Im Ergebnis, meine Damen und Herren, bleibt: Der Bleiberechtserlass, den Sie hier entsprechend in Kraft gesetzt haben, ist eine überflüssige Doppelung geltenden Rechts, er ist angereichert mit widersinnigen Ungleichbehandlungen von Ausländern gegenüber deutschen Opfern.
Und was das Allerschlimmste ist, meine Damen und Herren: Ihr entsprechender Erlass ist für die Praxis in unserem Land aufgrund der Fallzahlen schlichtweg irrelevant. Es ist zusätzlicher Verwaltungsaufwand, den Sie hier durch die Erstellung des Erlasses, durch die Bearbeitung, durch die entsprechenden Kontrollen, die noch stattfinden, produziert haben.
Aber er hat in der Praxis keinerlei Relevanz. Wenn wir zu den Kollegen nach Brandenburg schauen, die schon ein Jahr länger so einen Erlass haben: Dort werden seit Beginn des Erlasses gerade einmal drei Fälle geprüft.
abgeschlossen worden. Auf die Nachfrage, ob diese drei Fälle nicht auch hätten im Rahmen des geltenden Rechts abgehandelt werden können, konnte man uns keine abschließende Antwort geben. Die Tendenz war, das hätten die Staatsanwälte und Richter auch im Rahmen der geltenden Gesetze bereits tun können. Also zusätzlicher Verwaltungsaufwand, meine Damen und Herren, zusätzliche Doppelung von Recht, aber natürlich eine nette Schlagzeile: Wir tun hier was für die Opfer von rassistischen Gewalttaten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie, Herr Herrgott, was der große Unterschied beispielsweise zwischen einem hier geborenen Opfer von rechter Gewalt und einem Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus, der Opfer rechter Gewalt wurde, ist? Dem hier geborenen Deutschen droht niemals Gefahr, abgeschoben zu werden.
Genau deshalb können Sie diesen Vergleich auch so nicht machen, der war übrigens vor einem Jahr schon genauso falsch.
Der Unterschied ist vermutlich auch – und natürlich, das massenhysterische Gerede der AfD täuscht ja immer darüber hinweg, worum es eigentlich geht –, dass für Rot-Rot-Grün tatsächlich jeder Einzelfall zählt, jedes einzelne Schicksal, jeder betroffene Mensch. Deshalb möchte ich mich zum einen ganz persönlich bedanken, aber streng genommen müsste eigentlich das gesamte Parlament dem Minister, der gesamten Landesregierung danken,
Gestatten Sie mir vielleicht zur AfD nur folgende Zitate von Pro Asyl: „Rassismus führt zum Verlust Ihres Mitgefühls“, „Rassismus verursacht tödliche Verhaltensweisen“, „Rassismus führt zu Wahrnehmungsstörungen und verursacht Inkompetenz“, „Rassismus gefährdet die geistige und emotionale Entwicklung ihrer Kinder“, „Rassismus fügt Ihnen
Mit dem Bleiberechtserlass ist zwar ein kleiner, aber durchaus wichtiger Bestandteil einer menschenrechtsorientierten Flüchtlingspolitik, so wie wir sie in Thüringen verfolgen, umgesetzt worden. Schließlich wird Opfern von rassistischer und rechter Gewalt ein Bleiberecht durch eine Duldung ermöglicht. Und der Erlass sorgt für eine einheitliche Rechtsanwendung. So ist zukünftig klar definiert – und das war es eben bisher nicht –, bei welchen Straftaten und welchen jeweiligen Folgen der Erlass angewendet wird, dass die Opferberatungsstellen einbezogen werden und wie lange die Duldungen zu erteilen sind. Entscheidend ist für uns jedoch, den Betroffenen zu verdeutlichen, dass sie in ihrer besonderen Situation nicht alleingelassen werden und insbesondere die Durchführung eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens durch eine stabile Aufenthaltssituation für sie abgesichert wird. Deshalb steht für uns der Schutz vor einer möglichen Abschiebung an erster Stelle.
