Lieberknecht, Christine; Liebetrau, Christina; Lukasch, Ute; Dr. Lukin, Gudrun; Malsch, Marcus; Dr. Martin-Gehl, Iris; Marx, Dorothea; Meißner, Beate; Mitteldorf, Katja; Mohring, Mike; Möller, Stefan; Mühlbauer, Eleonore; Muhsal, Wiebke; Müller, Anja; Müller, Olaf; Pelke, Birgit; Pfefferlein, Babett; Dr. Pidde, Werner; Primas, Egon; Reinholz, Jürgen; Rietschel, Klaus; Rosin, Marion; Rothe-Beinlich, Astrid; Rudy, Thomas; Schaft, Christian; Scheerschmidt, Claudia; Scherer, Manfred; Dr. Scheringer-Wright, Johanna; Schulze, Simone; Skibbe, Diana; Stange, Karola; Tasch, Christina; Taubert, Heike; Thamm, Jörg; Tischner, Christian; Prof. Dr. Voigt, Mario; Walk, Raymond; Walsmann, Marion; Warnecke, Frank; Wirkner, Herbert; Wolf, Torsten; Worm, Henry; Wucherpfennig, Gerold; Zippel, Christoph.
Hatten alle Abgeordneten Gelegenheit zur Stimmabgabe? Das ist der Fall gewesen. Dann schließe ich die Wahlhandlung und bitte um Auszählung der Stimmen.
Dann kann ich das Wahlergebnis zur Nachwahl eines Mitglieds des Kuratoriums der Thüringer Landeszentrale für politische Bildung bekannt geben. Abgegeben wurden 75 Stimmzettel. Davon war keiner ungültig. Also liegen 75 gültige Stimmzettel vor. Auf den Wahlvorschlag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/4792 und die Abgeordnete Wiebke Muhsal entfielen 30 Jastimmen, 23 Neinstimmen und 22 Enthaltungen. Damit ist auch hier die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht. Ich gratuliere und gehe davon aus, dass Sie die Wahl als Mitglied des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung annehmen?
10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention – Gleichstellung, Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinde
rungen in Thüringen jetzt voranbringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/4380 dazu: Weitere Umsetzung einer zeitgemäßen, an der Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderungen orientierten Inklusions- und Teilhabepolitik Alternativantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drucksache 6/4432 Neufassung
dazu: Finanziellen Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen einführen Alternativantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/4704
Die CDU hat signalisiert, dass sie ihren Antrag mit einer Begründung durch Abgeordneten Zippel einbringen möchte. Hiermit gebe ich Ihnen das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, in Thüringen leben mehr als 300.000 Menschen mit Beeinträchtigungen, Menschen mit Gehbehinderungen und Rollstuhlfahrer, Blinde und Sehbehinderte, Gehörlose und Menschen mit anderen Sinneseinschränkungen, Menschen mit Lernbehinderungen oder geistigen Behinderungen.
