Sie haben eben nicht ein sachliches Gegenargument gegen diesen Antrag, gegen diesen Gesetzentwurf eingebracht.
Weder haben Sie etwas zu den Finanzierungsvorschlägen, die wir gemacht haben, gesagt. Die haben wir übrigens im Konkreten gemacht. Wir haben gesagt: Finanzieren Sie es zumindest in der jetzigen Haushaltsphase aus den Mitteln, die aus den Massenorganisationen der DDR Thüringen zufließen. Das würde mehr als reichen. Selbstverständlich geht das, selbstverständlich geht das, Sie wollen es nicht, weil Sie es für andere Sachen eingeplant haben.
Das wäre doch wenigstens mal ein sachliches Argument gewesen, wenn Sie gesagt hätten, warum es nicht geht. Aber nicht mal dazu reicht es, Herr Hey. Was machen Sie? Sie erzählen, wir würden Volksverdummung betreiben. Was ist denn das? Ist das eine sachliche Argumentation? Wir hätten keinen Arsch in der Hose, aber würden Lapaloma pfeifen. Das ist die sachliche Argumentation der SPD-Fraktion hier im Thüringer Landtag?
Meine Güte! Ich sage Ihnen eines, Herr Hey: Unser Gesetzentwurf hat in dem Punkt eine zehnmal höhere Münze als diese wirklich substanzlosen Einwendungen, die faktisch nur darauf hinauslaufen,
diesen Gesetzentwurf zu diffamieren, ohne sich in der Sache mit ihm auseinanderzusetzen. Da passt eigentlich das schöne Bibelzitat von Ihrer Kollegin, von der Oma Ihrer Kollegin sehr gut dazu. Sie müssten ihn vielleicht wirklich mal lesen, dann könnten Sie auch in der Sache argumentieren. Dann würden Sie diese Angelegenheit auch im Interesse der Bürger unseres Landes weiterbringen. So betreiben Sie nichts anderes als die klassische Parteienpolitik, die von Ihrer Bundespartei vorgegeben wird, weiter, die da eben lautet, sich auch mit Sachargumenten der AfD-Fraktion nicht auseinanderzusetzen.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Genau das passiert hier immer, liebe Damen und Herren auf der Zuschauertribüne. Da wird eineinhalb Stunden lang sachlich sehr, sehr fundiert widerlegt, warum dieser AfD-Antrag – ich sage es mal salopp – gar nicht geht, und dann geht dieser Mensch ernsthaft hier vor und sagt, er hätte nicht ein einziges Argument gehört, weshalb das, was er hier vorlegt, auch rechtlich nicht verfängt.
Und dann macht er noch etwas, das muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen: Es gibt – nur dass das hier jeder mal gehört hat – ein sogenanntes PMO-Vermögen, das ist das Partei- und Massenorganisationsvermögen, das ausgekehrt wird von all dem, was aus dem alten SED-Vermögen und anderen Vermögen letzten Endes über die fünf neuen Bundesländer vom Bund ausgeschüttet wird. Da gibt es eine ganz klare rechtliche Regelung, wofür dieses Geld in allen fünf Bundesländern ausgegeben werden darf. Das wissen Sie nicht, weil Sie erst seit Kurzem im Landtag sind, weil Sie
eine neue Partei sind, weil Sie aufrecht sind und wir alle hier ehrlich gesagt gar keine Ahnung haben. Zwei große Töpfe können bedient werden: Investive Bereiche und Bereiche der Kultur und eben keine Finanzierungen von Beitragsabgaben von Straßenausbaubeiträgen.
Prüfen Sie das doch wenigstens! Sie geben Steuergeld dieser Leute dort oben auch für Fraktionsjuristen in Ihren Reihen aus. Dann legen Sie es denen doch mal vor, bevor Sie hier hergehen, damit wenigstens die Ihnen sagen können: Herr Möller, das geht doch gar nicht. Aber gehen Sie hier nicht vor und machen tatsächlich den Eindruck, wir hätten von der ganzen Geschichte keine Ahnung, indem Sie hier hanebüchene Vorschläge machen. Da sage ich Ihnen, da bluten einem als Parlamentarier hier wirklich die Hosenträger, was Sie hier veranstalten.
Gibt es weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen aus den Reihen der Abgeordneten, auch die Landesregierung nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Wir stimmen über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/5570 ab. Herr Abgeordneter Möller.
Es ist namentliche Abstimmung beantragt in zweiter Beratung und ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln. Ich eröffne die Abstimmung.
Hatten jetzt alle die Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben? Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.
Ich darf Ihnen das Ergebnis bekannt geben: Es wurden 73 Stimmen abgegeben, mit Ja stimmten 7, mit Nein 66 (namentliche Abstimmung siehe Anla- ge). Damit ist der Gesetzentwurf der Fraktion der AfD abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Frau Ministerin Werner, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Landesregierung bringt heute ein Thüringer Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch in den Landtag ein. Mit diesem Gesetz wird der durch den Bundesgesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen auf Landesebene umgesetzt.
Was ist konkret vom Bundesgesetzgeber geändert worden? Nach § 94 Abs. 1 des SGB IX, der nach Artikel 26 des Bundesteilhabegesetzes am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, legen die Länder die für die Durchführung des Teils 2 des SGB IX zuständigen Träger der Eingliederungshilfe fest. Durch das BTHG werden mit Ablauf des 31. Dezember 2019 das Kapitel 6 – Eingliederungshilfe für behinderte Menschen – aus dem SGB XII herausgelöst und die Regelungen ab dem 1. Januar 2020 in das SGB IX integriert. Damit haben die Länder in eigener Verantwortung für ihren Zuständigkeitsbereich festzulegen, wer die Aufgaben des Trägers der Eingliederungshilfe, also für besondere Leistungen für Menschen mit Behinderungen, wahrzunehmen hat, das sogenannte Eingliederungshilferecht. Dies erfolgt mit dem hier vorgelegten Thüringer Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch.
