Bevor ich einige Formalien als Regierungsvertreter hier an diesem Pult bei einer Schlussdebatte zu einem Gesetz absolvieren muss, möchte ich natürlich auch auf einige der Vorrednerinnen und Vorredner eingehen.
Herr Abgeordneter Henke, ich bin mir nicht sicher, ob Sie genau wissen, was Sie hier gesagt haben und was Sie mit Ihren Worten hier anrichten. Sie haben gesagt, einige dieser Fusionen sind in Wirklichkeit nicht freiwillig, nach außen hin freiwillig, sie wurden abgepresst, sie wurden erkauft.
Wissen Sie eigentlich, wie Sie damit die Arbeit von verantwortungsvollen Bürgermeistern, Bürgermeisterinnen, Kommunalpolitikern vor Ort in den Senkel stellen,
die mit viel Akribie und mit viel Weitsicht und Klugheit diese Entscheidungen für ihre Kommunen gefasst haben? Ich glaube, Sie sind sich Ihrer Worte nicht bewusst, die Sie hier sagen. Und es zeigt eigentlich, welche Einstellung Sie zu diesem Thema insgesamt haben. Von Ihren ansonsten recht dürftigen Aussagen will ich noch einen Punkt aufgreifen: Sie haben auf den § 17 abgestellt, wo wir das Beamtenrecht für die kommunalen Beamten in der Nachfolge einer Fusion regeln. Diese Vorschrift folgt schlicht und ergreifend dem ganz normalen Beamtenrecht, wie es in Thüringen, wie es in Deutschland gültig ist. Insofern ist Ihre Kritik an dieser Stelle zurückzuweisen.
Lieber Herr Abgeordneter Fiedler, ich verrate Ihnen jetzt mal ein Geheimnis: Ich hatte vorgestern Nacht einen Traum.
Wir beide haben hier in diesem Rund miteinander diskutiert, und zwar mit der uns beiden gegebenen Leidenschaft gerade bei kommunalen Themen. Und bei Ihren Worten vorhin, muss ich sagen, hatte ich ein Déjà-vu-Erlebnis, also ich habe gestern Morgen schon gewusst, was Sie heute hier sagen.
Aber was ich damit zum Ausdruck bringen will: Sie haben hier in Ihrer Rede das unauflösbare Dilemma Ihrer Fraktion, Ihrer Partei zum Ausdruck gebracht, das Sie zwar nicht offen aussprechen,
das aber in Ihrer Rede immer irgendwo mitschwingt. Entweder Sie geißeln uns dafür, dass wir erstens ein Leitbild haben – die CDU hat nie geschafft, eines zu haben.
Es gab nur ein Leitbild in den 25 Jahren, in denen Sie die kommunalpolitischen Richtlinien bestimmt haben: Das war die Freiwilligkeit, und zwar um jeden Preis. Das hat der Kollege Kuschel, glaube ich, sehr eindeutig dargestellt.
Und Sie geißeln, dass wir ein Leitbild haben. Dann geißeln Sie, dass wir uns vermeintlich nicht an dieses Leitbild halten. Und dann sagen Sie aber, wir sind für freiwillige Fusionen. Sie sollten sich mal entscheiden, lieber Herr Fiedler, gemeinsam mit Ihrer Fraktion, welche Richtung Sie an dieser Stelle in Zukunft einschlagen wollen,
denn es kommt auf die Zukunft an. Ich glaube, dieses Dilemma können Sie derzeit nicht auflösen. Im Übrigen, was das Leitbild betrifft, lieber Herr Kollege, ehemaliger Kollege – Entschuldigung, es kommt noch so ein bisschen durch –, ich will Ihnen
mal einen kleinen Tipp geben: Wenn Sie sich mal die Seiten 31 und 32 des Gesetzentwurfs vornehmen würden, dieser Gesetzentwurf macht genau das, was uns das Thüringer Verfassungsgericht mit dem Urteil am 9. Juni unter anderem auch aufgegeben hat. Es kommt nämlich darauf an, dass ein Leitbild in der konkreten Neugliederung implementiert ist, und genau das liegt hier vor. Das Leitbild ist in diesem Gesetzentwurf enthalten, dem wir uns unterwerfen.
