Protocol of the Session on April 25, 2018

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, seien wir doch ehrlich und seien Sie vor allen Dingen ehrlich mit sich selbst, sehr geehrte Landesregierung. Ihnen geht es darum, die demokratischen Prozesse in diesem Lande auszuhebeln und den Bürger 2019 vor eine Wahl zu stellen, die keine ist, eine Wahl zwischen einer erneuten Linkskoalition oder einer anderen Regierungsmehrheit, die sich trotzdem nach den Wünschen Ihrer Mehrheit in dieser Legislaturperiode richten muss.

(Beifall AfD)

Sie sind immer wieder kräftig dabei, wenn es darum geht, Fraktionen hier im Hohen Hause undemokratisches Verhalten vorzuwerfen. Solche Vorwürfe aus Ihrem Munde erinnern mich nur noch an Heinrich Heine, den ich abschließend mit Ihrer Erlaubnis zitieren möchte, Herr Präsident: „Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenn‘ auch die Herren Verfasser; ich weiß, sie tranken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser.“ Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Pidde für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Fantasie der Oppositionsfraktionen ist grenzenlos,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wenn es darum geht, das Publikum mit Sinnlosigkeiten zu unterhalten.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Worum geht es hier? Die Finanzministerin macht einen Vorschlag für einen Zeitplan zur Haushaltsaufstellung 2020 und sowohl CDU als auch AfD holen die ganz große Keule raus, allein aus dem Kalkül, parteipolitischen Nutzen daraus schlagen zu

(Abg. Höcke)

können. Von mangelndem Respekt vor dem Bürger und von undemokratischer Vorgehensweise ist die Rede. Und das, was Herr Höcke jetzt noch hinzugefügt hat, ist der Gipfel der Absurditäten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, schauen wir uns die ganze Angelegenheit doch mal sachlich an, unabhängig vom Wahltermin. Ich bin mir ganz sicher, die Landesregierung legt einen Wahltermin fest, der verfassungsgemäß ist. Ob das im September, Oktober oder November ist, wir haben zwei Möglichkeiten. Die erste Variante ist, dass wir wie bisher verfahren. Die Regierung legt einen Entwurf vor und dann bleibt der nach dem Kabinettsbeschluss liegen, bis sich hier irgendwann eine neue Regierung, ein neuer Landtag gebildet hat. Das hat aber erhebliche Nachteile. Wir wissen, dass wir dann den Haushalt 2020 erst in der zweiten Hälfte des Jahres bekommen werden. Bis dahin ist vorläufige Haushaltsführung. Und es hat überhaupt nichts mit der jetzigen Regierung zu tun. Es war 2005 so und es war 2010 so, weil es einfach gar nicht anders geht. Und dann heißt das natürlich vorläufige Haushaltsführung – es werden nur die gesetzlichen Leistungen gezahlt, es werden die Löhne und Gehälter gezahlt und das, was an VE im Haushaltsplan 2018/19 drinsteht, wird noch an Investitionen fortgesetzt und dann ist Pumpe – keine neuen Investitionen in der ersten Hälfte des Jahres 2020! Das ist Gift für die Wirtschaft. Das ist Gift für das Handwerk.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kommunen würden nur die nötigsten Zuschüsse bekommen und alle Institutionen und Vereine kriegen einen Abschlag von 80 Prozent und können bis in die zweite Jahreshälfte hinein bibbern, ob sie dann 100 bekommen. So kann das doch nicht gehen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb hat diese erste Variante erhebliche Nachteile. Es kommen erschwerend zwei Fakten dazu: Ich bin mir sicher, es wird nach den Landtagswahlen im Jahr 2019 keine Alleinregierung geben. Und selbst wenn zwei Partner sich zu einer Mehrheit zusammenfinden würden, wäre das schon ein erheblicher Aufwand. Ich habe schon ein paar Koalitionsverhandlungen mitgemacht. Aber ich nehme an, es werden drei oder vielleicht sogar noch mehr Fraktionen sein, die zusammenkommen müssen. Wir haben ja in Berlin gesehen, wie das geht, bis die FDP das Ganze zum Schluss aus taktischen Gründen hingeschmissen hat, wie viel Zeit dabei vergeht.

Und der zweite Fakt ist: Die Haushaltsberatungen werden nach dem Verfassungsgerichtsurteil auch nicht kürzer. Herr Huster hat darauf hingewiesen, wie ausführlich die ganze Protokollierung jetzt erfolgen muss, wie die Opposition die Haushaltsverhandlung beim letzten Mal auch so ausgelegt hat, dass das ganze Verfahren möglichst in die Länge gezogen wird; deshalb ist diese Variante wirklich von großem Nachteil.

