Protocol of the Session on September 27, 2018

Es wird natürlich die Folge haben, dass auch an einem solchen Tag viele Bereiche, sehr viel mehr als Sie aufgeführt haben, noch sichern müssen, dass die Arbeit bewerkstelligt wird – die Polizei, die Feuerwehr, Krankenhäuser. Es wird natürlich auch Angebote geben, wo Selbstständige tatsächlich auch Freizeitleistungen anbieten. Auf der anderen Seite führt das aber auch dazu – und das ist eben das Äquivalent zur Arbeitszeitverkürzung, die wir hier als sozialpolitische Maßnahme mit vornehmen –, dass die Menschen, die an einem solchen Tag arbeiten, ihre zusätzliche Mehrarbeit an einem Feiertag auch entlohnt bekommen. Auch das ist der sozialpolitische Ausgleich, den ich vorhin beschrieben habe,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil eben nicht die Entwicklung auf dem Arbeitsmarktsektor einhergeht mit einer Lohnentwicklung im gleichen Maße. Deswegen glaube ich, dass das vertretbar ist. Die Antwort kann doch nicht sein, dass wir im Prinzip jeden Tag zum Werktag machen, weil es damit leichter wäre, Beschäftigte zu bekommen. Wie würden wir denn dann zukünftig über den Sonntag beispielsweise reden? Ich glaube, Ihr Argument ist da nicht stichhaltig.

Jetzt will ich Ihnen aber auch noch eines sagen – jetzt ist er heraus, der Herr Heym – zum Vorwurf des Wahlgeschenks und wir würden das allein aus diesem Grund machen. Was ich nie verstehe – so eine Legislaturperiode hat fünf Jahre und wir haben die Verantwortung bis zum letzten Tag, all das Bestmögliche für dieses Land und für die hier lebenden Menschen zu tun –, ist der mediale Reflex. Bei der Opposition verstehe ich das schon eher, dass alles, was im letzten Jahr an positiver

(Beifall DIE LINKE)

Entwicklung vorangebracht wird, praktisch den Vorwurf erfahren muss, es würde sich um Wahlgeschenke handeln. Nein, es handelt sich um ordentliche parlamentarische Arbeit, eben nicht ein Jahr vor der Wahl die Arbeit einzustellen. Aber unabhängig vom Zeitpunkt einer Entscheidung

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ist doch das Motiv und die Folge das Entscheidende, womit wir einen Gesetzentwurf tatsächlich zu

bewerten haben. Es gibt in der Tat Wahlgeschenke, Herr Fiedler, die belasten nachfolgende Generationen und engen vor allem auch Handlungsräume in der Zukunft ein.

(Beifall SPD)

Jetzt will ich Sie mal an den 1. Mai 2004 erinnern. Es war nachmittags in der Vereinsbrauerei in Apolda. Da verkündete Ihre Partei die Abschaffung der Wasserbeiträge und die Privilegierung bei den Abwasserbeiträgen. Das kostet das Land 1,5 Milliarden Euro und hat keines der Probleme im öffentlichen Bereich, bei der öffentlichen

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daseinsvorsorge gelöst. Das ist ein klassisches Wahlgeschenk.

Jetzt habe ich Ihnen den Unterschied zu unserem Gesetzentwurf, warum es kein Wahlgeschenk ist, erklärt. Mit diesem zusätzlichen Feiertag, mit dem Gesetzentwurf nehmen wir gerade – das, was Sie 2004 wirklich straffällig aus dem Blick verloren haben – die nachfolgenden Generationen in den Blick. Wir nehmen Artikel 6 des Grundgesetzes ernst, nämlich den Schutz von Familie. Wir greifen die Debatte um soziale und politische Kinderrechte auf, wir thematisieren

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Nachhaltig sieht aber anders aus!)

