Nein, das werden wir nicht tun. Es sind freiwillige Gemeindefusionen und Selbstverwaltung gilt auch für diese Kommunen und auch Demokratie. Sie müssen sich mal entscheiden: Wollen Sie das eine oder wollen Sie das andere? Damals wollten Sie die VGs nicht mehr, da haben Sie sogar die Mindestgrößen abgeschafft. Jetzt wollen Sie sie wieder schützen. Das liegt wahrscheinlich immer daran, auf welcher Seite Sie gerade hier in diesem Hohen Haus sitzen.
Nicht mit uns, nicht mit Rot-Rot-Grün. Es wird endlich Zeit. Es ist alternativlos, an diesen starren Strukturen festzuhalten.
Ich habe noch eine weitere Wortmeldung von einem Abgeordneten. Herr Abgeordneter Henke, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. Werte Abgeordnete, jetzt hat es mich doch noch mal nach vorn getrieben. Verwaltungsgemeinschaften – wenn wir dieses Gesetz so beschließen, wie es heute hier ein
gebracht wird, will ich mal schildern, was das für unsere Verwaltungsgemeinschaft Heideland-Elstertal-Schkölen bedeutet. Wir haben eine Gemeinde, die dort austreten will – eine einzige. Wir haben eine funktionierende Verwaltungsgemeinschaft, die sich 2012 freiwillig mit der Stadt Schkölen zusammengeschlossen hat. Wir haben eine funktionierende Verwaltungsgemeinschaft, die wirtschaftlich stark ist, die auch gesund daherkommt. Jetzt kommt die Gemeinde Crossen: Wir wollen übertreten nach Bad Köstritz. Da kommen natürlich mehrere Sachen dazu, über Kreisgrenzen hinweg und vieles andere. Jetzt muss man wissen: Die Gemeinde Crossen ist Sitz der Verwaltungsgemeinschaft. Wir als Crossener haben sehr viel Geld in die Hand genommen, um das Verwaltungsgemeinschaftsgebäude neu aufzubauen.
Die VG hat sich dort eingemietet. Jetzt geht Crossen raus. Was passiert mit der Verwaltungsgemeinschaft? Hier treffen alle Punkte zu, die Herr Rusch als Kritik genannt hat. Jetzt kommen wir zu den weißen Flecken. Klar gibt es die weißen Flecken, da gibt es aber auch unterschiedliche Werte. Wir haben eine reiche Gemeinde, Stahlwerk Crossen, wir haben auch ein paar arme, dazu gehören Schkölen und angeschlossene Gemeinden. Was passiert mit denen? Um die reichen mache ich mir keine Sorgen, die kriegen sofort einen Abnehmer. Aber was passiert mit den armen? Und das ist nicht geklärt. Deswegen halte ich diesen Plan für Irrsinn. Vielen Dank.
Danke schön. Jetzt habe ich vonseiten der Abgeordneten keine weiteren Wortmeldungen. Herr Ministerpräsident Ramelow hat für die Landesregierung das Wort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, die inhaltliche Begründung, warum die Thüringer Verwaltung in Gänze sich genauso verändern muss, wie sich die Thüringer Wirtschaft permanent im Veränderungsprozess befindet, ist gestern bei den Handwerkern hinlänglich diskutiert worden und wird bei jeder Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer diskutiert:
die Frage, dass wir uns mit den Fachkräften wechselseitig nichts Gutes tun, wenn sich Wirtschaft und öffentliche Verwaltung kannibalisieren und wir vor der größten Verrentungswelle im öffentlichen
Dienst stehen, vor dem ein Bundesland jemals stand, also Herausforderungen, die die Zukunft markieren.
Ich habe an vielen Stellen immer wieder gesagt, dass meine Vorgängerin Christine Lieberknecht mit ihrer Jenaer Rede sehr zutreffend die richtige Formulierung gefunden hat, die sie damals in ihrer Jenaer Rede ausformuliert hat. Ich habe damals gesagt, dass viele Wahrheiten in dieser Jenaer Rede drin sind. Auch als Oppositionsführer habe ich damals gesagt: Diese Herausforderungen stehen. Nichts daran hat sich geändert. Es gab damals eine CDU-SPD-Landesregierung, die eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform auf den Weg bringen wollte, wobei die Interpretation der SPD des Koalitionsvertrags eine andere war als die der CDU. Und wir alle waren Zuschauer des Dramas, als dann Christine Lieberknecht versucht hat, eine Kommission zu berufen, die auf der Basis arbeitet, die vorher der Landtag in der Enquetekommission, die durch Dieter Althaus oder in der Zeit von Dieter Althaus einberufen wurde, und alle Fragen schon thematisiert hatte, was verändert werden müsste und wie der Veränderungsprozess organisiert sein müsste. Also der Landtag hat sich in einer Enquetekommission damit beschäftigt. Dort haben die Kammern, und zwar die Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer, Beiträge geliefert, die dem entsprechen, was heute noch gilt, und warum die Wirtschaft immer wieder gesagt hat: Es wird Zeit, dass die Landesregierungen – und zwar egal welches Parteibuch sie haben – endlich handeln. An diesen Fragen, sehr geehrter Herr Mohring, müssen Sie sich messen lassen.
