Protocol of the Session on April 26, 2018

hohen Bedarf an Fach- und Arbeitskräften geben. 79 Prozent des gesamten Arbeitskräftebedarfs wird auf Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung entfallen, weitere 14 Prozent auf Personen mit Hochschulabschlüssen. Der Anteil der Personen ohne beruflichen Schulabschluss wird sich in Thüringen auch weiterhin auf niedrigem Niveau bewegen, nämlich bei circa 8 Prozent. Damit zeigt die Studie also unzweifelhaft, dass die duale Ausbildung das Rückgrat der Thüringer Wirtschaft und der Fachkräftesicherung ist und auch über den sich verändernden Bedingungen einer digitalisierten Arbeitswelt weiterhin bilden wird. Die Digitalisierung der Betriebsabläufe hat in Thüringen bereits begonnen. Im Mittel weisen die Thüringer Betriebe der Digitalisierung einen Stellenwert von 6,9 von 10 möglichen Punkten zu. Besonders ausgeprägt ist die Bedeutung natürlich in der Informations- und Kommunikationsbranche. Dort sind es 9,3 Punkte, aber auch im Bereich Verkehr und Logistik sowie im Handel – dort sind es 7,1 Punkte.

Fast drei Viertel der befragten Betriebe – nämlich circa 71 Prozent – erwarten durch die Digitalisierung keine Veränderungen für den Fach- und Arbeitskräftebedarf. Ein Viertel geht sogar von steigenden Bedarfen aus und nur 4 Prozent der Unternehmen erwarten tatsächlich sinkende Bedarfe. Für die Aus- und Weiterbildung erwarten die befragten Betriebe in 44 Prozent der Fälle steigende Anforderungen an die Beschäftigten, weitere 43 Prozent gehen von gleichbleibenden Anforderungen aus. Auch hier stechen der Handel mit 67 Prozent und die Informations- und Kommunikationsbranche mit 66 Prozent hervor, in denen überdurchschnittlich viele Befragte neue Bedarfe in der Aus- und Weiterbildung durch die Digitalisierung erwarten.

Darüber hinaus zeigt die Studie auch Handlungsempfehlungen zur Deckung des entstehenden Fachkräftebedarfs auf, die sich in wesentlichen Punkten mit den Zielen der bereits im März 2016 vereinbarten Thüringer Allianz für Berufsbildung und Fachkräfteentwicklung decken und die sich dementsprechend auch bereits in der Umsetzung befinden oder aufgegriffen werden. Im Kern verfolgt die von meinem Haus koordinierte Allianz eine Doppelstrategie, nämlich zum ersten eine bessere Nutzung der vorhandenen Arbeitskräftepotenziale – da hat Frau Leukefeld schon sehr prägnant auf die Zahlen hingewiesen –, aber zweitens natürlich auch die Erschließung neuer Potenziale.

Wir müssen in beiden Zielbereichen erfolgreich sein, um bis zum Jahr 2030 die altersbedingt ausscheidenden Arbeitskräfte zu ersetzen und den zusätzlichen Erweiterungsbedarf zu decken. Ich möchte deshalb an dieser Stelle einige Projekte des Maßnahmenpakets der Allianzpartner nennen, das annähernd 100 Einzelmaßnahmen umfasst und sowohl die kontinuierliche Weiterentwicklung der

(Ministerin Werner)

beruflichen Bildung als auch die nachhaltige Fachkräftesicherung sicherstellen sollen.

Um einige Beispiele zu nennen: Das sind die Sicherung der praxisnahen beruflichen Orientierung über die Schulförderrichtlinie des TMBJS, die Einrichtung eines Berufsorientierungsnetzwerkes mit allen relevanten Akteuren, die Unterzeichnung der BundLänder-Vereinbarung zur Durchführung der Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ durch das BMAS, das BMBF, das TMBJS, das TMASGFF und die BA – dadurch werden immerhin 1,9 Millionen Euro Bundesmittel akquiriert –, der Start des Landesprojekts „Betriebsnahe Ausbildungsvorbereitung und individuelle Ausbildungsbegleitung“, also analog zur assistierten Ausbildung der BA, das Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ zur Förderung von thüringenweiten Projekten, insbesondere zur Arbeitsmarktintegration von geflüchteten Menschen und Migrantinnen und Migranten, natürlich auch die Gründung der dualen Hochschule Gera-Eisenach und Beginn des dualen Studiums „Handwerksmanagement“ zum Wintersemester 2017/2018 oder der Start des berufsausbildungsintegrierenden Studiums „Elektrotechnik und Informationstechnik“ an der Hochschule Schmalkalden und der Andreas-GordenSchule Erfurt zum Wintersemester 2017/2018.

