Vielen herzlichen Dank, Frau Holbe. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Sabine Berninger für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich meine, ich habe zu diesem Antrag der Fraktion der FDP bereits in der ersten Plenardebatte alles gesagt und will noch mal einen Satz wiederholen. Der Antrag der FDP ist begründet durch inländische und ökonomische Interessen. Der Satz, den ich wiederholen möchte aus der ersten Debatte, ist folgender: „Das besonders Perfide daran … ist, während diese inländischen ökonomischen Interessen als notwendig und legitim anerkannt werden, werden Flüchtlinge, die aufgrund existenzieller Angst um das eigene Überleben aus ihren Herkunftsländern flohen, als Wirtschaftsflüchtlinge diskreditiert.“ Im Innenausschuss haben CDU und SPD leider nicht mit uns inhaltlich argumentiert. Leider hat auch die FDP-Fraktion unsere Bemühungen oder Wünsche auf Änderung ihres Antrags nicht erfüllt. Das tut uns leid. Wir meinen, Sie formulieren zu hohe Ausschlusskriterien und entsprechen mit Ihrem Antrag überhaupt nicht der Lebensrealität der vielen, zum Teil bereits jahrelang ohne Arbeitsmarktzugang, ohne Integrationsmöglichkeit hier geduldeten Flüchtlinge.
Uns bringt ein bisschen in ein kleines Dilemma, dass wir eigentlich immer schon für eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung gewesen sind, auch hier im Landtag dafür gestritten haben, aber aus den eben genannten Gründen wird meine Fraktion Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Worauf ich jetzt noch gespannt bin, sind die Ausführungen des Innenministers. Herr Geibert hatte im Innenausschuss angekündigt, dass er gern über die Beratungen im Bundesrat berichten würde und dass sich das Thüringer Innenministerium da aktiv beteilige und eigene Vorstellungen einbrächte. Auf die bin ich sehr neugierig, Herr Geibert.
nachhaltiger Integration ist heute erneut Thema. Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses haben Sie gehört. Ich muss sagen, meine Fraktion wird dieser folgen. Nicht, weil wir das Thema nicht für wichtig halten und auch nicht, weil wir keine Regelung für die betroffenen Menschen wollen und auch nicht, weil wir gegen eine Integration dieser Menschen sind. Wir sehen es als wichtig an, dass Menschen, die schon lange bei uns leben, eine klare Perspektive erhalten. Wenn eine faktische Integration bereits erfolgt ist, also die Menschen gut deutsch sprechen, ihre Chancen in Schule und Beruf genutzt haben, sie vielfach sogar am Arbeitsmarkt teilnehmen, sie sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen und dies durch ihre Lebensführung erkennen lassen, auch ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Die bisherigen Regelungen sind dazu nicht ausreichend, auch das wissen wir und fordern eine Veränderung. Diese Veränderung wird aber im Moment durch die Mehrheit im Bundestag, die durch die FDP mitgetragen wird, verhindert. Wir haben bereits gehört, dass verschiedene Bundesländer aus diesem Grund Initiativen gestartet haben und diese schon diskutiert werden. Thüringen wird an diesen Beratungen intensiv teilnehmen und benötigt eine Aufforderung durch den FDP-Antrag in diesem Sinne nicht explizit.
