Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe junge Besucher auf der Tribüne und liebe Zuschauer im Netz, wir haben jetzt hier schon vieles gehört über die zu erwartenden sozialen Wohltaten von Rot-Rot-Grün für die nächsten zwei Jahre. Ich habe dazu allerdings ein paar kritische Anmerkungen.
Der soziale Wohnungsbau gehört jetzt nicht zu den Lieblingshätschelkindern dieser diensthabenden Landesregierung. Es sind in den nächsten zwei Jahren Streichungen von 16 Millionen allein im Haushaltstitel 884 73 zu erwarten, und das bei der Situation, dass es zum Beispiel in Erfurt seit Jahren keinen sozialen Wohnungsbau mehr gibt. Erfurt ist eine wachsende Stadt in Opposition zu dem hier schon angesprochenen ländlichen Raum, der ja schrumpft und schrumpft und schrumpft – alle gucken zu, keiner tut was. Das heißt, wir werden also auch da weiterhin einen eklatanten Mangel an günstigem und bezahlbarem Wohnraum haben, vor allem für junge Leute, für Geringverdiener und natürlich auch für die weiterhin nach Thüringen zugewiesenen Zuwanderer, Migranten und Arbeitsuchenden.
Wir haben einen riesigen Sanierungsstau an Schulen. In Erfurt beträgt er zum Beispiel nach Aussagen des SPD-Bürgermeisters für die nächsten Jahre etwa 400 Millionen Euro. Da sind die 55 Millionen Euro, die hier so vollmundig versprochen worden sind, nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein.
Wir haben in den Kommunen eine Belastung für Häuschenbauer und -erwerber durch die Erhöhung der Grundsteuer. Die Grunderwerbsteuer wurde ebenfalls massiv angehoben und auch die Gewerbesteuerhebesätze steigen, weil die Kommunen nicht mehr wissen, woher sie den steigenden Finanzbedarf für die vielen Zusatzaufgaben nehmen sollen. Das heißt, es wird auch zunehmend unattraktiv für Firmen, sich in Thüringer Gemeinden und größeren Städten anzusiedeln, einfach weil die Gewerbesteuerhebesätze zu hoch sind.
Wir haben dafür ein paar Lieblingsprojekte, wie zum Beispiel das grüne Wolfsmanagement, und wir haben Profiteure, die mit den reizenden Geschichten über Wölfe viel Geld verdienen, zum Beispiel der NABU und der BUND.
Wir haben auf der anderen Seite diejenigen, die die Kosten für diese Sozial- oder Natursozialromantik aufgebürdet bekommen und das ausbaden müssen,
nämlich die Tierhalter und die Bewohner des so viel zitierten ländlichen Raums, die eine Riesenbürokratie aufgebürdet bekommen, bevor sie überhaupt einen Euro aus irgendwelchen Erstattungen sehen, wenn ihnen ihre Kleintierhaltung kaputtgemacht wird, wenn die Schäfer Wolfsrisse zu beklagen haben.
Das Wolfsmanagement in Thüringen beschränkt sich darauf, dass wir jetzt eine Wölfin haben, die sich paart, mit wem sie gerade Lust hat, und wir Bastarde im Großraum Ohrdruf herumlaufen haben, die bisher alles Mögliche gemacht haben, aber nicht etwa sich haben einfangen und sozialisieren lassen.
Auf die Jäger im Großen und Ganzen kommen mit den Vorhaben der rot-grünen Landesregierung in den nächsten zwei Jahren auch allerlei Unannehmlichkeiten zu. Die Betroffenen wissen das und sie wissen auch, wem sie das zu verdanken haben.
Jetzt komme ich zu meinem Lieblingsthema, der Pfefferminzbahn, den ländlichen Raum und den öffentlichen Nahverkehr. Hier wurde gerade großartig erklärt, wie schön es ist, dass es demnächst ein Azubi-Ticket gibt. Das finde ich auch ganz toll. Studenten kriegen das nämlich schon lange. Die bezahlen ihren Semesterbeitrag und können in Thüringen herumreisen.
(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Das ist Quatsch, was Sie sagen! Wissen Sie, was ein Semesterticket ist?)
Das ist in Ordnung, das sind junge Leute, die haben nicht viel Geld. Das muss aber genauso den Azubis zugutekommen.
Die müssen zwischen Wohnort, Arbeitsort und Schulort hin- und herreisen können. Deswegen ist das zu begrüßen. Aber was nützt das schönste Azubi-Ticket, wenn sie zwischen Buttstädt und Großheringen dann plötzlich in der Landschaft stehen und nicht wissen, wie sie von A nach B kommen sollen.
Das ist ein generelles Problem und das hat auch nicht erst letzten Winter angefangen, sondern das nahm schon lange seinen Anlauf auch unter der CDU-Regierung. Die Altparteien haben es zu verantworten, dass der öffentliche Nahverkehr im ländlichen Raum, vor allem der schienengestützte Nahverkehr, langsam aber sicher zum Aussterben gebracht wird.
