn sie hatte ja damals jahrelang Zeit gehabt, hier diese Schulden mit aufzubauen.

Die Sachinvestitionen sind laut Finanzplan abnehmend. 2014 wurden noch 288,8 Millionen Euro investiert. In 2015 sollen es ja nur noch 258,2 Millionen Euro sein. Zwar ist 2017 ein Anstieg auf 280,7 Millionen, jedoch in 2018 wiederum eine fallende Investition in Höhe von 267,7 Millionen Euro geplant. Zum Beispiel, sehen wir uns das mal im Detail an, was da in dem Plan steht, bei Straßenund Brückenbaumaßnahmen sowie sonstigen Tiefbaumaßnahmen: Hier wurden im Jahr 2014 noch 193,502 Millionen angesetzt, so sind im Jahr 2015 nur 163,184 Millionen geplant. Dies bedeutet klar, dass hier wohl die Substanz angegriffen werden wird, was nicht gut sein kann. Das Deutsche Institut für Urbanistik beziffert den Anteil an Brücken, die bundesweit bis zum Jahr 2030 ersetzt werden müssen, auf 10.000. Das entspricht 15 Prozent aller kommunalen Straßenbrücken. Die Studie, die unter anderem auch vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass sich jede zweite Brücke in einem schlechten Zustand befindet und dringend saniert werden müsste. Bundesweit beläuft sich der Investitionsbedarf allein für den Ersatzneubau bis 2030 auf 11 Milliarden Euro. In der Region Mitteldeutschland, zu der wir dazugehören, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, weist die Hälfte der kommunalen Straßenbrücken die drei schlechtes

ten Zustandsklassen auf. Um den fortschreitenden Werteverzehr zu stoppen, muss der Investitionsrückgang endlich gestoppt werden. Die Investitionen in Deutschland sind mittlerweile so gering, geringer als die Abschreibungen. Diese Entwicklung beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit der kommunalen Verkehrsnetze und damit mittelfristig auch den Wirtschaftsstandort Deutschland, was auch für unseren Standort Thüringen zutrifft. Denn auch die Zuweisungen an die Kommunen sind rückläufig. So fordern die kommunalen Spitzenverbände 200 Millionen Euro, um die dringend zu tätigenden Aufgaben zu erfüllen. Ausgehandelt haben Sie mit den kommunalen Spitzenvertretern damals 135 Millionen Euro als Minimallösung. Sie hören zu, Frau Taubert? Ja?

(Zwischenruf Taubert, Finanzministerin: Ja, immer gern!)

Immer gern.

Davon sind im Gesetzentwurf nach der letzten Nachbesserung 103 Millionen Euro geplant. Sie als Regierung behaupten gegenüber der TLZ, Sie würden den Kommunen 132,4 Millionen als frisches Geld geben, tricksen so noch die bereits zugesagten rund 30 Millionen Euro aus der Vorgängerregierung hinein. In einem Gespräch mit der „Thüringischen Landeszeitung“ vom 29.04. spricht die Finanzministerin sogar davon, dass 2016 kein frisches Geld mehr in die Kassen der Kommunen fließen soll. Frau Taubert, wie soll das gehen und wie wollen Sie bei den kommenden Zusatzbelastungen verhindern, dass die Kommunen da in Massen in die Pleite rutschen? Das ist die Frage. Darüber sollte man stark nachdenken, sich mit den kommunalen Spitzenverbänden noch mal an den Tisch setzen, um hier das Gespräch wieder aufzunehmen. Hier sollten andere Einsparmöglichkeiten geprüft werden, wir würden da auch gern mithelfen. Denn wie gesagt, auch die Frau Hennig-Wellsow sagte gegenüber der TA, was wir nur begrüßen können, Personalabbau, da ist es ein bisschen konträr, Personalabbau soll jetzt hier nicht unbedingt gerade bei Polizei und Lehrern stattfinden. Das finden wir gut, da sind wir auf alle Fälle mit dabei. Da können wir entsprechend nicht zustimmen, wenn das so sein sollte, Personalabbau bei Polizei und Lehrern. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wünscht die Landesregierung noch einmal das Wort? Ministerpräsident Ramelow.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke für die spannende Debatte. Der erste Haushalt von Rot-Rot-Grün nimmt Fahrt auf und es sind einige erstaunliche Wortmeldungen dabei gewesen. Ich danke ausdrücklich Herrn Mohring. Herr Mohring hat ja eine deutliche Aussage getroffen, nämlich dass er davon ausgeht, dass Rot-Rot-Grün noch viereinhalb Jahre vor sich hat und erfolgreich regiert. Danke für das Vertrauen!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich will aber erwähnen, lieber Herr Mohring, als ich noch Opposition vertreten habe und Sie Regierung, haben wir die Reden auch so gehalten, nur mit verteilter Rolle. Ich hatte allerdings noch einen anderen Part dabei, also mein Textbaustein war noch mehr auf Steuergerechtigkeit und Steuereinnahmen gerichtet. Das haben Sie heute abgelehnt und gesagt, das hat der Bund zu regeln. Ich sage aber, zum Beispiel Erbschaftsteuer wäre etwas, was endlich gerecht geregelt werden müsste, weil dann auch die Länder etwas davon hätten.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber das setzt dann eine offensive Steuerdebatte in ganz Deutschland voraus.