Ich freue mich darüber, dass die Allianz durch die zahlreichen Maßnahmen und Projekte in den zurückliegenden zwei Jahren mit Leben erfüllt wurde und im März dieses Jahres um den Themenkomplex „Qualifizierung 4.0“ ergänzt werden konnte. Auch hier wurden bereits wichtige Projekte in Angriff genommen. Dazu gehören allein nur in meinem Verantwortungsbereich die Anpassung der ESF-finanzierten Ausbildungsrichtlinie an die neuen digitalen Qualifikationsbedarfe im Hinblick auf die Förderung entsprechender Zusatzqualifikationen, ein Konzeptauswahlverfahren im Rahmen der ESFWeiterbildungsrichtlinie zur Gewinnung von innovativen Ideen sowie zur Entwicklung und Erprobung von neuen Konzepten der beruflichen Weiterbildung, die aktive Mitwirkung der Partner im Entwicklungsprozess zur „Thüringer Strategie für die Digitale Gesellschaft“ und insbesondere im Handlungsfeld „Qualifizierung und Kompetenzen für die Arbeitswelt 4.0“, aber auch die Ausrichtung einer mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Gewerkschaften, Wirtschaft und Politik prominent besetzten Arbeitsmarktkonferenz „Arbeit der Zukunft in Thüringen – den Wandel gestalten!“ am 08.11.2017 in Weimar, deren Ergebnisse bereits in die Arbeit der Allianz eingeflossen sind. Ich denke, mit den begonnenen Projekten und Initiativen haben wir schon einiges erreicht, aber es bleibt natürlich immer noch sehr viel zu tun. Natürlich wollen wir auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Chancen tatsächlich genutzt wer

den, und gemeinsam mit den Partnern die entsprechenden Herausforderungen meistern.

Wie eben skizziert wird Thüringen auch zukünftig viele – sogar mehr als bislang schon prognostiziert – gut ausgebildete Fachkräfte benötigen. Gleichzeitig müssen natürlich die ansässigen Unternehmen die Herausforderungen meistern, die durch die Digitalisierung auf sie zukommen. Ein großer Teil der Thüringer Unternehmen betrachtet die Digitalisierung inzwischen als eine Chance und stellt sich den Herausforderungen, die sich aus dieser Entwicklung ergeben. Unser Haus unterstützt dies bereits im Rahmen zahlreicher Förderprojekte und hat das Thema „Qualifizierung und Weiterbildung in Zeiten von Arbeit 4.0“ als ein entscheidendes Zukunftsthema gesetzt, das wir perspektivisch intensiv weiter begleiten wollen.

Es hat sich im Rahmen der Befragung gezeigt, dass die Unternehmen aber keineswegs das Ende der Arbeit erwarten, sondern im Gegenteil oftmals sogar von steigenden Beschäftigungszahlen ausgehen. Der überwiegende Teil der benötigten Fachkräfte wird auch zukünftig auf Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung entfallen. Daher sollte es unser gemeinsames Interesse sein, die duale berufsschulische Ausbildung weiter zu stärken und fit für die Zukunft zu machen. Das bedeutet, dass wir gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern auch weiterhin aktiv und frühzeitig auf die Attraktivität der dualen berufsschulischen Ausbildung hinweisen und diese stärken wollen.

Schon heute stehen den Thüringer Fachkräften auch ohne akademische Abschlüsse vielfältige und attraktive Karrierechancen in den Betrieben offen, die bereits in der Schule an die Auszubildenden von morgen kommuniziert werden müssen. Eine flächendeckende berufliche Orientierung ist daher unerlässlich, um eine informierte Studien- und Berufswahl zu treffen sowie die Zahl der Ausbildungsabbrüche zu verringern. Auch die praxisnahe berufliche Orientierung an den Gymnasien wollen wir gewährleisten und weiter ausbauen. Idealerweise sollte dies in Kooperation mit ortsansässigen Unternehmen erfolgen und auch den vom erwarteten Fachkräftebedarf stark betroffenen Bereich der Sozial- und Gesundheitswirtschaft verstärkt in den Blick nehmen.