auch die Rolle von Arbeit im Verhältnis zum sozialen Zusammenleben von Familien und Eltern mit ihren Kindern. Wir schaffen mit diesem Feiertag ein Stück weit mehr Annäherung an gleichwertige Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik. Wir schaffen mit diesem Feiertag einen Ausgleich zwischen Arbeitszeit und Produktivitätsentwicklung, die eben nicht mit der Lohnentwicklung in den vergangenen Jahren einherging. Wir würdigen mit diesem Feiertag Kinder, wir würdigen vor allem auch die Zeit mit Kindern und der Feiertag drückt die Wertschätzung des Gesetzgebers aus für die Kinder und Menschen, die sich für Kinder einsetzen, sich für deren Rechte und sozialen Belange engagieren und aufopfern, und wir drücken auch unsere Wertschätzung aus, die diese Menschen in einer sozialen Gesellschaft verdient haben. Das alles kann man natürlich als populär und als Wahlgeschenk bezeichnen; das steht Ihnen im Rahmen des Artikel 5 Grundgesetz zu. Wir nennen es einfach: gute Politik. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt nicht mehr vor. Dann erteile ich dem Staatssekretär aus dem Ministerium für Inneres und Kommunales, Herrn Höhn, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, auch zur Erklärung für unsere Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne: Wir haben jetzt über das Gesetz über die Einführung des Weltkindertags als gesetzlichen Feiertag in erster Linie familien- und sozialpolitisch diskutiert. Das ist vollkommen in Ordnung. Aber für Feiertage ist nun mal das Innenministerium zuständig und deswegen stehe ich hier und nicht die Frau Kollegin Sozialministerin. Das vielleicht nur zur Erklärung. Ich muss auch ehrlich gestehen, ich bin noch ganz beeindruckt von dem sozial- und familienpolitischen Vortrag vom Kollegen Fiedler. Der hat mir im Übrigen gut gefallen, besser als der heute zum ersten Tagesordnungspunkt. Auch das möchte ich an dieser Stelle sagen.

(Heiterkeit DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Was dir ge- fällt oder nicht gefällt, steht dir als Mitglied der Landesregierung gar nicht zu, zu sagen!)

Ihr Beitrag, Herr Kollege, hatte wirklich Substanz.

(Unruhe CDU)

Der Landtag darf sich natürlich auch von der rechtlichen Seite her betrachtet diesem Thema widmen, weil es nun mal Angelegenheit der Landtage ist, für Feiertage in den Ländern zu sorgen. Deswegen haben wir heute hier einen Antrag der Koalitionsfraktionen vorliegen.

Meine Damen und Herren, um mal in dem Bild der hier nun schon mehrfach von verschiedenen Rednern zitierten Wirtschaftsaspekte zu bleiben: Es geht hier um eine Investition, zwar nicht in erster Linie mit Geld, sondern mit einem noch wertvolleren Gut, nämlich mit Zeit, Zeit für unsere Kinder.

(Beifall DIE LINKE)

Sie sind die Zukunft, unsere Zukunft und durch diesen Feiertag wird ein Tag im Zeichen und zum Wohle unserer Kinder begangen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb wird das Vorhaben der Koalitionsfraktionen, meine Damen und Herren, zur Einführung eines Feiertags in diesem Sinne ausdrücklich und voll und ganz unterstützt.

Ich möchte gern den Moment nutzen – auch das haben verschiedene Redner schon getan –, um auch auf die europäische Dimension des in den

Blick genommenen neuen Feiertags hinzuweisen. In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die durch den Vertrag von Lissabon denselben rechtlichen Status wie die EU-Verträge erhalten hat, werden die EU und ihre Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, die in ihr enthaltenen Rechte zu schützen. Diese Charta enthält in Artikel 24 eine ganz spezielle Bestimmung zu den Rechten des Kindes und der Kinder. So wird das Wohl des Kindes als vorrangige Erwägung bei allen Maßnahmen öffentlicher Stellen und privater Einrichtungen angesehen, die Kinder betreffen. Zugleich enthält auch der Vertrag über die Europäische Union selbst in Artikel 3 Abs. 2 und 5 grundlegende Zielbestimmungen der Europäischen Union im Hinblick auf den Schutz der Rechte des Kindes. Ebenso zeigen bereits die Leitlinien der EU zur Förderung und zur Wahrung der Rechte des Kindes von 2007, welche 2017 überarbeitet wurden, welche Bedeutung für die Entwicklung der rechtlichen Grundlagen und der Politik diesem wichtigen Thema seitens der EU beigemessen wurde und nach wie vor wird.

