Protocol of the Session on September 20, 2012

Für Tagesordnungspunkt 19, so ist mir signalisiert worden, wird die Abgeordnete Renner die Einbringung vornehmen.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Keine Einbringung.)

Keine Einbringung. Für die Tagesordnungspunkte 6 a und b frage ich in Richtung Landesregierung und auch Fraktion DIE LINKE: Gibt es dort den Wunsch zur Einbringung? Für die Landesregierung Herr Innenminister Geibert. Sie sind mal zuerst dran. Der Abgeordnete Blechschmidt kommt zu mir wegen seines Geschäftsordnungsantrags. Bringen Sie erst einmal den Gesetzentwurf ein.

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Entschuldigung, kein Geschäftsordnungsantrag in dem Sinne.

Herr Abgeordneter Blechschmidt, der Minister Geibert hat das Wort und ich bitte Sie, mal nach vorn zu kommen, wie wir mit dem anderen verfahren. Der Minister bringt jetzt erst einmal TOP 6 a ein und dann haben wir noch den Aufruf 6 b und 19, da besteht noch die Möglichkeit der Begründung. Kommen Sie bitte mal nach vorn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich hätte jetzt auch kein Problem damit gehabt, wenn erst TOP 19 eingebracht worden wäre, da aus Gründen der gesteigerten Beratungseffektivität die drei Punkte ja ohnehin miteinander verbunden sind und ich mir auch gestatten möchte, zu allen drei Unterpunkten bereits bei der Einbringung kurz Stellung zu nehmen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird eine Anpassung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes vorgenommen, die durch eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes im Jahr 2011 notwendig wurde. So hat der Bundesgesetzgeber mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 einen neuen Aufenthaltstitel in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen. Zum Zwecke der Bekämpfung illegaler Ausländerbeschäftigung kann aussagebereiten Opfern strafrechtlich relevanter illegaler Beschäftigung für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Voraussetzung ist, dass die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat erforderlich ist, weil ohne die Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Zudem muss der Ausländer seine Bereitschaft erklärt haben, in dem Strafverfahren als Zeuge auszusagen. Ausländer, die Inhaber einer solchen Aufenthaltserlaubnis sind, sind leistungsberechtigt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Nach dem Konnexitätsprinzip ist das Land verpflichtet, den kommunalen Gebietskörperschaften, denen die Aufnahme, Unterbringung sowie Leistungsgewährung an ausländische Flüchtlinge übertragen wurde, diese Kosten zu erstatten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die notwendige Rechtsgrundlage für eine solche Kostenerstattung geschaffen. Zwar ist derzeit noch nicht absehbar, wie viele Personen künftig eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis erhalten werden; die Mehrbelas

tung des Haushalts dürfte aber nach meiner Einschätzung eher gering ausfallen.

Des Weiteren möchte ich noch auf eines hinweisen: Das Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz tritt nach derzeitiger Rechtslage mit Ablauf des 31. Dezember 2012 außer Kraft. Um die Aufnahmeverpflichtung der Landkreise und kreisfreien Städte auch künftig sicherzustellen, ist es notwendig, die bestehende Befristung bis zum Ende des Jahres durch das dritte Änderungsgesetz aufzuheben. Entgegen den Ausführungen der LINKEN wird gesetzgeberischer Evaluierungsbedarf, der eine weitere Befristung des Gesetzes notwendig machen würde, von der Thüringer Landesregierung nicht gesehen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das ist schlimm genug.)

Das Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz ist zum 1. Januar 1998 in Kraft getreten und hat sich seitdem bewährt. Eine Befristung wurde erstmals 2005 in das Gesetz aufgenommen und beruhte auf der damaligen Verfahrensweise, alle Gesetze und Verordnungen zu befristen. Die Absicht, eine besondere Evaluierung des Gesetzes nach Ablauf der Befristung vorzunehmen, war damit nicht verbunden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz an bundesrechtliche Vorgaben angepasst. Zugleich wird aber auch künftig ein tragfähiger Rahmen für eine entsprechende Kostenerstattung gewährleistet.