Vielen herzlichen Dank, Frau Kanis. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Dirk Bergner für die FDP-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben den Antrag gestellt, da wir es für richtig und wichtig ansehen, dass die Menschen, die sich integrieren wollen und sich bemühen, auch die Chance erhalten, eine stichtagsunabhängige Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Wir sind der Auffassung, dass die Bundesratsinitiativen aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen eine grundlegende Änderung des Aufenthaltsgesetzes ermöglichen. Es geht erstmals um die Anerkennung nachhaltiger Integration. Deshalb will ich heute noch einmal für unseren Antrag werben. Frau Holbe, wenn Sie sagen, die Anforderungen sind in Punkt 2 zu eng gefasst, da die meisten, die diese Anforderungen erfüllen würden, bereits eine Aufenthaltsgenehmigung haben, dann stimmt das nicht. Ich kann das aus ganz konkreten persönlichen Erfahrungen und Bekanntschaften sagen. Zum anderen muss ich mich dann wundern, wenn Sie das so sehen und wenn Sie sagen, nur deswegen wäre dieser Punkt nicht zustimmungsfähig gewesen, warum Sie im Innenausschuss keinen Än
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundesratsinitiativen sehen vor, dass derjenige, der eine bestimmte Zeit in Deutschland gelebt hat - durch Duldung oder mit Aufenthaltserlaubnis - und die Kriterien für eine nachhaltige Integration erfüllt, Sprachkenntnisse, Lebensunterhalt usw. für bis zu drei Jahre eine Aufenthaltserlaubnis bekommen kann. Diese Aufenthaltserlaubnis wird verlängert, wenn die Voraussetzungen nach den drei Jahren weiterhin vorliegen. Letztendlich würde die Änderung des Aufenthaltsgesetzes dazu führen, dass Menschen, die integriert sind oder sich bemühen, sich zu integrieren, eine Daueraufenthaltserlaubnis aufgrund der eigenen Integrationsleistungen erhalten können.
Ich will heute noch einmal die Chance nutzen, um auf die Vorwürfe der letzten Plenardebatte einzugehen. In der letzten Plenardebatte durften wir uns beispielsweise von Frau Abgeordneten Rothe-Beinlich von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorwerfen lassen, dass der Antrag in der Nützlichkeitslogik der FDP entsprungen sei. Ich will Ihnen eins sagen, Frau Kollegin, wer bei Verantwortung für Menschen von Nützlichkeitslogik spricht, versucht nur mit Klassenkampfrhetorik Stimmung zu machen.
Mit wirklichen Argumenten hat dies nach meiner festen Überzeugung überhaupt nichts zu tun. Wenn Sie einmal Ihre Scheuklappen abnehmen würden, hätten Sie den Antrag auch verstanden, aber das scheint beim besten Willen nicht möglich und vor allem nicht gewollt zu sein.
Frau Kollegin Berninger geht davon aus, dass die Bundesratsinitiative allein dem inländisch-ökonomischen Interesse dient. Zwar hatten alle hier angesprochenen Personen angekündigt, im Innenausschuss ihre Ideen einzubringen, leider ist dort aber weiter nichts passiert. Ich vermute auch wieso. Denn die Bundesratsinitiativen sind wirklich gute Ideen zur Verbesserung des Aufenthaltsgesetzes. Der Antrag der FDP-Fraktion hat nur vorgesehen, sich in diese Beratung aktiv mit einzubringen. Die genannten Kriterien, die sich in unserem Antrag befinden, sind optional, wie sich aus dem Wort „beispielsweise“ ergibt. Wir wären die Letzten gewesen, die nun auf jedem Kriterium einzeln beharrt hätten, wenn sich eine ordentliche Diskussion ergeben hätte. Letztendlich, meine Damen und Herren, ist eine Verweigerung der Unterstützung eine Verweigerung, den Menschen eine Perspektive zu geben.
Ich will auch noch auf eine interessante Ausgabe des Flüchtlingsrats Thüringen eingehen, bei dem Sie, Frau Kollegin Berninger, im Vorstand sitzen. Im Heft Nummer 52 befindet sich eine Berichterstattung über die Bundesratsinitiative aus Niedersachsen. Im Resümee heißt es, ich zitiere: „Bei aller Kritik im Detail bleibt jedoch festzuhalten, dass das Land Niedersachsen hier eine Kehrtwende vollzogen und eine rollierende, d.h. stichtagsunabhängige, Perspektive auf ein Bleiberecht für Flüchtlinge vorgeschlagen hat, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die dennoch in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben und hier verwurzelt sind.“ Für den Flüchtlingsrat Thüringen klingt dies nicht so negativ, wie Sie es uns hier im Plenum vorgetragen haben.
Natürlich reicht die Änderung des Aufenthaltsgesetzes bei Weitem nicht aus. Es geht um die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme bis hin zum Anspruch auf Sprach- und Integrationskurse. Natürlich müssen wir auch die Probleme vor Ort lösen. Aber nur, wenn wir beides machen - fördern und fordern -, erst dann wird am Ende die Integration für alle Beteiligten eine Erfolgsgeschichte.
