Protocol of the Session on September 20, 2012

wir gemeinschaftlich aufpassen müssen, dass sie ordentlich bezahlt werden und eben nicht zu Dumpinglöhnen und geringfügiger Beschäftigung dort eingesetzt werden, sondern zu ordentlichen Konditionen für gute Arbeit.

(Beifall DIE LINKE)

Im Übrigen ist bessere Bezahlung - Frau Siegesmund hat es gesagt - eine Voraussetzung dafür, dass mehr Kaufkraft da ist und dass Menschen sich auch mehr leisten können, auch die, die immer noch mit Niedriglöhnen hier abgespeist werden.

Zum Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will ich nur so viel sagen, dass er unserem Gesetzentwurf in vielerlei Hinsicht ähnlich ist. Wir würden die Überweisung an die beiden Ausschüsse unterstützen, um das noch einmal zu diskutieren, weil es da und dort schon noch Diskussionsbedarf gibt. Ich denke, dass das dann auch eine gute Voraussetzung wäre, hier erneut die Debatte zu führen. Im Übrigen möchte ich unsere Auffassung noch einmal bekräftigen, dass man eine ordentliche Evaluation nach einem Jahr Ladenöffnungsgesetz durchführt, dass endlich auch der Sozialausschuss über die vorgelegte Rechtsverordnung diskutiert und die Anhörung, die dazu schriftlich vorgenommen wurde, dort auch zum Gegenstand macht. Ich glaube, dass es nicht sinnvoll ist, sehr viele bürokratische Regelungen einzuführen. Ich setze darauf, dass Tarifpartner gemeinschaftlich auf der Grundlage des geltenden Gesetzes sehr wohl in der Lage sind, dort entsprechende Entscheidungen zu treffen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Gibt es weitere Wortmeldungen der Abgeordneten? Bitte schön, Herr Abgeordneter Barth. Die Redezeit für Ihre Fraktion ist noch 1:30.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich will einmal festhalten nach dem, was aus den Fraktionen hier kam: DIE LINKE begrüßt, dass wir Zalando ansiedeln und damit den Internethandel stärken.

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, DIE LINKE: Dass sie Arbeitsplätze schaffen.)

Diese Botschaft geht an alle Mitarbeiter und an alle Inhaber von Schuhgeschäften in Thüringen, die eben nicht 24 Stunden aufmachen können, was ich übrigens auch nicht will, dass die das können, die sich aber genau dieser Konkurrenz ausgesetzt sehen. Zalando gegen die vielen kleinen Schuhhändler in Thüringen, interessante Botschaft, nehmen wir so mit.

(Beifall FDP)

(Abg. Leukefeld)

Es gibt viele junge Mütter, die nur am Samstag arbeiten wollen, weil sie sagen, dann habe ich am Montag frei und dann haben meine Kinder drei Tage in der Woche etwas von ihren Eltern.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau diese Form auch des Wiedereinstiegs in das Berufsleben, das ist auch von der Mehrheit dieses Hauses nicht gewollt, das Verkäuferinnen und auch Verkäufern im Thüringer Einzelhandel zu ermöglichen. Auch das nehmen wir aus dieser Debatte mit.

Das Dritte, was wir mitnehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist, dass wir Menschen, die für ihr eigenes Einkommen arbeiten und das auch frei entscheiden wollen, wann sie das tun, die zum Teil umsatzabhängig bezahlt werden und damit auch ein entsprechendes Einkommen generieren, dass wir diesen Menschen genau diese Möglichkeit, Geld zu verdienen, beschneiden und sie damit bewusst zum Aufstocken schicken, bewusst in Hartz IV schicken. Auch diese Botschaft nehme ich mit, dass das vier Fraktionen in diesem Haus wollen. Meine Fraktion will das nicht. Ich danke herzlich für diese Offenbarungen, vielen Dank.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, DIE LINKE: Ihr Populismus ist nicht zu überbieten, Herr Barth.)

Vielen Dank. Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Ramelow von der Fraktion DIE LINKE.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich bin 20 Jahre hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär im Bereich Handel, Banken und Versicherungen gewesen, zu einem Zeitpunkt, als es noch ein Ladenschlussgesetz in Westdeutschland gab, das von 8.00 Uhr morgens bis 18.30 Uhr die Öffnungszeiten gesetzlich geregelt hat. Das war ein Ausgleich, der aus den 50er-Jahren nach den Münchner Auseinandersetzungen um geöffnete Läden im Ladenschlussgesetz damals so geregelt worden ist. 1989 wurde das zum ersten Mal aufgebrochen, und zwar betrieben von der FDP, die gefordert hat, es muss abends geöffnet werden, weil die Verbraucher nicht mit Waren versorgt werden können. Dieselbe Rede, die Herr Kemmerich hier gehalten hat, habe ich vor 20 Jahren schon gehört. Die Welt geht unter, wurde damals apostrophiert. Die Kunden stehen vor den Läden, können nichts kaufen usw. Es ist immer dieselbe alte Leier, nur immer neu aufgekocht. Tatsächlich ist es so, dass am Samstag per …

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Die Rede ha- ben Sie auch vor 20 Jahren schon mal dazu gehalten.)

