Protocol of the Session on March 22, 2018

Noch eine Anmerkung zur Anhörung: Herr Kellner – Sie haben ja selbst geredet –, auf Antrag der CDU wurde auch die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU angehört. Seit 20 Jahren begleite ich Anhörungen – zunächst von außerhalb und seit 2004 als Landtagsabgeordneter. Eine solche Stellungnahme, voll mit Unwahrheiten und Beleidigungen des Gesetzgebers und einer Landesregierung habe ich noch nicht vernommen.

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Das ist doch nicht wahr!)

Ich bitte Sie wirklich, wenn Sie als kommunaler Fachverband angehört werden, beschränken Sie sich einfach auf fachliche Auseinandersetzungen und nicht derartige Vorwürfe: Wir kaufen Bürgermeister, wir sind unfähig dieses Land zu führen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das stimmt ja auch!)

Das ist ungehörig in einer Anhörung. Sie missbrauchen dort Ihre Stellung. Übrigens kann ich mich noch erinnern, ich war mal Geschäftsführer einer kommunalpolitischen Vereinigung. Wenn ich mich politisch geäußert habe, hat das Ministerium sofort geprüft, ob nicht möglicherweise damit ein Verstoß gegen die Zuwendungsbestimmungen des Landes vorliegt, denn auch Sie finanzieren sich ja im Wesentlichen über Zuwendungen des Landes. Das haben Sie gar nicht nötig, Sie sind Landtagsabgeordneter und haben eine andere Möglichkeit. Sie müssen doch nicht Ihre kommunalpolitische Vereinigung missbrauchen, um Ihren Privatkrieg gegen Rot-Rot-Grün zu führen. Das ist ungehörig.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie gesagt, das habe ich noch nie so erlebt. Ich kann nur an Sie appellieren.

Eine letzte Anmerkung hinsichtlich des ländlichen Raums und dass wir den angeblich schwächen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Macht ihr ja auch!)

Ich habe es erst mal bedauert, dass der Landkreistag von der Möglichkeit der mündlichen Anhörung keinen Gebrauch gemacht hat, obwohl der Landkreistag ja nicht müde wird, auch diesen Vorwurf zu formulieren.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Dann muss ja wohl etwas dran sein!)

Wir haben 76 Grundzentren in Thüringen, die wir alle stärken werden. Das ist alles ländlicher Raum. Schon allein anhand dieser Zahl geht dieser Vorwurf völlig ins Leere, dass wir den ländlichen Raum schwächen.

Zu den kreisübergreifenden Fusionen: Auch das ist eine Regelung, die seit 1994 im Gesetz steht. Die Landkreise haben kein Vetorecht. Sie können sich einigen und wenn sie sich nicht einigen, muss der Gesetzgeber das entsprechend regeln. Und das machen wir – auch in Abwägung und mit Auswirkungen. Die Landkreise werden dort angehört, können ihre Bedenken geltend machen. Es gab noch nie ein Vetorecht der Landkreise in den letzten 20 Jahren und das Verfahren, das jetzt gewählt wird, ist keine Erfindung von Rot-Rot-Grün. Auch dort muss man sagen: Gemeinden gehen vor, auch verfassungsrechtlich – was die verfassungsrechtliche Verankerung vor den Landkreisen betrifft. Aber auch dort werden wir eine Abwägung vornehmen, weil wir natürlich den Blick auf die Landkreise nehmen, solange sie in der jetzigen Struktur noch bestehen. Wir werden nach meiner Überzeugung sowieso noch mal eine Debatte zu den Landkreisen bekommen. Zurzeit läuft ein Dialogverfahren mit der Landesregierung, was den Aufgabenkatalog betrifft.

Herr Abgeordneter Kuschel, Ihre Redezeit ist um!

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Endlich!)

Andererseits müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass manche Landkreise künftig nur wenige Gemeinden haben werden. Ich komme aus dem IlmKreis, sieben werden wir noch haben und davon zwei Gemeinden, die 85 Prozent der Bevölkerung stellen, hohe Abhängigkeit.

Herr Abgeordneter Kuschel!

