durch sukzessive Steigerung der Aktivitäten und intensive Vorbereitungen den Spannungsbogen bis zum Jubiläumsjahr zog. Kulminationspunkt heißt aber nicht, dass der besagte Bogen danach abreißt. Das hier mit dem Zieljahr 2017 Aufgebaute ist selbstverständlich geeignet, sogar Verpflichtung, darauf weiter aufzubauen.
Der Antrag der CDU-Fraktion – Frau Abgeordnete Walsmann hat es ja gerade gesagt – und die Plenardebatte sollen dazu dienen, auch noch mal ein Stück Öffentlichkeit herzustellen, wie auch immer der Rahmen dann am Freitagnachmittag ist, so ist das Leben dann bei der Tagesordnung des Hohen Hauses. Den Antrag der CDU-Fraktion nehme ich für die Landesregierung zum Anlass, im Rahmen eines Sofortberichts darzustellen, welche Bilanz wir ziehen und welche Überlegungen und Aktivitäten es gibt, um noch in dieser Legislatur nahtlos auf das Erarbeitete und Erreichte zum Nutzen Thüringens aufzubauen. Man kann die berechtigte Erwartung haben, dass das auch in den Folgejahren von einer künftigen Regierung fortgesetzt wird. Diese Regierung jedenfalls würde das tun.
Zu Ihren Fragen im Antrag: Ich beginne quasi numerisch mit den Fragen, obwohl das eine oder andere auch ineinanderfließt, wie Sie sich vorstellen können. Von 2010 bis 2017 sind rund 190 Projekte im Rahmen des Reformationsjubiläums gefördert worden. Es würde wirklich den Rahmen sprengen, diese hier umfänglich darzustellen. Ich möchte deshalb nur einige wenige Maßnahmen besonders hervorheben und gebe die eindrückliche Übersichtsliste sehr gern zu Protokoll. Auch wenn es keine Bilanzseite im Internet gibt, weise ich darauf hin, dass die länderübergreifende Seite „luther2017.de“ weiterhin als Archivseite zur Verfügung steht, wo auch immer noch mal wieder Bilanz gezogen werden kann bzw. die auch werbetechnisch genutzt werden kann, weil vieles, was darin steht, nicht mit dem Ende des Jahres 2017 nicht mehr gültig ist. Deshalb ist sie bewusst nicht abgeschaltet worden, sondern sie steht als Archivseite weiter zur Verfügung.
Ich hatte gesagt, ich möchte Projekte hervorheben. Ich möchte mit dem Jahr 2015 mit der überregional bedeutsamen Ausstellung „Bild und Botschaft“ an drei Standorten beginnen: Weimar, Eisenach und Gotha, wo das Werk Cranachs gezeigt wurde. Das war eine Zusammenarbeit der Klassikstiftung Weimar, der Wartburg-Stiftung und der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha und kann für uns in Thüringen durchaus als Meilenstein gesehen werden, und zwar sowohl für das Jubiläum als auch für die Zusammenarbeit dieser drei wichtigen und großen Kulturinstitutionen. Im Folgejahr schloss sich dann die quasi gleiche Kooperation an: die Landesausstellung „Die Ernestiner“ in Weimar und Gotha. Im Jubiläumsjahr war auf der Wartburg die Nationale Sonderausstellung „Luther und die Deutschen“ zu sehen. Mit etwas Stolz können wir alle sagen, von
den 600.000 Besuchern in den drei Nationalen Sonderausstellungen, die es gab, also in SachsenAnhalt, in Berlin und in Thüringen, war das museale Highlight definitiv die Wartburg mit 310.000 Besuchern, also mehr als die Hälfte aller Besucher der Nationalen Ausstellungen. Sie war mit Abstand die erfolgreichste Ausstellung des gesamten Reformationsjubiläums bundesweit.
Schon 2012 war Thüringen Schwerpunktland des Themenjahres „Reformation und Musik“, denn Thüringen ist Musikland. Neben Konzerten gehörten auch Ausstellungen und wissenschaftliche Tagungen zum Programm, wodurch auch diese Netzwerkarbeit aufgebaut wurde. Der musikalische Schwerpunkt war auch in den Folgejahren zu bemerken wie die Bachwochen, die ganz regulär aus unseren Kulturfördermitteln gefördert werden, also gar nicht aus den Extra-Reformationsmitteln, die Telemann-Tage oder das Konzertprogramm der ACHAVA-Festspiele, aber auch Stadt- und Dorfkirchenmusiken im Weimarer Land gezeigt haben.