Diese Menschen haben das Recht auf selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das garantieren Artikel 3 des Grundgesetzes und die UN-Behindertenrechtskonvention. Die UN-Behindertenrechtskonvention hat Deutschland vor zehn Jahren als eines der ersten Mitgliedsländer unterzeichnet. Thüringen hat unter CDU-Führung die UN-Behindertenrechtskonvention aktiv umgesetzt und bereits viele Veränderungen auf den Weg gebracht. Aber die Landesregierung muss aktiv bleiben. Es müssen weiterhin Benachteiligungen abgebaut und die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen weiter verbessert werden. Die Voraussetzung dafür, das Thüringer Gesetz zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration für Menschen mit Behinderung, muss endlich novelliert werden. Die Gleichstellung braucht gesicherte rechtliche Grundlagen. Das Gesetzgebungsverfahren sollte laut Landesregierung bereits nach der Sommerpause 2016 eingeleitet werden, das Gesetz im Jahr 2017 in Kraft treten. Die Realität: Betroffene warten immer noch auf konkrete Ergebnisse. Ich nenne einige Beispiele:
Die Stärkung des Thüringer Beauftragten für Menschen mit Behinderungen, im Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün niedergeschrieben – aber auch hier gilt bei der Landesregierung: Papier ist geduldig. Ein weiteres Beispiel ist der Behindertenbeirat; hier sollte das Prinzip gelten: Mit den Betroffenen reden, nicht nur über sie. Und ich nenne das Beispiel Barrierefreiheit. Eine barrierefreie Umgebung ist eine zentrale Voraussetzung für umfassenden Zugang und uneingeschränkte Nutzungschancen aller Lebensbereiche. Deshalb gilt es, eine barrierefreie Gestaltung der digitalen Infrastruktur, der Kommunikation und Informationsdienstleistungen zu erreichen, zu verbessern und auszubauen. Hier sollte die Landesregierung als Vorbild vorangehen. Barrierefreie Zugänge zu allen für die Bürger relevanten Informationen und Datenbanken müssen das Ziel sein, so zum Thüringer Landtag, der Landtagsverwaltung und zu den Internetauftritten der Ministerien. Meine Kollegin Frau Meißner wird zu diesen Beispielen gleich ausführlicher reden. Mir bleibt noch zu sagen, das zehnjährige Jubiläum der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention wäre eine schöne Gelegenheit für diese Landesregierung gewesen, ein novelliertes Gleichstellungsgesetz zu verabschieden. Ich hoffe nun, die Landesregierung kann zumindest eine Perspektive aufzeigen, um die Betroffenen und die Verbände nicht noch länger warten zu lassen. Vielen Dank.
Vielen Dank. Zur Einbringung des Alternativantrags der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Stange von der Fraktion Die Linke um das Wort gebeten. Bitte schön.
Sehr geehrte Damen und Herren, werte Vorsitzende, die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen haben einen Alternativantrag zum Antrag der CDU-Fraktion auf den Weg gebracht, der Ihnen, wie Sie wissen, in einer mittlerweile korrigierten Fassung vorliegt, denn es hat fast fünf Monate gedauert, bis wir uns mit dieser Thematik hier im Thüringer Landtag auseinandersetzen können.
Wir haben in unserem Antrag folgende Punkte in den Mittelpunkt gestellt und die Landesregierung gebeten, dies umzusetzen bzw. zu berichten. Als Erstes möchten wir noch mal hier an der Stelle von der Landesregierung wissen, wie der aktuelle Stand der Novelle des Thüringer Gleichstellungsgesetzes ist – diejenigen, die am Montag, dem 4. Dezember, beim Außerparlamentarischen Bündnis waren, haben ja bereits davon Kenntnis. Wir wollen deutlich gemacht bekommen, welche Vereine und Verbände welche Vorschläge zur Novelle des Gleichstel
lungsgesetzes gemacht haben. Denn es ist ein Novum, welches erstmalig in dieser Legislatur auf den Weg gebracht worden ist, dass ein breiter Beteiligungsprozess im Vorfeld der Erstellung eines Beschlusses, eines Kabinettsdurchlaufs, eines Gesetzes hier in Ansatz genommen wurde.
Wir wollen aber auch, dass die Landesregierung uns noch mal über die Umsetzung des Teilhabegesetzes berichtet. Sie wissen alle, wir haben vor gut anderthalb Jahren hier zu dieser Thematik diskutiert und uns ausgetauscht, was das Bundesteilhabegesetz beinhaltet. Wir sind mit dem, was auf Bundesebene verabschiedet wurde, nicht wirklich zufrieden, da viele, viele inhaltliche Dinge für Menschen mit Behinderungen fehlen. Ich erinnere hier nur an den seit langem geforderten Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen.
Wir wollen weiterhin, dass die Landesregierung uns auch über ihre Kommunikationsstruktur in Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes berichtet. Ich denke, das ist wichtig, damit wir gemeinsam mit den Verbänden, Unternehmen und Leistungsberechtigten im Gespräch bleiben.