Ich gestatte mir nun, noch kurz zu den weiteren Untertagesordnungspunkten Stellung zu nehmen im Rahmen der gemeinsamen Beratung. Ich komme nun zum kurzfristig vorgelegten Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, der offensichtlich in solch einem Sachzusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung steht, dass er zusammen mit der Einbringungsrede behandelt werden soll.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE befasst sich unter anderem mit der Unterbringung ausländischer Flüchtlinge in Thüringen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nach einem Aufenthalt von 12 Monaten Anspruch auf eine Einzelunterbringung bestehen soll. Dieser Gesetzentwurf ist weitgehend inhaltsgleich mit einem Gesetzentwurf der Fraktion, der bereits 2010 im Thüringer Landtag behandelt wurde. Er wurde damals aus guten Gründen abgelehnt. Diese Gründe bestehen zum großen Teil auch heute noch. Nach § 53 Abs. 1 des Asylverfahrengesetzes sind Asylbewerber in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. Es handelt sich hierbei um eine bundesgesetzliche Regelung, die für Thüringen bindend ist. Das Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz regelt daher auch, dass eine Aufnahme in Gemeinschaftsunterkünften Vorrang hat. Nach geltender Rechtslage haben Landkreise und

kreisfreie Städte aber einen gewissen Ermessensspielraum. Dieser wird durchaus zugunsten der Asylsuchenden genutzt. So waren am 15. August 2012 1.383 Asylbewerber in Einzelunterkünften untergebracht. Dies entspricht einem Anteil von etwa 44 Prozent der in Thüringen lebenden Flüchtlinge. Das bedeutet, dass bereits knapp die Hälfte der Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht ist. Insoweit kann der Regelungsbedarf, wie die Fraktion DIE LINKE ihn sieht, nicht bejaht werden. Zudem bleibt festzuhalten, dass § 53 des Asylverfahrensgesetzes nicht unterlaufen werden kann, denn es gilt nach wie vor der Grundsatz des Artikels 31 Grundgesetz: Bundesrecht bricht Landesrecht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich erhalten die in Thüringen lebenden ausländischen Flüchtlinge über die Unterkunft hinaus auch die zur Sicherung des Lebensunterhalts notwendigen Leistungen. Mit Urteil vom 18. Juli 2012 hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Regelungen zu den Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar sind, und dem Bundesgesetzgeber aufgegeben, unverzüglich für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen. Bis zu deren Inkrafttreten hat das Bundesverfassungsgericht angesichts der existenzsichernden Bedeutung der Grundleistung eine Übergangsregelung getroffen, wonach die Grundleistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in weitgehender Anlehnung an die Regelung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zu berechnen sind. Ich bin der Auffassung, dass anknüpfend an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nunmehr auch auf Asylbewerber die Grundsätze des allgemeinen Fürsorgerechts anzuwenden sind. Daher wurde den kommunalen Leistungsträgern die Form der Leistungsausreichung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes durch Erlass des Thüringer Innenministeriums freigestellt. Das heißt, die kommunalen Aufgabenträger können vor Ort entscheiden, ob sie Bargeld oder Wertgutscheine ausreichen. Diese Wahlmöglichkeit ermöglicht es, auf die Situation vor Ort konkret einzugehen. Der von der Fraktion DIE LINKE vorgelegte Gesetzentwurf sowie der Antrag „Erstattung der notwendigen und tatsächlich angefallenen Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen“ fordert des Weiteren bei der Kostenerstattung an die Landkreise und kreisfreien Städte, von der pauschalen Kostenerstattung abzurücken und die tatsächlich angefallenen Kosten zu erstatten. Letztlich wird damit eine Spitzabrechnung gefordert, wie sie das Land bis Ende 1999 hatte.