Und jetzt legt die Finanzministerin eine zweite Variante vor, einen neuen Weg, dass doch der jetzige Landtag den Haushalt für 2020 beschließen möge. Wer da sagt, die Rechte der künftigen Regierung würden beschnitten – das ist keineswegs der Fall. In anderen Bundesländern wird es nämlich so gemacht. Dort wird ein Doppelhaushalt aufgestellt, der in das zweite Jahr hineinragt. Und gar nichts passiert.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist das!)

Wenn der neu gebildeten Regierung, dem neu gebildeten Landtag, der Mehrheit der Kurs nicht passt, kann sie doch sofort umlenken und mit entsprechenden Beschlüssen, mit einem Nachtragshaushalt das Ganze ändern.

Die Landesregierung muss sowieso erst mal ihre Arbeit machen: einen Haushaltsentwurf vorlegen. Das ist ihre Aufgabe und ihre Pflicht. Und dann werden wir einfach sehen, wenn wir dann am Zug sind – nächstes Jahr im Frühjahr –, was die Regierung uns vorgelegt hat, wie es zeitlich aussieht, wie die Verständigung inhaltlich aussieht. Ich denke, dass da auch noch umfangreiche Gespräche innerhalb der Koalition geführt werden müssen. Aber wenn wir uns das Ganze mal zusammen anschauen, die Fakten anschauen, dann spricht ganz viel für diesen zweiten Weg. Und ja, es wäre eine Premiere für Thüringen, aber eine, die für die Menschen in Thüringen richtig Sinn macht. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Als Nächster hat Abgeordneter Müller für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste und Besucherinnen, was ist das für eine durchschaubare und eigentlich auch relativ kleinkarierte Aktuelle Stunde mit diesen beiden Punkten? Zu dem Wahltermin ist meiner Meinung nach hinreichend ausgeführt worden. Die Festlegung des Wahltermins obliegt nicht uns Par

(Abg. Dr. Pidde)

lamentariern, sondern der Landesregierung; ich möchte mich an der Stelle auch nicht weiter zu diesem Termin auslassen. Ein Wahltermin unmittelbar vor oder knapp nach den Sommerferien birgt sicherlich zahlreiche weitere Risiken, die dahin gehen können, dass die Wahlbeteiligung eben relativ gering ist, wir wenig Möglichkeiten haben, einen inhaltsvollen, gut strukturierten Wahlkampf führen zu können, wo es um den Austausch von Argumenten geht. Ich glaube, ein später Wahltermin – und deswegen begrüße ich den tatsächlich – birgt die Möglichkeit, viele Menschen zusätzlich zu erreichen, die wir so nicht erreichen können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Doch hinsichtlich des Landeshaushalts muss sich die Opposition fragen: Warum soll eine vorläufige Haushaltsführung demokratischer legitimiert sein als ein im Thüringer Landtag durch die Abgeordneten verabschiedeter Haushalt für das darauffolgende Jahr? Oder können Sie mir irgendeinen Artikel in der Thüringer Verfassung benennen, aus dem sich die Vorzüge einer vorläufigen Haushaltsführung in Bezug auf eine stärkere demokratische Legitimierung herauslesen lassen? Ich nehme es vorweg – Sie brauchen also nicht lange zu suchen: Wir haben in der Verfassung dazu nichts gefunden, nicht ein Sterbenswörtchen, ob eine vorläufige Haushaltsführung besser oder demokratischer wäre als ein regulär verabschiedeter Haushalt. Und ehrlich gesagt leuchtet es normalerweise auch jedem oder jeder ein, der sich einmal ein klein wenig näher damit beschäftigt. Leider habe ich den Eindruck, dass diese Beschäftigung im Kreis der Oppositionsparteien nicht erfolgt ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich glaube, wir brauchen an der Stelle auch nur einmal über die Landesgrenzen hinweg zu gucken – das ist schon zitiert worden –, das ist nicht nur in Bayern so, es ist auch in Hessen so. So hat beispielsweise die CSU in Bayern über Jahrzehnte hinweg schon Haushalte aufgestellt, Doppelhaushalte aufgestellt, die immer wieder in die nächste Legislaturperiode hineinragen. Ich hätte eigentlich von Herrn Mohring oder der Thüringer CDU erwartet, sich dazu vielleicht auch mal kritisch zu äußern, zumal wenn man sich im Rahmen eines Unionfinanztreffens gerade erst versammelt hat, aber dazu hört man nichts. In Hessen haben wir das gleiche Bild. Hier ist ein Doppelhaushalt für die Jahre 2018/2019 verabschiedet worden und das, obwohl im Oktober dieses Jahres auch noch Wahlen stattfinden.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Hört, hört!)

