Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Sie sehen, wird das Thema „stichtagsunabhängiges Bleiberecht“ weiterhin intensiv erörtert. Das Innenministerium wird sich auch zukünftig an den laufenden Beratungen beteiligen und seine Vorstellungen zu den Voraussetzungen für ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht deutlich machen.
So wird auch über die im FDP-Antrag angesprochenen Kriterien, wie zum Beispiel Sicherung des Lebensunterhalts, hinreichende deutsche Sprachkenntnisse sowie Offenlegung der Identitätstäuschung gesprochen werden. Eine weitere Initiative für die Einführung eines stichtagsunabhängigen Bleiberechts halte ich angesichts der zahlreichen Initiativen und Beratungen zu dieser Thematik nicht für angezeigt. Daher begrüße ich ausdrücklich das Votum des Innenausschusses, der empfohlen hat, den Antrag der Fraktion der FDP abzulehnen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen herzlichen Dank, Herr Minister. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor, dann kommen wir zur Abstimmung. Es wird abgestimmt direkt über den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/4467. Wer diesem folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der FDP-Fraktion. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus allen anderen Fraktionen. Gibt es Enthaltungen? Es gibt 2 Enthaltungen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Einführung eines Priorisierungsverfahrens für Straßenbauprojekte Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/4684
Ich frage, wünscht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort zur Begründung? Ja, dann hat jetzt das Wort die Abgeordnete Jennifer Schubert.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die gute Nachricht ist, wir schließen die heutige Tagesordnung mit einem Verkehrsthema und morgen auch, insofern gibt es da eine thematische Einheit. Wir müssen feststellen - und ich verweise auf die Anhörung, die wir im Verkehrsausschuss zu der Frage Zustand der Landesstraßen hatten -, dass wir sehr viel Rückstau haben, was den Erhalt, die Sanierung von Landesstraßen angeht. Die Abge
ordneten waren sich einig, dass wir hier viel zu wenig tun und diese Straßen vernachlässigen; deswegen - Erhalt vor Neubau. Wir stellen auch fest, der Bundesverkehrswegeplan ist für Thüringen hoffnungslos überzeichnet. Eine Zahl: 4 Mrd. € im laufenden Bundesverkehrswegeplan, davon sind bis jetzt nur ein Drittel umgesetzt. Das führt auch dazu, dass an vielen Stellen in Thüringen wünschenswerte Projekte eher realisiert wurden als Projekte, die dringend notwendig sind.
Im Ergebnis - und die Beispiele kennen Sie - warten Bürgerinnen und Bürger in Großengottern auf die Ortsumfahrung und auch die Bürgerinnen und Bürger, die von der nicht vorhandenen Werra-Querung betroffen sind. Deswegen darf es ein Weiter so nicht geben. Wir möchten mit diesem Antrag eine Debatte aninitiieren und verweisen auf das Vorbild Baden-Württemberg. Baden-Württemberg ist einen sehr, sehr mutigen Schritt gegangen. Es ist das erste Bundesland, das mit dieser Praxis, die wir jetzt noch haben, zum Bundesverkehrswegeplan gebrochen hat und hat eine Ansage an das Bundesverkehrsministerium gemacht, welche Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan prioritär sind und welche weniger prioritär sind.
Das gilt zum Teil auch für Projekte des weiteren Bedarfs, die oft - und das werde ich in der Diskussion nachher noch ausführen - genauso behandelt werden. Projekte, die als Erstes Baurecht erlangen, werden umgesetzt. Das ist nicht sinnvoll. BadenWürttemberg hat ein Priorisierungsverfahren entwickelt und hat den Kosten-Nutzen-Faktor in seiner Bedeutung etwas zurückgestuft und hat stattdessen Kriterien wie Verkehrsfluss, Lärmentlastung, Netzfunktion, Umweltverträglichkeit und auch Verkehrssicherheit mit einbezogen und in ein Punktsystem überführt. Dann kam eine Prioritätenliste heraus, die eine gewisse Sinnhaftigkeit besitzt. Das Ganze ist auch mit Experten besprochen worden, es gab eine Anhörung. Genauso verfährt das Land mit seinen Landesstraßen, hier kommt natürlich noch eine Zustandsbewertung hinzu.