Lassen Sie mich noch einige Worte zu den Regelungen des Gesetzes sagen: Die zu übertragenden Aufgaben werden bereits durch die Regelung des Thüringer Ausführungsgesetzes im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch von den örtlichen Trägern der Sozialhilfe im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung wahrgenommen. Die bürgernahe Variante hat sich bewährt, sodass die Aufgabe auch weiterhin auf der kommunalen Ebene bleiben soll. Letztlich ist die Aufgabenübertragung nach dem Thüringer Ausführungsgesetz SGB IX die Fortführung der Regelung zur Eingliederungshilfe nach dem Thüringer Ausführungsgesetz SGB XII. Damit ist die Regelung in § 1 des Thüringer Gesetzes eine formale Änderung der Aufgabenübertragung. Neben der sachlichen Zuständigkeit der örtlichen Träger, also der Landkreise und kreisfreien Städte, ist auch eine sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers, also des Freistaats Thüringen, gegeben. Die entsprechenden Bereiche sind in § 4 des Thüringer Ausführungsgesetzes SGB IX geregelt. So hat das
Land in der Folge der ab 1. Januar 2020 geltenden Regelungen des § 94 Abs. 3 SGB IX die Verpflichtung, auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und die Träger der Eingliederungshilfe zu unterstützen. Das bedeutet, dass das Land für die überörtliche Sozialplanung und die Landkreise und kreisfreien Städte für die Sozialplanung vor Ort zuständig sind.
Gleichfalls zum 1. Januar 2018 traten die Regelungen zum neuen Vertragsrecht für die Eingliederungshilfe in Kraft. Damit können die Träger der Eingliederungshilfe und die Leistungserbringer mit den Verhandlungen zum Abschluss von Rahmenverträgen für die ab dem 1. Januar 2020 geltenden Bestimmungen beginnen. Da die Verantwortung für die Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe im Zuständigkeitsbereich des Landes liegt, ist es zwingend erforderlich, dass das Land ebenfalls Partner der Rahmenvereinbarung wird. Bis dahin bleiben die bisherigen Rahmenverträge gültig.
Weitere wichtige Aspekte sind in den Regelungen des Teils 2 Kapitel 8 des SGB IX. So war das Land bis 31. Dezember 2017 entsprechend der bisherigen Regelungen für den Abschluss der Leistungsqualität und Prüfvereinbarung für die Leistungen in teil- und vollstationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe zuständig. Der örtliche Träger der Sozialhilfe war bis dahin für den Abschluss der Vereinbarungen im ambulanten Bereich in der Verantwortung. Mit der Herauslösung der Regelungen der Eingliederungshilfe ab 1. Januar 2018 fällt die Unterscheidung von teil-, vollstationären und ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe weg. Der bundesgesetzlichen Vorgabe wird mit § 4 Abs. 1 Nr. 3 des Thüringer Ausführungsgesetzes entsprochen. So muss der Freistaat Thüringen auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinwirken. Dazu dient auch die beim Land verbleibende Durchführung der Anerkennungsverfahren für Werkstätten für Menschen mit Behinderungen nach § 225 SGB IX. Durch die Beratung und Unterstützung der örtlichen Träger durch das Land gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 5 soll die einheitliche Rechtsanwendung gewährleistet werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit dem hier vorliegenden Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch handelt es sich scheinbar um ein rein technisches Gesetz, inhaltlich aber stellt es die Umsetzung des vom Bundesgesetzgeber vorgenommenen Systemwechsels in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen dar. Damit ist die Eingliederungshilfe nicht mehr Teil der Sozialhilfe, sondern sachlich richtig Teil des SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe von Men
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, verehrte Zuschauer auf der Besuchertribüne und Zuhörer am Livestream! Wie wir alle wissen, ist der Grund für den vorliegenden Gesetzentwurf das im Dezember 2016 beschlossene Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, das Bundesteilhabegesetz, welches die Eingliederungshilfe in Deutschland in vier Reformstufen neu regelt.
Unter Berücksichtigung der Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention wird hierdurch die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen von einer bundesrechtlich geregelten Sozialhilfeleistung zur Deckung der bestehenden Unterstützungsbedarfe zu einer personenzentrierten und modernen Teilhabeleistung außerhalb des Fürsorgesystems fortentwickelt. Vor diesem Hintergrund werden die Leistungen der Eingliederungshilfe im Jahr 2020 – Frau Ministerin sagte es schon – aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch herausgelöst und als besondere Leistung zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen in das Neunte Buch Sozialgesetzbuch überführt. Mit dieser Regelung zieht das Bundesteilhabegesetz zwingende Anpassungen landesrechtlicher Vorschriften nach sich und eröffnet aber eben auch diesbezüglich zahlreiche Gestaltungsspielräume, so auch die Verpflichtung der Bestimmung der zukünftigen Träger der Eingliederungshilfe. Für Thüringen bedeutet das laut des jetzt vorliegenden Gesetzentwurfs: Örtlicher Träger der Eingliederungshilfe werden die Landkreise und kreisfreien Städte, überörtlicher Träger der Eingliederungshilfe wird das Land Thüringen.