Daneben gilt es – das haben meine Vorrednerinnen auch schon gesagt –, die wichtigen sozialen Fragen nach fairer Entlohnung und sicherer Beschäftigung und auch die Zukunft der Arbeit im Zuge der Digitalisierung weiter in den Fokus zu rücken. Eine angemessene Bezahlung aller Beschäftigten und die Stärkung der Tarifbindung in Thüringen wird darum auch ein wichtiges Ziel der Landesregierung bleiben. Langfristig werden wir aber nur durch Zuwanderung aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland in der Lage sein, ausreichend gut ausge

(Ministerin Werner)

bildete Menschen für die Thüringer Wirtschaft zu gewinnen. Dabei treten neben die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die den Zuzug von Fachkräften begünstigen, auch eine Reihe gesellschaftlicher Aspekte wie die Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und hier – Frau Leukefeld hat es schon angesprochen – setzt natürlich auch unser neues Landesprogramm Familie an.

Wir wissen, junge Menschen und Familien achten heute vermehrt auf die sogenannten weichen Faktoren des Arbeitsmarkts wie Kinderbetreuungsmöglichkeiten, bezahlbaren Wohnraum, ärztliche Versorgung oder Kultur- und Freizeitangebote. Ich glaube, wir können mit Fug und Recht sagen, dass Thüringen in den Bereichen schon sehr gut aufgestellt ist. Daneben tritt jedoch auch die Etablierung einer Willkommenskultur im Freistaat, mit der sich Menschen unterschiedlicher kultureller, ethnischer oder politischer Hintergründe identifizieren können. So müssen wir auch zukünftig gemeinsam weiter daran arbeiten, dass Thüringen ein lebenswertes und ein attraktives Bundesland für alle Menschen ist, damit dieser beschriebene hohe Fachkräftebedarf auch tatsächlich gedeckt werden kann.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, die detaillierten Punkte des Antrags sind es wert, in den Ausschüssen eingehender besprochen zu werden, um gemeinsam weitere fachpolitische Akzente zu setzen. Ich würde in den Ausschussberatungen gerne noch detaillierter auf die Ziele und Maßnahmen unserer Allianz für Berufsbildung und Fachkräfteentwicklung, auf die vorhandenen Förderrichtlinien zur Unterstützung von Ausund Weiterbildung sowie auf unsere Fachkräfterichtlinie eingehen wollen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/5618 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der CDU. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen. Stimmenthaltungen? Das ist die AfD-Fraktion und der Abgeordnete Krumpe. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir stimmen dann direkt über den Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/4160 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der CDU. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der AfD. Stimmenthaltungen? Der Abge

ordnete Krumpe. Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/4160 abgelehnt.

Wir kommen nun zum Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/5554. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Wir stimmen zunächst über die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das ist die CDU-Fraktion. Stimmenthaltungen? Der Abgeordnete Krumpe. Damit ist die Ausschussüberweisung beschlossen.

Wir stimmen über die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das ist die CDU-Fraktion. Stimmenthaltungen? Der Abgeordnete Krumpe. Damit ist die Ausschussüberweisung beschlossen.

Wir stimmen über die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das ist die CDU-Fraktion. Stimmenthaltungen? Der Abgeordnete Krumpe. Damit ist auch die Ausschussüberweisung beschlossen.

Ich gehe davon aus, dass die Federführung dem Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit obliegt. Dann stimmen wir darüber ab. Wer der Federführung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das ist die CDUFraktion. Stimmenthaltungen? Der Abgeordnete Krumpe. Damit liegt die Federführung des Antrags beim Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 15

Angemessene Erinnerung an die Friedliche Revolution vor 30 Jahren und den Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 in Thüringen

(Ministerin Werner)

Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/5552 dazu: Die Erinnerung an 1989/90 pflegen, die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte fördern, das Vermächtnis der Friedlichen Revolution bewahren Alternativantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/5633

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Wünscht die Fraktion der AfD das Wort zur Begründung? Das ist auch nicht der Fall. Dann eröffne ich die Beratung und als erster Redner hat Abgeordneter Wirkner von der Fraktion der CDU das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, es ist ein historischer Tag, der 9. November, in der deutschen Geschichte und er spielte schon häufig eine wichtige und vor allem aber eine politische Rolle. So dankte zum Beispiel im Jahr 1918 am 9. November Kaiser Wilhelm der II. ab und der spätere Reichskanzler Philipp Scheidemann rief die Deutsche Republik aus. Am 9. November 1938 wurden im nationalsozialistischen deutschen Reich jüdische Einrichtungen zerstört und Synagogen in Brand gesetzt. Auch der 9. November 1989 reihte sich zeitgeschichtlich bedeutsam in die deutsche Geschichte ein. Es war Günter Schabowski, ein Mitglied des Politbüros und erster Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin, der auf einer Pressekonferenz am 9. November 1989 über den Verlauf und die Ergebnisse des zweiten Beratungstags des 10. Zentralkomitee-Plenums der SED berichtete und ganz beifällig verkündete, dass mit sofortiger Wirkung alle Grenzübergänge zur Bundesrepublik und zwischen dem Ost- und Westteil Berlins geöffnet werden. Damit ging für die meisten Menschen in der ehemaligen DDR ein Traum in Erfüllung, an den noch Monate zuvor keiner geglaubt hatte.