Dieses Verfahren ist wegweisend, es ist überfällig, deswegen auch der Antrag - Herr Emde hören Sie gut zu
vor allem vor dem Hintergrund, dass es gilt, geplante Projekte in Thüringen seriös auszufinanzieren, wenn sie sinnvoll sind. Das Ziel muss sein - deswegen dieser Antrag -, dass die Straßen gebaut werden, die für die Menschen den meisten Nutzen haben und nicht die, die gerade mal zufällig fertig geplant sind. Deswegen schlagen wir für Thüringen vor, genauso eine Methode zu wählen und so ein Verfahren auf den Weg zu bringen. Das Austausch
blatt, das Ihnen vorliegt, die Neufassung, da geht es lediglich darum, dass wir noch einmal klarmachen, dass für die Landesstraßen von uns das Gleiche gefordert wird; das war in der Ursprungsfassung nicht ganz deutlich geworden.
Gestatten Sie mir eine Schlussbemerkung: Ich wäre geneigt, mich in der jetzt hoffentlich lebhaften Diskussion etwas kürzer zu fassen, wenn Sie sich der Ausschussüberweisung anschließen würden. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Frau Schubert. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer II des Antrags. Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Carius.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schubert, der Verkehr am Abend macht uns offensichtlich alle glücklich. So darf ich Ihnen jetzt gern einen - guter Verkehr auf guten Straßen, Herr Barth - Sofortbericht geben.
Was den Stand des Ausbaus des Straßen- und Schienennetzes angeht, ist Thüringen dank der Aufbauarbeit seit der Wiedervereinigung in weiten Teilen sehr gut aufgestellt. Thüringen hatte seit 1990 die höchsten Investitionen pro Kopf in das Straßen- und Schienennetz aller deutschen Länder. Die Ergebnisse, meine Damen und Herren, können sich sehen lassen. Nennen möchte ich die Verdoppelung der Autobahnkilometer, die neu entstandenen Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn, zahlreiche Ortsumgehungen und der in weiten Teilen gute und sichere Zustand unserer Straßen. Das macht Thüringen stark und interessant für Investoren, aber auch für unsere Bürger. Denn gute Erreichbarkeit bedeutet Lebensqualität und stärkt damit den gesamten ländlichen Raum.
Aus diesem Grund lasse ich es Ihnen auch nicht durchgehen, wenn Sie diese Erfolgsbilanz mit dem pauschalen Vorwurf der Fehlsteuerung von Investitionsmitteln diskreditieren wollen
- na, beleidigend war das ja wohl nicht -, diese Behauptung verdreht nämlich die Tatsachen. Die Infrastrukturpolitik der Landespolitik war und ist richtig und an nachvollziehbaren Kriterien ausgerichtet.
Jetzt komme ich zu den Prioritäten: Oberste Priorität hatten in den letzten 20 Jahren folgende Straßenbauprojekte: Die Realisierung der Verkehrspro
jekte Deutsche Einheit, das heißt der sechsstreifige Ausbau der A 4 und A 9 sowie der Neubau der Autobahnen 38, 71 und 73, die Umsetzung des EFREBundesprogramms, mit dessen Hilfe die Lücke der 71 und der 38 geschlossen werden soll, und die Zubringer der Bundes- und Landesstraßen zu den Autobahnprojekten, die in der Regel gemeinsam oder in zeitlicher Nähe dazu ausgeschrieben und so kostengünstig realisiert werden konnten. Mittlerweile entfalten die realisierten Großprojekte mit ihren Zubringern im Freistaat die erhoffte Wirkung. Dabei ging es nie nur um Leuchttürme oder Prestigeprojekte, sondern um die Anbindung und Erschließung aller Landesteile. Die Ergebnisse sind in allen Regionen auch zu spüren. Die Erreichbarkeit und die Zuverlässigkeit der Fernstraßen haben sich flächendeckend erheblich verbessert, Reise- und Lieferzeiten von Unternehmen und Bürgern haben sich deutlich verkürzt. Thüringen ist aufgrund seiner konsequenten Investitionspolitik eine Topadresse in der Logistikbranche.