Erlauben Sie mir zunächst einige grundsätzliche Anmerkungen: Thüringen ist verpflichtet, Asylbe

gehrende nach dem Königsteiner Schlüssel aufzunehmen. Mit Stand vom 15. August 2012 lebten in Thüringen 3.134 ausländische Flüchtlinge. Das Land hat die Aufgabe der Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge den Landkreisen und kreisfreien Städten übertragen. Nach dem in Artikel 91 Abs. 3 und 93 Abs. 1 der Thüringer Verfassung verankerten Konnexitätsprinzip ist das Land verpflichtet, den kommunalen Gebietskörperschaften hierfür einen angemessenen finanziellen Ausgleich zu gewähren. Seit dem Jahr 2000 wird nach der Thüringer Verordnung über die Kostenerstattung eine pauschale Kostenerstattung vorgenommen. Im Einzelnen setzt sich die pauschale Erstattung derzeit wie folgt zusammen. Das Land erstattet für die Unterbringung monatlich 177 € je aufgenommenen Flüchtling und für die Betreuung und Beratung der Flüchtlinge monatlich 24,45 €, sofern die Vorgaben der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung erfüllt werden. Soweit das nicht der Fall ist, werden monatlich 12,78 € je aufgenommenen Flüchtling erstattet. Für sonstige Kosten, die bei der Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuchs entstehen, zahlt das Land den kommunalen Gebietskörperschaften eine monatliche Pauschale in Höhe von 272 € je aufgenommenen Flüchtling, für den tatsächlich Leistungen erbracht werden. Soweit die notwendigen Kosten bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie die Hilfen zur Pflege im Einzelfall über 2.556,46 € je Flüchtling und Kalenderjahr liegen, wird der überschreitende Betrag gegen Einzelnachweis zusätzlich zur Leistungspauschale in Höhe von 272 € erstattet. Darüber hinaus werden die nachgewiesenen Kosten für die Bewachung von Gemeinschaftsunterkünften oder die Einrichtung von Pfortendiensten im Rahmen des vom Land veranlassten Umfangs und der für die jeweilige Unterkunft zugesagten Kostenerstattung erstattet.

Wenn nunmehr kritisiert wird unter Berufung auf den Landkreistag im vorliegenden Antrag, dass die gewährten Pauschalen nicht auskömmlich seien, dann ist dies nicht zutreffend. Die pauschale Erstattung hat sich seit der Einführung zum 1. Januar 2000 bewährt. Die Unterbringungspauschale stellt einen Durchschnittswert der bei den Aufgabenträgern angefallenen Unterbringungskosten dar. Soweit einzelne Landkreise oder kreisfreie Städte beispielsweise Eigenliegenschaften als Gemeinschaftsunterkünfte nutzen können, bei denen dann keine Mietkosten anfallen, ist es durchaus möglich, dass die Kostenerstattung des Landes höher ist als die tatsächlich aufgewendeten Kosten. Im Gegenzug nimmt das Land aber auch keine Nachzahlung vor, soweit andere Landkreise oder kreisfreie Städte mit den Pauschalen nicht ausgekommen sind. Es ist das Kennzeichen eines pauschalisierten Kostenerstattungssystems, das damit eine Unter- sowie auch eine Überdeckung der tatsächlich angefalle

(Minister Geibert)