Von daher werden wir die Debatte sicherlich fortsetzen, sicherlich auch über diese Legislaturperiode hinaus. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe noch mehrere Wortmeldungen. Ich würde zunächst Herrn Abgeordneten Kellner für die CDUFraktion das Wort geben.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich musste noch mal kurz vorgehen, – ich denke, das hat Herr Kuschel schon erwartet –, um ein paar Sachen richtigzustellen, letztlich auch das mit der KPV, das war eine ganz sachliche Stellungnahme. Ich habe auch nicht gehört, dass Sie dies im Ausschuss oder in der Anhörung thematisiert hätten. Das spricht ein Stück weit dafür, dass es doch nicht so ist, wie Sie es darstellen. Aber das ist auch nichts Neues, dass Herr Kuschel das so darstellt, wie er es gern hätte. Es muss nicht unbedingt wahr sein.

(Beifall CDU)

Aber was mich interessiert, Herr Kuschel, ist: Wieso bewerben Sie sich als VG-Vorsitzender in Kölleda, wo Sie gerade erzählt haben, wie schlimm eine VG ist, dass das alles nicht funktioniert und dass die eigentlich so schnell wie möglich abgewickelt wird?

(Heiterkeit CDU)

Das ist doch ein klassischer Widerspruch. Erklären Sie uns doch einmal, warum Sie sich als VG-Vorsitzender wählen lassen wollten, in Kölleda!

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Auch eine VG braucht einen geordneten Über- gang!)

Nicht genug, dass Sie nicht angenommen worden sind, Sie haben auch noch rechtliche Schritte dagegen eingeleitet.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Und habe gewonnen!)

Sie wollten unbedingt in diese Verwaltungsgemeinschaft. Das erschließt sich mir nicht. Sie sprechen hier mit zwei Zungen – einmal hier im Plenum so und draußen anders.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Was für ein Blödsinn, Herr Kellner!)

Aber es gibt noch mehrere Beispiele hier in diesem Haus, wo sich VG-Vorsitzende beworben haben, die es nicht geworden sind, auch Kolleginnen, die es nicht geworden sind und sich heute hier hinstellen und sagen: Verwaltungsgemeinschaften haben sich überlebt, es ist ein Modell, das ausläuft und das eigentlich keine Zukunft hat. Gleichzeitig bewerben sie sich dafür.

(Zwischenruf Abg. Wirkner, CDU: Hört, hört!)

Das verstehe ich nicht. Das erschließt sich mir nicht.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das ist Ihre Sicht der Dinge!)

Eine andere Geschichte noch kurz zur Größe, die Sie immer angesprochen haben. Verwaltungsgemeinschaften können kein qualifiziertes Personal vorhalten, das ändert sich nicht, wenn man daraus Einheitsgemeinden macht, die auch nur 6.000 Einwohner haben. Das haben Sie mir auch noch nicht erklärt, was sich daran ändert, wenn ich eine VG mit 6.000 Einwohnern zur Landgemeinde mit 6.000 Einwohnern mache, wo dann letztendlich das andere Personal herkommt und mit welchem Anreiz. Wir haben letztendlich eine klare Besoldungstabelle, in der steht, wie sie besoldet werden müssen, und einen Aufgabenbereich, der definiert ist. Also was Sie erzählen, wir schließen große Einheiten zusammen und dann wird alles attraktiver, greift an der Stelle auch zu kurz.

Noch eine Anmerkung, weil Sie das gesagt haben: Der Gesetzgeber entscheidet zum Schluss über Fusionen. Das ist gar keine Frage. Hundeshagen noch einmal ganz kurz aufgerufen. Die Stellungnahmen haben wir alle gelesen. Das Ministerium hat sich dafür ausgesprochen, dass es richtig ist, dass Hundeshagen nach Leinefelde-Worbis geht. Gleichzeitig hat das Landesverwaltungsamt eine gegenteilige Meinung dazu. Die haben nicht unterstützt, dass Hundeshagen diesen Wechsel vollzieht, sondern sehen den Schwerpunkt in Lindenberg/Eichsfeld, in der VG, mit allen Verflechtungen. Das muss mir auch mal jemand erklären – im Ausschuss hatte ich das schon mal gefragt gehabt –, wie so etwas passieren kann, dass das Landesverwaltungsamt gegensätzlicher Auffassung ist und es dann trotzdem im Gesetz erscheint.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie können ja einen Änderungsantrag stellen!)