Voraus ging eine friedliche Revolution in den Herbstmonaten des Jahres 1989. In diesem Zeitabschnitt durchliefen der Staat und die Gesellschaft in der DDR einen tief greifenden Veränderungsprozess, der am 3. Oktober 1990 in der Deutschen Einheit mündete. Alle Anstrengungen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, ihr Machtmonopol durch Zugeständnisse, wie immer sie auch zu bewerten waren, zu retten, waren, wie es sich herausstellte, letzten Endes zum Scheitern verurteilt. Ein politisches System, dem fast 17 Millionen Menschen über 40 Jahre ausgesetzt waren, hatte sein Ende gefunden, ein System, in dem die Angst das Fundament des Bestehens war, ein System, das

nach 40 Jahren sowohl ökonomisch als auch politisch auf allen Fronten abgewirtschaftet war.

Es war der uneingeschränkte Freiheitswille der Menschen in der DDR, vorn dran viele Bürgerbewegungen, die mit einer friedlichen Revolution auf der Straße dieser Gewaltherrschaft ein Ende setzte, einer Gewaltherrschaft, die sich einer Geheimpolizei bediente, der jedes Mittel recht war, um Menschen politisch gefügig zu machen, oder sei es sie auszulöschen, eine Praxis, der man sich bereits nach dem Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der DDR maßgeblich bediente.

Am 13. August 1961 – ebenfalls ein bedeutendes Datum in der deutschen Nachkriegsgeschichte – hatte sich diese Gewaltherrschaft hinter Mauer und Stacheldraht manifestiert. Viele Familien wurden getrennt, Familien wurden aus den Grenzgebieten gewaltsam ausgesiedelt, viele Menschen verloren seither an der innerdeutschen Grenze ihr Leben oder wurden in unmenschlichen Haftanstalten weggesperrt, misshandelt oder gar getötet. All das hatte nach 40 Jahren DDR am 9. November 1989 sein Ende gefunden. Dieses historische Datum jährt sich im kommenden Jahr zum 30. Mal und im Jahr darauf der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2020.

Das Vorgenannte verdeutlicht, wie wichtig es ist, diesen Ereignissen um den 9. November 1989 eine angemessene Erinnerung zukommen zu lassen. Die Friedliche Revolution und der Fall der Grenzabsperrungen im Herbst des Jahres 1989 waren das Ergebnis des ungebrochenen Freiheitswillens der Menschen in der DDR und im Übrigen auch in allen ehemaligen sozialistischen Bruderstaaten.

Wir fordern daher die Landesregierung auf, diesen Jahrestag im kommenden Jahr entsprechend würdig mit geeigneten Veranstaltungen zu begehen. Konkret wird die Landesregierung aufgefordert, dem Landtag bis zum 30. September dieses Jahres für Thüringen ein Konzept zur Erinnerung an die Friedliche Revolution 1989/1990 in der DDR vor 30 Jahren und den Fall der Mauer am 9. November 1989 vorzulegen und es im Landtag in der Folge zur Diskussion zu stellen. Die zu berücksichtigenden Punkte sind in unserem Antrag unter Punkt 1 bis 6 geschildert und umfassen eine Reihe von Maßnahmen, die uns besonders wichtig erscheinen, darunter zum Beispiel auch Planungen, die ausstehenden Investitionen in Grenzgedenkstätten. Besonders wichtig ist uns, dass die Opfer dieser 40-jährigen Diktatur im Gedenkjahr besonders in den Mittelpunkt von Veranstaltungen stehen werden. Das Gesamtkonzept soll unter Einbeziehung des Geschichtsverbunds Thüringen, der Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erarbeitet werden und öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen für wesentliche Aspekte der Friedlichen Revolution enthalten. Ich würde mich freuen, wenn

(Vizepräsidentin Jung)

wir uns heute gemeinsam zum vorliegenden Antrag der Zustimmung bekennen können.

Ich möchte noch kurz auf den vor einigen Minuten eingebrachten Alternativantrag der AfD eingehen. Er verwässert im Prinzip diesen Antrag, und ich bedauere sehr, dass nicht ein einziges Mal das Wort „Opfer“ erwähnt worden ist, denn sie sollten eigentlich im Mittelpunkt der Erinnerung im Jahr 2019 stehen.

