Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen aus den Koalitionsfraktionen und der CDU-Fraktion. Damit mit Mehrheit abgelehnt.
Gesetz zur Aufhebung von Straßenausbaubeiträgen in Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/5570 ERSTE BERATUNG
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, werte Gäste, die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen erhitzt die Thüringer Bürgerinnen und Bürger bereits seit Jahren, denn die betroffenen Grundstückseigentümer werden oftmals mit Beitragsforderungen im fünfstelligen Bereich konfrontiert, die nicht selten die gesamte Finanzplanung einer Familie über den Haufen werfen können.
In einigen ländlichen Regionen Thüringens ist es sogar häufig so, dass die Beitragsforderungen aufgrund des Preisverfalls am regionalen Immobilienmarkt den Zeitwert der Immobilie übersteigen können. Gerade einkommensschwache Grundstückseigentümer, für welche das Grundstück meist der einzige nennenswerte Vermögenswert ist, trifft es besonders hart. Oftmals können die Betroffenen den Beitragsforderungen nur mittels Stundung nachkommen oder sind sogar gezwungen, hierfür private Kredite in Anspruch zu nehmen.
Für viele Familien stellt sich daher nicht selten die Frage, ob sie ihr Eigenheim angesichts der hohen finanziellen Belastung überhaupt noch halten können. Für die Betroffenen wirkt sich die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen somit im Ergebnis wie eine Enteignung aus.
Eine plausible Rechtfertigung für derart weitreichende Konsequenzen besteht demgegenüber jedoch nicht. Entgegen dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 des Thüringer Kommunalabgabengesetz ist es den Betroffenen nicht vermittelbar, warum ausgerechnet sie als Grundstückseigentümer aus der Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer Straße einen besonderen Vorteil im Sinne dieser Vorschrift ziehen sollten. Andere Anlieger sowie auch der sonstige Durchgangsverkehr können nämlich dieselben Straßen im gleichen Maße wie die betroffenen Grundstückseigentümer nutzen, ohne dabei gleichzeitig zur Beitragsentrichtung verpflichtet zu sein.
Des Weiteren ergibt sich eine besondere Ungerechtigkeit aus dem Umstand, dass nach der aktuellen Gesetzeslage eigentlich die Kommunen für die laufende Unterhaltung und Instandsetzung der Straßen verantwortlich sind und hierfür keine Beiträge von den Anlegern erheben dürfen. Gerade in Thüringen gibt es jedoch viele Kommunen, die diese regelmäßig wiederkehrenden Aufgaben aufgrund ihrer schlechten finanziellen Verfassung nicht angemessen erfüllen können und ihre Straßen über Jahrzehnte verkommen lassen, bis nur noch eine Grundsanierung den Zustand der Straße verbessern kann. Die Kosten hierfür muss jedoch der jeweilige Grundstückseigentümer über Straßenausbaugebühren entrichten. Damit werden aber entge
gen der Intention des Gesetzgebers die gesamten Kosten, die im Zusammenhang mit der Wiederinstandsetzung der Straße stehen, auf die Grundstückseigentümer abgewälzt.
Nach unserem Dafürhalten ist es schlicht und einfach nicht hinnehmbar, dass im Ergebnis nur allein die Bürger Thüringens hierfür aufkommen sollen.
Über diese aufgezeigte Ungerechtigkeit hinaus spricht gegen die Erhebung der Straßenausbaubeiträge aber auch die Tatsache, dass die rund 15 Millionen Euro, die von den Grundstückseigentümern jährlich eingenommen werden, in keinem angemessenen Verhältnis zum Verwaltungsaufwand stehen, der für die Erhebung und Bearbeitung der Beiträge und deren Widersprüche nötig ist. Unterm Strich kann man daher sagen, dass der politische Schaden, welcher durch die Erhebung der Straßenausbaubeiträge angerichtet wird, größer ist als der fiskalische Nutzen, den er bewirkt.
Zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger Thüringens muss die Erhebung der Straßenausbaubeiträge daher endgültig abgeschafft werden.
Aus diesem Grund fordere ich hier die anwesenden Abgeordneten auf, setzen Sie sich mit unserem Antrag ernsthaft auseinander und lehnen Sie ihn nicht einfach nur ab, weil er von der AfD kommt. Vielen Dank.
Danke schön. Damit eröffne ich die Beratung. Als Erster erhält Abgeordneter Fiedler für die CDUFraktion das Wort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir befassen uns heute zum wiederholten Male, aber in diesem Falle mit einem Gesetzentwurf der AfD, mit der Aufhebung von Straßenausbaubeiträgen in Thüringen. Klingt ja erst mal alles sehr gut und schön. Ich will deswegen auf einige Dinge eingehen, um dann noch mal das Ganze zu erläutern. Die AfD greift mit ihrem Gesetzentwurf, ich würde sagen, ein deutschlandweit virulentes Thema auf und glaubt so, betroffenen Bürgern helfen und damit für sich auch potenzielle Wähler gewinnen zu können.