nen Kosten möglich ist. Daher sind die Pauschalen grundsätzlich nach zwei Jahren zu überprüfen. Diese Prüfung wird anhand der tatsächlich angefallenen Kosten für die Unterkunft sowie der Kosten für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes in den Landkreisen und kreisfreien Städten vorgenommen. Derzeit wird anhand der tatsächlich im Jahr 2011 angefallenen Kosten die Höhe der Pauschalen überprüft. Hierbei wird auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 berücksichtigt. Wie ich bereits ausgeführt habe, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelungen zu den Grundleistungen in Form der Geldleistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz unvereinbar sind. Der Bundesgesetzgeber ist verpflichtet, für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen. Bis zu deren Inkrafttreten hat das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsregelung getroffen, wonach ab dem 1. Januar 2011 die Höhe der Geldleistung in diesem Bereich entsprechend den Grundlagen der Regelung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zu berechnen ist. Dies gilt rückwirkend für nicht bestandskräftig festgesetzte Leistungen ab 2011 und im Übrigen für die Zukunft, bis der Bundesgesetzgeber seiner Pflicht zur Neuregelung nachgekommen ist. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass die pauschale Erstattung nicht zulasten der Flüchtlinge, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, geht.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das ist Unsinn, Herr Geibert, das wissen Sie.)

Selbstverständlich erhalten Asylbewerber die ihnen entsprechend der bundesgesetzlichen Regelung des Asylbewerberleistungsgesetzes zustehenden Leistungen von den zuständigen Aufgabenträgern. Das heißt, eine Bereicherung der Aufgabenträger zulasten der Flüchtlinge ist nicht gegeben. Die Frage der Kostenerstattung betrifft hingegen das Verhältnis der Landkreise beziehungsweise kreisfreien Städte gegenüber dem Land. Soweit also beispielsweise in der Presse behauptet wird, dass Landkreise auf Kosten der Flüchtlinge Einsparungen vorgenommen hätten, werden Äpfel mit Birnen verglichen. Auch den Vorwurf einer nicht landesweit gesicherten menschenwürdigen Unterbringung weise ich entschieden zurück. Nach der am 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Gemeinschaftsunterkunftsund Sozialbetreuungsverordnung sind verbindliche Mindeststandards beim Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft einzuhalten. Die von den kommunalen Aufgabenträgern vorgehaltenen Einrichtungen werden in regelmäßigen Abständen überprüft. Dieser

Aufgabe kommt das zuständige Landesverwaltungsamt nach. Der Landesregierung ist es ein besonderes Anliegen, dass die in Thüringen lebenden Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht sind. Nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes wurden im Zeitraum 2002 bis 2011 91 Unterkünfte und in diesem Jahr bislang neun Einrichtungen geprüft. Wie auch seitens der Landesregierung zu mehreren parlamentarischen Anfragen, so zu den Kleinen Anfragen 5/4030 vom 13. Februar 2012 und 5/4304 vom 16. April 2012, ausgeführt wurde, erfüllen derzeit lediglich die Gemeinschaftsunterkünfte in Gerstungen, Zella-Mehlis und Sonneberg die Standards der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung nicht vollständig. Nach der Entscheidung des Landkreises Schmalkalden-Meiningen wird die Gemeinschaftsunterkunft in ZellaMehlis geschlossen und die Bewohner erhalten bis Ende des Jahres Wohnungen. Auch in Sonneberg wird die jetzige Gemeinschaftsunterkunft bis Ende 2012 geräumt und eine Unterbringung in Wohnungen angestrebt. Die Gemeinschaftsunterkunft in Gerstungen wird durch Modernisierung dem erforderlichen Standard angepasst. Daher ist der Vorwurf einer nicht landesweit gesicherten menschenwürdigen Unterbringung nicht gerechtfertigt.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Weil die Kommune nicht genug Geld für die Unterbringung hat.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, festzuhalten bleibt, die pauschale Kostenerstattung hat sich bewährt. Gründe, die für eine Umstellung des Kostenerstattungsverfahrens auf die Erstattung der tatsächlichen und notwendigen Kosten sprechen, liegen nicht vor. Daher sehe ich keine Veranlassung,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Doch, die Menschenwürde, die steht im Grundgesetz.)

von bislang bewährten Regelungen Abstand zu nehmen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Der Abgeordnete Blechschmidt hat mir nun signalisiert, dass für den Tagesordnungspunkt 19, also „Erstattung der notwendigen und tatsächlich angefallenen Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen“, Frau Abgeordnete Sedlacik die Begründung vornehmen möchte. Bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir sind zwar schon mitten in der Diskussion, wie ich gemerkt habe, Herr Innenminister, aber nichtsdestotrotz möchte ich doch noch mal begründen,

(Minister Geibert)

warum wir unseren Antrag hier einbringen, mit welcher Intention.