Sie sind so witzig, Herr Barth. Was Sie eben zu Zalando gesagt haben, ist so arbeitnehmerfeindlich.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Was Sie eben zu den Neuansiedlungen gesagt haben, ist so wirtschaftsfeindlich, ist so selbstentlarvend. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich tatsächlich in den letzten Tagen mehrfach mit Betriebsräten telefoniert, unter anderem dem Betriebsratsvorsitzenden von Fiege WDZ, und der hat mir gesagt, er ist froh, dass so viele Logistiker jetzt angesiedelt werden, auch Internetlogistiker, weil zum ersten Mal in seiner Firma der Arbeitgeber feststellt, dass er das Personal, das er vorher rausgeschmissen hat, händeringend jetzt sucht. Und zum ersten Mal in Erfurt und rund um Erfurt gibt es eine Situation, wo nicht über 7 € Stundenlohn geredet wird, sondern tatsächlich nach oben der Lohn sich entwickelt. Und da, lieber Herr Kemmerich, zu sagen, Koalitionsfreiheit bei Herrn Höffner, das scheint ja Ihr neuer Freund zu sein, Herr Höffner von Möbel-Höffner, das ist Marktwirtschaft. Nein, Tarifverträge sind auch Teil der Marktwirtschaft.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das hat die FDP nur noch nie begriffen, dass man mit Tarifverträgen einen notwendigen Ausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern und in einer ganzen Branche schaffen muss, damit der Wettbewerb nicht unterlaufen wird durch Dumpinglöhne. Das scheint aber bei Herrn Kemmerich normal zu sein, deswegen wundere ich mich bei seinen Ausführungen gar nicht. Was mich hier vorgetrieben hat, Herr Kemmerich - also der alte Käse hat mich nicht vorgetrieben, den kenne ich schon seit 30 Jahren, die Platte können Sie als CD oder MP3 herausgeben und dann kann man sie nachhören -, aber was mich vorgetrieben hat, ist der Fraktionsvorsitzende im Erfurter Stadtrat der FDP, Herr Kemmerich, dass Sie sich hier vorn hinstellen und sich auf Herrn Höffner berufen oder auf die Firma Höffner berufen, dass sie jetzt Verfassungsklage macht, und Sie sich freuen, dass sie jetzt Verfassungsklage macht. Ich sage, demokratischer Rechtsstaat, ich bin froh, dass es ein Verfassungsgericht gibt. Und auch die Firma Höffner kann eine Verfassungsklage machen und dann wird man sehen, was dabei herauskommt. Aber dieser Herr Höffner, die Firma - und Sie haben eben hier gesagt, wie sehr die Innenstadt vom Internethandel bedroht sei -, wird besessen von Herrn Krieger und diese Firma Krieger-Bau ist der Besitzer von dem Bereich ICE West Erfurt. Sie als Stadtrat wissen, dass dieser Herr Krieger gerade den Stadträten vorgetragen hat, dass er ICE West nur eröffnet oder nur entwickelt, wenn er die Genehmigung kriegt, den Thüringen-Park, der auch ihm gehört, zu verdoppeln, die Verkaufsfläche zu verdoppeln, und

(Abg. Barth)

dass die Stadträte im Moment sagen, das räumt uns die gesamte Innenstadt leer.

Die Frage, dass man einerseits apokalyptisch von Zalando, dem Internethandel, hier spricht, aber andererseits billigend in Kauf nimmt, dass ein solches Unternehmen und ein solcher Unternehmer eine ganze Stadt erpresst, dass ein ganzes Stadtentwicklungskonzept zum Erpressungspotenzial gemacht wird, dann sage ich, auf den würde ich mich hier jedenfalls als Stadtrat von Erfurt nicht berufen, weil ich der Meinung bin, die Innenstadt wird eigentlich bedroht von zu geringen Impulsen für die Innenstädte. Die eigentlichen Auseinandersetzungen finden dort statt, wo am Samstag kein Personal da ist, weil die Unternehmen kein Personal eingestellt haben, weil im Einzelhandel mit den Öffnungszeiten der Druck auf das Personal immer größer geworden ist und, seitdem das Ladenschlussgesetz abgeschafft worden ist, tatsächlich die Lohnsituation der Beschäftigten immer weiter nach unten getrieben worden ist - danke, FDP.