Die noch realisierten wichtigen Zubringer, ich denke hier an die B 7 neu Altenburg - Frohburg und die B 90 neu bleiben deshalb von höchster Priorität. Insgesamt steht der Freistaat mit 64 Prozent Realisierung des vordringlichen Bedarfs an der Spitze aller Länder, weit vor Sachsen und auch vor Bayern.
Hierzu haben nicht zuletzt auch die Konjunkturpakete des Bundes aus dem Jahre 2009 beigetragen, in deren Rahmen allein sieben Neubauvorhaben begonnen werden konnten. Die Vorhaben Waldfisch - Gumpelstadt an der B 19, Worbis - Wintzingerode an der B 247 sind bereits unter Verkehr. Die Ortsumgehung B 88 Ilmenau - Langewiesen, B 93 Gößnitz und B 243 Kleinwechsungen werden noch in diesem Jahr, Niederschmalkalden und Fambach an der B 19 spätestens im Jahr 2014.
Es steht außer Frage, dass eine ganze Reihe dringlicher Ortsumgehungen im Zuge vorhandener Bundesstraßen aufgrund dieser Schwerpunktsetzung bisher zurückstehen mussten, nicht jedoch die Planung der Vorhaben. Die Planung der bisher noch nicht realisierten Verkehrsprojekte des vordringlichen Bedarfs erfolgt gleichrangig und nach Maßgabe des Haushalts, allerdings bewegt sich die Straßenbauverwaltung bei der Planung eines Straßenbauprojekts nicht im luftleeren Raum, sondern in einem vorgegebenen Rechtsrahmen, der eine stufenweise Abstimmung, Zustimmung und Genehmigung in förmlichen Verfahren vorsieht. Auf den Verlauf und die Zeitdauer dieser Verfahren hat das Land kaum Einfluss. Die Planungszeiten bis zum Baurecht sind daher auch höchst unterschiedlich. Die Gründe dafür sind in der Auseinandersetzung über Beeinträchtigungen von Schutzgebieten, Fragen
Ich möchte nicht falsch verstanden werden, diese Anliegen sind keine Planungshindernisse, aber eine gründliche und bestandssichere Planung kostet am Ende eben Zeit und auch Geld. Inzwischen liegen mir für folgende Neubauvorhaben bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse vor: Das sind die B 62 Ortsumgehung Leimbach - Kaiseroda, die B 88 Ortsumgehung Rothenstein, B 88 Ortsumgehung Zeutsch, die B 90 Traßdorf bis Nahwinden, die B 243 Ortsumgehung Mackenrode, an der B 247 Kallmerode und die Ortsumgehungen Mühlhausen und Höngeda.
Bei folgenden Vorhaben erwarten wir alsbald bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse: Das sind die B 247 Ortsumgehung Großengottern Schönstedt, hier wird der Planfeststellungsbeschluss beklagt. Das ist die B 19 Ortsumgehung Witzelroda, hier läuft das Planfeststellungsverfahren. Die B 90 Ortsumgehung Gefell, Planfeststellungsverfahren läuft momentan. Die B 62 Werraquerung, hier führen wir das Planfeststellungsverfahren von 2013 fort und was die Umsetzungen dieser Maßnahmen angeht, so mussten wir uns seit dem Jahr 2011 auf eine neue Situation einstellen. Unter dem Druck immer enger werdender finanzieller Spielräume änderte der Bund seine Investitionsstrategie und senkte den Ansatz für den Neubau zugunsten der Erhaltung der Bundesfernstraßen deutlich ab. Die Folge war, dass erstmals seit der ersten gemeinsamen Bedarfsplanaufstellung im Jahr 1993 planfestgestellte Vorhaben im Freistaat nicht begonnen werden konnten und dies wird, so meine Prognose, auch mindestens bis zum Jahr 2015 so bleiben. Insofern ist es mehr als verständlich, dass der Ruf nach einer Priorisierung immer lauter wird. Hierzu gehört
dann aber zwingend auch der Ruf nach einer deutlichen Anhebung der Investitionslinien, denn eine Priorisierung ohne Geld hilft Ihnen am Ende auch keinen Schritt weiter.
