Protocol of the Session on March 22, 2018

(Unruhe DIE LINKE)

Jetzt muss mir mal einer erklären, was nach der Neugliederung die Belastung ist, die ist doch vorher, die ist doch vorneweg und nicht hinterher. Man hat natürlich gesehen, dass man die Ortsteilbürgermeister unter Umständen damit einkauft, etwas anderes ist es nicht.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE)

Doch, das ist so. Jedenfalls hat es dieses Geschmäckle. Es hat das Geschmäckle, dass es letztendlich in diese Richtung geht.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Wir werden das öffentlich machen, was Sie hier erzählen!)

An der Stelle muss ich sagen, da täuschen Sie sich auch in den Bürgermeistern. Die denken in erster Linie an ihre Gemeinden – dafür bin ich ihnen auch sehr dankbar – und nicht an den Geldbeutel. Die machen sich auch so auf den Weg, wenn sie für ihre Gemeinde Vorteile sehen,

(Unruhe DIE LINKE)

wenn sie für die Gemeinde wirklich eine Chance sehen, dass es der Gemeinde anschließend besser geht. Dafür hätte dieses nicht bedurft. Auch bei uns war das letztendlich so, dass sich, wie gesagt, über 300 Gemeinden ohne diesen zusätzlichen Anreiz gegründet haben. Dieses Gesetz besteht letztendlich daraus, dass viel Geld in das System gepumpt wird, koste es, was es wolle, wir brauchen Erfolge. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke nicht, dass das der richtige Weg ist. Aus diesem Grund lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Kellner. Nun hat Abgeordneter Kuschel das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Thüringer Landtag bewältigt heute eine weitere Etappe auf dem Weg zur Schaffung leistungsfähiger Kommunalstrukturen. Mit dem jetzt hier vorliegenden Gesetz wird der Prozess der freiwilligen Neugliederung bei den Gemeinden weiter befördert und es wird weitere Klarheit geschaffen. Eine Vielzahl der Regelungen, die heute im Gesetzentwurf sind, war bereits Bestandteil des Vorschaltgesetzes. Insofern ist der Vorwurf, wir hätten irgendetwas mit heißer Nadel gestrickt, jenseits der tatsächlichen Lage. Denn all die Dinge, die wir heute diskutieren, haben wir schon einmal umfassend im Zusammenhang mit dem Vorschaltgesetz debattiert. Die Neuregelungen sind überschaubar und haben eher gesetzestechnische Qualität. Aber wenn man keine inhaltliche Alternative anzubieten hat, dann stellt man derartige Thesen auf. Die rechte Seite hat das jetzt wieder gemacht und hat wieder die These des finanziellen Ausblutens der Gemeinden aufgestellt. Damit will ich mich nicht auseinandersetzen, das haben wir erst zusammen mit dem Haushalt und dem Kommunalen Finanzaus

(Abg. Kellner)

gleich gemacht. Ich verweise nur auf die jüngsten Veröffentlichungen des Landesamts für Statistik, weil die widerlegen diese These. Noch mal zusammenfassend: Im Vergleich zu 2014 haben die Kommunen nach der vorläufigen Jahresrechnung im Jahr 2017 rund 700 Millionen Euro mehr zur Verfügung. 700 Millionen Euro! Das sind circa 12 Prozent der Gesamteinnahmen. Wer bei Kenntnis dieser Zahlen von einem finanziellen Ausbluten spricht, der muss irgendwo anders politisch unterwegs sein oder muss eben das Konzept der bewussten Täuschung der Öffentlichkeit verinnerlicht haben. Beides aber ist in diesem Hause unangemessen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Herr Richard Dewes hat in seiner Stellungnahme einfach das kopiert, was er bereits in seiner Stellungnahme zum Vorschaltgesetz hatte. Also da hat er nichts Neues verkündet und hat dort seine Bedenken zu den Verwaltungsgemeinschaften geäußert, was auch in der Wissenschaft eine Minderheitenmeinung darstellt. So etwas nimmt man zur Kenntnis, das ist halt so. Wir setzen uns damit auseinander, haben das abgewogen, sowohl in der Debatte zum Vorschaltgesetz als auch jetzt noch mal, und sind der Auffassung, diese Argumente sind nicht überzeugend wie auch die Argumente der CDU zur Verwaltungsgemeinschaft als Ganzes nicht.

