Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, es kann gar kein Zweifel daran sein, alle Lehrer, egal ob das Grundschullehrer, Regelschullehrer, Gymnasiallehrer oder die leider von der rot-rot-grünen Landesregierung sehr stiefmütterlich behandelten Sonderschullehrer sind, sie alle leisten Großartiges und sie alle haben mehr Geld verdient. Was denn sonst?
Aber, und das sei auch betont, es gibt tatsächlich Unterschiede. Die Ausbildung eines Gymnasiallehrers an einer Universität unterscheidet sich maßgeblich von der Ausbildung eines Regelschullehrers. Sie ist fachlich anspruchsvoller und es war immer das Prinzip des öffentlichen Diensts, nicht nur im Bildungssektor, sondern auch in der Justiz oder in der Polizei, dass je anspruchsvoller die Ausbildung – ich erinnere jetzt nur mal an die Laufbahn der Polizei, gehobener Dienst hatte normalerweise eine Fachhochschulausbildung, der höhere Dienst musste eine akademische Ausbildung vorweisen – man dann entsprechend auch in anderen Gehaltsgruppen einsortiert wurde. Auch das torpedieren Sie mit diesem Besoldungsgesetz. Sie torpedieren eine Jahrzehnte bewährte Struktur des öffentlichen Diensts, die eben auch auf die Unterschiedlichkeit der Ansprüche der Ausbildung basiert war.
Ein Gymnasiallehrer, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete – Kollege Tischner kann mir da vielleicht auch mal recht geben –, hat grundsätzlich keine Osterferien, das ist ein Trugschluss. Ein Gymnasiallehrer sitzt diese zwei Wochen Osterferien an der Korrektur seiner Abiturklausuren. Zwei Wochen sitzt man da dran, die zwei Wochen sind weg. Das ist eine Belastung, die ein Regelschullehrer nicht hat. Na gut, da kann man sagen, dafür ist die pädagogische Belastung eines Regelschullehrers vielleicht größer. Ich kann Ihnen sagen, das sieht mittlerweile auch an den deutschen Gymnasien, an den thüringischen Gymnasien entschieden anders aus.
Die Unterrichtsvorbereitung für Oberstufenkurse, die Korrekturaufwände während des Schuljahres für Oberstufenkurse sind wesentlich größer als in der Regelschule, und das wird auch kein Regelschullehrer absprechen.
Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, gerade deswegen – und ich möchte das ausdrücklich unterstreichen, was der Kollege Tischner eben nicht in polarisierender Art, sondern vielleicht auch in mangelnder Deutlichkeit, wie das auch manchmal CDUArt ist, von hier vorn ausgeführt hat: Das Wegfallen der funktionslosen Beförderungsstellen für Gymnasiallehrer ist eine systematische Demotivation dieses Lehrerstands – eine systematische Demotiva
tion. Wenn ich als Studienrat keine Möglichkeit mehr habe, jenseits einer Schulleiterstelle oder einer Oberstufenleitung eine Beförderung zu erhalten, dann wird meine Motivation sinken, denn jeder Mensch, auch der Pädagoge, ist – und jetzt komme ich eher zu den materiellen Aspekten meiner Ausführungen – natürlich irgendwie auf Höherentwicklung, auf eine gewisse Karriereoption ausgerichtet. Das ist menschlich und das sollte man durch ein entsprechend angelegtes Karrieresystem und Beförderungssystem auch unterstützen, und zwar systematisch unterstützen.
Ich kann Ihnen jetzt schon prognostizieren – und der Philologenverband hat darauf hingewiesen –, dass der Konkurrenzdruck in den Gymnasien, in den Kollegien zunehmen wird. Das bedeutet, dass die Menscheleien zunehmen werden, die Konkurrenz um die wenigen dann noch verbliebenen Rektorenstellen und Funktionsstellen, die es überhaupt dann noch zu besetzen gilt. Leiden wird die Vertrauenskultur in unseren Schulen. Und ohne Vertrauenskultur im Kollegium gibt es keine effektiven und effizienten Erziehungs- und Bildungsprozesse an Schulen.