Ich habe es eben schon zu Frau Rothe-Beinlich gesagt, und will mich ausdrücklich auch noch einmal an SPD und CDU wenden. Natürlich werden wir nicht immer auf einen Nenner kommen.
Aber wenn die Chance besteht, den Menschen wirklich zu helfen, sollten wir diese nicht einfach an uns vorbeispazieren lassen, sondern diese Chance nutzen.
Deshalb, meine Damen und Herren, hoffe ich, dass Sie bei der Abstimmung nicht die Fraktionszugehörigkeit in den Vordergrund stellen, sondern dass wir das gemeinsame Anliegen, das Aufenthaltsgesetz zu verbessern, in den Vordergrund stellen. Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich Sie - abweichend von der Empfehlung des Innenausschusses - um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. Danke schön.
Vielen herzlichen Dank, Herr Bergner. Es liegen noch weitere Wortmeldungen vor. Zunächst hat das Wort noch einmal Abgeordnete Sabine Berninger für die Fraktion DIE LINKE.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, nur eine ganz kurze Richtigstellung, die ich nicht in eine Zwischenfrage habe packen können. Herr Bergner, wenn Sie aus der Infozeitschrift des Thüringer Flüchtlingsrates zitieren, dann müssen Sie aber auch korrekt zitieren, nämlich die Überschrift, unter der dieser Text veröffentlicht wurde und wer ihn verfasst hat. Unter der Überschrift Bleiberechtsinitiative aus Niedersachsen steht, gezeichnet Kai Weber, Flüchtlingsrat Niedersachsen, zusammengefasst für das Info vom Flüchtlingsrat Thüringen.
(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Aber zu- mindest, die haben das offensichtlich nicht schlecht gefunden.)
Vielen herzlichen Dank, Frau Berninger. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Katharina König für die Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Herr Bergner, gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Das trifft mal wieder auf einen Antrag der FDP zu und das trifft insbesondere auf diesen Antrag zu. Ich möchte Ihnen kurz erklären, warum. Unter Punkt 2, den Punkten, die Sie auflisten als Kriterien, damit Asylbewerber ein Recht auf Bleiberecht haben bei nachhaltiger Integration, wie Sie es nennen, wird unter anderem aufgeführt: eine „grundsätzlich gegebene Straffreiheit“. Wenn Sie das in Verbindung bringen mit den derzeitigen Rechten oder auch Strafen, die es gibt - ich meine da insbesondere die Residenzpflicht -, müssten Sie erkennen, dass es ein Widerspruch ist, dass sich Asylbewerber jetzt nicht im integrativen Sinne hier in Deutschland einbringen können, ihre politischen Forderungen äußern können, weil sie dann im Zweifelsfall gegen die Residenzpflicht verstoßen und damit möglicherweise nicht mehr straffrei sind. Dieses kann sogar bis hin zur Abschiebung führen. Das als Erstes.
Als Zweites, auch meiner Meinung nach ist in Ihrem Antrag eine gewisse Verwertungslogik enthalten, der ich mich nicht anschließen kann, sondern der ich sogar widerspreche.
Zuletzt: Das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und das Vorhandensein von Kenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse als ein Kriterium festzulegen, bringt mich im doppelten Sinne in Fragen bzw. Irritationen.
FDGO noch zustimmen zu können, weil nämlich damit die faktische Abschaffung des Asylrechts einhergeht.
Zweitens: Die letzte Variante oder die letzte Bedingung, unter der ich mir vorstellen könnte, Ihrem Antrag zuzustimmen, ist, wenn Sie diese Kriterien auch auf hier in Deutschland lebende deutsche Staatsbürger ausweiten und wir gleiches Recht für alle schaffen und dass wir dann, wenn Deutsche nicht in der Lage sind, Deutsch zu sprechen, wenn Deutsche nicht in der Lage sind, sich an der Rechts-/Gesellschaftsordnung und den Lebensverhältnissen zu beteiligen bzw. einzuordnen, anzupassen, auch entsprechende Konsequenzen folgen lassen. Da Sie sehr wahrscheinlich dies nicht mehr ändern werden, kann ich leider Ihren Antrag nur ablehnen. Danke schön.