Ein weiterer, sehr intensiver Punkt ist die Schulung der neu gewählten Frauenbeauftragten in den Werkstätten. Das ist ein sehr alter Wunsch auch von Linken gewesen, dass aus dem Modellprojekt, welches vor vielen Jahren einmal durchgeführt worden ist, Frauen in Werkstätten als Frauenbeauftragte gewählt werden.
Wir haben weiterhin die Landesregierung darum gebeten – es wäre schön, wenn hier ein bisschen Ruhe wäre –, dass wir noch einmal über das Budget für Arbeit diskutieren können. Das ist ein Thema, welches wir seit vielen Jahren verfolgen. Das Budget für Arbeit bringt für Menschen aus Werkstätten in die Möglichkeit, in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu kommen und somit eine wirkliche Teilhabe am Leben zu erreichen.
Punkt 5 des Antrags ist uns auch sehr wichtig. Wir möchten, dass Ende des II. Quartals 2018 über den intensiven, gemeinsamen Prozess der Erstellung des neuen Maßnahmeplans der UN-Behindertenrechtskonvention hier im Landtag berichtet wird. Wir möchten gern, dass dieser Maßnahmeplan, der eine Kabinettsvorlage sein wird, im Landtag zur Diskussion gestellt, beredet und beschlossen wird. Das ist nicht nur uns als Koalitionsfraktionen wichtig, sondern das hat uns auch das Institut für Menschenrechte ins Stammbuch geschrieben. Das ist eine zwingende Herausforderung, um die weitreichende Kompetenz eines solchen Maßnahmeplans noch einmal zu verankern. Danke schön.
Vielen Dank. Wünscht die AfD-Fraktion das Wort zur Begründung zu ihrem Alternativantrag? Frau Abgeordnete Muhsal.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste! Sowohl die CDU als auch die Koalitionsfraktionen haben jeweils Anträge eingereicht, die viele Berichtsersuchen enthalten – was nicht unbedingt negativ sein muss –, die aber in ihren Forderungen teilweise sehr unkonkret bleiben oder Forderungen enthalten, die nicht sinnvoll sind. Wir als AfD-Fraktion haben demgegenüber einen Alternativantrag eingereicht, der zwar auch ein Berichtsersuchen enthält, aber in seinen Forderungen viel konkreter wird. Zunächst allerdings wollen wir, dass die Landesregierung eine Bestandsaufnahme darüber macht, welche Arten von Behinderungen aus Sicht der Landesregierung zu einem erheblichen persönlichen Mehrbedarf führen, denn die Leistungen, die Menschen mit Behinderungen in manchen Fällen zugestanden werden und in anderen nicht, sind durchaus unterschiedlich. Ebenso benötigen wir bei der Vielzahl unterschiedlicher Aufwendungen eine Bestandsaufnahme darüber, welche finanziellen Leistungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene bestehen, um Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Drittens soll die Landesregierung berichten, in welchen Bereichen und in welcher Höhe die Landesregierung Investitionsbedarf bei der Barrierefreiheit sieht. Insgesamt gilt – im Gegensatz zum Antrag der Regierungsfraktionen –, dass es nicht vor allem darum geht, inwieweit ein bestimmtes Gesetz novelliert oder umgesetzt wurde, sondern vor allem darum, was bei den Leuten letzten Endes wirklich ankommt. Wichtig für Menschen, die mit einer Behinderung leben, ist, dass bewährte Strukturen erhalten und ausgebaut werden. Dazu gehört ausdrücklich nicht die Forderung der Regierungsfraktionen, Frauenbeauftragte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen zu etablieren. Dazu gehören viel lebensnähere Strukturen. Ein wichtiges Element, um Personen mit einer Behinderung zu unterstützen, ist, das bewährte Thüringer Förderschulsystem zu erhalten und so Menschen in bewährter Qualität ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Diese Forderung finden Sie in unserem Antrag.