Wenn Sie da genau hinschauen, da finden Sie in diesem Leitbild, in diesem Gesetzentwurf nichts von Abschaffung von Verwaltungsgemeinschaften, finden Sie nicht. Und im Übrigen, das Gesetz, das dieser Landtag mit seiner Mehrheit Ende März, 23. März glaube ich, beschlossen hat, das sogenannte, ich verkürze jetzt den Titel, Weiterentwicklungsgesetz Thüringer Gemeinden, hat eben auch ausdrücklich nicht die Abschaffung des § 46 insgesamt zum Inhalt gehabt, sondern eben nur auf das Mehrheitserfordernis nach § 46 Abs. 1 Satz 2 abgestellt.
Aber diese doppelte Mehrheit ist ja nicht das entscheidende Kriterium; entscheidend ist, lieber Herr Kollege, dass sich die VGs nach wie vor verändern können. Genau dem folgt dieser Gesetzentwurf und – das kann ich in der Perspektive schon sagen – dem folgt auch der nächste Gesetzentwurf für gemeindliche Neugliederungen. So viel dazu.
Sie haben ja eine ähnliche – das hat mich ein bisschen nachdenklich gemacht – Argumentation angeführt wie Herr Abgeordneter Henke, so nach dem Motto: Die machen das ja alles nur mit dem Geld.
Da oben sitzen die Föritztaler. – Liebe Föritztaler, ich grüße euch! – Die hätten das nicht nötig. Sie machen das, weil sie an die Zukunft denken, weil sie eine Perspektive für ihre Region, für den ländlichen Raum auch im Umfeld eines Mittelzentrums denken und nicht nur
so weit denken, wie der Schatten ihres Kirchturms fällt. Das habe ich nämlich auch oft erlebt in den letzten Wochen und Monaten
bei meinen vielen Besuchen in Gemeinderäten, in Verwaltungsgemeinschaftsversammlungen, bei Bürgermeistern. Das ist eine Entscheidung von wahrem Weitblick, das kann ich Ihnen sagen. Ich
bin überzeugt davon, nicht nur dieser Zusammenschluss, auch alle anderen, die in diesem und auch im nächsten Gesetzentwurf enthalten sind, sind eine gute Grundlage dafür, dass Thüringen, dass die Strukturen in Thüringen sich weiterentwickeln und die Entwicklung, die wir nun leider zur Kenntnis nehmen müssen, nämlich die demografische Entwicklung, auch aufnimmt und darauf reagiert. Das ist Pflicht, die verdammte Pflicht einer jeden Landesregierung, das zu tun, und das hätte man früher auch schon viel eher tun sollen. Das sei an dieser Stelle noch mal ganz deutlich angemerkt.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir an dieser Stelle noch ein paar Bemerkungen zu dem Gesetz selbst, denn das ist genau der Teil, den ich vorhin gemeint habe. Als Regierungsvertreter obliegt es mir natürlich auch noch einmal, ein paar wesentliche Aspekte dieses Gesetzes aufzugreifen.
Wie Sie unschwer erkennen können, ist es ein sogenanntes Artikelgesetz. Es gibt insgesamt drei Artikel, wobei die Neugliederung den Schwerpunkt bildet. Da sage ich noch mal in aller Deutlichkeit: Dieser Gesetzentwurf entspricht dem Willen der betroffenen Gemeinden auf freiwillige Neugliederungen ihrer Strukturen und ist sozusagen im höchsten Maße zu respektieren und Ausdruck ihrer Wahrnehmung kommunaler Selbstverwaltung.
Er zeigt aber auch – selbst auf die Gefahr, dass ich mich jetzt wiederhole –, dass all diejenigen, die sich für diesen Schritt entschlossen haben, die Zeichen der Zeit erkannt haben und die Chancen nutzen,
selbstbestimmt und verantwortungsbewusst und vor allen Dingen vorausschauend die von ihnen zu vertretenden Gemeinden weiterzuentwickeln.
Es ist schon ein paar Mal erwähnt worden, ich war wirklich viel unterwegs und habe versucht, mir ein möglichst umfassendes Bild der Situation in Thüringen auf unserer gemeindlichen Ebene zu machen. Natürlich konnte ich nicht überall sein, das ist auch klar. Aber was mir die ganzen Termine gezeigt haben – und da können Sie mir erzählen, was Sie wollen, in offiziellen Verlautbarungen von mir aus –, aber wenn Sie sich auch mit Vertretern Ihrer Partei, die Verantwortung vor Ort tragen, ob das VG-Vorsitzende sind, ob das Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister sind, unterhalten: Die Arbeitsfähigkeit und damit die Qualität der Verwaltungen gerade in den Verwaltungsgemeinschaften sind unser großes Problem und das wird es so lange bleiben, wie es die Verwaltungsgemeinschaften in Thüringen gibt.