Protocol of the Session on February 22, 2018

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Gucken Sie sich mal um auf der Welt! Ich glaube schon!)

In Teil I des Antrags listet die AfD zunächst neun Fragen zur Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern auf. Wenn man sich einige dieser Fragen etwas genauer anschaut, dann fragt man sich schon ein Stück weit – ähnlich habe ich auch schon im Dezember mit meiner Rede beginnen müssen –, ob die AfD-Abgeordneten nicht willens oder in der Lage sind, entsprechende Informationen beispielsweise im Internet zu finden. So wird nach den Kriterien der qualifizierten Inaugenscheinnahme der Altersfeststellung gefragt. Diese Kriterien gibt es schon seit Längerem, auch das ist hier übrigens im Dezember schon einmal ausgeführt worden, sie finden sich in den Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten Minderjährigen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter wieder und sind dort auch für Sie nachlesbar. Kleiner Tipp: 2 Minuten Internetrecherche hätten gereicht, um allein diese Fragen zu beantworten.

Im zweiten Teil dann fordert die AfD die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die ärztliche Untersuchung obligatorischer Bestandteil der Altersfeststellung wird. Damit wärmen Sie einmal mehr Bestandteile Ihres Antrags aus dem Oktober wieder auf; das Thema haben wir dann im Dezember letztlich ausführlich hier diskutiert.

Und ich muss es noch einmal sagen: Es läuft mir schon kalt den Rücken hinunter, wenn jemand Menschenverachtung am Pult auch nur säuselt, es macht sie nicht besser.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Lassen Sie mich klarstellen: Auch acht Wochen später hat sich an unserer Haltung zum Sachverhalt nichts geändert, warum auch. Herr Hartung hat eben noch einmal viele Studien zitiert. Damals im Dezember hatte ich schon einmal betont, dass Zwangsröntgen für uns nicht infrage kommt. Herr Hartung hat viele Zitate rausgesucht, ich auch einige, ich will noch zwei ergänzen. Das sieht nämlich auch der Präsident der Bundesärztekammer Montgomery so, der „Röntgen ohne medizinische Indikation“ als einen aufwendigen, teuren und unsicheren „Eingriff in die körperliche Unversehrtheit“ bezeichnet.

(Beifall SPD)

(Abg. Dr. Hartung)

Hochrangige Chefärzte von Kinderkliniken fordern gar, auf den Begriff der Altersfeststellung grundsätzlich zu verzichten, Zitat: „Es kann immer nur von Altersschätzung gesprochen werden, da mehr als 60 Prozent der Jugendlichen vor dem 18. Lebensjahr die Knochenreife in der Hand erreichen.“ Es handelt sich also – das muss ich auch noch einmal wiederholen – bei der Ermittlung des Alters bzw. der Frage, ob jemand minderjährig ist oder nicht, immer um eine Schätzung, da sind wir uns sogar mit Herrn Herrgott einig. Das haben wir hier auch diskutiert, es existiert eben keine hundertprozentig zuverlässige Methode, übrigens auch keine medizinische, um das Alter einer Person festzustellen.

Ich finde es im Übrigen schon auch interessant, dass Sie von der AfD aufwendige medizinische Verfahren, die auch ihre Nebenwirkungen haben, wie Dr. Hartung sie viel besser als ich hier schon darstellen konnte, vorschlagen, während andere Menschen diese Behandlungen oder solche Verfahren tatsächlich aufgrund von Erkrankungen brauchen und monatelang auf einen Termin warten müssen. Da wollen Sie es offenkundig anwenden. Ihre Menschenverachtung scheint jedenfalls keinen Preis zu kennen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Landesjugendamt und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter – ich sagte es schon – haben sehr klare und einheitliche Handlungsanweisungen auf ihren Internetseiten veröffentlicht. Kurzum: Wir sehen hier keinen Handlungsbedarf. Außerdem können nach § 42 SGB VIII bereits jetzt Jugendämter eine medizinische Altersdiagnose von Geflüchteten nur verlangen, wenn es Zweifel am angegebenen Alter gibt, allerdings nur mit Zustimmung des Betroffenen bzw. des Vormunds.

Ich will auch noch ein paar Sätze zum Alternativantrag der CDU sagen.