Zentrales Element eines selbstbestimmten Lebens ist ein flächendeckendes Konzept zur Weiterentwicklung des barrierefreien Personennahverkehres, auch das finden Sie in unserem Antrag.
Unsere dritte konkrete Forderung ist, dass die Landesregierung sich auf Bundesebene für die Einführung eines monetär greifbaren, individuellen Nachteilsausgleichs in Form einer monatlichen Beihilfe für Menschen mit Behinderungen einsetzt. Die Umsetzung dieser drei konkreten Forderungen würde zu einer Verbesserung der Lebenswirklichkeit der Menschen in Thüringen, die mit einer Behinderung leben, beitragen. Dafür bitte ich um Zustimmung. Vielen Dank.
Die Landesregierung erstattet jetzt einen Sofortbericht zu Nummer I des Antrags. Für die Landesregierung erteile ich das Wort Frau Ministerin Werner.
Herzlichen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin sehr froh, dass ich heute zum Thema einen Sofortbericht geben kann, weil es mir Gelegenheit gibt, einmal darzustellen, was in den letzten drei Jahren hier in Thüringen an Politik für Menschen mit Behinderungen geleistet wurde. Ich denke, das kann sich sehen lassen. Zum Zweiten möchte ich vielleicht noch sagen, dass ich ein bisschen bedauere, dass jetzt so wenig Menschen hier im Plenarsaal sind, um diesem Thema zu folgen.
Ich will mal eine Zahl nennen. Oft ist es ja so, dass Menschen denken, das ist ein Thema, das sie gar nicht so sehr angeht, oder wenn, dann weil sie vielleicht jemanden im Bekanntenkreis haben, der von einer Behinderung betroffen ist. Aber es sind nur 4 Prozent der Behinderungen, die tatsächlich angeboren sind oder im ersten Lebensjahr auftreten. Die meisten Behinderungen sind erworbene Behinderungen aufgrund von Krankheit, aufgrund von Unfällen – ich denke, das ist vielleicht noch mal Motivation, damit jeder sich des Themas annimmt und versucht, das in seinem jeweiligen Ressort oder Umsetzungsbereich mit wahrzunehmen.
Lassen Sie mich jetzt zu den vielen Punkten, die in den Anträgen aufgerufen wurden, einen Sofortbericht geben. Ich möchte mit dem Bericht über den Stand der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Thüringen beginnen und insbesondere auf den Maßnahmeplan zur Fortschreibung des Thüringer Maßnahmeplans zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention eingehen.
Es wurde schon gesagt, die UN-Behindertenrechtskonvention wurde 2009 in Deutschland als verbindlich unterzeichnet. Der Thüringer Maßnahmeplan
zur Umsetzung wurde dann in einem zweijährigen Erarbeitungsprozess am 24. April 2012 durch das Landeskabinett verabschiedet. Der Maßnahmeplan spielt eine wesentliche Rolle, um bei der Verwirklichung der Zielsetzung allen Menschen mit Behinderungen ein gleichberechtigtes Leben und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen sowie benachteiligende oder diskriminierende Denk- und Handlungsstrukturen zu unterbinden. Gegenwärtig wird dieser Maßnahmeplan fortgeschrieben. Ziel ist es, neue Anregungen aus der Zivilgesellschaft sowie Erkenntnisse und Vorhaben aus dem Evaluationsbericht, der durch das Deutsche Institut für Menschenrechte am 15. November 2016 vorgelegt wurde, einzubeziehen. Zu den konkreten Inhalten des Evaluationsberichts, der auf den Internetseiten des Ministeriums sowie des Deutschen Instituts für Menschenrechte abrufbar ist, habe ich bereits am 16.02.2017 im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit berichtet.