Der Hintergrund der heutigen Debatte ist nämlich durchaus sehr ernst. Dabei meine ich gar nicht die fehlenden Rechtskenntnisse der AfD, obwohl die sich mit rechts eigentlich auskennen, die hier aufgrund einer mangelhaft juristischen Auslegung vermeintliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Erlasses ausmacht und auch noch zum Rechtsbruch aufruft. Das muss man sich mal klarmachen. Auch das ist nämlich eine ernste Angelegenheit. Schließlich beschäftigt die AfD-Fraktion mit ihren kruden Rechtsauffassungen regelmäßig das Verfassungsgericht.
Dazu hat Frau Berninger eben schon etwas gesagt. Vielmehr will ich auf den massiven Anstieg rechter Straftaten im letzten Jahr hinaus. Ein paar Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundes aus dem Jahr 2016 dazu: Da ist nämlich die Zahl von rechten Straftätern im Vergleich zu 2015 auf circa 23.000 um 35 Prozent angestiegen. Auch rechte Gewalttaten sind von 2015 auf 2016 um 44 Prozent auf circa 1.500 Fälle angestiegen und die Zahl der rechten Straftaten, beispielsweise gegen Unterkünfte, stieg von 2015 auf 2016 sogar um 580 Prozent. Zunehmende Straftaten von rechts, insbesondere gegen Geflüchtete, erfordern auch deutliche Signale an die Täter, Herr Möller. Der Erlass ist ein solches Signal. Schließlich soll deutlich werden, dass rechte und rassistisch motivierte Gewalt gegen Asylsuchende eben nicht zur Vertreibung der hier lebenden Zuflucht suchenden Menschen führt.
Lassen Sie mich abschließend deutlich machen, dass wir insbesondere auf Bundesebene Veränderungen im Aufenthaltsgesetz erwarten, um Opfern rechter und rassistischer Gewalt einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen. Denn das steht leider nicht in unserer Macht.
Thüringen hat hierzu dankenswerterweise eine Bundesratsinitiative eingebracht – Frau Berninger verwies darauf –, die derzeit in den Ausschüssen beraten wird. Ziel ist es, die Opfer rechter und rassistischer Gewalt mit den Opfern von Menschenhandel, Zwangsprostitution und Zwangsarbeit endlich gleichzustellen. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es ist mitnichten so, dass, nur weil kein Fall bekannt ist, es keinen Fall gab,
und es ist auch nicht so, dass es, nur weil es kleine Fallzahlen sind, irrelevant wäre. Herr Herrgott, diese Interpretation halte ich für zynisch.
Nur weil Sie ihn nicht kennen, heißt das nicht, dass es den nicht gegeben hat, oder weil es eine Statistik, die es nicht gibt, ihn nicht erfasst hat.
Das halte ich für zynisch, so damit umzugehen, und zwar nicht nur, weil es um jeden einzelnen Menschen geht, sondern auch, weil es darum geht, Rechtsstaatlichkeit durchzusetzen. Auch da geht es darum, jeden einzelnen Fall verfolgen zu können, der dort angezeigt wird. Auch auf die Gefahr, das zu wiederholen, was schon gesagt wurde: Wir wissen alle, dass die rechten Gewalttaten in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen sind. Wir wissen auch, dass die Opfer in der Regel die einzigen und die wichtigsten Zeugen sind, die wir in einem Strafverfahren haben, und dass eine Strafverfolgung ohne die Opfer schlicht und ergreifend nicht
möglich ist. Jetzt ist es nicht so, dass mit diesem Erlass geltendes Recht ausgesetzt wird – das haben meine Kolleginnen hier auch schon erzählt –, sondern er schafft, im Gegenteil, Rechtssicherheit, weil dadurch klar wird, wie in so einem Fall zu verfahren ist und welche Behörden auch miteinander zu kommunizieren haben.
Ich persönlich hätte mir auch eine weitergehende Lösung vorstellen können. Kollegin Berninger hat auch schon angesprochen, dass über § 25 Aufenthaltsgesetz sehr wohl auch eine Regelung möglich gewesen wäre, ein Bleiberecht über einen längerfristigen Zeitraum zu schaffen. Wir haben uns jetzt für die kürzere, für die kleinere, aber auch rechtssichere Variante entschieden. Darum bin ich sehr froh und der Landesregierung auch dankbar, dass sie das umgesetzt hat, was wir hier im Landtag beschlossen haben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.