Ich möchte auch aufmerksam machen auf Jazzund Chormusik der Landesarbeitsgemeinschaft Jazz und der Landesmusikakademie. Das Jubiläum der Reformation hat sich als guter Zeitpunkt erwiesen, um am interkonfessionellen und interreligiösen Verständnis zu arbeiten. Es wird Sie nicht wundern, dass ich ein Beispiel hervorheben möchte, nämlich das Festival ACHAVA, das in deutscher Übersetzung „Brüderlichkeit“ oder „Geschwisterlichkeit“ heißt, hat sich diesem Ziel verschrieben und konnte sowohl mit Blick auf das Programm als auch auf die Zielgruppen als vielfältiges Festival in der Thüringer Kulturlandschaft etabliert werden.
Teile des Programms „Workshops für Kinder und Jugendliche“ fanden auch hier im Landtag statt. Bundesweite mediale Aufmerksamkeit erhielt das Projekt „Das bewegte Land“, das die für die Reformation wichtige Landschaft entlang der Saale zwischen Jena in Thüringen und Naumburg in Sachsen-Anhalt mit Kunstperformances entlang der Bahnstrecke zwischen den beiden Städten erschloss. Man saß also im ICE – als er noch fuhr zwischen Naumburg und Jena – bzw. im Zug und saß dort im Zuschauerraum und die Landschaft war die Bühne.
Ein weiteres sehr wichtiges Projekt, auf das ich auch gleich noch mal weiter eingehe, war die Etablierung und der Ausbau des Lutherwegs. Er hat etliche zivilgesellschaftliche, vereinsgetragene Aktivitäten gestärkt oder sogar erst initiiert. Beispielhaft möchte ich nennen: das Informationszentrum in Reinhardsbrunn als Ort der Begegnung, der Rast und Ruhe sowie die Katharinenspange, die ich selbst mitgewandert bin, die den Rundweg um Gera als Teil des Lutherweges abkürzt. Das Land hatte bei sehr vielen Projekten vor allem aktivierende Funktion. Aufgrund der Bedeutung der freien Kul
turträger hat sich die Landesregierung bei der Durchführung eigener Maßnahmen vor allem auf Rahmenveranstaltungen und werbende Maßnahmen konzentriert. Dazu zählt natürlich die Eröffnungsveranstaltung am 11. November 2016 in Eisenach und auf der Wartburg. Sie war sicherlich ein Höhepunkt des Jubiläums.
Nur noch mal zur Erinnerung: Etliche Mitglieder des Landtags und der Landesregierung waren ja vor Ort. Es war bei Weitem nicht nur ein staatlicher Festakt, sondern ein Ereignis, in das die Stadtgesellschaft in Eisenach, Vereine, Kirchengemeinde, Künstler aktiv eingebunden waren. Und es war auch, als wir das vorbereitet haben, ein ganz wichtiges Anliegen der Landesregierung und auch ein Wunsch der Stadtspitze in Eisenach, zu sagen, wir müssen etwas entwickeln, was die Menschen und die Bürger mitnimmt und nicht nur etwas sozusagen Staatstragendes für wenige Ausgewählte. Wie gesagt, eine Übersicht der geförderten Projekte im Kulturbereich gebe ich gern zu Protokoll.
Zur zweiten Frage: Die Landesregierung hatte sich durch das Jubiläum natürlich einen Push erhofft. Das wurde mehr als erfüllt. Durch das Reformationsjubiläum und die vorangegangene Dekade wurden in erfreulichem Maß Kooperationen über institutionelle Grenzen von kirchlichen und säkularen zivilgesellschaftlichen Trägern und Kommunen hinweg initialisiert. Das kooperative Miteinander hat zur Stärkung des kommunalen Gemeinwesens beigetragen.
Die Ausstellungsvorhaben Cranach und „Die Ernestiner“ habe ich schon erwähnt, sie haben zur Verbesserung und Intensivierung der Zusammenarbeit unserer im Kulturbereich großen Stiftungen beigetragen. Die Stiftungen habe ich schon erwähnt.
