Nun ergibt sich die Frage, ob und wofür wir die Ministeranklage in Thüringen brauchen. In Thüringen gibt es auch heute schon verschiedene Möglichkeiten, durch Verfahren Druck auf die Ministerpräsidentin und auf unsere obersten Landesorgane auszuüben. Es gibt die Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses, die Möglichkeit des Organstreitverfahrens - da klingelt ein Telefon - und auch die Möglichkeit, der Ministerpräsidentin das Misstrauen auszusprechen.
Was in der Thüringer Verfassung aber fehlt und in anderen Landesverfassungen trotz einer Ministeranklage vorgesehen ist, ist, dass der Landtag nicht nur der Ministerpräsidentin, sondern einzelnen Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann, so wie das beispielsweise Artikel 99 der Verfassung von Rheinland-Pfalz regelt. In Thüringen gibt es eine derartige Regelung nicht. Die Thüringer Landesverfassung verwehrt dem Landtag, einzelnen Ministern das Amt abzuerkennen zugunsten einer handlungsfähigen Regierung. Trotz allem ist es aber nun mal so, dass das Parlament die Regierung kontrolliert. Wie das Verhältnis zwischen Regierung und Parlament von manchen Ministern gedeutet wird, wird ersichtlich, wenn man hin und wieder die Anwesenheit der Minister beim Plenum betrachtet.
Meine Damen und Herren, ich meine, es ist schon teilweise sehr respektlos, wie hier mit dem Parlament umgegangen wird.
Deswegen, meine Damen und Herren, hat eine Ministeranklage in Thüringen durchaus ihre Berechtigung, um das Verhältnis zwischen Regierung und Parlament zu verdeutlichen
und um es auch noch einmal klarzustellen. Und wir, meine Damen und Herren, werden deshalb diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mal schauen, ob ich unter meinen 6 Minuten bleiben kann zu dem Thema.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, auch heute überzeugt inhaltlich der Gesetzentwurf unsere Fraktion nicht. Es ist schade allerdings, dass die Regierungsmehrheit beim letzten Mal und auch heute sicherlich wieder eine Diskussion im Justizausschuss ablehnt. Mein Grund, warum ich das bedauerlich finde, ist allerdings kein inhaltlicher, sondern eher ein formeller oder - wenn Sie so wollen - ein öffentlicher. Ich würde eigentlich ungern wem auch immer die Möglichkeit geben zu sagen, wir haben nicht darüber reden wollen. Wir wollen darüber reden, wir als GRÜNE jedenfalls möchten darüber reden, auch wenn wir ihm nicht zustimmen. Das Parlament lebt von der Debatte und lebt auch davon, dass Fachdebatte geführt wird, und die wird nicht hier in diesem Haus geführt, sondern in den Fachausschüssen. Dass nicht zugestimmt wird, ist schade und gibt der LINKEN nur Möglichkeiten an einem Punkt, wo es nicht notwendig ist, darüber zu räsonieren, ob wir möglicherweise ein Demokratiedefizit haben oder nicht. Das haben wir nicht, in diesem Fall jedenfalls nicht. Das will ich jetzt mal kurz inhaltlich begründen.
Herr Korschewsky, es ist einfach nicht mehr zeitgemäß zu behaupten, die modernen Verfassungen von 1949 brauchten die Ministeranklage in drei oder vier Bundesländern, weil die Wirkung der öffentlichen Kontrolle nicht ausgereicht hat. Das war vor 70 Jahren. Genau deshalb, weil es die SpiegelAffäre gab und einige andere Skandale in Westdeutschland, ist die heutige Wirkung der öffentlichen Kontrolle eine andere als damals. Deshalb ist die Ministeranklage überflüssiger geworden, noch überflüssiger, als sie damals schon gewesen ist. Schon damals haben über die Hälfte der deutschen Bundesländer dieses Thema nicht genommen und ich finde es auch nicht redlich, die Anklage des Bundespräsidenten in Verbindung zu bringen mit einem Minister.
