Du weißt es doch besser! Und dich dann hier hinzustellen bei einem Gesetz und zu erzählen, dass du das ja irgendwie komisch findest mit diesen Schutzfristen und dass auf jeden Fall der Verfassungsschutz das überhaupt nicht gut finden kann, wenn dann die Archive die Akten veröffentlichen! Jörg, du
hast offensichtlich nicht verstanden, was ein Archiv ist und was ein Archiv macht. Also ganz ernsthaft!
Archive sind das historische Gedächtnis. Das hat nichts damit zu tun, dass es Schutzfristen gibt. Du weißt selber und ganz genau, dass es in Weimar einen wunderbaren Raum gibt, wo übrigens nichts drin ist, nämlich für genau solche Fälle, wo dann der Verfassungsschutz und, und, und ihre Akten abzugeben haben,
und da passiert dann nichts. Also was auch immer du hier erzählst, sorry, das irritiert mich und das nervt mich wirklich ernsthaft, weil das unter deinem Niveau ist, Jörg, ganz ernsthaft!
Ich fahre mich jetzt auch runter, es ist ja Freitagnachmittag, wir sollten uns alle auch noch mal entspannen, aber das musste jetzt sein. Entschuldige bitte!
Im Juni 2016, das wurde ja bereits gesagt, haben wir in diesem Hohen Haus als Koalitionsfraktionen einen Entschließungsantrag – obwohl man eigentlich richtigerweise sagen müsste: Ergänzungsantrag zu dem Gesetz, was wir damals diskutiert haben – zum Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Archivgesetzes, eingebracht. Und ich sage, deshalb müsste es richtigerweise Ergänzungsantrag heißen, weil es natürlich als Weiterentwicklung des in Rede stehenden Gesetzes gedacht war. Es ist schon gesagt worden, in dieser Novellierung des Gesetzes geht es um die inhaltliche Ausrichtung und es geht natürlich zuallererst und vor allem wirklich wichtigerweise darum, ein Gesetz, das noch inhaltlich aus dem Jahr 1992 – das ist auch schon gesagt worden – stammt, in das Jahr 2017 und fortfolgende zu überführen. In diesem Zusammenhang hast du auch da, lieber Jörg, gesagt, ihr wolltet damals abwarten, wie das Bundesarchivgesetz novelliert wird. Das mag sein, das freut mich auch, dass ihr das wolltet. Das war aber genau unsere Forderung, weswegen wir im Übrigen im Jahr 2016 eben nicht sowohl die strukturelle Veränderung hin zu einem Landesarchiv beschlossen haben und gleich noch eine inhaltliche mit, weil wir eben genau als Begründung gesagt haben, wir sollten und müssen abwarten, zum einen was passiert mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung und was passiert zum anderen auf Bundesebene mit dem Bundesarchiv. Deswegen haben wir gesagt, das ist der Grund,
und dafür haben du und deine Fraktion uns damals kritisiert wie sonst was, dass wir abwarten wollen, was im Bundesarchivgesetz passiert, um das einzubinden. Da war deine große Kritik, dass wir das nicht gleich alles machen.
Also bitte überlege noch mal, welche Kritik du hier an welchem Punkt wirklich richtigerweise anbringst. So, wie du es jetzt gerade erzählt hast, stimmt es nicht ganz.
Ich könnte jetzt noch mal wiederholen, worum es uns im ganz speziellen Fokus ging. Eines will ich jetzt schon mal sagen: Logischerweise wollen wir auch die Überweisung an den Ausschuss für Europa, Kultur und Medien und ganz logischerweise kann ich hier zumindest von meiner Warte schon versprechen, lieber Jörg, dass auch ich eine mündliche Anhörung möchte, und bin mal sehr gespannt auf deine und unser aller Fragen.