Also, ja zur besseren Bezahlung aller Lehrer, nein zur systemimmanenten Ungerechtigkeit durch fehlende Differenzierung. Dieses Land braucht motivierte Regelschullehrer. Wer zweifelt daran? Dieses Land braucht motivierte Gymnasiallehrer. Das kann dieses Gesetz leider nicht leisten. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Höcke, Sie wollten uns ja eigentlich Argumente liefern – starke oder schwache. Also ich habe gar nichts gehört. Ich habe nur gehört, dass Sie hier ein Bildungsverständnis und ein Weltbild verbreiten, das tief aus den 50er-/60er-Jahren der Altbundesrepublik stammt und das mit den tatsächlichen Verhältnissen, mit den tatsächlichen Anforderungen an
Sie waren selber mal Gesamtschullehrer. Dort waren Sie an Ihrer Schule, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, für den Bereich Ganztag zuständig. Der Bereich Ganztag ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich Schule weiterentwickelt hat. Es geht nämlich darum, dass Kinder eben nicht nur am Vormittag in der Schule sind und dort lernen, sondern am Nachmittag auch noch Vertiefung etc. erfahren. Das alles ist ja für Sie ideologischer Mumpitz, denn das entspricht nicht Ihrem Familienverständnis, entspricht nicht Ihrem Weltbild.
Bildungspolitisch haben Sie wieder mal eine Show abgeliefert, aber die hat wirklich gar nichts mit unseren Lehrplänen, mit unserem Verständnis und vor allem mit der tatsächlichen Realität an Schule zu tun. Wenn Sie hier sagen, dass wir die Methoden einschränken würden, dann haben Sie offensichtlich noch nicht mal die Lehrer-Dienstordnung in Thüringen zur Kenntnis genommen. Es gibt nämlich eine Methodenfreiheit, Herr Höcke. Lesen Sie es doch einfach mal, bevor Sie sich hier ans Podium stellen und hier so einen Unsinn verbreiten. Es ist wirklich ein Skandal, was Sie hier als Pädagoge abliefern, und es ist eine Schande.
Das Eigentliche, weswegen ich vorgegangen bin, ist, Sie haben das Gesetz nicht verstanden, Sie haben es schlichtweg nicht verstanden. Wir haben Herausforderungen in unseren Schulen. Und ich will mal sagen, auch dass die Lehrer dort im Mittelpunkt stehen, besoldungsrechtlich das neuzuordnen, macht auch noch mal deutlich, wo wir unseren Schwerpunkt sehen. Aber diese Herausforderungen sind eben, dass wir ein besonderes Amt, nämlich das Lehramt für Regelschulen, dort in den Mittelpunkt stellen, und zwar so, dass wir die Regelschulen laufbahngleich zu den Gymnasiallehrern stellen wollen. Warum machen wir denn das? Ich habe es doch in meiner Rede gesagt. Wir haben von den Erstsemestern in Jena 92 angehende Regelschullehrer, aber 672 Gymnasiallehrer, haben aber ein Verhältnis in der Fläche in etwa von 40 Prozent Regelschüler und 60 Prozent Gymnasialschüler, plus natürlich diejenigen, die in den Gemeinschaftsschulen sind. Ehrlich gesagt, muss mir das mal jemand erklären, der Pädagoge ist, was er dort für eine Lösung hat, nämlich bei Ihnen gar keine. Unsere Antwort ist: Laufbahngleichheit, dass auch ein Gymnasiallehrer für fünf oder zehn Jahre an einer Regelschule arbeiten kann, ohne dass er
oder sie dann tatsächlich Nachteile in der eigenen Laufbahn hat. Alle, die dort arbeiten im weiterführenden Schulbereich, erhalten perspektivisch die A 13. Das ist eine deutliche Stärkung. Sie haben es nicht begriffen, Herr Höcke. Das ist ein Armutszeugnis.