Als sehr fruchtbar hat sich das Netz der Reformationsforschung Thüringen erwiesen, also der Forschungsaspekt des Reformationsjubiläums. Es wurde zum Austausch zwischen universitärer Forschung und forschenden Kultureinrichtungen gegründet. Das Netzwerk, zu dem neben der Universität Jena, der Forschungsbibliothek Gotha und der Hochschule für Musik zum Beispiel auch unser Landesarchiv und die eben schon benannten kulturellen Stiftungen gehören, soll weiterarbeiten und es will auch weiterarbeiten. Denn das genau ist ja der Effekt, der erreicht wurde. Über die themenbezogene Zusammenarbeit über Jahre, über die gesamte Reformationsdekade haben sich die Institutionen, die dort arbeitenden Fachleute kennen- und schätzen gelernt. Sicherlich haben sich etliche auch vorher schon gekannt. Und trotzdem, durch diesen Impuls Reformationsjubiläum ist eine starke Zusammenarbeit mit viel Erkenntnisgewinn, auch Spaß an weiteren Projekten erwachsen. Sie möchten weiterarbeiten, das sollen sie auch und das wollen wir auch möglich machen.
Für die Kooperation im Bildungsbereich bestand die Arbeitsgemeinschaft Schule und Bildung. Auch die soll weiterarbeiten. Sie hat jetzt den Titel „Religiöse Bildung“ und steht unter der Leitung des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien, kurz ThILLM, und des Augustinerklosters in Erfurt. Treffen sind zunächst zweimal jährlich vorgesehen. Auf investive Maßnahmen gehe ich dann später unter Punkt 8 noch ein.
Zum Dritten, touristische Entwicklung, touristische Nutzung: Das in ganz Deutschland begangene Jubiläum „500 Jahre Reformation“ wurde in der touristischen Vermarktung Thüringens national wie international natürlich intensiv genutzt und das haben Sie ja auch deutlich mitbekommen. Im Ergebnis wurde 2017 mit 9,9 Millionen Übernachtungen insgesamt der höchste Wert seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen 1990 erreicht. Dies entsprach einem Plus von 1,9 Prozent gegenüber 2016. Bei den Gäste-Ankünften fiel die Steigerung mit 3,3 Prozent sogar noch höher aus. Besonders erfreulich ist, dass wir in den touristisch mit dem Reformationsjubiläum besonders beworbenen Märkten – wir hatten ja gesagt, die reformatorischen Länder, dort wo besonders viele protestantische Kirchen sind, viel reformatorisches Erbe, die bewerben wir ganz besonders – auch eine sehr deutliche Steigerung erreichen konnten. Insgesamt kamen 2017 knapp 10 Prozent mehr Gäste aus dem Ausland. Die höchste Steigerung entfiel auf Gäste aus den USA mit 35,5 Prozent und Dänemark mit 22,5 Prozent bei den Übernachtungen. Die ausführliche Statistik zu Gästeübernachtungen 2009 bis 2017 wurde dem Landtag im Rahmen einer Anfrage bereits übermittelt.
