Protocol of the Session on April 30, 2015

Bleib doch nur ruhig, sonst kriegst du noch einen Ordnungsruf, sei vorsichtig! Auch Vizepräsidenten kriegen Ordnungsrufe, wenn sie auf der Bank sitzen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Du missbrauchst meinen Namen, das lasse ich nicht zu!)

Nein, überhaupt nicht. Präsidiale Entscheidungen muss man nicht immer teilen, aber in der Regel nimmt man sie ja hin.

Meine Damen und Herren, ich will noch mal – weil das auch genannt wurde – zu den ganzen Fragen „Hebesätze“ sprechen. Auch das war ein heiß umstrittenes Thema mit dem damaligen Finanzminister Voß und der Landesregierung. Ich entsinne mich dunkel, dass die SPD – damals mit noch ein paar mehr Leuten – mitregiert hat, dass dies am Ende durchgegangen ist, weil man entsprechend der Flächenländer und vergleichbare Dinge dort genommen hat. Das war bei uns auch heiß umstritten.

Aber bei vielen Dingen dürfen wir nicht vergessen – und das auch in Richtung Bodo Ramelow –, wir leben in vielen, vielen Dingen von Zuweisungen der

alten Länder. Wenn wir uns Dinge hier erlauben, die in Altländern da und dort überhaupt nicht möglich sind und wo die Klagen anhängig sind von den sogenannten reichen Ländern, dann steht es uns gut zu Gesicht, wenn wir dort ein kleines bisschen, nur ein kleines bisschen Demut zeigen.

Ich bin keiner, der sagt: Wir müssen jeden Tag dreimal Danke sagen. Aber Fakt ist auch eines: Wenn sich andere Flächenländer in der Bundesrepublik alt das nicht leisten können, was wir uns teilweise leisten, kriegen wir haarige Probleme. Das darf man nicht einfach verdrängen, sondern das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Weil Sie, Herr Kollege Kuschel, auch vorhin natürlich wieder süffisant auf die Kommunen eingegangen sind: Sie haben doch mitbekommen – davon gehe ich mal aus –, dass in der letzten Legislatur über 300 Kommunen sich freiwillig gefunden haben, freiwillig. Die kommunalen Vertreter sind doch nicht beschränkt, sondern die wissen schon, worum es geht. Sie haben sich freiwillig gefunden und wenn ich die Koalition richtig verstanden habe oder zumindest den Innenminister – ob das noch gilt, weiß man ja nicht, aber der Innenminister hat gesagt, dass die Freiwilligkeit erst einmal weitergeht. Ich finde, das ist ein guter Ansatz, ist auch in unserem Interesse. Ich hoffe, dass es auch umgesetzt wird, dass die Freiwilligkeit fortgesetzt wird. Denn so einfach zu sagen, jetzt nehmen wir die Gießkanne, ich kann mir gut vorstellen – wir werden das aufmerksam betrachten –, dass man insbesondere Eisenach damit versorgt, dort sitzt eine Genossin, und es fallen mir noch ein paar ein. Ich erinnere – da sitzt zwar keine Genossin – an Gera. Da hat Bodo Ramelow, als er noch nicht Ministerpräsident war, hier in dem Landtag gefordert, da muss doch was getan werden und da muss Geld hin usw.

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Nein, gehandelt werden muss, nicht Geld reinschmeißen!)

Ich lese noch einmal nach, was du gesagt hast; sinngemäß war es so, wie ich es gesagt habe. Sinngemäß war es so.

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Nein! Nein! Nein! Die Insolvenz abgeben und nicht Geld reinschmeißen.)

Und auf einmal war Bodo Ramelow Regierungschef und auf einmal habe ich nichts mehr gehört, dass da alle immer hineilten und die Scheffel voll Geld hingeschafft haben.

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Ihr habt die Insolvenz zugelassen. Ihr habt das Geld zum Fenster rausgeschmissen!)

Ich konnte es nicht hören, dass... Lieber Herr Ministerpräsident, lieber Bodo Ramelow, Fakt ist eins – auch das gestehe ich zu und ich hoffe, dass sich dort einiges verändert –: Unsere Kommunalaufsich

ten im Land der unterschiedlichen Ebenen haben an vielen Punkten schmählich versagt. Das muss man einfach so sagen. Ich weiß, dann kommt das Klopfen hier von zwei, drei Linken.