Nach dem Willen der CDU-Landtagsfraktion soll die Altersfeststellung in sogenannten zentralen Aufnahme-, Entscheidungsund Rückführungseinrichtungen – abgekürzt mit dem Akronym AnKER – stattfinden, und erst danach sollen die Jugendlichen durch die Jugendbehörden in Jugendeinrichtungen aufgenommen werden. Sie von der CDU haben – das haben Sie hier auch ganz offen formuliert – diese Forderung aus dem Koalitionsvertragsentwurf im Bund abgeschrieben. Auch diese Forderung – das wird Sie nicht verwundern – lehnen wir ab. Dass die Große Koalition – ich muss es so nennen – Großlager zur Integrationsverhinderung schaffen will, ist schon bedenklich genug. Vor einem solchen Schritt warnen übrigens auch viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die solche Lager schon kennen. Dass nun aber auch Jugendli

che ohne ihre Eltern oder nahe Verwandte in diesen Großlagern leben sollen, bis die vermeintliche Altersfeststellung bzw. die Altersschätzung abgeschlossen ist, finde ich in der Tat verwerflich. Auch der Bundesfachverband der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten sieht die Vereinbarung zu minderjährigen Flüchtlingen mit großer Sorge. So sollen die geplanten AnKER-Zentren – so formuliert es der Bundesfachverband – zu Türstehern des Kinderschutzes werden, womit faktisch der Vorrang der Kinder- und Jugendhilfe für junge Geflüchtete abgeschafft wird.

Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen:

Erstens: Zwangsröntgen, das werden Sie jetzt vernommen haben, kommt für uns nicht infrage. Vielleicht verstehen auch Sie von der AfD das irgendwann einmal.

(Beifall SPD)

Zweitens – ich muss es so deutlich formulieren –: Isolations- und Großlager wird es mit Rot-Rot-Grün in Thüringen nicht geben. Daher werden wir auch keine unbegleiteten Jugendlichen in die Isolation schicken. Rot-Rot-Grün steht für eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik. Beide hier vorliegenden Anträge sind mit dem damit verbundenen Anspruch, die Achtung der Grund- und Menschenrechte jedes und jeder Einzelnen zur Grundlage des politischen Handelns zu machen, nicht vereinbar. Besonders schändlich finde ich jetzt im Übrigen, dass eine Fraktion – die AfD – hier Einzelfälle instrumentalisiert, um Stimmung für ihre Anträge zu machen. Eigentlich müsste man sich entschuldigen bei den Familien, die hier derart vorgeführt werden. Wir werden beide Anträge ablehnen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Als Nächste hat Abgeordnete Herold für die AfD das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne und Zuschauer im Internet! Einen ganz herzlichen Dank vorab an den Herrn Minister Holter für seinen Nicht-Sofortbericht. Vielen Dank auch für die ad personam gerichteten und unqualifizierten Bemerkungen in Richtung meiner Person von den Vorrednern. Sie können ganz sicher sein, dass wir diese Debatte komplett ins Internet stellen werden,

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Sehr gern!)

(Abg. Rothe-Beinlich)

und Sie müssen sich dann nicht wundern, wenn die Zuschauer daraus ihre ganz eigenen Schlüsse ziehen; die nächste Sonntagsumfrage wird das zeigen.

(Beifall AfD)

Dem Herrn Dr. Hartung möchte ich noch mitteilen, dass ich durchaus auch in der Lage bin, dieselben Quellen zu nutzen wie er, und auch meinen Weiterbildungspflichten nachkomme und durchaus weiß und lesen kann, was dort zum Röntgen, zu allen anderen Methoden der Altersfeststellung steht, und es durchaus fachlich fundiert zu würdigen weiß. Auch, Herr Herrgott, Sie können ganz sicher sein: Ich kann ein Röntgenbild lesen und ich kann daraus absehen, dass ich daraus Schlussfolgerungen ziehen kann auf das Alter desjenigen Menschen oder Patienten, den ich gerade vor mir habe.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das ist ja erstaunlich!)

Die Altersfeststellung mit medizinischen Methoden ist natürlich möglich und natürlich haben wir hier nicht gesagt, dass sie mit hundertprozentiger Sicherheit auf den Monat genau möglich ist, sondern jedem, der sich mit dem Thema beschäftigt hat, ist bekannt, dass ein Mindestalter festgesetzt wird und dass das in dubio pro reo immer einen Zweijahreszuschlag enthält, sodass ein 18-Jähriger durchaus schon 20 sein kann und ein 16-Jähriger durchaus 18, ohne dass ihm daraus irgendein Nachteil erwächst.