(Beifall CDU)

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich würde mich freuen, wenn wir diesem Antrag heute mehrheitlich die Zustimmung geben könnten.

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Mitteldorf, Fraktion Die Linke, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, am Anfang möchte ich der CDU durchaus dafür danken, dass sie diesen Antrag hier eingebracht hat. Zum Schluss seiner Ausführungen hat Kollege Wirkner gerade den Wunsch geäußert, dass wir gemeinsam diesem Antrag heute mehrheitlich zustimmen könnten. Das hätten wir vielleicht hinbekommen, wenn wir ihn auch schon anfänglich gemeinsam hätten bearbeiten können. Denn die Grundintention ist nicht irgendetwas, was uns trennt, ganz im Gegenteil. Ich finde, wir sollten, um zu dem gemeinsamen Ziel zu kommen, den Antrag zu einem gemeinsamen Antrag zu machen, ihn daher an den zuständigen Austausch für Europa, Kultur und Medien überweisen. Darum würde ich also namens meiner Fraktion für den CDU-Antrag – und nur für den CDU-Antrag – bitten, denn es gibt, Herr Wirkner und liebe Kollegen der CDU-Fraktion, durchaus einige Sachen, die mir in dem Antrag fehlen bzw. bei denen ich mich ganz ernsthaft frage, was Sie damit eigentlich meinen. Es beginnt aus meiner Sicht mit der Überschrift. Wenn Sie schreiben „angemessene Erinnerung“ – also die Frage nach Angemessenheit ist, glaube ich, eine Geschichte, die sehr subjektiv zu beantworten ist. Ich sage, wenn wir uns der Frage von historischen Daten und von historischen Umbrüchen widmen, dann ist eine bloße Erinnerung daran einfach auch zu wenig, weil ich glaube, dass die Frage nach dem, was uns historische Umbrüche und die Erinnerung daran für die heutige Gesellschaft mit auf den Weg geben, gerade in der Frage Demokratie und die Verteidigung von Grundrechten besteht. Das ist auch, bezogen auf diese Frage, für mich ein durchaus wichtiger Aspekt, wenn wir darüber reden, dass es natürlich ein Ereignis ist, über das man sich freuen kann und wor

über man sagen kann: Die Friedliche Revolution hat dazu geführt, dass Deutschland nicht mehr geteilt war. Aber wir müssen uns natürlich trotzdem anschauen, heute, fast 30 Jahre später, werden noch immer Menschen in diesem Land unterschiedlich behandelt, was schon damit beginnt, dass sie unterschiedliche Löhne gezahlt bekommen, dass sie unterschiedliche Rentenansprüche erworben haben usw. Das heißt, wir können aus meiner Sicht nicht darüber reden, wie gedenken wir diesem Tag und diesen historischen Ereignissen, um sie auch für kommende Generationen nutzbar zu machen, ohne die Frage zu stellen: Was ist eigentlich passiert in der Zeit und danach? Dabei können wir die Frage von sozialer Gerechtigkeit nicht ausblenden.

Das ist ein Punkt, den ich nur beispielhaft benennen will, wo ich einfach dafür werben möchte, dass wir im Ausschuss versuchen, unter anderem das mit einzuflechten und daraus einen gemeinsamen Antrag zu machen, weil ich glaube, dass wir den sehr gut hinkriegen.

Zum AfD-Antrag ist für mich die Frage – Herr Wirkner hat es auch schon gesagt –, er ist uns vor ein paar Minuten oder vielleicht vor einer Stunde auf die Tische verteilt worden: Was ist jetzt eigentlich an dem Antrag anders oder neu? Denn für mich ist das im Endeffekt der Antrag – zumindest inhaltlich – der CDU-Fraktion, nur mit anderen Worten. Das ist für mich auch keine Grundlage. Und wenn ich mich im Ausschuss inhaltlich mit der Frage auseinandersetze und der CDU-Antrag seit 12.04. bei uns vorliegt, da muss ich nicht zwei Anträge an den Ausschuss überweisen, um irgendwas daran rumzubasteln, sondern dann habe ich den Ursprungsantrag, der seit 12.04. vorliegt, an dem ich mich inhaltlich mit den Kollegen abarbeiten kann. Das brauche ich dann nicht zweimal zu machen, das wäre etwas redundant. Demzufolge werden wir den Antrag der AfD, der ein reiner Plagiatsantrag der CDU ist, nicht überweisen und heute gleich ablehnen. Wir überweisen den CDU-Antrag sehr gern an den Ausschuss, um ihn dann gemeinsam weiter zu qualifizieren. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat Abgeordnete Herold das Wort.