Kollege Tischner, zu Ihnen noch, ich habe es Ihnen schon im Bildungsausschuss gesagt: Wenn Sie mich schon zitieren – auch noch öffentlich – bezüglich der Fachleiter, machen Sie es doch bitte richtig. Ich habe gesagt, wir werden uns als Linke dafür einsetzen, dass es wieder zu einem Amt für Fachleiter kommt. Wir gehen jetzt den ersten Schritt, 80 Prozent ist eine deutliche Aufwertung. Natürlich werden wir uns weiter dafür einsetzen, dieses wichtige Amt auch in den Blick zu nehmen und weiter zu verhandeln. Aber ja, man kann auch Schritte gehen, um zum Ziel zu kommen. Das liegt nämlich in der Natur des Weges zu einem guten Ziel, zu einer guten Sache. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Aus den Reihen der Abgeordneten gibt es jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Minister Holter, Sie haben für die Landesregierung das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Rede von Herrn Höcke hat mich veranlasst, hier das Wort zu ergreifen, weil ich eins nicht im Raum stehen lassen kann, dass die Schulen in Thüringen und die Lehrerinnen und Lehrer schlechtgeredet werden.
Die Schulen in Thüringen sind gut aufgestellt, Herr Höcke. Ich hatte die Tage die Gelegenheit, mit der Personalchefin von Jenoptik, Maria Koller, zu sprechen, die mir gesagt hat, dass viele, die bei Jenoptik ihre Arbeit aufnehmen, ihre Entscheidung treffen, weil sie gute Schulen in Thüringen vorfinden. Die guten Schulen in Thüringen haben wir deswegen, weil Lehrerinnen und Lehrer sich tagtäglich engagieren über das normale Maß hinaus, um guten Unterricht, gute Schule zu organisieren, damit Schülerinnen und Schüler, wie sie auf der Tribüne sitzen, auch mit Freude zur Schule gehen und hoffentlich auch mit Freude wieder nach Hause.
Das Bild, was Sie malen, ist natürlich ein ideologisches Bild der AfD und nicht das Bild, das hier in Thüringen real im Schulalltag besteht. Doch, Herr Höcke.
Natürlich haben wir Probleme in der Schule, darüber diskutieren wir und auch die Koalitionsfraktionen. Und – Herr Tischner, ich darf Sie mit einbeziehen – auch die CDU verschweigt diese Probleme an den Schulen nicht. Dass die Ursachen in der Vergangenheit zu suchen sind, ist bekannt. Dass die Politik dafür eine Verantwortung trägt, habe ich mehrfach öffentlich gesagt. Die Politik ist auch zuständig, die Probleme wieder auszuräumen.
Wenn wir in Thüringen den Weg Zukunft Schule mit dem Thüringen-Plan und mit dem beabsichtigten Schulgesetz gehen, dann sind wir auf einem guten Weg, diese Probleme auszuräumen. Das wissen die Lehrerinnen und Lehrer und sie haben sich aktiv in den Diskussionsprozess zur Zukunft Schule eingebracht, ihre Vorschläge gemacht. Diese Vorschläge haben wir auch aufgenommen.
Gestern habe ich über zwei Stunden mit den Landrätinnen und Landräten beraten, wie wir Schule zukünftig gestalten. Das war ein sachliches, ein kluges, ein auf Augenhöhe durchgeführtes Gespräch. Natürlich haben Landräte und Landrätinnen ihre Vorstellungen und ihre Forderungen auch bezüglich des Schulgesetzes. Aber die Landräte und Landrätinnen haben eins unterstrichen: dass sie gut motiviertes Personal, sprich Lehrerinnen und Lehrer, in den Schulen vorfinden, und sie davon mehr haben wollen, selbstverständlich. Aber wie Kollege Wolf und andere schon gesagt haben: Es ist nicht ausreichend Personal am Lehrermarkt vorhanden. Auch das hat seine Ursachen.
Deswegen bin ich der Überzeugung, dass mit dem heute zu verabschiedenden Besoldungsgesetz ein wichtiger Schritt gegangen wird in Thüringen. Wie viele Schulleiterinnen und Schulleiter kennen Sie denn, Herr Höcke, die Ihnen erzählt haben, dass sie seit fünf Jahren, seit sieben Jahren in der A 12 sind und eigentlich auf ihre Beförderung in die A 14 oder sogar höher warten in Abhängigkeit von der Schulart? Ich bin jetzt knapp über ein Jahr hier in Thüringen. Ich habe mit mehr als 3.000 Lehrerinnen und Lehrern zu diesen Fragen gesprochen und oftmals sind mir genau diese Dinge unterbreitet worden, dass Schulleiterinnen und Schulleiter nicht amtsangemessen besoldet werden.