Es ist nicht zu vertreten, dass Strecken, die von Berufstätigen, von Schülern und auch von Leuten, die dort leben und nicht immer ein Auto zur Verfügung haben, genutzt werden, einfach stillgelegt werden. Das ist überhaupt nicht vermittelbar, zumal es, wenn man es genauer betrachtet, um lächerliche Summen geht; es geht da um 2 Millionen Euro. Ich kann mir nicht vorstellen – auch wenn die Regionalisierungsmittel gekürzt werden sollten oder nicht ausreichen –, dass diese 2 Millionen Euro – diese läppischen 2 Millionen Euro – im Thüringer Haushalt nicht irgendwo aufzutreiben gewesen wären, um diese Bahnstrecke zu erhalten.
Es gibt ein tragfähiges Konzept, es gibt eine Bürgerinitiative, die Leute haben sich Gedanken gemacht, die haben praktisch zugearbeitet. Die haben das gemacht, was das Verkehrsministerium oder das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hätte tun müssen, nämlich einen Verkehrsplan entwickelt und den hier im Landtag vorgetragen. Man hätte den nur aufgreifen, umsetzen und sagen müssen: Der Haushalt ist noch nicht abgeschlossen, wir können diese 2 Millionen Euro durchaus irgendwo finden. Aber es fehlt einfach der politische Wille. Ich finde das ein Armutszeugnis.
Im Koalitionsvertrag von 2014 steht, dass sich die Landesregierung fest vorgenommen hat, einen umweltverträglichen und zukunftssicheren öffentlichen Personennahverkehr zu schaffen gerade im Hinblick auf die Transportbedürfnisse von mobilitätsbeschränkten Menschen. Ich frage mich, wie das mit Bussen bewerkstelligt werden soll, wenn dort eine Wandergruppe mit fünf Fahrrädern, eine Mutter mit einem Kinderwagen und ein Rollstuhlfahrer stehen. Die sind mit der Bahn problemlos zu transportieren, aber nicht mit einem Bus. Deswegen glaube ich hier erkennen zu können, dass alle diese Versprechungen für die Fürsorge für den ländlichen Raum bei den Altparteien letzten Endes nur Makulatur sind und leeres Gerede. Am Ende scheitert es am politischen Willen und – wie gesagt – diesen wirklich mickrigen – im Landeshaushalt als Ganzen betrachteten – 2 Millionen Euro. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir kurz noch ein paar Worte, um auf meine Vorredner einzugehen.
Herr Malsch von der CDU hat sich ja in Teilbereichen dafür ausgesprochen, den ÖPNV zu stärken, und hat sich beschwert, dass wir das zu wenig gemacht haben. Da frage ich mich natürlich, warum das in der Regierungszeit der CDU nie passiert ist. Dort wurde der ÖPNV, Investitionen in Alltagsradwege vernachlässigt und einseitig immer mehr auf Straßenbau, Straßenneubau gesetzt, immer mehr versiegelt und weniger in den allgemein zugänglichen ÖPNV oder auch Radwege investiert. Das zeigt auch der Bundesverkehrswegeplan. Und hier frage ich mich schon, warum die CDU sich da nicht mehr eingesetzt hat, dass letztendlich über 80 Prozent der Mittel, die vom Bund gekommen sind, für Investitionen in Thüringen in Straßenbauprojekte investiert wurden und wenig, sehr wenig in den öffentlichen Nahverkehr. Erst die Kraftanstrengung der Landesregierung unter Ministerpräsident Bodo Ramelow hat dazu geführt, dass überhaupt noch ein großes Projekt reingekommen ist, die MitteDeutschland-Bahn, die Elektrifizierung der MitteDeutschland-Bahn umgesetzt werden konnte und auch der Ostthüringer Raum zukünftig besser an das ICE-Kreuz Erfurt angeschlossen wird. Gleichzeitig haben Sie im Bund in Ihrer Verantwortung die Regionalisierungsmittel nicht erhöht. Darunter haben die Länder in Ostdeutschland, vor allen Dingen auch Thüringen, zu leiden, denn sie finanzieren sich aus den Regionalisierungsmitteln im ÖPNV in den laufenden Kosten und da rührt es her, dass dort Kürzungen kommen und das Land Thüringen zwar schon viele Dinge auffängt, aber das natürlich nur begrenzt machen kann, weil der Bund viel größere Investitionsmöglichkeiten hat, aber diese lieber in Prestigestraßenprojekte investiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich kurz zu einem Verkehrsmittel kommen, was CO2-neutral ist. Das ist das Rad. Radfahren ist gesund, preiswert und ökologisch. Deshalb steht für uns als Bündnis 90/Die Grünen Radverkehrspolitik an erster Stelle. Wir freuen uns, dass wir es in diesem Haushalt geschafft haben, zusammen mit unseren Kolleginnen und Kollegen von SPD und Linken, dass viel für den Radverkehr getan wird. Einerseits werden dieses Jahr das Landesradwegekonzept überarbeitet vorgelegt, ein Radverkehrsbericht erstellt und Fahrrad-Monitor abgeschlossen. Wir haben aber auch im Haushalt mehr Finanzmöglichkeiten ermöglicht, unter anderem haben wir
5 Millionen Euro pro Jahr für Landesradwege vorgesehen und in den Straßenbauämtern werden jetzt spezielle Personen – acht Stellen gefördert – eingestellt, die sich ausschließlich mit Radwegebau beschäftigen.
