Protocol of the Session on February 21, 2018

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Wolf, Fraktion Die Linke, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Gäste, wir haben uns heute in der Aktuellen Stunde mit einem Thema zu beschäftigen, was auch einer Beschäftigung wert ist, was aber auch hier von der CDU offensichtlich unter völliger Amnesie des eigenen Handelns über 24 Jahre – wir haben es heute schon mehrfach festgestellt – dargestellt wird.

Gehen wir mal in medias res. Wie sah es denn 2008 aus? Da wurden acht Lehrer eingestellt. Warum? Ja, weil eine CDU-Personalpolitik mit einer Verbeamtung genau diese Stellen eben blockiert hat und einen Überhang geschaffen hat. Das ist Verantwortung von der CDU. Tausende – Tausende! – von Absolventinnen und Absolventen im Lehrerbereich sind in den letzten zehn Jahren in Thüringen nicht eingestellt worden, und das hat die CDU zu verantworten und niemand anderes hier in diesem Haus.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei keinem von diesen Menschen, die sich in anderen Bundesländern bewerben mussten, die hier keine Chance hatten in Thüringen angestellt zu werden, bei keinem davon,

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Dann macht es doch jetzt anders!)

habe ich heute gehört, dass die CDU auch nur annähernd sich bei ihnen für ihr Versagen entschuldigt, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbst in der letzten Legislatur stand, dass 2.500 Lehrer eigentlich eingestellt werden sollten von der CDU; tatsächlich wurden 1.200 eingestellt. Wenn die CDU über Unterrichtsausfall lamentiert, das sind 32.500 Lehrerwochenstunden. Der Unterrichtsfall beträgt etwa 17.000: Wir hätten deutlich mehr Lehrer an den Schulen, wir könnten das alles kompensieren, wenn die CDU Wort gehalten hätte. Das ist ein Armutszeugnis. Schämen Sie sich!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Was machen wir? Tatsächlich ist es so, dass wir nicht nur Wort halten, 2.500 Lehrer einzustellen, sondern wir stellen – und jetzt hören Sie zu – 3.700 Lehrerinnen und Lehrer in dieser Legislatur ein. Das ist Zukunftsvorsorge in den Schulen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Wie viele gehen denn in den Ruhestand?)

Derzeit – ich musste Ihnen auch zuhören, Kollege Tischner, es war schwer genug – haben wir natürlich viele Absolventinnen und Absolventen. Die haben alle gute Abschlüsse gemacht. Aber, und das ist nun einmal die Systematik, wir haben sie nicht alle in dem Bereich, in dem wir sie brauchen, nicht an den Grundschulen, nicht an den Regelschulen, vor allem im Gymnasialbereich. Da haben wir noch Überhänge und wir geben den Schulämtern die Stellen und die bewirtschaften sie selbst. Sie, die Schulämter, wissen, in Absprache mit den Schulen, wo sie besetzen müssen. Begreifen Sie es doch endlich mal, auch wenn Sie immer noch neu sind im Landtag. Dementsprechend werden mindestens 53 jetzt unbefristet eingestellt an den Grundschulen, 34 an den Regelschulen, TGS sind 14 und an den Gymnasien 22, weil dort eben der Bedarf nicht da ist. Er ist nicht da. Nichtsdestotrotz – und da würde ich der CDU auch empfehlen, das Papier hier zu lesen – ist das Einstellungsverfahren schon geändert worden.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Habe ich schon studiert!)

Das Einstellungsverfahren ist geändert worden in der Art, dass wir auch unterjährig einstellen, und zwar wird, wie Minister Holter es zugesagt hat, jede frei werdende Stelle neu besetzt, das heißt 177 und bis August noch mal bis zu 300 Neueinstellungen. Das lässt sich sehen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn man der Logik der CDU folgt, dann würde das ja heißen: Bei einem Mittelständler in Thüringen, der mehrere Standorte hat und, sagen wir mal, in Saalfeld einen CNC-Fräser braucht, aber in Erfurt dann nach Erwartung der CDU eine entsprechende Schreibkraft eingestellt wird, weil die Stelle ja irgendwo da ist.

Ja, wir haben natürlich den Bedarf nach den Kindern, nach den vorhandenen Lehrkräften und nach der Stundentafel, und das ist schulspeziell. Dementsprechend wird nach Schule eingestellt und nicht, wie Sie sich das wünschen, und so kann es auch zukünftig nicht sein.