Noch mal zu den Verwaltungsgemeinschaften: Wir haben uns intensiv damit beschäftigt. Als sie 1994 gebildet wurden, hatten sie ihre Daseinsberechtigung, weil es eine Übergangsphase war. Kommunale Selbstverwaltung war gerade vier Jahre alt. Es hat sich damals gezeigt – Thüringen hatte damals rund 1.800 Gemeinden –, dass diese den Weg nicht alleine fortsetzen können. Deshalb waren die Verwaltungsgemeinschaften eine sinnvolle Struktur zur Weiterentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung. Dann gab es Übergangsregelungen, zum Beispiel dass die Bürgermeister gleichzeitig Beschäftigte der VG sein durften. Die galten bis 1999.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Es gibt im- mer noch VGs!)

Das hat gut funktioniert, weil die Bürgermeister damit direkten Zugang zur Verwaltung hatten. Das ist übrigens eines der jetzigen Konstruktionsfehler der VGs, dass wir ein Auseinanderfallen haben zwischen der Zuständigkeit des Bürgermeisters, die Beschlüsse umzusetzen, der hat aber gar nicht die Ressourcen, die sind bei der VG. Ich habe mal untersuchen lassen, wie viel Verwaltungspotenziale dort „verschwendet“ werden, weil zur Beschlussumsetzung ein ständiger Dialog zwischen den Bürgermeistern und dem VG-Chef stattfinden muss. 17 Prozent der allgemeinen Verwaltungskosten entfallen allein auf diesen Prozess der Transaktion zwischen VG-Vorsitzenden und Bürgermeistern.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist eine Kuschel-Erfindung!)

Herr Abgeordneter Kuschel, Sie gestatten die Zwischenfrage des Abgeordneten Wirkner?

Selbstverständlich.

Herr Wirkner, Sie haben das Recht zur Zwischenfrage, bitte.

Danke sehr. Da Sie heute noch genügend Redezeit haben, werde ich das wiederholen, was ich das letzte Mal versucht habe, Herr Kuschel. Im Dezember 2015 referierten Sie hier über das Vorschaltgesetz im Thüringer Landtag und dort haben Sie gesagt: Das Ende der Verwaltungsgemeinschaften ist damit eingeleitet. Kann man nachlesen. Nach dem, was Sie heute referieren, habe ich eine ganz sachliche Frage: Fusionieren zwei Verwaltungsgemeinschaften zu einer, geben Sie diesem Konstrukt nach Ihren Ausführungen – auch heute – überhaupt eine Chance?

Ich werde im Laufe meiner Rede darauf noch speziell eingehen, gedulden Sie sich noch etwas.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wenn es ei- ne Frage gibt, gibt man eine Antwort!)

Zunächst noch einmal zur Verwaltungsgemeinschaft. CDU und SPD haben am 15.12.2011 einen Entschließungsantrag in den Thüringer Landtag eingebracht, der beinhaltete: Verwaltungsgemeinschaften sind ein Auslaufmodell. Jetzt müssen Sie hier mal erklären, welche neuen Erkenntnisse Sie zwischen 2011 und jetzt gefunden haben, dass Sie offenbar diese damalige Erkenntnis nicht weiterverfolgen,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das kann ich Ihnen sagen!)

außer dass sich die Regierung und ihre Rolle geändert hat. Sie sind nämlich nicht mehr Regierungspartei, sondern Opposition. Das ist aber wenig überzeugend.

Noch mal zu den Verwaltungsgemeinschaften; wir haben uns intensiv damit beschäftigt. Ich war bei 1999. Da sind die Übergangsbestimmungen ausgelaufen und seitdem sind die sogenannten Konstruktionsfehler der Verwaltungsgemeinschaften offensichtlich geworden. Das ist gar kein Vorwurf an die

Akteure, aber damit müssen wir uns als Gesetzgeber auseinandersetzen. Welche sind das? Eines habe ich schon beschrieben: dass die ehrenamtlichen Bürgermeister für den Beschlussvollzug zuständig sind, aber keine eigenen Verwaltungsressourcen haben – die liegen bei der Verwaltungsgemeinschaft und da entstehen Transaktionskosten, ganz normal, und es entstehen Reibungsverluste –, während der Bürgermeister einer Einheits- oder Landgemeinde gleichzeitig der Behördenleiter ist und damit direkten Zugriff auf die Verwaltung hat. Das erkennt selbst jemand, der sich nur temporär mit Kommunalpolitik beschäftigt.