Lassen Sie mich nun etwas zum Zeitplan des aktuellen Fortschreibungsprozesses sagen. Bis Herbst 2017 hatten die Vereine und Verbände die Möglichkeit zur aktiven Mitarbeit und zur unmittelbaren Einbringung von Maßnahmevorschlägen. Es liegen derzeit 140 inhaltlich abgestimmte Maßnahmevorschläge vor. Diese werden aktuell mit übergeordnetem Ziel versehen, sprachlich vereinheitlicht und anschließend übersichtlich zusammengestellt. Es ist vorgesehen, den Vereinen und Verbänden die Zusammenstellung aller Maßnahmevorschläge noch zum Jahresende 2017 zuzusenden und bis Ende Februar 2018 die Möglichkeit der Rückmeldung einzuräumen. Nach Prüfung und Einarbeitung dieser Rückmeldungen werden die formalen Verfahren innerhalb der Landesregierung eingeleitet, das heißt insbesondere die Ressortabstimmung vorgenommen. Die Beschlussfassung des fortgeschriebenen Maßnahmeplans ist dann zumindest für das Kabinett im September 2018 vorgesehen. Anschließend soll mit einer Fachkonferenz der Fortschreibungsprozess abgeschlossen werden, das Arbeitsergebnis der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt und selbstverständlich auch in leichte Sprache übersetzt werden. Die Einzelmaßnahmen werden anschließend durch die jeweils fachlich verantwortlichen Ressorts der Landesregierung inhaltlich umgesetzt.
Auch in diesem Prozess war es uns wichtig, von Beginn an die umfassende Beteiligung der Zivilgesellschaft unter dem Motto „Nicht über uns – ohne uns“ vorzunehmen. Das heißt, die Arbeitsgruppen sind umfassend mit Vertretern aus der Zivilgesellschaft besetzt. So stellen Betroffenenverbände, Universitäten und Fachhochschulen, Schulen, Wohlfahrtsverbände, Leistungserbringer und Unternehmen etwa 75 Prozent der Teilnehmer der Arbeitsgruppen. Die Leitung – das war auch neu – wird gemeinsam von je einem Vertreter der Zivilge
sellschaft und der Ressorts wahrgenommen. Die thematische Gliederung der Arbeitsgruppen in neun inhaltliche Schwerpunkte hat sich im Vergleich zur Erstellung des Maßnahmeplans selbst nicht verändert; gemäß den Evaluierungsergebnissen innerhalb der Arbeitsgruppen ist nun aber im Vergleich zum Entstehen des Maßnahmeplans eine größere Zahl an Querschnittsthemen neu zu bearbeiten. Diese Querschnittsthemen möchte ich Ihnen gern benennen. Es geht um alt gewordene Menschen mit Behinderungen, um Kinder und Elternschaft, Frauen, Flüchtlinge und Migranten, Zugänglichkeit und Barrierefreiheit, Teilhabe, Selbstbestimmung und Unterbindung von Diskriminierung.
Die thematisch gegliederten Arbeitsgruppen werden zudem – auch das ist neu – nach der inhaltlichen Fortschreibung des Maßnahmeplans zukünftig ein- bis zweimal jährlich tagen. Hauptaufgabe im Rahmen dieser kontinuierlichen Sitzungen wird sein, den Realisierungsprozess des Maßnahmeplans kritisch zu begleiten, um den Maßnahmeplan auch dynamisch weiterentwickeln zu können. Das war im Übrigen eines der wichtigen Ergebnisse aus der Evaluierung des Maßnahmeplans: ihn methodisch besser begleiten zu lassen und den Menschen mit Behinderungen, den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit zu geben, den Maßnahmeplan weiterzuentwickeln, kritisch zu begleiten und nachfragen zu können, welche Maßnahmen wie umgesetzt wurden.
Neben der Koordinierung des Fortschreibungsprozesses des Thüringer Maßnahmeplans wird derzeit ein weiteres Projekt mit einem herausragenden Bezug zur UN-BRK umgesetzt. Thüringen hat sich als eines der ersten Bundesländer einem sogenannten Normenscreening, einer Normenprüfung in Anlehnung an die Forderung aus Artikel 4 Abs. 1 der UNBRK unterzogen. Auch mit dieser Aufgabe wurde im Ergebnis einer öffentlichen Ausschreibung im Januar 2016 das unabhängige Deutsche Institut für Menschenrechte beauftragt. Im Prüfungsverfahren werden in Zusammenarbeit der Ressorts der Landesregierung mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte 15 ausgewählte Thüringer Gesetze und Verordnungen auf ihre Vereinbarkeit mit der UN-BRK geprüft. Diese Prüfung erfolgt teilweise als Fremdprüfung durch das bereits genannte Institut und teilweise im Rahmen einer Eigenprüfung durch die Ressorts selbst, die durch das Institut unterstützt wird.