Herr Abgeordneter Ramelow, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kemmerich?

Selbstverständlich.

Bitte sehr, Herr Abgeordneter Kemmerich.

Herr Abgeordneter Ramelow, sind wir uns einig, dass der Sachverhalt, den Sie gerade ansprechen, Krieger, ICE-City, wenig mit der Entscheidung zu tun hat, die wir heute diskutieren? Gern kann ich das mit Kollegen Blechschmidt im Stadtrat von Erfurt diskutieren oder auch fortentwickeln, aber ich weiß nicht, was das Hohe Haus mit dieser Diskussion zu schaffen hat.

Das zeigt Ihre wirtschaftliche Qualifikation.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das war das Niveau eines Menschen, der wie ein Frisör kommt und nicht mal den Kamm dabei hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Uns hier zu erzählen, dass der Internethandel den Einzelhandel bedroht, aber gleichzeitig zu sagen, dass die Verdoppelung der Verkaufsfläche im Thüringen-Park nicht die Innenstadt bedroht, das bleibt

Ihr Geheimnis, wie Sie einen solchen Kram hier erzählen können.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wir reden über das Ladenöffnungsgesetz, nicht über die Frage, wem der Thüringen-Park gehört.)

Ja, wir reden vom Ladenöffnungsgesetz. Wir reden davon, dass auf der grünen Wiese - Herr Kollege Barth, offenkundig haben Sie immer mit den falschen Geschäftsführern geredet. Der ThüringenPark zwingt jeden Einzelhändler, der bei ihm Mieter ist, zu der festgelegten Zeit zu öffnen und zu schließen, wie es der Hausbesitzer, wie es der Zentrumbetreiber vorgibt. Das heißt, der zwingt …

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Es zwingt sie keiner, einen Mietvertrag abzu- schließen.)

- ah, das nennen Sie jetzt wieder wirtschaftliche Freiheit. Deswegen würden Sie Herrn Krieger sonst wohin kriechen, damit er diese Freiheit der wirtschaftlichen Macht noch erweitern kann, damit dieser Einzelhandelsmassenapparat an den Grenzen, an der Seite von Erfurt die Einzelhandelsinnenstadt aufrollt.

Noch eine Bemerkung: Offenkundig hat Herr Kollege Barth, als er seine Einkaufstouren gemacht hat, nicht auf die Ladenöffnungsschilder geschaut. Ich war in den letzten Tagen bei verschiedenen Firmen, weil ich gerade nach einem bestimmten hochwertigen Produkt schaue. Interessanterweise öffnet ein Möbelzentrum an den Toren der Stadt um 10.00 Uhr und schließt um 19.00 Uhr. Das ist die Freiheit des Unternehmens. Das ist die gleiche Ladenöffnungszeit, die wir früher vor 20 Jahren geregelt hatten. Da war es von 8.00 Uhr bis 18.30 Uhr. Jetzt merken Sie unter dem ökonomischen Druck, dass die Ausweitung von Ladenöffnungszeiten nur dazu geführt hat, dass zu wenig Personal da ist. Das hat aber etwas mit der Kalkulation zu tun. Deswegen, meine Damen und Herren, dem Beschäftigten den freien Samstag kaputt machen zu wollen und dazu das Parlament hier zu benutzen, das halte ich für den großen Irrweg. Ihre wirtschaftliche Unvernunft haben Sie hier deutlich gemacht. Wer nicht erkennt, was riesige Einkaufszentren an vernichtendem Potenzial für Innenstädte haben und wer daran jetzt dem Internethandel die Schuld gibt, der will tatsächlich den Heizer auf der E-Lok haben. Das ist die FDP: Rückwärts in die Vergangenheit, damit Sie die alten Themen wieder aufkochen können, das Ladenschlussgesetz vernichtet die Arbeitsplätze, vernichtet die freie Wirtschaft. Das ist Ihr Credo. Da will ich dann schon sagen, Amazon hat den Buchhandel komplett verändert.

(Unruhe FDP)

Herr Barth, hören Sie doch einfach zu.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Nein, das ist nicht zu ertragen.)

Das fällt Ihnen so schwer. Wenn der geregelte Buchpreis in Deutschland aufgegeben wird - und das ist das, was ihr fordert, die Buchpreisbindung aufzugeben. Wenn das letzte Regelwerk beim Kulturgut „Buch“ fällt, dann wird Amazon der Gewinner dieses ganzen Prozesses sein. Wer also will, dass Buchhandlungen da sind, der muss die Buchpreisbindung aufrechterhalten

(Unruhe FDP)

und nicht hier über den freien Samstag lamentieren, den man den Arbeitnehmern kaputt machen will.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Für die Regierung spricht Frau Ministerin Taubert. Bitte schön.