Die Anzahl der unbegleiteten minderjährigen Ausländer in Deutschland ist seit 2008 von 1.100 bis Anfang dieses Jahres auf über 54.000 Personen angestiegen. Die monatlichen Unkosten belaufen sich, wie ich schon erwähnte, auf über 5.000 Euro pro Person, die dem deutschen Steuerzahler mit diesem überaus humanitären und rücksichtsvollen Regime im Umgang mit den betreffenden Personen auferlegt werden. Speziell in Thüringen summierten sich die Unkosten für die Versorgung dieser Personen im Jahre 2017 allein auf über 70 Millionen Euro und sie werden zu einem erheblichen Teil gerade nicht von Minderjährigen verursacht, sondern von Volljährigen, die die fehlerhaften Verfahrensweisen zur Altersfeststellung gerne ausnutzen. Das hat sich herumgesprochen, dass man ohne Pass mit der Behauptung, man sei minderjährig, mit ein bisschen Styling an der Frisur und mit ein bisschen flapsigem Auftreten hier noch als 16-, 17-Jähriger durchgehen kann und

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben ja ein gutes Bild von unserer Jugend!)

damit in den Genuss zahlreicher Vergünstigungen kommen kann, wie nicht abgeschoben zu werden, seine Familie nachholen zu dürfen, intensive Be

treuung zu kriegen, Pflegekosten zu verursachen und ein üppiges Taschengeld zu bekommen.

Wie sieht es jetzt in den Nachbarländern aus? In Schweden, im Migrationswunder- und -musterländle, ergaben vorgenommene Altersuntersuchungen an 2.500 Flüchtlingen, dass mehr als 80 Prozent dieser meistens jungen Männer bereits volljährig waren. In Dänemark gab es bei 800 getesteten vorgeblich Minderjährigen 75 Prozent Volljährige und in Belgien waren 72 Prozent der Überprüften volljährig. Wie man an diesen Zahlen erkennen kann, werden falsche Altersangaben in europaweitem Umfang praktiziert. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand und natürlich in den von mir eingangs erwähnten Vergünstigungen.

Das Bundesfamilienministerium hat im November 2017 veröffentlicht, dass im Moment von 55.890 bereits jugendlichen und volljährigen Migranten 24.116 junge Volljährige immer noch in der Zuständigkeit der Jugendämter und unter der rechtlichen Behandlung der Jugendhilfe verblieben sind, weil Betreuer und Sachverständige der Auffassung waren, es handelt sich hier immer noch um Betreuungsbedarf. Ich möchte gerne mal wissen, wie an der Stelle mit anderen 18-jährigen Volljährigen verfahren wird, die in einem Pflegeheim leben müssen.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Genauso!)

Die werden wahrscheinlich in die raue Wirklichkeit entlassen. Dazu möchte ich gerne Zahlen haben und die werden wir uns auch beschaffen.

(Beifall AfD)

Hier wird immer von Kindern und Hilflosen und Bedürftigen gesprochen, als ob das ein völlig rechtsfreier Raum wäre, in dem man nur einfach Forderungen stellen muss. Und ja, auch Steuerzahler haben Rechte und die haben das Recht darauf, zu erfahren, für wen und wofür hier das Steuergeld ausgegeben wird – in Thüringen allein 70 Millionen Euro.

(Beifall AfD)

Frau Abgeordnete Herold, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Taubert?

Nein, im Moment nicht. Danke, Herr Präsident.

Nein.

Der finanzielle Schaden, der durch die auch hinterhältige Ausnutzung unserer überaus großzügigen

Asylregelungen entsteht – über diesen finanziellen Schaden hinaus geht es um die Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit von Kindern, denn es kann nicht sein, dass wir Schutzgesetze haben …

Eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Herrgott erlauben Sie auch nicht?

Nein, danke.

Wir haben Schutzgesetze für Kinder, egal wo die herkommen, und dazu gehört es auch, dass sie nicht mit 20-Jährigen in einer Schule sitzen, wenn diese 20-Jährigen behaupten, sie sind 15. Einheimische Kinder werden in den Schulen mit diesen zum Teil erwachsenen und überwiegend, weit überwiegend männlichen Migranten aus den von mir eingangs erwähnten kulturell und gesellschaftspolitisch noch nicht so weit entwickelten Kulturkreisen einfach in eine Klasse gesteckt.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ist mal wieder gut da vorne!)