(Beifall DIE LINKE)

Aber man muss auch das zur Kenntnis nehmen, dass dort durchaus auch versagt wurde. Sonst wären manche Dinge überhaupt nicht möglich gewesen und so etwas wie Gera, wenn dort das Landesverwaltungsamt und die entsprechend Zuständigen – wir kennen die Stufen, wer zuständig ist – dort besser gehandelt hätten, wäre es zu so etwas gar nicht gekommen. Ich will noch einmal in Richtung Eisenach schauen und ich könnte noch ein paar Beispiele nennen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will einfach noch einmal deutlich machen, dass meine Fraktion nicht diejenige ist, die hier etwas vorlegen muss, sondern Sie regieren. Wir haben dem, was die Spitzenverbände mit den zuständigen Kommunalministern und der Hälfte des Finanzministeriums ausgehandelt haben, ausdrücklich zugestimmt und dabei bleiben wir auch.

(Beifall CDU, AfD)

Für die Fraktion Die Linke hat sich Abgeordneter Harzer zu Wort gemeldet.

Eigentlich wollte ich heute nicht noch einmal hier vor, aber der Kollege Fiedler – bis vor Kurzem auch Kollege als Bürgermeister –

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Immer noch! Seit 25 Jahren! Immer noch!)

hat es doch geschafft, mich dazu zu bringen. Ja, Kollege Fiedler, das unterscheidet uns voneinander, denn wenn man zu lange im Amt ist, verliert man die Bodenhaftung, wird betriebsblind und das hat man an Ihrer jetzigen Rede auch gesehen. Ich hoffe nicht, dass Sie als Bürgermeister auch so arbeiten.

(Unruhe CDU)

Sie haben in den letzten Jahren für die Kommunen im Freistaat Thüringen nach dem Spruch von Norbert Blüm – den werden Sie kennen, ist ein Parteifreund von Ihnen – gehandelt: Alle wollen den Gürtel enger schnallen, aber jeder fummelt am Gürtel des Nachbarn herum. Sie als Landesregierung haben am Gürtel der Kommunen rumgefummelt,

(Beifall DIE LINKE)

haben ihn eng geschnallt, haben ihn so eng geschnallt, dass den Kommunen die Luft zum Leben nicht mehr geblieben ist, dass Kommunen ihre

Haushalte nicht mehr ausgleichen konnten, dass Kommunen die Kindertagesstättengebühren erhöhen mussten, dass Kommunen keine Straßen mehr bauen konnten, dass sie keine Schlaglöcher mehr reparieren konnten, dass sie Kultur und Kunst abbauen mussten.

(Unruhe CDU)

Das haben Sie in Ihren 24 Jahren Regierungszeit erreicht, lieber Wolfgang Fiedler, wenn Sie in dieser Zeit innenpolitischer Sprecher waren. Als Bürgermeister hätten Sie wissen müssen, welche Auswirkungen diese Gesetzgebung hat.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Im Unter- schied zu Ihnen ehrenamtlich!)

Aber da Sie nur ehrenamtlich Bürgermeister sind und sich die meiste Zeit im Landtag in Erfurt herumtreiben, wissen Sie natürlich nicht, was vor Ort passiert. Das wird vielleicht so sein. Wir als kommunale Familie waren hier im Landtag zu einer Anhörung. Der Landtag war voll mit Bürgermeisterinnen, Bürgermeistern, Landrätinnen, Landräten, mit Mitarbeitern aus Kommunalverwaltungen. Was ist von diesen Vorschlägen aufgenommen worden?

(Zwischenruf Abg. Floßmann, CDU: Ein Glasfahrstuhl in Hildburghausen!)

Nichts! Nichts ist aufgenommen worden. Liebe Frau Floßmann, wenn Sie mal in Kommunalpolitik machen, dann können Sie vielleicht auch mal mitreden. Aber solange Sie sich da nicht auskennen, sind Sie besser ein bissel leise.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: So ein Thea- ter!)

Aus dieser Sicht heraus ist es einfach Frevel, zu sagen, diese Koalition veralbert die Kommunen. Das ist ein Frevel.

