Protocol of the Session on August 30, 2018

Im Gegenteil: Die Flüchtlingsausgaben sinken signifikant.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das habe ich doch gesagt!)

Die Flüchtlingsausgaben sinken signifikant, aber die Aufgaben des Staates, die Sie auch beschrieben haben, im Bereich der Familienpolitik, aber auch im Bereich der Wohnungspolitik, in allen möglichen Bereichen, wo investiert werden muss, bleiben konstant hoch. Die bleiben aber nicht nur für eine Bevölkerungsgruppe hoch, sondern für alle Menschen, die hier leben wollen. Und auch deshalb wäre es falsch, diese Steuer jetzt zu senken, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den fiskalischen Dingen haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon alles Wichtige gesagt. Ihr Gesetzentwurf ist fachlich völlig falsch. Sie gehen im Fall der Annahme Ihres Vorschlags von 20 Millionen Euro Mindereinnahmen aus. Tatsächlich, wenn Sie in den Haushalt schauen, den wir beschlossen haben, und die Mittelfristige Finanzplanung, wären mit Ihrem Vorschlag 44 Millionen Euro Einnahmeausfälle zu beklagen, für die Sie keinerlei Vorschlag machen. Sie greifen mit dem Vorschlag in einen beschlossenen Landeshaushalt ein, wo Sie sich nicht mal die Mühe gemacht haben, den Versuch zu unternehmen zu sagen, wie das finanziert werden kann.

Meine Damen und Herren, das sind für uns auch Gründe, Ihren Gesetzentwurf nicht zu unterstützen und keiner Verweisung zuzustimmen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als weiterer Redner erhält Abgeordneter Möller von der AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, Herr Müller hat aus meiner Sicht ein wahres Argument gebracht, das im Grunde lautet – verkürzt gesprochen –: Wir wollen die Knete einfach behalten. Wir wollen sie behalten, weil wir davon unsere Projekte finanzieren möchten. Das war aber auch wirklich das einzige Argument, das man gelten lassen kann und das tatsächlich dafür spricht, diesen Gesetzentwurf abzulehnen, wenn man das für wichtiger findet, als beispielsweise Familien oder die Bevölkerung im Allgemeinen zu entlasten, so wie das unser Gesetzentwurf vorhat. Denn, meine Damen und Herren, alle weiteren Argumente, die Sie gebracht haben, sind an den Haaren herbeigezogen und dienen im Grunde genommen nur der mühsamen Kaschierung dessen, dass Sie eigentlich eine wirklich sachliche Auseinandersetzung über das Für und Wider einer Grunderwerbsteuersenkung – einer sehr moderaten Grunderwerbsteuersenkung – überhaupt nicht möchten, dass Sie das sozusagen verhindern möchten.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will das mal an ein paar Beispielen festmachen. Sie kritisieren zum einen, dass wir kein Konzept für die Gegenfinanzierung haben. Das ist natürlich falsch, denn zum einen haben wir beispielsweise auf die entsprechenden Mehreinnahmen aus Ihrem Zahlenwerk verwiesen. Und wie gesagt: Das sind Zahlen von Ihnen, von der rot-rot-grünen Koalition; ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommen, uns dann vorzuwerfen, die wären falsch. Ihr Vorwurf würde sich zuallererst gegen Sie selbst wenden. Und zum Zweiten das wirklich putzige Argument, man dürfe doch die Grunderwerbsteuer nicht mit der Finanzierung von Asylkosten in Verbindung bringen. Ja, meine Damen und Herren, wir waren es doch nicht. Sie waren es, Sie haben damals, 2015, diese entsprechende Behauptung aufgestellt. Sie können das heute noch im Internet nachlesen, beispielsweise bei der „Südthüringer Zeitung“. Da ist das genauso begründet, mit den Asylkosten, die zum Teil über diese Grunderwerbsteuer finanziert werden sollen, und nach Ihren eigenen Aussagen sind diese Asylkosten mittlerweile deutlich gesunken.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Das ist doch kein Benehmen!)

Das spricht schon mal dafür, dass man eine einmal gemachte Erhöhung entsprechend absenkt, Herr Huster.

Und zum Dritten: Sie haben ja sehr langfristig argumentiert – Sie sind bereits mit dem Jahr 2010 eingestiegen –, haben gesagt, man hat die Grunderwerbsteuer sukzessive hochgetrieben, weil man damit auch den Auslauf des Solidarpakts und die befürchtete Deckungslücke finanzieren möchte. Aber auch da muss ich Ihnen sagen: Die Welt hat sich weitergedreht, wir wissen mittlerweile, dass über den neuen Länderfinanzausgleich keine Deckungslücke entsteht. Herr Ramelow hat zwar grottenschlecht verhandelt, er hätte mehr rausholen können, das wissen wir alle, aber zumindest entsteht keine Deckungslücke. Auch das ist ein vernünftiger Ansatzpunkt, dann heute zu sagen: Ja, dann lasst uns doch wenigstens, wenn diese Deckungslücke, die Sie befürchtet haben, so doch nicht eintritt, darüber reden, die Menschen zu entlasten.