Ich bin der Landesregierung neben vielen Dingen, die sie aus unserem Entschließungsantrag aufgenommen hat, im Übrigen für einen Punkt besonders dankbar, und zwar dafür, dass sie sich auf den ausschlaggebenden Punkt, den ich ganz speziell am Bundesarchivgesetz wirklich kritisiere und den ich auch für ein Land wie Deutschland für nicht würdig erachte, nämlich dass es im Bundesarchivgesetz explizite Ausnahmeregelungen für Nachrichtendienst, für den Verfassungsschutz etc. gibt, ihre Unterlagen gar nicht erst anzubieten und quasi von vornherein auf einem Silbertablett ihnen also ermöglicht wird, dass sie ganze Aktenlagen dem historischen Gedächtnis entziehen – das habe ich damals schon skandalisiert und finde es nach wie vor einen Skandal –, in ihrer Vorlage des Gesetzentwurfs nicht eingelassen hat.
Ich finde ganz ernsthaft, gerade in einem Land wie Thüringen mit den Geschehnissen auch um den NSU wäre und würde es uns einfach nicht zu Gesicht stehen, wenn wir denselben Freifahrtschein für nicht kontrollierbare Nachrichtendienste in ein Archivgesetz im Jahr 2017 Eingang finden lassen würden.
Deswegen herzlichen Dank, liebe Landesregierung, dass wir uns da nicht noch in die Haare kriegen, sondern wir uns da einig sind und wir da auch andere Schritte gehen als der Bund.
Es gibt durchaus – das will ich auch sagen – einige Punkte im Gesetzentwurf neben der Digitalisierung, bei denen ich wirklich sage, dass sie wirklich sehr gut sind – es wurde schon gesagt, die angemessene personelle und sachliche Ausstattung der kommunalen Archive usw., usw. –, die auch auf dem
Entschließungsantrag von uns beruhen. Aber es gibt durchaus ein paar Punkte, die man natürlich noch mal ein bisschen intensiver debattieren muss und wo man wirklich noch mal sehr intensiv Fragen stellen muss, wie: Kann das so in diesem Gesetzentwurf stehen bleiben oder gibt es vielleicht Konsequenzen, die wir noch nicht erahnen können? Das kann und sollte man auch im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Anhörung im Ausschuss tun. Da sollten wir ganz besonders in enger Abstimmung mit dem Landesarchiv, den Verbänden und Vereinen diejenigen Aspekte des Gesetzentwurfs diskutieren, bei denen auch ich noch ein paar Fragen habe.
Ich will zwei kurze Beispiele nennen: Zum einen wird in § 12 Abs. 5 festgehalten – ich zitiere –: „Archivgut, dem ein bleibender Wert nach § 2 Abs. 2 nicht mehr zukommt, ist zu vernichten, sofern Rechtsvorschriften, Aufbewahrungsfristen oder Rechte Dritter nicht entgegenstehen.“ Es handelt sich hier um bereits als archivwürdig anerkanntes Archivgut, welchem die Archivwürdigkeit wieder aberkannt werden kann. Es wird aus meiner Sicht zu prüfen sein, inwieweit dieser Passus Missbrauch zulassen könnte und wie entsprechende Verbesserungen aussehen müssten, um auch solchen Missbrauch zu verhindern.
Der zweite Punkt betrifft § 18, Einschränkung der Benutzung in besonderen Fällen. Konkret heißt es dort, dass die Benutzung von Archivgut einzuschränken oder zu versagen sei, wenn der Grund zu der Annahme besteht, dass eine Verfolgung sachwidriger Interessen erfolgen könnte. Es wird hier allerdings nicht definiert, was unter „sachwidrigen Interessen“ verstanden werden kann. Die Auslegung dieses Punkts wird sich in der Praxis aber als mindestens schwierig gestalten, dadurch dass es aus meiner Sicht zumindest nicht eine ganz differenzierte Formulierung ist und es sein könnte, dass sich dadurch auch Missbrauchspotenzial dahinter verbirgt.