(Unruhe CDU, SPD)

Denn bleiben wir doch mal bei der Wahrheit: Wer hat denn den Zustand der Kommunen herbeigeführt, dass für die Kommunen ein Programm aufgelegt wird, ein Notprogramm, damit sie überhaupt überleben können?

(Unruhe CDU)

Wer hat denn diesen KFA gestrickt? Das war doch Ihr Finanzminister, der für kommunale Finanzen zuständig war. Ich war auf der Messe dabei, als er sein Programm verteidigt hat, wo die Kommunen gesagt haben, das ist unser Tod. Niemand hat es geglaubt. Dann kommen Sie her und sagen voriges Jahr in einem Großakt der Güte, es ist ja Wahljahr: Wir müssen den Kommunen mal helfen. Dann legen wir schnell was auf. Es hört sich gut an, weil, 30 Millionen schieben wir ins neue Jahr, dafür müssen wir ja nicht mehr geradestehen. Jetzt sagen Sie

(Abg. Fiedler)

uns – die Ihr Gesetz haben verbessern müssen, damit die Kommunen überhaupt in diesem Jahr Haushalte auf die Beine kriegen –, wir machen das verkehrt, wir veralbern die Kommune und kommunale Familie. Gerade die, die das verbockt haben, was in diesem Land passiert, dass wir Investitionsrückstände in Milliardenhöhe in öffentlicher Infrastruktur in den Kommunen haben, dass wir Kulturabbau in Größenordnung haben, dass wir Schwimmbäder geschlossen haben in den Kommunen, Sie behaupten, wir sind dafür verantwortlich. Das schlägt dem Fass den Boden aus, was Sie hier sagen und was Sie hier behaupten. Von der Warte aus sollten Sie sich mal einen Spiegel vor die Augen halten und sagen: Was haben wir verkehrt gemacht? Vieles haben Sie verkehrt gemacht. Ich habe es an dieser Stelle schon mal gesagt: Allein als Sie in Alleinregierung waren, 2005 das Kindertagesstättenfinanzierungsgesetz geändert haben, das hat dazu geführt, dass sich die Kosten der Kommunen verdoppelt haben bis heute, verdoppelt für dieselbe Kinderzahl in den Kindertagesstätten.

(Unruhe CDU)

Dass die Gebühren massiv nach oben gegangen sind, das haben Sie zu verantworten. Dafür haben Sie auch die Verantwortung zu tragen und wir lassen es Ihnen nicht durchgehen, dass Sie sich hier hinstellen als Retter der Kommunen, die die Kommunen erst in den Tempel hineingetreten haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, gehen Sie mal ins stille Kämmerchen, schauen Sie sich mal Ihre Gesetze an, auch die neuen Kolleginnen und Kollegen, die im Landtag sind, die bisher nicht kommunal verankert waren, die daher nicht wissen, was passiert ist, weil sie nicht in Verantwortung waren. Ich war 18 Jahre in Verantwortung und ich kenne die Situation, wie wir jedes Jahr darum kämpfen mussten, dass wir überhaupt unsere Haushalte zukriegen, dank der CDU in Thüringen. Damit ist es jetzt vorbei und ab nächstes Jahr gibt es ein neues Kommunalfinanzausgleichsgesetz. Sie werden sehen, die Kommunen werden uns dankbar sein. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr aus den Reihen der Abgeordneten – es gibt noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Brandner.

Frau Präsidentin – auch wenn mir gesagt wurde, ich soll immer „Herr Präsident“ sagen, aber in dem konkreten Fall: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das ist ge- gendert!)

Zunächst mal vorweg: AfD wirkt, habe ich den Eindruck, auch wenn Sie das vielleicht gar nicht so merken. Aber wie oft Sie heute allein die Gürtel-Metapher bemüht haben und das Wort „betriebsblind“ verwendet haben, was ja heute der Kollege Höcke dankenswerterweise in die Debatte eingeführt hat, da muss ich Ihnen sagen, danke, Björn Höcke, für deine Rede, es setzt sich hier durch, teilweise auch deine Art und Weise, sich auszudrücken. Schönen Dank.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Sie überschätzen sich!)