Lieber Herr Mohring, wir beide waren uns sogar mal einig, dass wir eigentlich gemeinsam der Bundeskanzlerin einen Brief schreiben wollten. Als Sie Vorsitzender der CDU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz wurden und ich es zu der Zeit bei uns war, hatten wir mal überlegt, ob wir nicht zur Föderalismuskommission III eine gemeinsame Initiative ergreifen müssten, weil wir der Meinung sind, die Bund-Länder-Beziehungen brauchen eine dringende Überarbeitung. Denn es geht nicht, was wir in der Föderalismuskommission II erlebt haben, dass nämlich die Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben wurde – die wollen Sie ja immer. Herr Seehofer hat sich damals durchgesetzt. Er hatte damals den Ländern am Ende der Föderalismuskommission II zugesagt, dass es von Bayern keine Klage gegen den Länderfinanzausgleich gibt, wenn die Schuldenbremse in das Grundgesetz kommt. Verabredet, vereinbart, im Bundestag die Mehrheiten dafür dann genutzt und hinterher das Wort gebrochen, denn Bayern hat sofort die Klage in Karlsruhe auf den Weg gebracht.

Das ist das Gegenteil von Solidarität. Das ist, sich die Vorteile herausnutzen, um aus einem Nehmerland, das ein Geberland geworden ist, hinterher die Solidarität aufzukündigen. Insoweit, lieber Herr Mohring, haben wir alle Gründe – denn Sie haben da so eine Bemerkung gemacht: Der Ministerpräsident sei bei der Bund-Länder-Finanzbeziehung im Moment so unambitioniert.

(Abg. Kießling)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ja!)

Der Ministerpräsident ist dort genauso ambitioniert wie Herr Tillich, der Ihrer Partei angehört, und Herr Haseloff, der auch Ihrer Partei angehört, denn wir haben uns vereinbart:

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle fünf Bundesländer plus Berlin gehen gemeinsam in der Frage Benachteiligungsausgleich vor. Sie kennen das Papier, es liegt Ihnen vor, wir haben es auch allen Abgeordneten geschickt, wir haben es auch allen Bundestagsabgeordneten geschickt. Wir haben einfach die Bitte an den CDUParteivorsitzenden Mike Mohring, dass er vielleicht mal mit seinen CDU-Bundestagsabgeordneten darüber redet, dass Solidarität mit Thüringen bedeutet, die gleichen Forderungen, die Herr Tillich stellt, die Herr Haseloff stellt, auch als Thüringer für Thüringen zu stellen. Das wäre ambitioniert und da würde ich mich freuen, wenn Sie, lieber Herr Mohring, als Oppositionsführer und als Parteivorsitzender uns unterstützen, wenn die fünf neuen Länder und Berlin eine gemeinsame Tonart anlegen gegen den Systemwechsel beim Länderfinanzausgleich – der würde nämlich nur Nordrhein-Westfalen dienen. Das muss man sich dann wirklich mal genau anschauen. Beim Länderfinanzausgleich soll der Umsatzsteuervorwegabzug herausgenommen werden. Das würde NRW um 1 Milliarde Euro begünstigen und uns um 1 Milliarde Euro benachteiligen, weil wir keine großen Firmenzentralen haben, weil bei uns kein großer Umsatzsteuervorwegabzug stattfindet, weil das ein Teil unserer Schwäche ist, dass wir nach 25 Jahren deutscher Einheit immer noch keine gleichmäßige Entwicklung zwischen Deutschland Ost und Deutschland West haben, wenn es um Produktion, um Forschung und um Konzerne und Unternehmen geht, die hier ihren Konzernsitz haben und damit auch zum Steuersystem beitragen.

(Beifall DIE LINKE)