Es gab auch Steigerungen aus den beworbenen Märkten in Asien – nicht gerade reformatorische Kernländer, dennoch eine Steigerung um 16 Prozent –, aber auch aus Schweden, der Schweiz und Österreich kamen mehr Gäste. Auch die Lutherstädte Wartburg und Erfurt hatten 2017 deutlich mehr Besucherinnen und Besucher. Die Wartburg habe ich gerade schon erwähnt, nicht nur mit der Nationalen Sonderausstellung, sondern während sie sonst etwa 350.000 Besucher im Jahr hat, konnte sie im Jubiläumsjahr rund 459.000 Gäste begrüßen. Die Stadt Erfurt hat auch ein deutliches Plus an ausländischen Übernachtungen von circa 13 Prozent erreicht, ganz vorn dabei die US-Amerikaner. Neben der reinen Übernachtungs- und Auskunftsstatistik kann Thüringen auch auf ein gesteigertes mediales Interesse im In- und Ausland verweisen. So erschienen zum Beispiel nach betreuten Pressereisen, die die TTG unternommen und organisiert hat, Artikel in Le Figaro, Frankreich, aber auch in Schweizer und österreichischer Presse. In den USA nahmen etwa 20 Reiseveranstalter, darunter namhafte Reiseveranstalter, die Destination Thüringen neu in ihre Kataloge auf. Vorher war
Thüringen sicherlich ein unbekanntes Reiseziel. Eine Gesamtzahl der erfolgten Buchungen lässt sich hingegen nicht entwickeln, da diese Zahlen nicht erfasst werden können. Ich will als Fazit sagen, was die USA angeht: Die Chance USA haben wir gesehen, wir haben sie genutzt, die TTG hat den Markt stark beworben, der Ministerpräsident ist gereist, hat eine sicherlich auch große Werbereise gemacht. Die Ausstellung hier, an der sich Thüringen beteiligt hat, war ein Beitrag. Wir haben ein wichtiges Ziel erreicht, nämlich dass Thüringen in Reisekatalogen jetzt überhaupt Erwähnung findet. Das ist natürlich ein Ansporn. Selbstverständlich können wir uns darauf auf keinen Fall ausruhen, sondern müssen darauf aufbauen.
Lassen Sie mich zum Punkt 4 – der konzeptionelle Leitgedanke Thüringen als Lutherland – vorausschicken, dass aufgrund des Erkenntnisfortschritts und der Debattenentwicklung, ich habe gerade die Reformationsdekade erwähnt, es innerhalb der Dekade eine begriffliche Veränderung gegeben hat, die Stärke auf die Reformation als Ganzes als nur auf die Person Luther orientiert. Darauf komme ich unter Punkt 7 auch noch einmal. Das ist insofern von Bedeutung, als das heutige Thüringen nicht nur der zentrale Wirkungsort Martin Luthers war, sondern auch mit anderen Protagonisten der reformatorischen Bewegung verbunden ist. Dies reicht bis zum Bauernkrieg, dessen 500. Jahrestag 2025 bevorsteht und dem die nächste Thüringer Landesausstellung gewidmet sein soll. Der breitere Ansatz war durchaus eine Grundlage für Engagement für Ort. Dass nicht nur Martin Luther im Mittelpunkt stand, sondern Reformation insgesamt, hat für viele Menschen, für Vereine einen Anlass gegeben zu sagen, dann engagieren wir uns und auch für die Behandlung eines breiteren wissenschaftlichen Spektrums. Ich möchte exemplarisch nur an die kleine Ausstellung erinnern, wie sie in Orlamünde stattfand, zu Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, oder eine Tagung zum Prager Theologen Jan Hus an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, in der dieser als quasi Vorläuferreformator behandelt worden ist. Als besonders herausragendes Beispiel der Kooperation von freien Trägern und Schulen möchte ich das Projekt der Kinderbibel hervorheben, das von der literarischen Gesellschaft Thüringen und Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Klassenstufen und Schularten über mehrere Jahre hinweg umgesetzt wurde. Eine Förderung erfolgte nicht nur vom Freistaat, sondern auch vom Bund. Eine Wanderausstellung des ThILLM zum Thema „Martin Luther und der kulturelle Wandel im konfessionellen Zeitalter“ wurde erarbeitet und reichlich ausgeliehen. Zu den Themen „Bibelübersetzung“ und „Bauernkrieg“, also den nächsten anstehenden 500. Jahrestagen, soll die Ausstellung überarbeitet werden. Aus dem Netzwerk Reformationsforschung, was ich gerade schon erwähnt habe, wurde das digitale Reformationsportal erarbeitet
eins meiner Lieblingsprojekte, weil ich mich gern darauf getummelt habe, weil es so schön ist, wenn man sich auch als Laie ganz wunderbar besondere reformatorische Dokumente ansehen kann. Die Federführung lag beim Landesarchiv, wir haben sie jetzt an die FSU Jena übergeben.
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Fiedler, die Staatssekretärin hat jetzt das Wort. Der Abgeordnete ist in seinen Handlungen frei, so auch die SPDFraktion.