Denn man kann unschwer sein Handy nehmen und die Pressemeldungen aufrufen, die Sie selber produziert haben. 2012 werden Sie dann zitiert, Sie hätten einen Schreianfall gehabt und aus der Staatskanzlei würde man übles Zeug von Ihnen schreiben oder schreiben lassen. Das waren Frau Walsmann als Staatskanzleiministerin und Herr Zimmermann als Regierungssprecher. Das kann man unschwer nachlesen, ist alles noch im Netz vorhanden. Zwei Jahre später, als es einen Konflikt gab, als nämlich Christine Lieberknecht versucht hat, über eine Expertenkommission ein Ergebnis zu produzieren, auf dessen Basis dann die Koalition arbeiten wollte, war es Ihre Fraktion, die das als „blaues Wunder“ – ich erinnere mich an Kollegen Fiedler, der das „blaue Wunder“ in die blaue Tonne hat werfen wollen --- Das ist die Art und Weise, wie die Koalition CDU-SPD mit dem Thema umgegangen ist, bei dem alle Menschen in diesem Land erwartet haben, dass es endlich eine neue Entwicklung gibt, wie wir Verwaltungen neu strukturieren. Danach hat Christine Lieberknecht eine Ministerrunde einberufen, die das dann umsetzen sollte.
Und Sie werden zitiert, Herr Mohring, das kann man auch noch nachlesen, nicht nur zitiert, Sie geben ein Interview und sagen: Die Kreisreform kann nach der nächsten Landräteamtszeit umgesetzt werden. – Nicht in dieser Zeit, Sie widersprechen damals Ihrem Koalitionspartner, nämlich dem Vizeministerpräsidenten Christoph Matschie, weil Sie sagen, das wird es mit uns nicht geben, nämlich mit der CDU-Fraktion.
Man darf Sie gar nicht erinnern an all das Geschwätz, Herr Mohring, das Sie in den Jahren immer wieder mit einer einzigen Zielstellung gemacht haben,
immer wieder diese Reformen zu blockieren. Das Einzige, was Sie können, ist Nein sagen, Kontra geben und dann die Menschen verunsichern, tief verunsichern, ohne Ihnen eine Zukunftsorientierung zu geben.
Wissen Sie, Sie können politisch gern meine Partei bekämpfen, das können Sie tun, das finde ich in Ordnung, das gehört zur Demokratie. Aber was Sie nicht tun sollten, Sie sollten die Zukunft dieses Landes nicht in Geiselhaft nehmen für Ihre parteipolitischen Spielchen, die Sie seit Jahren in Thüringen praktizieren.
Und gemessen an Ihren eigenen Ausführungen, an Ihrem eigenen Interview könnten wir die Kreisgebietsreform mit Ihrer Hilfe umsetzen, wenn Sie sich mal ernst nehmen würden. Deswegen habe ich mehrfach versucht, Ihnen klarzumachen: Wir sind bereit, mit Ihnen ins Gespräch zu gehen. Und Sie haben immer gesagt, es muss alles auf null gestellt werden. Danach haben Sie geklagt. Jetzt haben Sie schon wieder mit der Klage gedroht. Das ist Ihr gutes Recht.
Sie haben eben hier am Pult gestanden und gedroht. Entschuldigen Sie, Sie verstehen offenkundig nicht, was Sie reden, oder es kommt bei Ihnen im Kopf nicht an.