(Abg. Tischner)

Ich möchte zum Schluss kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Unterrichtsausfall hat etwas mit Stellen zu tun, aber auch was mit Struktur. Und da möchte ich die CDU noch mal darauf hinweisen, das Papier zu lesen, welches erarbeitet worden ist, „Zukunft Schule“.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Ja, Sie wollen die kleinen Schulen zumachen!)

Dort werden Sie finden – und ich will da auch noch mal auf die CDU-Verantwortung hinweisen –, dass wir in Thüringen ein Kooperationsproblem haben. Das muss auch angegangen werden. Denn wir haben die beste Lehrer-Schüler-Ausstattung. Dazu bekennen wir uns auch, das ist auch gut so. Und Minister Holter hat die Werkstattgespräche jetzt geführt. Vielen Dank, Minister Holter. Da werden wir weitermachen. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist aber nicht dein Verdienst!)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Muhsal, Fraktion der AfD, das Wort.

Danke schön, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich kenne, ehrlich gesagt, im Freistaat Thüringen nur eine Person, die beim Thema „Unterrichtsausfall“ tiefenentspannt ist. Das ist ausgerechnet die Person, die eigentlich am alarmiertesten sein sollte, nämlich Bildungsminister Holter. Am 25. Januar berichtete die „Thüringer Allgemeine“, der Minister meine, es könne nicht jede Schule darauf pochen, dass die Nachbesetzung von Stellen bei ihr erfolge. Am 26. Januar ließ der Minister verlauten, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: „Gerüchte, wir würden nicht einstellen, kann ich nicht nachvollziehen.“ Gestern berichtete die „Thüringer Allgemeine“ dann, der Minister verweise darauf, dass die Bestenauslese eine gewisse Zeit brauche. Der Wettbewerb zwischen den Ländern sei hart, man bemühe sich, das Verfahren zu beschleunigen.

Meine Damen und Herren, Herr Minister, ich glaube, wir wissen alle, was es in einem Zeugnis bedeutet, wenn dort drinsteht, er hat sich bemüht.

(Beifall AfD)

Und heute Morgen konnten wir in der Zeitung lesen, was an den angeblichen Gerüchten, die Landesregierung würde nicht einstellen, tatsächlich dran ist. Von den 177 Stellen, die seit Jahresbeginn, also seit knapp acht Wochen, besetzt werden

können, seien, ich zitiere aus der TLZ, „einige bereits vergeben“. Das Jahr ist fast zwei Monate alt, das zweite Schulhalbjahr hat schon begonnen. Aus den anderen Bundesländern sind die Rückmeldungen in der Regel schon längst da und der Thüringer Bildungsminister lehnt sich zurück und sagt Schülern, Lehrern und Eltern im Prinzip: Regt euch nicht auf, das ist eben so.

Die Untätigkeit der Landesregierung, diese seit Jahren bekannte und fortdauernde Unzulänglichkeit bei dem Zeitpunkt der Zusagen sind ein Armutszeugnis für die Landesregierung und eine Zumutung für alle Bewerber.

(Beifall AfD)

Am 26. Januar wurde in der „Thüringer Allgemeinen“ von einem Paar berichtet, beide haben Sport studiert, sie zusätzlich Geschichte, er Geografie, beide haben einen guten Abschluss, beide wollen gern hier in Thüringen bei ihren Familien bleiben. Ihre Aussicht zu dem Zeitpunkt des Artikels: keine Rückmeldung, ab Donnerstag Hartz IV.

Auch am 16. Februar ließ die „Thüringer Allgemeine“ Lehrer, die ihr Referendariat beendet haben und in Thüringen anfangen wollen, zu Wort kommen. Diese Rückmeldungen sind alle lesenswert. Ich möchte hier aus Zeitgründen nur auf einige eingehen. Ein Bewerber sagt, ich zitiere: „Ich selbst habe mit ansehen müssen, wie einige der besten Absolventen unseres Jahrgangs in andere Bundesländer gingen, da sie dort bereits Ende letzten Jahres Zusagen bekamen und im Januar unbefristete Verträge unterschreiben konnten.“

(Beifall AfD)

Ein anderer Bewerber bestätigt das, indem er berichtet, dass er aus Brandenburg und Sachsen die Zusage bereits im November und Dezember erhalten habe. Er hat jetzt einen unbefristeten Vertrag in Sachsen unterschrieben, obwohl er gern in Thüringen geblieben wäre. Zu dem Zeitpunkt hatte er aus Thüringen noch nichts gehört.