Frau Abgeordnete Katarina König, gestatten Sie eine Frage am Ende? Nein. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Doch, es gibt eine weitere Wortmeldung - Herr Abgeordneter Barth für die FDP-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Damit keine Legendenbildung entsteht, werte Kollegin König, wenn Sie meine Zwischenfrage nicht zulassen, versuche ich es vielleicht auf dem Weg noch mal, Sie noch mal nach vorn zu bitten und zu erklären, welche Konsequenzen Sie insbesondere bei Ihren letzten Ausführungen gemeint haben. Das fand ich spannend, deswegen würden mich ein, zwei Beispiele interessieren. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Herr Barth. Es liegen jedoch keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Ich frage: Wünscht die Regierung das Wort? Herr Minister Geibert, dann haben Sie jetzt die Gelegenheit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, in der Juni-Sitzung des Thüringer Landtags hat Staatssekretär Rieder bereits umfassend zur Einführung eines stichtagsunabhängigen Bleiberechts Stellung genommen. Lassen Sie mich daher lediglich noch einmal kurz die wesentlichen Punkte skizzieren.
Mittlerweile gibt es drei Gesetzesinitiativen, die die Einführung eines stichtagsunabhängigen Bleiberechts für langjährige in Deutschland lebende und integrierte Ausländer ohne festes Aufenthaltsrecht zum Gegenstand haben. Ich möchte Ihnen nachfolgend über den aktuellen Stand dieser Gesetzesinitiativen berichten.
Schleswig-Holstein hatte Ende 2011 einen Gesetzesantrag zur Einführung eines stichtagsunabhängigen Bleiberechts in den Bundesrat eingebracht. Zu diesem Antrag gab es den im FDP-Antrag erwähnten Änderungsantrag von RheinlandPfalz sowie einen gemeinsamen Änderungsantrag von Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bremen und Brandenburg. Der Bundesratsinnenausschuss beschloss in seiner Sitzung am 26. Januar 2012, die Beratung der Vorlage bis zum Wiederaufruf durch das antragstellende Land zu vertagen. Im Juni wurde der Gesetzesvorschlag wieder auf die Tagesordnung der Sitzung des federführenden Innenausschusses sowie weiterer Ausschüsse genommen und beraten.
Niedersachsen hat im Mai dieses Jahres einen Gesetzesantrag zur Einführung eines stichtagsunabhängigen Bleiberechts bei nachhaltiger Integration in den Bundesrat eingebracht, der in der Sitzung am 15. Juni an die Ausschüsse überwiesen wurde. Anders als der schleswig-holsteinische Gesetzesvorschlag sieht der niedersächsische Gesetzentwurf vor, unter bestimmten Voraussetzungen ein abgestuftes Bleiberecht zu gewähren. Zunächst soll bei Erfüllung bestimmter Integrationsleistungen eine Duldung für zwei Jahre erteilt werden, anschließend bei Erfüllung weiterer Integrationsleistungen eine Aufenthaltserlaubnis. Beide Gesetzesanträge wurden unter anderem in der Juni-Sitzung des Bundesratsinnenausschusses behandelt. Zu beiden Gesetzesvorschlägen gab es zudem mehrere Änderungsanträge. Der federführende Bundesratsinnenausschuss beschloss mehrheitlich, die Beratung der Vorlage bis zum Wiederaufruf zu vertagen. Bisher ist weder der niedersächsische noch der Gesetzesantrag von Schleswig-Holstein im Bundesrat wieder aufgerufen worden, so dass auch eine Befassung im Plenum des Bundesrats noch nicht stattgefunden hat. Die weitere Behandlung der Anträge bleibt daher abzuwarten.
Ende August dieses Jahres hat nunmehr auch Hamburg einen Gesetzesvorschlag für ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht vorgelegt. Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus auch vor, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende nach § 25 a Aufenthaltsgesetz zu erleichtern. Der Gesetzentwurf soll am 21. September, also morgen, im Bundesratsplenum vorgestellt und anschließend an die Ausschüsse überwiesen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Sie sehen, wird das Thema „stichtagsunabhängiges Bleiberecht“ weiterhin intensiv erörtert. Das Innenministerium wird sich auch zukünftig an den laufenden Beratungen beteiligen und seine Vorstellungen zu den Voraussetzungen für ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht deutlich machen.