Mit dem vorliegenden Antrag beabsichtigt die Fraktion DIE LINKE, dass der Thüringer Landtag die Landesregierung auffordert, die Thüringer Verordnung über die Kostenerstattung nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz dahin gehend zu ändern, dass künftig das Land den Landkreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden die mit der Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen notwendigen und tatsächlich anfallenden Kosten erstattet. Ich sage noch einmal ausdrücklich, keine Pauschalen, obwohl Sie gerade dem das Wort geredet haben.

Die Aufgabe der Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen wurde durch das Land auf die Landkreise, kreisfreien Städte übertragen und diese haben somit die Aufgabe, im Rahmen des übertragenen Wirkungskreises dieses auszuüben. Nach der bisherigen Regelung der Erstattungsverordnung erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte dafür eine Pauschale für Leistungen nach damals Asylbewerberleistungsgesetz für die Unterbringung und soziale Betreuung. Darüber hinaus werden die Kosten für die Bewachung von sogenannten Gemeinschaftsunterkünften erstattet, für die medizinische Betreuung und auch im Einzelfall werden hier Kosten erstattet. Hier, Herr Innenminister, haben wir eine andere Wahrnehmung. Durch die pauschale Erstattung wurde bereits mehrfach durch den Landkreistag kritisiert, dass sie nicht mehr den Finanzbedarf der Kommunen in diesem Aufgabenbereich abdecken können. Es gibt aber auch andere Extreme. Es gibt nämlich auch Landkreise, die die nicht abzurechnenden Pauschalen nicht vollständig für die Aufnahme und Unterbringung aufwenden - ja, auch solche Beispiele kennen wir -, sondern dass sie diese für die Flüchtlinge bestimmten Mittel in den kommunalen Haushalt einfließen lassen und sich - das möchte ich mal so extrem sagen - an der Pauschale auch noch gütlich tun. Diese Praxis wurde in der Vergangenheit mehrfach öffentlich diskutiert und von uns heftig kritisiert, weil diese zweckentfremdete Verwendung zulasten menschenwürdiger Unterbringungsbedingungen für Menschen realisiert wird. Dies kann keinesfalls im Interesse des Landes liegen, das einerseits die Aufgaben übertragen hat und von einer ordnungsgemäßen, das heißt, einer den Grundsätzen der Schaffung menschenwürdiger Lebensbedingungen für Flüchtlinge folgenden Aufgabenerfüllung ausgehen muss und andererseits auch die dafür anfallenden Kosten erstatten muss. Wohlgemerkt, diese zweckfremde Verwendung der Pauschale ist nicht rechtswidrig, sie ist aber in jedem Fall sachwidrig.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb beantragen wir, die Kostenerstattung auf die für die Aufnahme und Unterbringung notwendigen und tatsächlich anfallenden Kosten umzustellen. Damit würden die Landkreise und kreisfreien Städte die übertragene Aufgabe entsprechend des Konnexitätsprinzips finanziert erhalten und gleichzeitig die Voraussetzungen für eine menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen landesweit geschaffen werden. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Ich eröffne nun die gemeinsame Aussprache zu allen drei Punkten. Ich rufe als Erste für die CDUFraktion Frau Abgeordnete Holbe auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit der Drucksache 5/4903 legt die Thüringer Landesregierung den Gesetzentwurf für das „Dritte Gesetz zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes“ vor. Wir haben gerade die Einlassung von Innenminister Geibert gehört. Mit diesem Gesetz aktualisiert die Landesregierung das Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz und passt es bundesrechtlichen Vorschriften an. In der Vergangenheit wurden derartige Fälle durch die Behörden bereits durch Duldungserteilung oder befristete Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes gelöst, wenn Staatsanwaltschaften oder Gerichte den weiteren Verbleib von Betroffenen im Bundesgebiet benötigten. Durch die nunmehr geschaffene besondere Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 b war die Lücke im Bereich des Thüringer Aufenthaltsgesetzes entstanden, weil dieser Aufenthaltstitel in § 1 des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes nicht aufgeführt ist und damit seitens des Landes auch diesbezüglich keine Kostenerstattung nach der Thüringer Flüchtlingskostenerstattungsverordnung gegeben war. Durch die Aktualisierung wird diese Lücke geschlossen. Die anfallenden Mehrkosten sind tatsächlich zu vernachlässigen, wie zuvor dargestellt, da die meisten der bisherigen Fälle seitens der Ausländerbehörden durch die Rechtsgrundlage erledigt wurden, bei der die gleichen Kosten angefallen sind wie nach der entsprechenden Änderung. Durch das Thüringer Kabinett wurde am 24.05.2011 entschieden, alle künftigen Gesetze ohne Befristung zu entscheiden und zu beschließen. Auch meine Fraktion hält gerade bei diesem Gesetz eine Befristung nicht für erforderlich.