Zum Reformationsportal: Reformationsportal.de, Herr Fiedler. Die Quellen sind so aufbereitet, dass sie sich auch für die Verwendung im Schulunterricht oder für die Erwachsenenbildung eignen. Einzeldokumente wurden auch ins Thüringer Schulportal übernommen und stehen den Lehrkräften zur Verfügung. Dies und die Ausführungen, die ich vorher schon gemacht hatte, deuten bereits an, dass Thüringen als Reformationsland wirklich weiterentwickelt worden ist.
Wir haben gesagt, wir weiten es auf Reformationsland aus und dennoch – das haben Sie mitbekommen –, Martin Luther ist sozusagen die Marke und eine äußerst populäre Figur auch zur Namensgebung verschiedenster Produkte – die will ich nicht alle aufzählen –, wie das „Luther Bier“ und, und, und bis hin zur Playmobilfigur. Darum kommt man nicht herum und deshalb wird diese Leitmarke „Luther“ auch weiter gepflegt werden. Wir setzen darauf und haben darauf gesetzt, dass Reformation weitergedacht ist und man flankierende Aspekte der Reformation begleitend in der Vermarktung mitnimmt.
Punkt 5, die Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren: Ich bin auf manches schon eingegangen, wie die Zusammenarbeit mit Wissenschaft, mit Zivilgesellschaft funktioniert hat. Es zeigte sich hier der Vorteil des Ansatzes einer Themendekade, die manchmal durchaus auch kritisch gesehen wurde ob des Risikos der Ermüdung oder Übersättigung, weil über so viele Jahre auf Reformation und Jubiläumsjahr hingearbeitet wurde. Über diese Jahre sind aber in besonderem Maße Akteure zusammengekommen und konnten und haben Projekte abgestimmt, zusammen entwickelt und auch durchgeführt.
Im Tourismus gab es seit Beginn der Dekade, dadurch, dass man das Thema so lange schön aufbauen konnte, eine intensive Zusammenarbeit in regelmäßigen Arbeitstreffen mit Kirche und Touristikern. Die TTG hat beispielsweise in der AG Tourismus, initiiert von der Staatlichen Geschäftsstelle „Luther 2017“, die in Wittenberg saß, regelmäßig mitgewirkt. Kampagnethemen und Schwerpunkte wurden zwischen der Staatskanzlei bzw. dem damaligen Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur unter Minister Matschie und der TTG abgestimmt. Zusammengearbeitet wurde auch bei den Auslandsreisen des Ministerpräsidenten, bei denen touristische Öffentlichkeitsarbeit eine wichtige Rolle spielte.
Ein weiteres touristisch und in der Zusammenarbeit sehr wichtiges Projekt ist der inzwischen über 1.000 Kilometer lange Lutherweg. Hier war die Hilfe von Wegewarten und Kirchenvertretern unerlässlich. Auch bei der dazu von der TTG entwickelten Luther-App brachte sich das in Thüringen mittlerweile fest etablierte Netzwerk ein. Ich habe eingangs die Beispiele am Lutherweg, vereinsgetragen, schon benannt. Die machen alle noch weiter – so ist es nicht –, die sind alle noch immer fleißig dabei.
Die länderübergreifende Zusammenarbeit: Im deutschen Föderalismus ist es ja so, die Länder stehen in der Regel in einem gewissen Rahmen im Wettstreit oder Wettbewerb, insbesondere bei Themenfeldern ihrer Zuständigkeit. Das ist nun mal die Kultur und es ist der Tourismus, es ist auch die Bildung. Jedes Bundesland hat seine politischen und auch verwaltungstechnischen Eigenheiten. Das können Hürden in der Zusammenarbeit sein, das muss man, darf man, braucht man nicht zu verhehlen. Dennoch haben die mitteldeutschen Länder früh erkannt, dass bei einem so wichtigen, national bedeutsamen und international bedeutsamen Ereignis wie dem Reformationsjubiläum in der Zusammenarbeit letztlich Gewinn liegt, viel Gewinn liegt, und man gemeinsam überregional eine viel größere Wirkung entfalten kann. Zur Koordinierung der Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern und dem Bund wurde bei der „Stiftung Luthergedenkstätten