Das war genau eine Motivation, Frau Taubert, eine Motivation, das Besoldungsgesetz so aufzustellen, wie wir es heute aufgestellt haben, dass endlich die Schulleiterinnen und Schulleiter amtsangemessen bezahlt werden können. Ich erachte das als einen Erfolg, ich erachte das als ein klares Signal an diejenigen,
die Verantwortung übernehmen, dass sie dann auch entsprechend das Gehalt dafür bekommen. Das ist erste Punkt.
Der zweite Punkt: Als ich nach Thüringen kam, hieß es immer, Regelschule wird nicht mehr als das Herzstück des Schulsystems betrachtet. Das kam insbesondere von der CDU-Fraktion – zu Recht, habe ich festgestellt. Es war auch die Frage, die unter anderem mit dem OECD-Bildungsbericht in diesem Monat noch mal unterstrichen wurde, dass viele Jugendliche bzw. Kinder an das Gymnasium gehen. Warum eigentlich? Weil es oft ein falsches Bild von bestimmten Schularten in Thüringen und in ganz Deutschland gibt.
Deswegen lag es mir und der Koalition am Herzen, tatsächlich die Regelschule in Thüringen zu stärken. Das macht man auch, indem man die Lehrerinnen und Lehrer an diesen Schulen entsprechend besser besoldet.
Ja, ich habe übernommen, was sozusagen mein Interimsvorgänger, Benjamin Hoff, mit Kollegin Taubert und den Gewerkschaften ausgehandelt hat, dass eben die A 12 mit Zulage gezahlt wird. Das wissen die Lehrerinnen und Lehrer und wir waren genau auf dem Weg, Herr Tischner, den Sie beschrieben haben. Im Zusammenhang mit dem Haushalt wurden die entsprechenden Stellenvoraussetzungen, die finanziellen Voraussetzungen geschaffen. Aber Haushalt ist das eine, das Besoldungsgesetz ist das andere. Deswegen war es richtig, das Besoldungsgesetz faktisch zeitgleich auf den Weg zu bringen, damit die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, was haushaltsseitig vorbereitet wurde, damit die Kolleginnen und Kollegen rückwirkend zum 1. Januar 2018 dieses Geld bekommen können.
Genau das ist der Gesetzesprozess, der abgelaufen ist, nicht mehr und nicht weniger. Die Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer wissen das und sie freuen sich darauf, dass sie noch in diesem Jahr diese Summe ausgezahlt bekommen. Und sie freuen sich auch darauf, dass der nächste Schritt zum 01.01.2020 gegangen wurde und gegangen wird. Damit erreichen wir eines, dass Thüringen im Wettbewerb die Karten ausspielt und sich tatsächlich besser aufstellt. Das kleinzureden, so wie das Herr Tischner und Herr Höcke gemacht haben, das kann ich einfach nicht zulassen, weil der Freistaat hier einen Weg geht und sagt, wir stärken die Regelschulen, indem wir die Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer mehr motivieren.
Frau Muhsal ist jetzt nicht im Saal, aber ich will Frau Muhsal sagen: Ja, ich bin für längeres gemeinsames Lernen und stehe auch zu den Gemeinschaftsschulen in Thüringen. Auch das werden wir mit dem Schulgesetz klären. Aber das hat nichts mit Einheitslehrern und Einheitsschule zu tun. Wir sagen auch als Regierung ausdrücklich, wir bekennen uns zu der Vielfalt der Schularten in Thüringen.
Wenn ich mir aber anhöre, was der Fraktionsvorsitzende Höcke hier erklärt, dass er ein bestimmtes Wertesystem will, dann, Herr Höcke, habe ich nämlich die Sorge, dass Sie die Einheitsschule nach Ihrem Wertesystem wollen, welches antidemokratisch, antiliberal und antiemanzipatorisch ist.