Ich habe sehr wohl zugehört. Ich höre die Drohungen von Herrn Mohring und jedes Mal danach geht er zum Verfassungsgericht und stellt sich dann hin und sagt,
ich weiß, wogegen ich bin, aber kein Mensch in diesem Land hört, wofür Sie eigentlich sind und worauf man sich bei Ihnen eigentlich verlassen kann, wenn es um den komplizierten Weg des Umbaus unserer Verwaltung geht. Da haben Tausende von Menschen Ängste, nämlich die Bediensteten. Diese Ängste nehme ich ernst. Da haben auch Tausende von Menschen Ängste, wie es mit ihrer Gemeinde weitergeht. Auch das habe ich gelernt sehr ernst zu nehmen. Aber die Legende, Herr Mohring, dass das Gesetz verfassungswidrig gewesen sei, diese Legende lasse ich Ihnen einfach nicht durchgehen.
Das Gesetz ist inhaltlich überhaupt nicht verfassungswidrig. Es war formal verfassungswidrig und das hat das Verfassungsgericht ganz eindeutig ausgeführt. Es hat danach einen mehrseitigen Begründungsannex geliefert, warum sehr viele der Fragen, die wir bearbeitet haben, richtig sind. Wir hätten also, wenn ich das Urteil nehme, auch das gleiche Gesetz wieder einbringen können und hätten den Durchlauf, bitte schön, hier im Parlament so gemacht, dass der Ansatz der formalen Verfassungswidrigkeit nicht mehr gegeben war. Trotzdem habe ich entschieden, dass wir diesen Weg nicht mehr gehen, dass es bei all den Emotionen, die erzeugt worden sind, keinen Sinn macht, weiter in diesem Krieg der Emotionen zuzulassen, dass die tiefe Verunsicherung der Menschen dazu führt, dass am Ende überhaupt keine Zukunft erreicht wird. Und man kann das an vielen Stellen deutlich machen, wo Sie auf jeder Barrikade mit dabei waren, ohne dass Sie gesagt haben, wofür Sie eigentlich sind. Ich weiß nur, wogegen Sie sind.
Für mich ist der Maßstab der Dinge die Zukunftsfestigkeit unseres Landes. Wir haben entschieden, dass wir den Weg der Freiwilligkeit gehen wollen. Ich bin froh, dass im Moment auch die Frage von Wartburgkreis und Eisenach und der Rückeinkreisung auf freiwilliger Basis endlich in der richtigen Richtung diskutiert wird, nachdem auch das alles instrumentell genutzt worden ist. Und ich bin froh, dass es längst eine Diskussion gibt – was auch nicht jedem gefällt –, ob sich Suhl, Schmiedefeld, Gehlberg und Oberhof zu einer neuen Gemeinde gliedern und ob diese neue Gemeinde anschließend so leistungsfähig gemacht wird, damit sie das Sportzentrum Oberhof tragen kann,
damit sie die Aufgaben des Zweckverbands Sport auch stemmen kann, damit wir die Gelder, die wir dort einsetzen, auch gut verbauen können und damit ganzjähriger Tourismus für die ganze Region entsteht. Deswegen weiß ich, dass es im Moment nicht jedem gefällt, und ich weiß auch, wenn ich das heikle Thema anspreche, dass dann diese neue Stadt in einen Kreis eingegliedert werden müsste – und ich sage: muss –, aber dazu muss man sie vorher leistungsfähig machen. Diesen Diskussionsprozess wollen wir von hier aus nicht topdown organisieren, sondern wir wollen ihn von unten wachsen lassen. Deswegen steht es in keinem Gesetzentwurf als Gesetzentwurf der parlamentarischen Mehrheit, sondern es wächst gerade von unten. Die eigentlich entscheidende Frage ist hinterher, ob die Region des Rennsteigs am Ende über Jahrzehnte hinweg stärker ist und damit zu einem leistungsfähigen Tourismusmagnet für Thüringen wird. Dann haben wir die richtigen Weichen gestellt. Und so gesehen ist heute ein guter Tag für Thüringen, dass wir den Teil der Freiwilligkeit auf den Weg bringen und uns nicht beirren lassen von den Fallstricken, lieber Herr Mohring, die Sie ständig auslegen, und den widersprüchlichen Äußerungen, die Sie seit fast einem Jahrzehnt zu diesem Thema machen. Das Einzige, Herr Mohring, was ich Ihnen attestieren kann, ist Zukunftsverweigerung. Schade!
Herr Ministerpräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben gerade schön erleben können, wie sich derjenige, der die Regierung führt, der Vorschläge machen soll, was mit diesem Land passiert, sage und schreibe zehn Minuten damit aufhält zu erzählen, was in der Vergangenheit gewesen ist und wie er es betrachtet hat.