Diese Sachverhaltsdarstellungen sind wahrlich nicht neu, sondern werden schon lange immer wieder an die Fraktionen und auch an die Landesregierung herangetragen. Trotzdem haben Sie alle unseren Antrag aus März 2017, der die Forderung enthielt, das Bewerbungsverfahren zu straffen, damit die Bewerber auch rechtzeitig eine Rückmeldung bekommen, durch die Bank abgelehnt. Wir sehen ja auch in der Praxis, wie wenig Bedeutung die Landesregierung dem tatsächlich zumisst. Eine alleinerziehende Mutter berichtet, sie hätte zwei Stellenangebote gehabt und beide Schulleitungen hätten immer wieder versucht, beim Schulamt Zusagen zu erhalten, jetzt sei sie arbeitslos gemeldet und hätte schon mehrfach vom Jobcenter die Aufforderung erhalten, sich für eine Stelle im Callcenter zu bewerben.

(Abg. Wolf)

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Minister, bei dieser langsamen, sorglosen und gegenüber den Bewerbern unverschämten Art der Landesregierung müssen wir uns wahrlich nicht wundern, wenn Bewerber glauben, hier in Thüringen nicht erwünscht zu sein. Was Sie, Herr Minister, als länger dauernde Bestenauslese verkaufen, führt letztlich dazu, dass die Besten abwandern und viele hier in Thüringen keine Perspektive haben.

(Beifall AfD)

Ist das Überforderung? Ist das Leistungsverweigerung, weil Rot-Rot-Grün nicht will? Eines steht jedenfalls fest: Sie hätten schon längst handeln müssen. Sie hätten sich für die Lehrer einsetzen müssen. Für die Landesregierung bleibt wieder mal nur ein Fazit: Wieder endet ein Schulhalbjahr mit der Bewertung „6, setzen!“.

(Beifall AfD)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Hartung, Fraktion der SPD, das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, hinter dem Titel der Aktuellen Stunde, glaube ich, können sich alle demokratischen Fraktionen hier im Haus problemlos versammeln. Natürlich ist es wichtig, den Unterrichtsausfall zu minimieren und eine möglichst hohe Attraktivität des Lehrerberufs hier bei uns im Freistaat herzustellen, also daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben. Natürlich bin ich nicht glücklich über die Presseberichte der letzten Wochen. Aus meiner Sicht hat sich dabei sehr deutlich gezeigt, dass wir im Bereich des Einstellungsverfahrens in den Schuldienst genauso, vielleicht sogar noch mehr, wie bei der Kommunikation mit den Bewerbern deutlichen Verbesserungsbedarf haben. Da muss ein bisschen was passieren und ich glaube, die Botschaft ist bei den zuständigen Verantwortlichen auch angekommen. Ich glaube nicht, dass diese Berichte an den Menschen vorbeigegangen sind, die damit zu tun haben. Das kann ich mir nicht vorstellen.

Ich glaube auch nicht, dass wir da großartig auseinander sind. Wo ich Ihnen widersprechen muss, Herr Tischner, ist die Tatsache, dass Sie hier sagen, die Regierungskoalition tut nichts, außer Ihre guten Vorschläge wegzustimmen. Ganz so ist es nicht. Erstens tun wir sehr wohl was und zweitens sind Ihre Vorschläge teilweise kontraproduktiv, teilweise sogar verfassungswidrig. Ich will das kurz erläutern. Zum Beispiel werden wir – das ist hier mehrfach schon angesprochen worden – 3.600 Neueinstellungen in dieser Legislatur vornehmen. Das ist mehr als jede andere Landesregierung vorher. Und entschuldigen Sie, Herr Tischner,

wir hätten das Problem überhaupt nicht, wenn alle Landesregierungen ausscheidende Lehrer immer ersetzt hätten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann wäre das Problem jetzt nicht da. Wenn wir eine gesunde Personalentwicklung hätten,