Anderenfalls bleiben solche Prioritätenlisten eben reine Wunschzettel und die Schere zwischen Planung und Realisierung geht noch stärker auseinander. Dies war ein Grund dafür, warum ich mich im Rahmen der Verkehrsministerkonferenz für die Einsetzung einer Bund-Länder-Kommission zur Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung eingesetzt habe; hier erwarten wir bis Ende des Jahres einen Abschlussbericht.
Was den Bund angeht, so hat dieser mit der Vorlage des Investitionsrahmenplans eine Priorisierung innerhalb des vordringlichen Bedarfs vorgenommen. Für alle im Abschnitt D des Investitionsrah
menplans 2011 bis 2015 aufgeführten Vorhaben soll die Planung weiter vorangetrieben und bis zum Baurecht geführt werden. Vorhaben, die hierin nicht enthalten sind, dürften aus heutiger Sicht erst nach 2025 eine Chance bekommen. Mein Haus wird eine weitergehende Priorisierung von baurechtlich gesicherten Vorhaben des Investitionsrahmenplans unabhängig vom Nutzen-Kosten-Verhältnis vornehmen, wenn klar ist, mit welchem jährlichen Finanzvolumen mittelfristig ab 2015 zu rechnen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bund angekündigt hat, alle Vorhaben des künftigen Bedarfsplans, die noch nicht begonnen wurden, das heißt auch bereits planfestgestellte Vorhaben, erneut zu überprüfen.
Eine Dringlichkeitsreihung, die bisher entbehrlich war, weil jedes planfestgestellte Vorhaben des vordringlichen Bedarfs begonnen werden konnte, bedarf daher künftig der Bewertung nach neuer Bewertungsmethode auf Basis der aktualisierten Verkehrsprognose für 2030. Ich gehe davon aus, dass im Jahr 2013 die Prognose 2030 ebenso wie die Projektanmeldungen vorliegen werden und zumindest alle baurechtlich gesicherten Vorhaben auf dieser Grundlage einer frühzeitigen Bewertung unterzogen werden können. Das Ergebnis und die sich daraus ergebende Dringlichkeitsreihung bleiben abzuwarten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dringliche Projekte dann keine Berücksichtigung finden werden.
Im Landesstraßenbau werden Neubauvorhaben ausschließlich im Rahmen von EFRE realisiert und sind auf die Verbesserung des Zugangs zum TEN Netz ausgerichtet. Der Freistaat trägt damit der Zusätzlichkeitsforderung der EU-Strukturfondsförderung Rechnung. In der Förderperiode 2007 bis 2013 sollen noch folgende Zubringer realisiert werden: Das sind an der L 1027 die Ortsumgehung Sundhausen, an der L 1093 die Ortsumgehung Birkenhügel, an der L 1074 der Westzubringer Heiligenstadt, an der L 1082 neu
die neben dem Ganzen bituminierten Feldwegen, an der L 1082 neu die Querspange Gera-Liebschwitz und an der L 1014 die Ortsumgehung Haynrode. Für folgende weitere Vorhaben streben wir eine Lösung im Landeshaushalt bzw. im Operationellen Programm EFRE 2014 bis 2020 an. Das sind die L 1172 Ortsumgehung Schönfeld-Ringleben, das ist der Zubringer zur A 71. Das sind die L 1027 Ortsumgehung Wahlwinkel sowie die L 2668 Ortsumgehung Queienfeld. Mit Blick auf die Fortschritte bei der Umsetzung der Neu-, Um- und Ausbauvorhaben, bereits vorgenommene und sich abzeichnende Umstufungen der Baulast, sich ändernde sozioökonomische Bedingungen und das Auslaufen der EU-Förderprogramme im Jahr 2013 ergibt sich ein Entscheidungsbedarf hinsichtlich der
weiteren Prioritätensetzung für Vorhaben ab dem Jahre 2015. Hier kommen wir gegenwärtig dem Auftrag aus dem Koalitionsvertrag nach, einen Landesstraßenbedarfsplan zu erstellen. Nach derzeitigem Stand gehe ich davon aus, dass die Arbeiten Ende 2013 dazu abgeschlossen sein werden. Vielen Dank.