Das müssen Sie sicherlich klären, aber das zeigt letztendlich auch an der Stelle, dass man Erfolge haben möchte, koste es, was es wolle. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke. Als Nächster hat Abgeordneter Adams für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste hier im Thüringer Landtag, der Thüringer Landtag hat eine große Lust

(Abg. Kuschel)

entwickelt, Themen der Gemeindefusionen, Gebietszusammenschlüsse zu diskutieren. Es ist schon ein bisschen erstaunlich, dass die Kritik, egal ob es um freiwillige Zusammenschlüsse oder um gesetzliche Zusammenschlüsse geht, egal ob am Ende größere oder kleinere Einheiten entstehen, die Kritik der CDU ist immer die gleiche. Die CDU behauptet immer genau das Gegenteil, so wie es Herr Kellner heute gemacht hat. Früher, vor einem Jahr, hat er gesagt, in dem Augenblick, wo eine kleinere Gemeinde in eine größere Einheit muss, würde sie in ihrer Selbstverwaltung beschnitten werden. Heute sieht er den Wunsch einer kleinen Gemeinde, selbstbestimmt aus einer größeren Einheit herauszugehen, als Beschneidung der Selbstverwaltung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am Ende reduziert sich die Debatte doch auf drei Fragen. Groß oder klein? Freiheit oder Grenzen? Und: Klarheit oder Verunsicherung? Wir haben schon oft über die Frage „große Gemeinde, kleine Gemeinde“ diskutiert und ich glaube, uns allen ist klar, dass der Obersatz sein muss: Gute Kommunalpolitik wirkt in einer kleinen Gemeinde gut, aber auch in einer großen Gemeinde gut. Schlechte Kommunalpolitik wird eine große Gemeinde genauso ruinieren wie eine kleine. Insofern ist die wesentliche Voraussetzung für das Gedeihen unserer Gemeinden eine gute Kommunalpolitik in den Gemeinderäten. Das dürfte, glaube ich, unbestritten sein. Wenn man sich jetzt aber die Frage stellt, dass man unter den Bedingungen gleichbleibend guter Kommunalpolitik in unseren Gemeinderäten neue Aufgaben gestalten will, zum Beispiel die Digitalisierung, die das Leben für unsere Bürger leichter machen kann, zum Beispiel eine nächste Welle einer infrastrukturellen Erneuerung in unseren ländlichen Räumen, aber auch in unseren urbanen Zentren, wenn wir an Brücken rangehen müssen, wenn wir an Sportplätze rangehen müssen, wenn wir Pflegeplätze, wenn wir altersgerechtes Wohnen organisieren und auf den Weg bringen,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ja, das wird doch so gemacht! Das ist Gemeinderatsar- beit!)

das ist eine große Aufgabe – im ländlichen Raum wie in urbanen Zentren. Möglicherweise bestehen hier neue Herausforderungen. Jetzt kann es sein, dass ich ein bisschen schlicht bin, aber ich habe noch nie gehört, dass ein Unternehmen irgendwann gesagt hat: Wir wollen eine neue Aufgabe übernehmen und deshalb restrukturieren wir uns noch mal in kleinere Gruppen. Das habe ich noch nie gehört. Ich habe noch nie gehört, dass eine Wissenschaftseinrichtung gesagt hat: Wir wollen einen neuen Forschungszweig eröffnen, wir wollen uns neu aufstellen, wir wollen mitspielen in der Welt oder in einer nächst höheren Liga und dafür müssen wir dringend schrumpfen. Es ist auch viel banaler zu fra

gen und ich glaube, das liegt auf der Hand: Wer von uns schon mal für fünf Menschen eine Grillparty gegeben hat und hinterher den Kassenzettel mal durch fünf teilt und das Gleiche an einem folgenden Wochenende für 50 Personen macht und das, was er eingekauft hat, wieder durch 50 teilt, wird merken, dass er die ordnungsgemäße Versorgung mit Bratwurst an einem Samstagabend im Frühling für …

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Sie wollen doch wohl nicht die Arbeit eines Gemeinde- rats mit einem Grillabend vergleichen!)

Frau Tasch, beruhigen Sie sich!

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Nein, nein!)

Frau Tasch, das ist immer wieder das gleiche Muster, wenn man es sehr deutlich macht, dann stehen Sie auf dem Tisch. Natürlich ist es ein Beispiel und natürlich