Das Zweite ist die Zersplitterung der Finanzkraft. Wir haben 571 Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern. Wir haben jetzt wieder ein Programm außerhalb des Finanzausgleichs, ein Investitionsprogramm: 11,51 Euro Investitionspauschale. Was kommt bei den Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern an? 10.000 Euro und weniger. Mir tut immer das Herz weh, weil ich glaube, da könnten wir das Fenster aufmachen und das Geld rausschmeißen. Die Effekte vor Ort gehen gegen Null. Das ist dauerhaft nicht machbar, sondern wir brauchen andere Strukturen, wo dann auch solche Programme entsprechend Wirkung erzeugen.

Die Rolle des VG-Vorsitzenden ist umstritten. Er beherrscht alle Phasen: Beschlussvorbereitung, Beschlussfassung – weil er hat Stimmen in der VGVersammlung – und er macht den Beschlussvollzug. Das ist verfassungsrechtlich äußerst bedenklich, weil damit das Prinzip der Gewaltenteilung durchbrochen wird.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Warum lasst ihr nicht einfach die Kommune entschei- den?)

Weil wir dort jemanden haben, der alles beherrscht – alle Dinge von politischen Entscheidungen. Wir haben das mehrfache Ortsrecht. Durchschnittlich hat jede Thüringer Gemeinde 13 Satzungen, die periodisch fortgeschrieben werden müssen: die Haushaltssatzung jedes Jahr, andere Satzungen mit etwas größeren Zeitabläufen, Gebührensatzungen beispielsweise alle vier Jahre. Die müssen „gehändelt“ werden – und das bei Verwaltungsgemeinschaften. Die größten Verwaltungsgemeinschaften haben 12 Vollbeschäftigteneinheiten. Das heißt, sie haben nur damit zu tun, den Sitzungsdienst abzusichern und das Ortsrecht weiterzuentwickeln. Die Verwaltungsgemeinschaft, in der Herr Fiedler ehrenamtlicher Bürgermeister ist, hat 22 Mitgliedsgemeinden, nicht mal 5.000 Einwohner. Das heißt, sie müssen jedes Jahr 23 Haushaltssatzungen machen, müssen nebenher 23 Haushaltspläne bewirtschaften – und das mit neun Vollbeschäftigteneinheiten. Die kommen also zu gar nichts anderem mehr. Das kann doch aber nicht die Zukunft sein. Wir stehen doch vor ganz anderen

Herausforderungen. Die Verwaltungen müssen sich mit anderen Dingen als mit diesen formalen Dingen beschäftigen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Mit was denn?)

Von daher haben wir uns intensiv damit beschäftigt: Sind die Verwaltungsgemeinschaften fortentwickelbar? Wir sind ähnlich wie die CDU 2011 zur Erkenntnis gekommen – wir als Linke hatten das schon früher gesagt: Eine Weiterentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften in der vorhandenen Struktur ist nicht geboten, sondern die Weiterentwicklung muss durch Umwandlung in Land- oder Einheitsgemeinden erfolgen. Es geht also nicht nur um das Geld. Es geht um die Aufstellung der Verwaltungsgemeinschaften in Zukunft. Fachkräfte bekomme ich nicht mehr für diese Kleinstverwaltungen. Für Fachkräfte brauche ich andere Einstiegsoptionen und auch Aufstiegsoptionen.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU muss sich auch entscheiden, was sie will. Ich will das am Beispiel Ilmenau darstellen. Herr Andreas Bühl wird nicht müde, seit Jahren oder Monaten fordert er mehr Tempo, damit endlich Gehren und Pennewitz nach Ilmenau eingemeindet werden. Alle anderen in seiner Fraktion sagen: Blockade, ja nicht, weil da eine Verwaltungsgemeinschaft betroffen ist und wir müssen Lösungen finden. Also was wollen Sie denn jetzt? Wir haben eine vernünftige Lösung gefunden, indem wir gesagt haben, wir lassen eben keine weißen Flecken zurück. Wenn das behauptet wird, ist das eine Falschaussage, sondern wir müssen uns natürlich darum kümmern, was in der Region als Ganzes wird.