Folgende Gesetze wurden bzw. werden in Form der Fremdprüfung durch das Deutsche Institut für Menschenrechte geprüft: das Thüringer Gesetz zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen, das Thüringer Gesetz zur Hilfe und Unterbringung psychisch kranker Menschen, das Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz, das Thüringer Schulgesetz, das Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz, das Thüringer Ge
setz über den öffentlichen Personennahverkehr, die Thüringer Bauordnung, das Thüringer Wahlgesetz für den Landtag, das Thüringer Hochschulgesetz, das Thüringer Denkmalschutzgesetz.
Folgende Gesetze werden im Rahmen der Eigenprüfung geprüft: das Thüringer Sportfördergesetz, das Thüringer Lehrerbildungsgesetz, das Thüringer Gesetz für Natur und Landwirtschaft, das Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge sowie die Thüringer Landeswahlordnung. Die Ergebnisse des Normenscreenings, die als Stellungnahme vorgelegt werden, sind durch die fachlich verantwortlichen Ressorts zeitnah einer Bewertung zu unterziehen. Hierüber ist dann im Kabinett zu berichten. Das Normenscreening wurde nach Abschluss aller Prüfungen und der Auswertung der Ergebnisse der Eigenprüfungen mit der Übergabe eines Abschlussberichts durch das Deutsche Institut für Menschenrechte im November 2017 abgeschlossen.
Lassen Sie mich zu einem zweiten Thema kommen, zum Stand der Umsetzung des neuen Bundesteilhabegesetzes in Thüringen. Ich kann Sie wie folgt informieren: Sie wissen, das Bundesteilhabegesetz bewirkt einen grundlegenden Systemwechsel hinsichtlich der Eingliederungshilfe, indem es beispielsweise alle Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen aus der Sozialhilfe in das Recht der Rehabilitation schiebt. Es regelt die Leistungen der Eingliederungshilfe inhaltlich neu, es hebt die Unterscheidung von ambulant, teilstationär und stationär auf, es verändert die Regelungen zur Kostenheranziehung von Menschen mit Behinderungen und ihren Angehörigen, es bestimmt das Verfahren zur Beantragung und Bedarfsermittlung der Teilhabeleistungen, es reformiert das Vertragsrecht zwischen den Einrichtungen und Diensten und den Kostenträgern der Eingliederungshilfe, es erneuert das Recht zur Teilhabe am Arbeitsleben und reformiert den allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuchs IX. Ich zähle das deswegen auf, weil es deutlich macht, welche Aufgaben hier in Thüringen vor uns liegen, sowohl vor der Landesregierung als auch vor den betroffenen Kommunen, den Leistungserbringern usw.; es zeigt, was wir gemeinsam hier auch noch zu leisten haben. Das können wir nur gemeinsam leisten.
Mit dem BTHG wird das Ziel verfolgt, auch im Hinblick auf die UN-BRK eine zeitgemäße Gestaltung der deutschen Eingliederungshilfe zu erreichen. Der Bundesgesetzgeber hat den Ländern als überörtlichen Trägern der Eingliederungshilfe die Möglichkeit verschiedener Handlungsoptionen hinsichtlich der Umsetzung des BTHG eingeräumt, die in Ausführungsgesetzen bzw. Rechtsverordnungen der Länder auszugestalten sind. Das Gesetz tritt in mehreren Reformstufen in Kraft. Erste Regelungen sind bereits zum 30. Dezember 2016 und 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Die übrigen Vorschriften tre