All diesen Regelungen ist es gemeinsam, dass sie die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern herausstellen und gewährleisten. Darüber hinaus heben sie die Bedeutung des Kindes für die Zukunft jeder menschlichen Gemeinschaft hervor und verknüpfen dies mit dem Ziel der Solidarität zwischen den Generationen.

Meine Damen und Herren, es sprechen also auch unter Berücksichtigung der europäischen Ebene viele herausragende Gründe dafür, einen gesetzlichen Feiertag zu schaffen, der Kinder in den Mittelpunkt stellt. Dabei ist klar, dass ein Tag allein nicht den Kinderrechten gerecht werden kann. Er kann jedoch eines: Er kann in Erinnerung rufen, welche Bedeutung Kinder für unsere Gesellschaft haben. Er kann Überlegungen in Gang setzen und zu Diskussionen anregen, etwa wie Kinder verstärkt in die Lage versetzt werden können, sich auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene an Entscheidungen, Entwicklungen, die sie selbst betreffen, zu beteiligen. Er kann zum Nachdenken und zum Prüfen anregen, ob und inwieweit sichergestellt werden kann, dass politische Strategien oder Maßnahmen, egal in welchem Bereich, die Rechte der Kinder nicht verletzen. Und er kann gewährleisten, dafür Sorge zu tragen, kinderfreundliche Verfahren zu entwickeln und Auswirkungen von Regelungen auf Kinder sowie kinderspezifische Aspekte bei Folgenabschätzungen und Bewertungen mit zu berücksichtigen. Dies alles gilt neben den mit dem Feiertag verbundenen, unmittelbaren, schon mehrfach hier heute beschriebenen positiven Auswirkungen, wie dem familiären Zusammenhalt und der Widmung eines ganzen Tages, dem Kind.

Meine Damen und Herren, es sollte uns auch nicht davon abhalten, diesen Weg zu gehen, weil wir der

zeit das einzige Land sind, das sich in dieser Weise den Rechten und dem Wohle des Kindes widmet.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Manchmal bedarf es eben eines Impulses, um einen neuen Weg zu gehen. Diesen setzen die Regierungsfraktionen mit der Schaffung des Weltkindertags als gesetzlichen Feiertag in Thüringen um. Möglicherweise – ich hoffe es jedenfalls – wird dadurch eine Signalwirkung erreicht, wenn andere Länder dem Beispiel Thüringens folgen.

(Beifall DIE LINKE)

Aber auf jeden Fall – davon bin ich überzeugt – wird eine Diskussion darüber einsetzen. Die Diskussion wird nicht nur das Für und das Wider dieses Feiertags umfassen, sondern sie wird auch auf das eingehen, wofür dieser Tag steht: für unsere Kinder. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es ist zwar nicht ausdrücklich gesagt worden, aber ich nehme an, es soll eine Ausschussüberweisung an den Innen- und Kommunalausschuss erfolgen?

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Und AfMJV!)

Und auch mitberatend an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Sozialaus- schuss!)

sowie an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit, also drei Ausschüsse. Dann stimmen wir in der Reihenfolge der Anmeldungen ab.

Wir stimmen zunächst über die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss ab. Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? Das sind die CDU- und die AfD-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? Der fraktionslose Abgeordnete Krumpe. Damit ist die Ausschussüberweisung an den Innen- und Kommunalausschuss beschlossen.

Die weitere Ausschussüberweisung zur Mitberatung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz: Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind wiederum die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt gegen diese Ausschussüberweisung? Die CDUund die AfD-Fraktion. Wer enthält sich? Erneut der fraktionslose Abgeordnete Krumpe.

Als Drittes war die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit beantragt. Wer

diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind erneut die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? Dagegen sind die Fraktionen der CDU und der AfD. Herr Krumpe enthält sich? Enthaltung des Fraktionslosen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Fehlt noch Gleichstellung, habt ihr gar nicht beantragt!)