Und jetzt komme ich dazu: Wir haben eine Kommunalordnung und wir haben Gemeindeneugliederungen. Da hat das Verfassungsgericht schon vor Jahren einen Dreistufenplan, ein Herangehen definiert, unter anderem, dass vorher ein Leitbild erstellt werden muss. Wenn nur die Kommunalordnung gelten würde, hätte das Verfassungsgericht gesagt, es gilt die Kommunalordnung, dann hätten wir kein Leitbild gebraucht. Nein, der Gesetzgeber hat einen politischen Gestaltungswillen und das muss im Leitbild deutlich werden, und zwar gemessen am öffentlichen Interesse. Allein die Vorgaben der Kommunalordnung begründen keinen Rechtsanspruch auf Neugliederung. Die Gemeinden können alle einen Antrag stellen, aber wir als Gesetzgeber sind gefordert, und zwar am öffentlichen Interesse. Das beginnt bei einer Gemeinde am Ortseingangsschild und endet am Ortsausgangsschild. Bei uns nicht: Wir müssen die Gesamtregion, das gesamte Land sehen. Das Leitbild ist nun seit 2015 klar und da

komme ich auch zu der Frage. Im Übrigen haben sich auch die Vorgängerregierungen damit beschäftigt: In der 4. Legislaturperiode die Enquetekommission; in der 5. Legislaturperiode wurde der Expertenbericht, den ja Herr Fiedler immer als „blaues Wunder“ bezeichnet, auf den Weg gebracht. Wir haben jetzt das Leitbild. Die Erkenntnisse liegen alle vor. Wir brauchen Entscheidungen, neue Erkenntnisse sind auch in den letzten Jahren nicht hinzugetreten. Insofern brauchen wir Entscheidungen.

Und jetzt kommt dazu: Wir hatten mehr Anträge, als jetzt im Gesetzentwurf erste Neugliederungen drin sind – der ist heute nicht Gegenstand, aber hängt kausal damit zusammen. Daran wird schon sichtbar, dass nicht jeder Antrag, der gestellt wird, automatisch bedeutet, dass wir ihn auch gesetzgeberisch umsetzen. Wir wissen, es gibt von zwei Verwaltungsgemeinschaften nördlich von Erfurt einen Antrag auf Zusammenschluss der Verwaltungsgemeinschaft An der Marke und der Verwaltungsgemeinschaft Gramme-Aue – das war auch erst auf Antrag der CDU im Ausschuss. Das erscheint erstmal irgendwie vernünftig, weil aus zwei Verwaltungsgemeinschaften eine wird. Aber bei näherer Betrachtung muss man sehen – Herr Carius kennt das, das ist seine Heimat: 2012 gab es dort eine Initiative, ein Bürgerbegehren, alles Mögliche zur Bildung einer Einheits- oder Landgemeinde. Damals war es die CDU, die das blockiert hat. Jetzt wollen Sie die Verwaltungsgemeinschaften zusammenlegen. Warum? Weil dort die Beteiligten – und da sind zum Teil höhere Beamte des Landes dabei, und das finde ich sehr bedenklich, dass Leute, die eine gewisse Treuepflicht zu ihrem Dienstherrn haben, bewusst Gemeinden in die falsche Richtung schicken, weil keine einzige Vorgabe des Leitbilds bei dieser Fusion erfüllt wird, weder die Einwohnerzahl, es ist kein Grundzentrum da und die Mehrzahl der betroffenen Gemeinden liegt im Verflechtungsbereich des Oberzentrums Erfurt oder des Mittelzentrums Sömmerda. Und damit kann es natürlich nicht genehmigt werden. Ich sehe dort keine Chance, weil wir dann vom Leitbild abweichen würden. Und das ist klar: Eine Abweichung vom Leitbild an einer Stelle hat einen Dominoeffekt. Dann können wir das Leitbild gleich zur Seite legen. Von daher gibt es dort andere Optionen, aber die jetzt beantragte ist nicht leitbildkonform. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden in jedem einzelnen Fall abwägen müssen.