Das sind alles Sachen neben anderen, die wir wirklich intensiv diskutieren und bei denen ich aber ein gutes Gefühl habe, dass wir das auch hinbekommen und dass schon unser Ziel auch sein sollte, dadurch dass wir in dem Punkt, was ich bereits gesagt habe, was die Anbietungspflicht betrifft, schon jetzt wesentlich weiter sind und auch zum Glück weiter sind als das Bundesarchivgesetz und darauf schon im Übrigen durchaus jetzt schon stolz sein können. Das kann und wird sicherlich auch die CDU anerkennen. Da bin ich mir ziemlich sicher, dass wir einfach im Ausschuss darüber rege debattieren, uns austauschen und, lieber Jörg, gern wie wir das in guter Sitte machen. Ich lade dich gern dann auch am Rande der Anhörung auf einen Kaffee ein, um Fragen noch intensiver zu diskutieren. Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne! Sehr geehrter Herr Kollege Kellner, jetzt haben Sie mich auch etwas irritiert. Das Wort „Zentralismus“ löst bei mir natürlich dann sofort immer die Alarmglocke aus. Dann habe ich noch mal in den Gesetzentwurf reingeguckt und habe nach einem vielleicht doch ideologisch motivierten Projekt, was ja bei Rot-Rot-Grün auch nicht verwunderlich wäre, nachgeforscht,
aber ich habe tatsächlich jetzt nichts gefunden. Das ist, glaube ich, in erster Linie wirklich eine notwendige Anpassung auf die von meinen Vorrednern schon dargestellten technischen Neuerungen in den letzten Jahrzehnten.
Warum quatschen Sie denn schon wieder hier rein in dieser dümmlichen Art und Weise? Ich bin doch einfach jetzt hier vorn in einer Art und Weise am referieren, die, glaube ich, gar nicht zum Widerstand herausfordern muss, Frau Kollegin Henfling.
Also noch mal: Ich habe meinen Vorrednern dahin gehend zugestimmt, dass ich darauf verwies, dass die technischen Neuerungen tatsächlich diese Neuregelungen notwendig machen. Inwiefern da Details noch geändert werden müssen oder entsprechende Anpassungen erfolgen müssen, die jetzt noch nicht in dem Entwurf drin sind, das wird in den Diskussionen im Ausschuss sicherlich dann auch gut zu klären sein.
Aber was ich natürlich tadeln muss und was Kollege Kellner vollkommen zu Recht getadelt hat, ist mal wieder die ungenügende zeitliche Umsetzung des Gesetzentwurfs. Es ist tatsächlich 583 Tage
her, dass Sie als Regierungsfraktionen in einem Entschließungsantrag Ihre Landesregierung beauftragt haben, einen Gesetzentwurf vorzulegen.
Und jetzt, heute, kurz vor der Angst, denn wir wissen, wir müssen das Ganze vor Inkrafttreten der EU-Datenschutzrichtlinie in trockene Tücher bekommen, und die wird in wenigen Wochen oder, ich glaube, spätestens im Mai – den genauen Termin habe ich jetzt nicht im Kopf – in Kraft treten, das ist schon wieder sehr ambitioniert. Da hat man sich wieder hochgesteckte Ziele gesetzt, die man fast wieder gerissen hätte, ohne Not sich in Zeitdruck gebracht, ohne Not uns in Zeitdruck gebracht. Das muss ich Ihnen dann schon doch noch mal aufs Brot schmieren, sehr geehrte Landesregierung. Aber ansonsten freuen wir uns auf die Diskussion im Ausschuss. Herzlichen Dank.
Herr Höcke, für die Bemerkung „dümmliche Rufe“ in Richtung der Kollegin Henfling erteile ich Ihnen noch eine Rüge.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Höcke, Sie haben einfach nicht geschnallt, dass wir hier vor einigen Monaten schon mal das Archivgesetz geändert haben, das ist ja das Interessante daran. Da haben wir die Strukturanpassung vorgenommen. Das ist nichts Neues. Das müssen wir gerade nicht neu diskutieren, sondern das haben wir schon diskutiert. Das hatte mich auch ein bisschen verwundert, dass Herr Kellner gerade so getan hat, als hätten wir noch nicht darüber gesprochen, als wäre das was Neues. Aber das haben wir getan
Genau. Herr Höcke, ich weiß ja nicht, was gerade bei Ihnen los ist, aber immer schön tief in den Bauch atmen.