Auch das gehört zur Wahrheit. Der Benachteiligungsausgleich – lieber Herr Mohring, seien Sie doch ehrlich: In der Landesregierung von Christine Lieberknecht hieß das der Deutschlandfonds. Jetzt haben wir ihn den Benachteiligungsausgleich genannt. Die Vorarbeiten, mit denen Herr Tillich arbeitet, sind in der Amtszeit von Christine Lieberknecht in der Staatskanzlei vorbereitet worden. Ich wende sie immer noch an, weil sie einfach richtig waren. Ich werde mich doch ideologisch und parteipolitisch jetzt nicht hinstellen und sagen: Alles, was richtig war, muss mit einem Federstrich weggewischt werden. Aber dass Sie mich dafür „unambitioniert“ nennen, das finde ich drollig, Herr Mohring, das finde ich einfach drollig.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wollte damit einfach nur sagen, ich nehme gern Ihre Hilfe an und wir sollten diesen Weg gern gemeinsam gehen, denn nach 2019 haben wir tatsächlich ein Delta, das immer größer wird. Wir sind immer noch bei 54 Prozent der Pro-Kopf-Steuerquote in ganz Deutschland, gemessen am Durchschnitt. Wir sind bei 72 Prozent der Wirtschaftskraft ganz Deutschlands, das heißt, der Abstand zwischen uns und dem Durchschnitt aller Länder ist noch zu hoch, das heißt, die deutsche Einheit, die erreicht worden ist, hat in den letzten 25 Jahren viel Positives auf den Weg gebracht – überhaupt keine Frage. Aber bei der Steuerkraft sind wir noch lange nicht angekommen. Uns dann so zu behandeln, als hätten wir eine Steuerkraft wie Bayern, BadenWürttemberg oder Hessen, das wird nicht funktionieren. Das heißt, dass man uns die Beine zusammenbindet und dann sagt, rennt mal los. Deswegen sage ich, lieber Herr Mohring, lassen Sie uns an der Stelle nicht ideologische Grabenkriege führen, wer mehr oder weniger ambitioniert ist. Da brauche ich auch die Unterstützung im CDU-Vorstand und auf der obersten CDU-Ebene wie auch bei allen anderen Parteizentralen, denn der Länderfinanzausgleich muss ein solidarischer Länderfinanzausgleich sein, den wir dringend brauchen, damit wir unsere Hausaufgaben auch nach 2019 noch machen können. Zum Soli gehört die Wahrheit einfach dazu. Im Soli sind zurzeit 14 Milliarden Euro Einnahmen drin. Davon kassiert zurzeit der Bund seit diesem Jahr, seit 1. Januar, mehr als die Hälfte. Bislang waren es 7 Milliarden Euro, die an die Länder gingen, und 7 Milliarden beim Bund. Ab sofort sinkt der Teil der Länder. Das heißt, wenn 2019 noch behauptet wird, der Soli sei für den Benachteiligungsausgleich und die teilungsbedingten Sonderaufgaben, die überwunden werden sollen – da, lieber Herr Mohring, habe ich Ihnen in den letzten Jahren immer genau zugehört. An der Stelle habe ich Sie auch nie kritisiert.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ging ja auch nicht!)

In der Logik habe ich gesagt, ja, diesen Soli brauchen wir zur Weiterentwicklung, um die Aufholjagd zum Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland endlich kraftvoll starten zu können. Die letzten Meter sind möglicherweise die schwersten, die, die am meisten Kraft kosten. Wenn dann 2019 der Bund vom Soli 100 Prozent allein vereinnahmt, ist das ein Griff in unsere Taschen. Der Bevölkerung im Westen erzählt man, das sei für den Osten. Nur, der Osten bekommt es gar nicht. Deswegen, meine Damen und Herren, werben wir dafür, dass wir eine Offensive in der Debatte brauchen. Wir müssen den Mut haben, nach draußen zu gehen, und das haben die fünf Ministerpräsidenten und der Berliner gemeinsam über alle Parteigrenzen hinweg beschlossen und verabredet; wir lassen uns nicht auseinanderbringen, wir lassen uns auch nicht ausein

(Ministerpräsident Ramelow)

anderkaufen, weder der CDU-Kollege Tillich noch Haseloff noch die anderen Kollegen von der SPD oder der Linken. Sie haben immer öffentlich kundgetan, der neue Ministerpräsident wird Thüringen isolieren. Jetzt steht er in der Mitte zwischen Haseloff, Tillich und allen anderen. Ist das Isolation?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das wurmt den nur!)

Ja, kann sein. Ja, denn ich gehöre der blockfreien Abteilung an. Gemessen an A- und B-Ländern habe ich den Luxus, mit beiden Seiten ohne Schaum vor dem Maul reden zu können und auch zuzuhören, was sie sagen, und darüber nachzudenken, ob es bessere Ideen gibt.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir für Thüringen bessere Ideen hinbekommen, bitte ich um Unterstützung, insbesondere auch von der Union, denn dieses Thema, was ich gerade angesprochen habe, Länderfinanzausgleich und Soli, bekommen wir nur gemeinsam gestemmt. Wenn wir uns dort auseinanderdividieren lassen, auch hier im Land, auch gegenüber der Öffentlichkeit, dann haben wir verloren. So weit dazu.

An Herrn Kowalleck: Lieber Herr Kowalleck, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Es hat mir gut gefallen. Ich hätte einen Tipp: Nicht nur die Sekundärliteratur „Pressespiegel“ lesen. Manchmal ist Primärliteratur „Haushalt“ besser.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dann weiß man, was tatsächlich im Haushalt drinsteht, und nicht, was andere glauben von Ihnen eventuell gehört zu haben.