Ich habe mir die letzten fünf Jahre immer anhören dürfen: Transparenz und Beteiligungskultur. Ihre Beteiligungskultur – Frau Klaubert redet gerade davon, wir haben einen kultivierten Prozess geführt. Kollege Tischner hat schon zu Recht gesagt, der kultivierte Prozess hat offensichtlich im Politbüro stattgefunden, aber definitiv nicht mit den Beteiligten, die darin angesprochen worden sind. Weder die Unternehmer noch die kommunalen Spitzenverbände sind beteiligt worden. Deswegen sage ich Ihnen eins, unsere Forderung ist klipp und klar: Stellen Sie sich endlich der öffentlichen Debatte beim Bildungsfreistellungsgesetz und machen Sie eine mündliche Anhörung im Ausschuss, damit auch mal die IHKs,
die Kammern, die Verbände, die Unternehmen und auch die kommunalen Spitzenverbände sich beteiligen können und nicht einfach nur in irgendwelchen salbungsvollen Runden mal eingeladen werden, sich mal aussprechen dürfen, aber am Ende nichts im Gesetz landet. So funktioniert Politik nicht!
Und jetzt noch mal die Frage, wenn wir mal einsteigen. 1 bis 3 Prozent, da sagen Sie, das schadet nicht. Wir sagen, wenn bundesweit nur 1 bis 3 Prozent Bildungsfreistellungsgesetze wahrnehmen, dann braucht es auch kein Bildungsfreistellungsgesetz. Das ist genau der inhaltliche Unterschied.
Wenn wir jetzt mal in die Faktenlage einsteigen, betriebliche Weiterbildung: 33,5 Milliarden Euro betriebliche Weiterbildung im letzten Jahr. Das ist ein bundesdeutscher Rekordwert. Das investieren Unternehmerinnen und Unternehmer.
IAB-Betriebspanel ist schon zitiert worden vom Kollegen Wolf, gucken wir uns an, wo die Thüringer Unternehmerinnen und Unternehmer stehen. Dort sind wir bei über 50 Prozent. Das heißt, die Thüringer Unternehmen beteiligen sich daran auch. Sie haben von den 35 Prozent geredet. Genau, jeder dritte Arbeitnehmer in Thüringen ist in einer betrieblichen Weiterbildung.
Meine Güte. Ja, es tut mir echt leid, dass Sie das ertragen müssen, Frau Henfling, aber Sie können auch gern rausgehen. Ich sage mal, Sie sind ja für Bildung, vielleicht hören Sie zu, dann haben Sie heute mal ein bisschen was gelernt.
Noch mal zum Bildungsbegriff. Vollkommen in Ordnung, betriebliche Weiterbildung, deswegen werben wir auch unter anderem dafür, dass Sie im Bildungsfreistellungsgesetz, wenn es schon kommen muss, nicht darauf verzichten sollten, dass Angebote, die in der betrieblichen Weiterbildung da sind, auch auf den Bildungsfreistellungsanspruch angerechnet werden können.
Das ist übrigens auch eine Forderung, die die Verbände machen, weil wir eines ganz klipp und klar...
(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Der Redner hätte auch dem Beratungsgegen- stand mehr Aufmerksamkeit widmen kön- nen!)
Ich will nur einen Punkt herausstreichen. Sie stellen darauf ab, dass dieses Gesetz zusammen mit den Kollegen in Baden-Württemberg entwickelt worden ist.
Jetzt habe ich mir mal die Mühe gemacht, den Entwurf in Baden-Württemberg anzuschauen. In Baden-Württemberg steht unter anderem drin, dass man Anrechnungsmöglichkeiten hat. Es steht unter anderem drin, dass allgemeine und kulturelle Weiterbildung eben nicht gefördert wird, und es ist unter anderem im Gesetzesentwurf auch noch die Fragestellung zu diskutieren, wie die Finanzierung des Ganzen aussieht.
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die allgemeine Bildung kam als Forderung der Handwerkskammer, nur mal so!)
Daran sehen Sie, dass die Baden-Württemberger eines verstanden haben, dass es einen privatrechtlichen Vertrag zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer über ein Vertragsverhältnis gibt, nämlich über das Unternehmen, in dem er arbeitet. Dann gibt es einen individuellen Anspruch eines Arbeitnehmers, den wir auch befördern wollen, sich persönlich weiterzubilden. Nur wenn das bitte schön so ist, wenn er bestimmte Dinge lernen möchte, dann ist das ein individueller Wunsch, den man befördern sollte. Aber der sollte doch bitte schön nicht durch den Arbeitgeber allein bezahlt werden. Das ist doch ein vollkommen falsches Verständnis davon, was wir in unseren Unternehmen wollen.
(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Die Bil- dung bezahlt doch der Arbeitgeber gar nicht, die bezahlt der Arbeitnehmer!)
Wir wollen in Unternehmen engagierte Arbeitnehmer, die gut qualifiziert sind. Wir wollen Arbeitgeber, die ihre Unternehmen ordentlich führen und vor allen Dingen dafür Sorge tragen, dass Thüringer
Familien finanziert werden, nämlich dadurch, dass Leute in Lohn und Brot stehen. Ich finde, das zu behindern ist einfach eine riesengroße Frechheit, und dass Sie so etwas nicht mal sehen wollen, zeigt eigentlich, dass Ihnen daran gelegen ist, ein Klientelgesetz für gewerkschaftsnahe Bildungsinstitutionen zu schaffen.
Wir lehnen das ab und fordern Sie noch mal auf, eine mündliche Anhörung im Ausschuss zu machen. Danke.
Vielen Dank. Vonseiten der Abgeordneten liegen mir keine weiteren Redemeldungen vor. Dann erteile ich Ministerin Klaubert das Wort.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete, nur einige Anmerkungen, weil man Behauptungen nicht im Raum stehen lassen darf, die offensichtlich falsch sind.
Ich weiß auch nicht, ob die Zwischenrufe, die mein Abgeordnetenkollege Dittes – bis zum 01.04. kann ich das noch so sagen – gesagt hat, gehört wurden.
(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Haben Sie keine Hoffnung. Frau Klaubert gibt ihr Mandat ab, nicht ich!)
In dem Gesetz steht genau das, was Herr Dr. Voigt kritisiert hat, nämlich, dass eine Anrechnung erfolgen kann, wenn der Arbeitgeber in Übereinkunft mit dem Arbeitnehmer ein Bildungsangebot unterbreitet. Dieser gesetzliche Anspruch ist erfüllt. So haben wir es als Landesregierung vorgelegt. Also ich bitte schon darum, dass man das liest, was man als Gesetzentwurf vor sich liegen hat, und dass man das in Verbindung mit der entsprechenden Begründung liest.