Der Ministerpräsident in Hessen ist bekanntlich Mitglied der CDU. Da blieb übrigens die Empörung der

gesamten hessischen Opposition aus, weil es nämlich tatsächlich vernünftig ist, einen regulären Haushalt aufzustellen und nicht in die vorläufige Haushaltsführung einzusteigen oder sehenden Auges in die Schwierigkeiten hineinzustolpern, wie sie eben schon beschrieben worden sind. Sie sehen, meine Damen und Herren, schaut man genauer hin, bleibt von der Entrüstung der CDU nicht viel übrig.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Das stimmt!)

Noch einen Aspekt möchte ich nicht unerwähnt lassen. Der Zeitplan der CDU bei den letzten Haushaltsverhandlungen sah vor, dass der Haushalt durch die Landesregierung im August 2017 eingebracht und dann im Januar 2018 verabschiedet wird. Das ist nicht die ursprüngliche Idee von RotRot-Grün gewesen, sondern die der CDU, die dann mit gezieltem Herauszögern der Sitzungen ein Konvolut an Papieren durch Sitzungsprotokolle und Nachfragen erzeugt hat, sodass wir schließlich den Haushalt tatsächlich erst im Januar verabschieden konnten.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Das ist ja eine Frechheit!)

Doch jetzt auf einmal soll nach einer Wahl im Herbst mit Sondierungsgesprächen, mit Koalitionsverhandlungen alles so unendlich viel schneller und schlanker gehen, wie durch Zauberhand geführt, und damit eine vorläufige Haushaltsführung vermieden werden. Auf Grundlage meiner Erfahrungen aus dem Haushaltsausschuss gibt es da offensichtlich nur eine Erklärung: In Thüringen werden zukünftig Zeitreisen möglich sein, denn sonst ist ein solcher Zeitplan nicht nur komplett unseriös, sondern auch nicht ansatzweise durchführbar.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich mahne daher zu mehr Glaubwürdigkeit und Seriosität.

Im Übrigen verlieren die Gesetze, die der Landtag hier normalerweise verabschiedet, auch nach Ende der Legislaturperiode oder bei Regierungswechsel nicht automatisch ihre Gültigkeit. Über Nachtragshaushalte ist schon gesprochen worden. Ich freue mich auf den nächsten Haushalt 2020. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat Abgeordneter Gentele das Wort. Bitte schön.

(Abg. Müller)

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher und Zuschauer am Livestream, viel ist zu diesem Thema heute schon gesagt worden. Als fraktionsloser Abgeordneter will ich Ihnen meine Sicht auf diese Themen kurz erläutern. Dass die Landtagswahl 2019 erst im November stattfinden soll, ist völlig legitim und aus Sicht der Verfassung nicht zu beanstanden. Daher ist es auch völlig überflüssig, dieses Thema heute in einer Aktuellen Stunde anzusprechen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich verstehe die CDU und besonders ihren Vorsitzenden. Er ringt mit aller Gewalt um Aufmerksamkeit und das um jeden Preis. Ich kann der CDU nur dringend raten: Wenn Sie 2019 eine reelle Chance haben möchten, den künftigen Ministerpräsidenten zu stellen, dann schauen Sie sich nach einer Kandidatin oder einem Kandidaten um, der volksnah und bodenständig ist. Dazu gehört aber wahrhaftig kein Heimatministerium, das nur zusätzliche unnütze Aufgaben und Kosten verursacht und wovon kein Bürger profitiert.

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Das ist aber nicht das Thema!)

Arroganz und Überheblichkeit führen nicht zum gewünschten Wahlerfolg. Wenn ich mir die Umfragen ansehe, dann hat die CDU 2019 ein Problem. Eine Regierungsbildung ohne die AfD wird wohl nicht möglich sein – leider. Gestern hatten Sie noch verneint, Herr Mohring, mit der AfD zusammenarbeiten zu wollen, was ich sehr begrüße. Gilt das aber noch nach der Wahl, Herr Mohring? Wenn das Ministerpräsidentenamt greifbar nah wäre, würden Sie dann den Tabubruch wagen