Sachsen-Anhalt“ in Wittenberg eine Geschäftsstelle eingerichtet. Zur Steuerung der Geschäftsstelle und als Austauschforum für die beteiligten Bundesländer und den Bund ist ein Aufsichtsausschuss eingesetzt worden. Daneben bestanden etliche weitere Gremien – die will ich gar nicht alle aufzählen, denn es waren tatsächlich viele –, in denen die Bundesländer und der Bund mit den Kirchen zusammengearbeitet haben. Die Geschäftsstelle selbst wird zum Ende des Jahres 2018 ihre Arbeit einstellen. Obwohl die Koordination der unterschiedlichen Beteiligten aus dem staatlichen und kirchlichen Bereich wirklich mit großem Aufwand verbunden war, konnten doch die wichtigsten Ele
mente des Außenauftritts geeinigt werden. Damit hat man auch gearbeitet. Sie kennen das Logo mit dem berühmten Cranach-Gemälde, den Claim. Die gemeinsame Website „Luther 2017“ habe ich schon erwähnt. Darüber wurde Einigkeit erzielt. Für die drei musealen Hauptprogrammpunkte des Jahres 2017, die nationalen Sonderausstellungen, konnte über die Geschäftsstelle ein gemeinsamer, sichtbarer Werbeauftritt unter dem Claim „3xhammer.de“ realisiert werden. In dem touristischen Marketing für das Reformationsjubiläum wirkten in der vorher schon erwähnten AG Tourismus mehrere Bundesländer gemeinsam mit der Deutschen Zentrale für Tourismus mit. Besonders intensiv gestaltete sich die Kooperation mit Sachsen-Anhalt und Thüringen für den US-Markt. Beide Länder etablierten für diesen seit 2008 die Marke LutherCountry. Bei der Ausrichtung des ersten Germany Travel Mart in Thüringen 2015 stand unter der Regie der Deutschen Zentrale für Tourismus die Vermarktung des Reformationsjubiläums im Fokus. Rund 600 Reiseveranstalter und Journalisten aus über 40 Ländern lernten beim größten Incoming Workshop Deutschlands und den damit verbundenen Studienreisen nicht nur Thüringen, sondern auch die Lutherstätten in Sachsen-Anhalt und Sachsen kennen. Eine gemeinsame Pressekonferenz der drei mitteldeutschen Wirtschaftsminister, Herr Tiefensee, Herr Dulig und Herr Prof. Willingmann, anlässlich der ITB 2017 resümierte die bis dato erzielten Erfolge.
Ich will aber ehrlich sein: Nicht zu übersehen ist und war, dass zwischen den Bundesländern, die für die historischen Haupthandlungsräume der Reformation Verantwortung tragen, trotz der oben benannten Erfolge gemeinsamen Handelns eine produktive Konkurrenz geherrscht hat. So haben wir es immer genannt. Es ist leider nicht immer gelungen – ich sage durchaus „leider“ – gemeinsam zu agieren. Thüringen und auch die TTG haben sich allerdings immer offen für Kooperationen gezeigt.
Aus Informationen der Landesregierung SachsenAnhalts geht hervor, dass auch Sachsen-Anhalt eine positive Bilanz ziehen konnte. Es wurden dort seit 2008 circa 80 Millionen Euro für das Jubiläum aufgewandt, darunter 60 Millionen Euro investiv und 20 Millionen für die Projektarbeit. Zu Sachsen liegen der Thüringer Landesregierung keine Bilanzinformationen vor. Der Bund hat auf die erfolgreiche Kooperation unterschiedlicher Partner verwiesen. Projekte hätten auf Weltoffenheit orientiert, seien nachhaltig gewesen und von gesellschaftlicher Relevanz geprägt worden.
Das Fazit aus den Erfahrungen des Reformationsjahres für künftige Großereignisse: Durch die langfristige Vorbereitung ist es gelungen, wichtige infrastrukturelle Maßnahmen einschließlich der ganzen denkmalschützerischen Sanierungsarbeiten so umzusetzen, dass es im haushalterisch vertretbaren und steuerbaren Umfang war, denn für solche Sa
nierungsprozesse brauchen sie Jahre Zeit, und so war es gut, dass man 2008 mit dem Reformationsjubiläum startete, sodass die Vorbereitungszeit entsprechend war. Gerade hier hat die Vorbereitung im Rahmen der Dekade wirklich geholfen.