Durch DIE LINKE wurde uns in Drucksache 5/5003 eine Neufassung des Thüringer Flüchtlingsgesetzes im Entwurf vorgelegt. Wie bereits von Herrn Geibert angesprochen, hatten wir dieses bereits 2010 hier im Plenum beraten und abgelehnt. Ich möchte nur einen Punkt aufgreifen, in dem, was Sie

(Abg. Sedlacik)

hier vortragen, weil wir darüber schon so oft gesprochen haben und immer wieder wird uns dies vorgelegt, und zwar insbesondere der Punkt zu diesen Gemeinschaftsunterkünften, wo wir sagen, wir haben hier ebenfalls bundesrechtliche Vorgaben, nachzulesen im Asylverfahrensgesetz § 53. Das heißt, es gibt Vorgaben für die Länder. In unserem Flüchtlingsaufnahmegesetz steht in § 1 entsprechend, dass Landkreise und kreisfreie Städte den genannten Personenkreis, der nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz berechtigt ist, in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften unterbringen soll. Das heißt, es gibt hier eine Vorgabe, eine Priorität, wie diese Unterbringung zu erfolgen hat. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch bei den Einzelunterbringungen einen Personenkreis, wo Familien bevorzugt eingeräumt wird, in Einzelwohnungen in den Landkreisen und kreisfreien Städten zu gehen. Auch meine Fraktion sieht keinen weiteren Bedarf, zusätzliche Änderungen, die über den Gesetzentwurf der Landesregierung hinausgehen, aufzunehmen. Um aber unsere Argumente auszutauschen, haben wir ja die Möglichkeit der weiteren Beratung im Innenausschuss, so dass ich auch hier die Überweisung empfehle an den Innenausschuss.

Wir haben ja gleichzeitig die Beratung des Tagesordnungspunkts 19. Dazu möchte ich folgende Ausführungen anschließen: Mit der Drucksache 5/4791 fordert die Fraktion DIE LINKE die Landesregierung auf, die Thüringer Verordnung über die Kostenerstattung nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz zu ändern. Demnach sollen künftig die Landkreise und die kreisfreien Städte notwendige und tatsächlich anfallende Kosten für Flüchtlingsbetreuung erstattet bekommen. Begründet wird diese Forderung mit der schon mehrfach auch durch den Landkreis kritisierten Regelung der Finanzierung mittels eines Pauschalverrechnungssatzes. Das, muss ich sagen, kann ich nicht nachvollziehen. Allerdings ist diese Forderung der LINKEN nicht neu. Das gab es bereits einmal bis zum Erlass des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes bzw. bis zum Inkrafttreten der Thüringer Flüchtlingskostenerstattungsverordnung - ein sehr interessantes Wort -, die zum 01.01.2002 in Kraft getreten ist. Davor war die Spitzabrechnung aktuell. Die exakte Auflistung und Abrechnung musste erfolgen durch die Landkreise und kreisfreien Städte und damit ein hoher Aufwand an Personalkosten, der mit dieser Abrechnungsform einherging. Mit Ihrer Forderung nach Änderung der Kostenerstattung reduziert DIE LINKE die finanzielle Verantwortung lediglich auf die des Landes, wo auch die Prüfung der Ausgabe nur vermindert wahrgenommen wird.