Das ist eine fünfmal höhere Summe an Investitionen, als es die alte CDU-geführte Landesregierung ermöglicht hat.
Deswegen erfüllen wir daher auch den Koalitionsvertrag, der sagt, dass 10 Prozent der Straßenmittel in den Bau von Radwegen investiert werden. Das gab es in Thüringen noch nie, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Weiterhin investieren wir in den touristischen Radwegebau 8 Millionen Euro pro Jahr über das Wirtschafts- und Tourismusministerium. Hier wollen wir einen neuen Schwerpunkt setzen, dass wir sagen: nicht unbedingt neue Strecken erschließen, sondern die bestehenden im Unterhalt unterstützen, Lücken schließen und so ein sehr gut vermarktbares Netz an touristischen Radwegen mit hoher Qualität sicherstellen, dass Thüringen auch deutschlandweit wieder die Nummer eins wird im touristischen Radverkehr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der nächste Schritt ist, nicht nur im Land nach dem Tourismus zu schauen, sondern auch, was wir in diesem Doppelhaushalt gemacht haben, die Kommunen zu unterstützen. Und wir haben hier jährlich für kommunale Radwege 4,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. So viel Unterstützung haben die Kommunen noch nicht gehabt und ich werbe hier ganz eindeutig dafür, dass Kommunen auch diese Mittel einsetzen, verbauen und ortsnah für die Menschen eine bessere Bedingung für den Radverkehr erstellen.
Im ÖPNV haben meine Vorrednerinnen von SPD und Linken schon sehr viele Akzente gesetzt und diese hier benannt, deswegen möchte ich nur ganz kurz darauf eingehen, dass wir in den Punkten „Straßenbahn“ in den Städten Jena, Erfurt, Weimar gerade dafür gesorgt haben, dass bei den laufenden Kosten keine Kürzungen erzeugt werden, sondern dass wir mehr investieren können. Über 21 Millionen Euro stehen hier zur Verfügung. Des Weiteren ist das Landesbusnetz ausgebaut worden. Es wird auch sehr gut von den Regionen angenommen und der nächste Schritt ist, in einem Thüringen-Takt die Busse mit den Zügen noch mehr zu vernetzen, was jetzt schon geschieht, und dass wir in dieser Legislatur noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, dass es einen Thüringen-Verkehrsverbund gibt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der letzte Punkt ist die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft, gebe ich zu, ist ein schwieriges Feld für uns Grüne, um dort auch für Veränderungen zu sorgen. Aber wir haben es mit unseren Kolleginnen und Kollegen der Koalition geschafft, auch hier für Veränderungen zu sorgen. Deswegen sind zum Beispiel die KULAP-Mittel für Artenreiches Grünland erhöht worden, die Vermarktung von Ökobetrieben wurde weiter unterstützt. Das hat man auch zur Grünen Woche gesehen, wo Ökoherz Produkte verkaufen und sich den Bürgerinnen und Bürgern präsentieren konnte. Das zeigte auch öffentlichkeitswirksam, dass der Thüringer Landesregierung der Ökolandbau auch mehr am Herzen liegt.
Weiterhin haben wir die Intensivtierhaltung begrenzt. Hier sage ich, Herr Malsch: Sie waren doch mit gewesen, als wir uns die Freilandhaltung von Schweinen angeschaut haben oder wo in den Ställen mehr Platz war. Wo würden Sie Ihre Kinder eher mit hinnehmen und dafür werben – in solche Ställe von Bauern oder in gewerbliche industrielle Anlagen mit über 10.000 Schweinen auf engstem Raum, die mit Gensojafutter aus Übersee gefüttert werden? Ich denke, da würden auch Ihre Kinder Ihnen ein ganz klares Signal geben, was hier die bessere Landwirtschaft ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben des Weiteren über das Umweltministerium Freilandhaltung gefördert. Dort gibt es eine spezielle Schafsprämie, die allen Schäfern zur Verfügung gestellt wird und nicht nur in einer kleinen Region, wie es Herr Malsch gefordert hat. Damit zeigen wir Akzente für eine andere Landwirtschaftspolitik.
Und wir freuen uns sehr, dass auch in diesem Bereich grüne Politik wirksam geworden ist. Vielen Dank.