Dann kann man natürlich überlegen, welche Gründe es noch gibt, die gegen eine Grunderwerbsteuerabsenkung sprechen. Herr Kowalleck hat offenbar darauf hingewiesen. Er sagt zwar einerseits: Klar, vom Grundsatz her wollen wir das auch, sogar die 1,5 Prozent finden wir schlecht, aber wir hätten gern noch einen Freibetrag. Das ist jetzt nicht wirklich ein Argument zu sagen, die Grunderwerbsteuersenkung lehnen wir ab. Oder es ist erst recht kein Argument zu sagen, dass man nicht mal einer Überweisung an den Ausschuss zustimmt. Denn da hätte man noch über diverse andere Themen mit sprechen können.

Was ich auch nicht als Argument verstehen kann – ich denke mir, Sie werden da zumindest einige Probleme bekommen, wenn Sie sich mit Ihren Wählern aus dem gewerblichen Bereich unterhalten –, warum Sie ausgerechnet damit argumentieren, dass eine Grunderwerbsteuersenkung möglicherweise auch für Gewerbetreibende ein Vorteil wäre. Ich sehe darin keinen Nachteil, ich sehe darin eher einen Vorteil einer Grunderwerbsteuersenkung. Ich meine, es muss doch nicht sein, dass nur Familien davon profitieren, wir haben doch auch genügend Druck auf unseren Unternehmen, dass man die auch mal entlasten könnte.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die haben nichts davon, das ist eine Betriebs- ausgabe!)

Und da haben wir hier nun mal in Thüringen nur wenige Stellschrauben. Eine davon ist die Grunderwerbsteuer, da hätte man also durchaus was gekonnt.

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Das ha- ben Sie alles nicht ausgeführt! Jetzt erzählen Sie was ganz anderes!)

(Abg. Huster)

Deswegen erzähle ich es Ihnen ja jetzt. Ich meine, Sie sind ja auf das Argument gekommen. Und, Herr Kowalleck, dafür sind Ausschüsse da, um solche Fragen im Detail zu klären. Ich kann mich erinnern: Wir haben hier schon hoch defizitäre Gesetzentwürfe an Ausschüsse überwiesen, da dümpeln sie jetzt dahin, weil man mit ihnen nicht wirklich etwas anfangen kann, weil die Anhörungsergebnisse von Sachverständigen so grottenschlecht waren. Da muss ich sagen: Da hat der Gesetzentwurf eine ganz andere Flughöhe, den könnte man ohne Weiteres diskutieren, wenn man nur wollte. Man will es aber nicht, weil es von der falschen politischen Kraft kommt. Damit entlarven Sie sich wieder mal selbst, sie scheuen nämlich die demokratische Auseinandersetzung mit Anträgen der AfD,

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Demo- kratisch und AfD in einem Satz zusammen, das geht gar nicht!)

auch wenn sie im Prinzip Gedanken aufgreift, die Sie selbst alle mit sich rumtragen. Und das ist einfach nur peinlich. Danke.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer wollte nicht mal den Gesetzentwurf an den Ausschuss überwei- sen? Natürlich die AfD!)

Für die Landesregierung gebe ich Finanzministerin Taubert das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zunächst mal kommt aus den Redebeiträgen der AfDFraktion eines deutlich zum Ausdruck: Sie wollen Menschen, die sich Wohneigentum anschaffen wollen und die nicht vermögend sind, weismachen, dass Sie für sie streiten. Und gerade die Ausführung von Herrn Möller hat bestätigt, was schon in einigen Redebeiträgen zum Ausdruck kam: Unterstützt werden aber diejenigen, die vermögender sind. Insofern – ich möchte mir hier keinen Ordnungsruf einhandeln – will ich auf diese Diskrepanz außerordentlich hinweisen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich nun Abgeordnete wäre, könnte ich mir den locker einhandeln, das will ich an der Stelle aber nicht tun.

Zum Zweiten will ich auch bemerken: Herr Kießling hat im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuersenkung erzählt, dass man sich sicher auf der Straße bewegen soll, dass Kinder sich sicher auf der Straße bewegen sollen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Ich habe aus der Studie zitiert – aus der Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung!)

Herr Kießling, wollen Sie uns weismachen, dass man sich nur noch in Eigenheimgebieten oder in Gebieten, wo Wohneigentum in Reihenhäusern stattfindet, sicher bewegen kann?