Noch mal zu § 46 Abs. 1 Satz 2: Auch wenn das mehrfach betont wurde, aber Herr Kellner wird ja nicht müde, hier eine Interpretation zu wählen, die bedenklich ist. Verwaltungsgemeinschaften können nur durch Handeln des Gesetzgebers geändert werden. Es kann keine Gemeinde aus einer Verwaltungsgemeinschaft austreten. Sie können den Antrag stellen, wir müssen entscheiden, keine Ge

meinde kann entscheiden. Und Satz 2 ist nur eine Form, dass auch eine Verwaltungsgemeinschaft mit Zweidrittelmehrheit einen Antrag stellen kann. Das ist also ergänzend. Das schränkt aber nicht das Recht ein, dass eine einzelne Gemeinde einen Antrag stellen kann. Die Regelung gibt es seit 1994, also ist doch überhaupt nichts Neues. Und wir nehmen jetzt nur, weil wir die Verwaltungsgemeinschaften perspektivisch als Auslaufmodell sehen, diese Option der Antragstellung durch die Verwaltungsgemeinschaft weg, nicht mehr. Alles andere bleibt. Die Gemeinden beantragen, denn die sind Träger von Selbstverwaltung, und wir müssen am Grundsatz des öffentliches Interesses – das steht in Satz 1 – abwägen und das öffentliche Interesse schließt natürlich das Interesse der anderen Mitgliedsgemeinden mit ein. Wir können also keine einzelne Gemeinde separat neuordnen, ohne den Blick auf die anderen zu wahren. Das machen wir ja. Die Verwaltungsgemeinschaft Langer Berg ist das beste Beispiel: Zwei Mitgliedsgemeinden gehen nach Ilmenau und zwei Mitgliedsgemeinden werden übergangsweise erfüllt; die haben inzwischen beschlossen, der Landgemeinde Großbreitenbach beizutreten. Das könnte also ein kurzer Übergangszeitraum wahrscheinlich von 6 Monaten werden. Es ist alles überhaupt kein Problem.

Bei den beiden anderen Fällen haben wir eine Abwägung vorgenommen, da ist der Eingriff in die bestehende Struktur der Verwaltungsgemeinschaften so gering, dass dort eine Neuordnung erst mal nicht erforderlich ist. Wir haben andere Beispiele, wo sich innerhalb der Verwaltungsgemeinschaften jetzt Dinge bewegen werden: Schwarzatal oder Oberes Geratal. Da müssen wir sehen, ob das innerhalb der VG geht oder ob es eine Umwandlung als erfüllende Gemeinde braucht, aber wir werden keinesfalls weiße Flecken übrig lassen. Das geht auch überhaupt nicht.

Das hat übrigens die CDU ganz anders gemacht, als sie die Neugliederung 2013 beschlossen hat. Es wurde immer darauf verwiesen: 300. Sie zählen da alles mit. Zum Beispiel hat sich Möhrenbach nach Gehren innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft eingemeinden lassen, und da zählen Sie, das sind vier Gemeinden, die sich neu geordnet haben. Klar, so kann man auch auf 300 kommen. Wir werden das auch machen, wir werden Ihre Zahl weit toppen, da bin ich überzeugt. Darum geht es aber nicht, es geht hier um Leistungsfähigkeit.

Sie haben aber Dinge zurückgelassen, die uns noch Jahre beschäftigen werden, Sie haben landesplanerische und raumordnerische Verwerfungen zugelassen, Abwehrfusionen gegen Mittelzentren – Amt Wachsenburg und Arnstadt ist das beste Beispiel dafür. Oder: Die Eingemeindung von Oberland in die Stadt Sonneberg erschwert dort in diesem Bereich eine jetzige Neugliederung ganz erheblich. Es hätten sich jetzt ganz andere Potenziale

dargestellt, wenn dieser Unsinn landesplanerisch und raumordnerisch nicht gemacht worden wäre. Den kommunalen Akteuren vor Ort ist kein Vorwurf zu machen, die haben das nur genutzt.

(Beifall DIE LINKE)

Nach der Devise „Koste es, was es wolle“ haben Sie einfach Neugliederungen über dieses Land gezogen, ohne abzuwägen, welche raumordnerischen und landesplanerischen Verwerfungen dabei eintreten. Das ist wenig verantwortungsvoll. Das setzen wir nicht fort, da gebe ich Ihnen recht. Wir machen das nicht, sondern wir müssen in jedem Einzelfall abwägen.

Noch eine Anmerkung zur Anhörung: Herr Kellner – Sie haben ja selbst geredet –, auf Antrag der CDU wurde auch die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU angehört. Seit 20 Jahren begleite ich Anhörungen – zunächst von außerhalb und seit 2004 als Landtagsabgeordneter. Eine solche Stellungnahme, voll mit Unwahrheiten und Beleidigungen des Gesetzgebers und einer Landesregierung habe ich noch nicht vernommen.