Mit dem gemeinsamem Signet der am Jubiläum beteiligten Partner – das Logo habe ich gerade erwähnt – konnte eine Marke mit Wiedererkennungswert platziert werden. Auch ein Markenaufbau braucht Zeit. Im touristischen Bereich konnte mit dem Thüringer Lutherwanderweg, der auch nach und nach erst aufgebaut werden musste, zusammen mit kommunalen Partnern ein neuer Premiumwanderweg etabliert werden, der über Verbindungspunkte bundeslandübergreifend genutzt werden kann. Die lange Vorbereitungszeit machte es möglich, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum historischen Prozess der Reformation und seinen Protagonistinnen und Protagonisten zu entwickeln, zu diskutieren und in die Gestaltung des Jubiläumsprogramms einzuspeisen. Exemplarisch möchte ich mal auf die Haltung Martin Luthers zur jüdischen Bevölkerung hinweisen, die heute deutlich kritischer gesehen wird als noch zu Beginn der Dekade, und an die Bereitschaft, Reformation stärker in einem breiten Prozess zu betrachten und weniger als ausschließlich mit der Person Luthers verbundenes Ereignis. In diesem Sinn hat noch während der Dekade ein Begriffswandel von Luther-Jubiläum zu Reformationsjubiläum eingesetzt. Also das Maß an Selbstreflexion, das hier in der Gesellschaft und über alle Landesregierungen hinweg vonstattenging, möchte ich hervorheben.
Die Vielzahl der öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen über diese ganze Zeit Reformations- und Lutherdekade machte es durchaus schwer, den Spannungsbogen bis zum 31. Oktober 2017, dem offiziellen Ende, zu halten. Der Wunsch, möglichst viele Akteure auf den unterschiedlichsten Ebenen in die Entscheidungsprozesse einzubinden, hat dazu geführt, dass gleich mehrere Steuerungsgremien eingerichtet worden sind, die sich teils ähnlichen Dingen gewidmet haben. Dies hat zu einem erheblichen Aufwand bei Vorbereitung, Teilnahme und Nachbereitung geführt. Bei künftigen Großereignissen sollte darauf geachtet werden, dass die Diskussions- und Entstaltungsstrukturen klarer konturiert werden. Wir haben bereits daraus Konsequenzen gezogen, denn die Strukturen zum Bauhausjubiläum sind schon schlanker. Es gibt eine Geschäftsstelle – diesmal Sitz in Weimar, nicht in Wittenberg, die haben wir jetzt nach Thüringen geholt –, es gibt ein Kuratorium, das ist politisch besetzt, und es gibt einen Lenkungsausschuss, der die Arbeitsebene vertritt.
Im touristischen Bereich wurde die Kooperation mit Sachsen-Anhalt für den US-Markt vor dem Hintergrund des Bauhausjubiläums verlängert. Derzeit ist eine weitere Fortführung bis 2021/22 in Planung.
2021/22 – kurz zur Erinnerung – ist das 500-jährige Jubiläum der Übersetzung des Neuen Testaments auf der Wartburg. Es soll eine gemeinsame Promotion Tour der Tourismusgesellschaften Thüringens und Sachsen-Anhalts in den USA im April 2019 geben. Ein neues Format, der internationale Mediensummit 2018 der Deutschen Zentrale für Tourismus führt circa 120 internationale Pressevertreter im Oktober dieses Jahres in Weimar zum Thema „Bauhaus 100“ zusammen.
Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen – weil ich jetzt bilanziere und wir schon in die Vorausschau kommen –, auch der Vorgängerregierung für ihren Beitrag und die konsequente Förderung bei der erfolgreichen Gestaltung des Jubiläums zu danken.
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wenn schon die SPD nicht da ist, dann wenigstens eine anständige Meinung!)
Ich komme zu den Kosten, die Finanzministerin sitzt an ihrem Platz. Der Freistaat Thüringen hat im Zeitraum 2010 bis 2018 Mittel in Höhe von rund 60 Millionen Euro für die Planung, Durchführung und Umsetzung der Dekade und des Jubiläums aufgewandt. Darunter waren 26,6 Millionen Euro Städtebaumittel; 12,5 Millionen Euro Denkmalschutzmittel; 1,8 Millionen Euro für den Lutherweg und 1,5 Millionen Euro für die Instandhaltungsmaßnahmen an der Wartburg.