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das ist Ihre Argumentation!)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ja, gut, Sie haben es aber als Argument

(Unruhe AfD)

für die Grunderwerbsteuersenkung benannt, und Sie haben es ganz bewusst genommen, ähnlich wie die Argumente von den Kollegen hier vorgetragen worden sind, wie Sie das Thema auch mit anderen Themen verbunden haben.

Ich will auch etwas zur Geburtenrate sagen. Das haben Sie geflissentlich vermieden: Die Geburtenrate ist ja nicht nur in Bayern an bestimmten Stellen gestiegen. Die ist auch im Eichsfeld gestiegen und das trotz unserer Grunderwerbsteuer.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das habe ich doch! Das war auch aus der Studie heraus!)

Ja, es wäre aber sinnvoller gewesen, für Thüringen zu sprechen, denn Sie sprechen bei dieser Gesetzesänderung ja von Thüringen und nicht für andere Bundesländer. Also das ist weit hergeholt. Ja, Sie haben es als Argument genommen, dass 3,5 Prozent in Bayern – am besten noch im Ballungsraum München – weniger Geld sind, also Bargeld sind oder überwiesenes Geld sind, als 6,5 Prozent in Thüringen. Und Sie haben auch Gera erwähnt. Also wer sich in Gera und der Region – die kennen nun Herr Huster und ich sehr gut – Wohneigentum anschaffen will, der hat immer Möglichkeiten, sehr preiswert zu Wohneigentum zu kommen, sogar noch zu großen Grundstücken, weil Nachfolger gesucht werden. Daran liegt es nicht.

Aber das wichtigste Argument ist, dass wir uns – auch das ist angesprochen worden – durch die Bundesgesetzgebung nicht so frei bewegen können. Sie haben es übersehen oder Sie wollten es nicht sehen. Die Länder haben keine allumfassende Ermächtigung zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer. In Artikel 105 Abs. 2 a Satz 2 des Grundgesetzes steht nämlich, dass wir lediglich die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes haben. Das heißt, wir können nicht wählen. Wir haben eben keine Berechtigung zur Einführung eines zusätzlichen Steuersatzes für ganz bestimmte Fälle und schon aus diesem Grunde lohnt es nicht, den Gesetzentwurf auch in den

(Abg. Möller)

Ausschüssen zu diskutieren, weil es dann gar nicht um den Inhalt geht, sondern um das Grundsätzliche.

Ich will auch noch was dazu sagen, weil mich das schon gewurmt hat, Herr Kowalleck: Sie haben ganz allgemein von Steuersenkungen gesprochen, die R2G propagiert und fordert. Sie haben leider nicht die Antwort auf den Kollegen der Linksfraktion gegeben, der die Frage gestellt hat, was Sie da meinen. Mich würde das auch interessieren.

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Das war in Bezug auf die Debatte vor der Sommer- pause!)

Ja, aber jetzt erzählen Sie doch mal. Ich meine, ich kann Sie jetzt von hier nicht fragen, aber Sie sind uns die Antwort schuldig geblieben. Wir haben nicht für Steuersenkungen gesprochen. Hier aus dieser Reihe, R2G, ist das nicht der Fall gewesen. Sie können trotzdem kein Beispiel benennen und insofern finde ich das schon eine schwierige Angelegenheit, wenn Sie so tun, als ob wir …

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Das steht doch im Plenarprotokoll!)

Es wäre ja nett gewesen, wenn Sie uns den Hinweis gegeben hätten, weil wir das vielleicht vergessen hätten. Wäre ja nicht die Frage.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann kann man es ja nachlesen!)

(Beifall DIE LINKE)

Aber insofern ist es nur einfach reingeschmissen und nicht darauf eingegangen. Sie konnten keine Beispiele nennen, das ist außerordentlich bedauerlich. Und ich will ein Letztes sagen: Natürlich werden mit diesem Gesetzentwurf wiederum – und das ist natürlich ein Steuerausfall, weil der Haushalt beschlossen ist, das ist auch schon erwähnt worden – die Nachteile in diesem Gesetzentwurf auf den Staat abgewälzt, also sozialisiert, und die Vorteile bleiben bei Maklern und Notaren. Mir geht es nicht darum, den beiden Berufsgruppen jetzt was Schlechtes – Herr Warnecke lacht –, darum geht es gar nicht, sondern es geht darum: Wenn man so was machen will, dann muss man sich natürlich auch darum bemühen, junge Familien, die nicht vermögend sind und die sich Wohneigentum anschaffen wollen, insgesamt zu entlasten, dann muss es auch an dieser Stelle sein, das kann nicht nur einseitig erfolgen. Herzlichen Dank.