Nach entsprechenden Erfahrungen bereits während der 90er-Jahre in anderen Bundesländern gingen zunächst Baden-Württemberg und MecklenburgVorpommern dazu über, den Weg einer pauschalisierten Erstattung der Kosten für Flüchtlinge vorzu

nehmen. Dies wieder zu ändern bedeutet, nicht aus der Vergangenheit gelernt zu haben. Das Resultat wäre eine erneute Mehrbelastung der Steuerzahler. Der Landkreistag schätzt selbst aktuell ein, dass sich die pauschalen Erstattungen bewährt haben, also genau das Gegenteil, was Sie behaupten. Diese Praxis der Pauschalen wird nicht nur in Thüringen umgesetzt, zwischenzeitlich gibt es in der überwiegenden Zahl der Bundesländer, so Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Reinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, ebenfalls diese Praxis der Pauschalen. Wenn man mit Pauschalen arbeitet, ist richtig, kann es dazu kommen, dass Unterdeckung bzw. Überdeckung im Einzelnen erfolgt, daher - das hat auch unser Innenminister hier bereits erwähnt - wird die Höhe der Pauschalen nach § 2 Abs. 3 der Thüringer Flüchtlingskostenerstattungsverordnung jeweils nach zwei Jahren überprüft. Diese Überprüfung erfolgt an den tatsächlich angefallenen Kosten für Unterkunft sowie Kosten für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes in den zuständigen Landkreisen und kreisfreien Städten.

Derzeit wird dies unter besonderer Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, das am 18.07.2012 zur Verfassungswidrigkeit und Festlegung der Grundleistung entsprechend geurteilt hat, und das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass diese Regelungen zu den Grundleistungen in Form von Geldleistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit dem in der Verfassung normierten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unvereinbar sind. Darin steht weiterhin, dass seit 1993 keine Anpassung der Kosten vorgenommen wurde trotz weiter erfolgter Preissteigerung, so dass auch hier die Höhe der Leistung als unzureichend und nicht nachvollziehbar berechnet eingeschätzt wurde. Der Bundesgesetzgeber ist entsprechend aufgefordert, hier Neuregelungen zu treffen. Zwischenzeitlich, haben wir auch gehört, gelten entsprechende Übergangsregelungen. Im Vorgriff auf bundesgesetzliche Regelungen hat unser Innenminister Jörg Geibert diese Gutscheinregelung aufgehoben. Bisher war im Freistaat die Regel, dass Sachleistungen oder Gutscheine zum Einkauf an Asylbewerber ausgegeben worden sind. Nun haben die Landkreise und kreisfreien Städte die Möglichkeit, eigenverantwortlich zu entscheiden, wie sie das künftig handhaben werden.

Zurück zur aktuellen Drucksache: Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, dort anregen, die Rechts- und Fachaufsicht hinsichtlich der Verwendung von Landesgeldern stärken zu wollen, nehmen wir das natürlich als Anregung auf, aber es ist tatsächlich auch nicht nötig, uns entsprechend aufzufordern.

Die Meldung des MDR, die uns unmittelbar vor der Sommerpause beschäftigt hat, wo, wie Sie es, Frau