Dass dieses Ansinnen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht eintreten kann und wird, dazu werde ich gleich näher ausführen. – Man muss immer den nächsten Satz abwarten. – Bevor ich aller
dings auf den Gesetzentwurf eingehe, will ich zunächst voranstellen, dass auch meine Fraktion das Thema auf der Agenda hat und mögliche Gestaltungsvariationen erörtert und debattiert.
Das ist ja nicht erst neu. Und wenn ich dann wieder höre, dass die AfD jetzt so etwas hier gebracht hätte und die anderen sich nicht darum kümmerten – ich kenne das Ganze ja; Sie schreiben dann immer schnell etwas auf, Herr Möller, und am Ende ist es nicht durchsetzbar und nicht durchführbar und deswegen ist das so schwierig.
ach, Herr Möller, verarbeiten Sie doch erst mal Ihren Verlust als OB –, dass wir nicht voreilig und überhastet einen unausgegorenen Gesetzentwurf vorlegen, der sowohl fernab jeglicher Realität ist als auch keine interessengerechte Lösung beinhaltet.
Die AfD will und wollte hier offenbar auf einen Zug aufspringen, der in einigen Bundesländern bereits rollt. Da lohnt es sich, an dieser Stelle vielleicht einen kurzen Blick auf andere Bundesländer zu werfen, zumal dies auch zur Aufklärung zu dem Thema beiträgt.
Baden-Württemberg hat die Ausbaubeiträge für die Erneuerung von Altstraßen bereits 2005 abgeschafft. Die Kostenlast wurde den Kommunen aufgedrückt und diese können unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse vom Land erhalten. Was die wenigsten wissen, wenn in diesem Kontext immer positiv auf Baden-Württemberg, aufs Ländle, gezeigt wird: Für erstmals gebaute Straßen werden dort grundsätzlich weiterhin Ausbaubeiträge erhoben.
Schauen wir weiter nach Berlin und Hamburg. Dort wurden die Beiträge 2012 bzw. 2016 abgeschafft. Den wahren Grund dafür kennen allerdings nur wenige: Der Verwaltungsaufwand war höher als die Einnahmen.
Auch die von Schleswig-Holstein Anfang 2018 abgeschaffte Erhebungspflicht ist nicht frei von Folgeproblemen und führt keinesfalls zu interessengerechten Entlastungen aller Bürger. Selbiges gilt auch für den von der CSU in Bayern erst kürzlich vorgelegten Gesetzentwurf, der ebenfalls eine Fülle von Ungereimtheiten in sich birgt und alles andere als Rechtssicherheit bringen wird. Explizit erwähnen will ich aber hier die Kritik des Bayerischen Städtetags, der zu Recht darauf hingewiesen hat,
dass die geplante Abschaffung der Straßenausbaubeiträge nicht zu der Illusion führen darf, dass der Straßenausbau die Bürger künftig nichts mehr kostet. Schließlich müssen die Kosten künftig über den allgemeinen Steuertopf finanziert werden. Das heißt: Letztlich zahlen alle Bürger.
Nicht unerwähnt will ich an dieser Stelle auch lassen, dass das Bundesverfassungsgericht erst 2014 die Rechtmäßigkeit von Straßenausbaubeiträgen explizit festgestellt hat. Und auch das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat 2005 und 2007 in einer entsprechenden Entscheidung die Beitragserhebung für Straßenausbaumaßnahmen für zulässig erklärt. Das heißt, die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist höchstrichterlich bestätigt, auch wenn es unstreitig zu finanziellen Belastungen des Einzelnen führt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, kommen wir nun zum Gesetzentwurf der AfD. Ich nehme es vorweg: Das in dem Gesetzentwurf enthaltene Versprechen, Straßenausbaubeiträge vollständig abzuschaffen, ist in der vorliegenden Fassung ein unrealistisches und vor allem unseriöses Versprechen. Unseriös ist der Gesetzentwurf bereits deshalb, da die prognostizierte Kostenschätzung für das Land in Höhe von 15 Millionen Euro pro Jahr viel zu gering angesetzt ist.
Ja, Herr Höcke, auch Bundestagsabgeordnete von uns können irren und schreiben irgendwo etwas ab und brechen das runter und der verehrte Kollege – ich weiß nicht, ob er von Kuschel oder ob er von Bayern runtergebrochen hat – muss ja nicht recht haben.
Die Summe haben Sie offenbar ohne eigene Prüfung einfach von Herrn Kuschel übernommen – das haben Sie wahrscheinlich übernommen, ich weiß ja nicht, wer sonst –, der diese Zahl bereits am 10. März 2018 in der TLZ ohne nähere Begründung in den Raum geworfen hat. Da kennen wir ihn ja, den Herrn Kuschel, was der auch schon alles für Hunderte von Millionen hier ausgerechnet hat. Also, wenn wir das alles hätten, wären wir alle groß raus.
Da kommt kein Neid, sondern wer was behauptet, was nicht zu beweisen ist, der hat meistens nicht recht.
Nach Schätzung des Gemeinde- und Städtebundes betragen die jährlichen Kosten allerdings mindestens 25 Millionen Euro und mehr.