Entschuldigen Sie bitte, der Status eines Bundespräsidenten ist ein ganz anderer als der eines Ministers einer Landesregierung. Diese Debatte hätten wir alle im Ausschuss führen können. Leider, wie gesagt, möchte das ja unsere Mehrheit hier nicht. Eine Sache ist mir dabei auch sehr unangenehm. Eigentlich möchten wir Rechtsvereinfachung, und etwas in ein Gesetz zu schreiben, was in den letzten 70 Jahren niemals gebraucht wurde, nur weil man der theoretischen Möglichkeit anheim denkt, es könnte hier mal so weit kommen, dass, wenn wir hier einen Minister ansehen und sagen,
wir halten ihn für nicht mehr vertrauenswürdig und müssten ihn politisch in die Wüste schicken, um mal bei einem Beispiel zu bleiben, dass man deshalb eine strafrechtliche Möglichkeit braucht, die zwar noch nirgendwo in Deutschland geklappt hat, aber hier dann hoffentlich klappen wird, das ist nicht Rechtsvereinfachung und das widerspricht meiner Vorstellung von bürgerfreundlicher Verwaltung und von Demokratie. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf heute ab,
Danke schön. Ich sehe keine Wortmeldung der Abgeordneten, auch keine Wortmeldung der Landesregierung. Dann schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung zur beantragten Überweisung an den Justiz- und Verfassungsausschuss. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist die Zustimmung bei den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Wer ist dagegen? Das sind die Gegenstimmen bei der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Es gibt keine Enthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache zur dritten Beratung des Fünften Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in der Drucksache 5/4533 und zur zweiten Beratung des Gesetzes in der Drucksache 5/4534. Hier ist die Redezeit 1 Stunde und 39 Minuten und 20 Sekunden. Gibt es Wortmeldungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Seitens der Regierung? Ebenfalls nicht. Dann schließe ich die gemeinsame Beratung der Drucksachen 5/4533 und 5/4534.
Wir kommen zur Abstimmung zu den Gesetzentwürfen. Wir stimmen als Erstes ab über den Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in der Drucksache 5/4533. Abgestimmt wird direkt über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4533 in dritter Beratung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen.
Es ist zu viel Unruhe. Wir sind in der Abstimmung, meine Damen und Herren. Das ist Zustimmung bei den Fraktionen DIE LINKE und FDP. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und CDU. Wer enthält sich?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4534. Abgestimmt wird direkt über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4534 in zweiter Beratung. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Die Zustimmung bei der FDP und der Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich? Es enthält sich niemand der Stimme. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
GEMA-Tarifreform mit Augenmaß gestalten! Sinnvollen Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Vereinen sowie ehrenamtlich Tätigen und Kulturschaffenden ermöglichen Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/4691 - Neufassung
Dann kommen wir zur Aussprache. Als Erster hat das Wort Abgeordneter Manfred Scherer von der CDU-Fraktion.
(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Können Sie mal kurz auf die Monarchie ein- gehen, bitte.)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen des Thüringer Landtags haben einen gemeinsamen Antrag eingebracht, der sich mit der für den 01.01.2013 geplanten Tarifreform der GEMA befasst. Wir haben insbesondere deshalb einen gemeinsamen Antrag gestellt, um unserem einheitlichen Anliegen auch den entsprechenden Nachdruck zu verleihen. Unser Anliegen, das ist als Grundsatz in der Überschrift des Antrags festgehalten, wir wollen eine Tarifreform mit Augenmaß, die einen gerechten Interessenausgleich zwischen denjenigen, die in der Musikszene als Komponisten, Textdichter oder Musikverleger tätig sind, und
das sind immerhin rund 65.000, die die Verwertung ihrer Urheberrechte der GEMA anvertraut haben, und denjenigen, die deren urheberrechtlich geschützte Werke nutzen, sei es als Diskothek, für Vereinsveranstaltungen oder sonstige Musikveranstaltungen bis hin zu den Fanfarenzügen, die den Festumzug zum Thüringentag begleiten. Die GEMA - ich will mal sagen, was das heißt, die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, schon der Titel hört sich etwas älter an -, soll diesen Interessenausgleich durch eine entsprechende Gebührenerhebung herbeiführen. Ich will nicht darüber resonieren, inwieweit die erhobenen Gebühren bei den Berechtigten mit einem gerechten Verteilungsschlüssel überhaupt ankommen. Auch insoweit gibt es zu Recht große Vorbehalte, wenn weniger als 6 Prozent der GEMA-Mitglieder mehr als 70 Prozent aller Einnahmen kassieren.
Ich will auch nicht auf die Frage eingehen, dass die GEMA neue Speicher- oder Vertriebsformen bisher nicht eingebunden hat und offenbar mit ihrer Tarifreform auch nicht ordentlich einzubinden gedenkt. Ich will auf die Seite der Gebührenerhebung eingehen, weil die hier geplante Tarifreform offenbar Auswirkungen hat, die nicht hinnehmbar sind und die ganz offensichtlich kein gerechter Interessenausgleich sein können.
Ja, okay. Danke schön. Denn die geplanten Gebührenerhöhungen sind im Zusammenwirkung mit einer Vereinfachung der Tarifstruktur und dem Wegfall von Ausnahmen so exorbitant, dass es sich geradezu aufdrängt. Dadurch werden kulturelle Einrichtungen, und dazu zählen auch Clubs und Diskotheken, aber auch Vereine und traditionelle Festveranstaltungen in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht. Die GEMA vergisst hier das Prinzip, die Kuh, die man melken will, soll man nicht schlachten. Gerade das Freizeitangebot und die kulturellen Angebote für Jugendliche werden dadurch massiv beeinträchtigt.
Die DEHOGA auf Bundesebene hat hierzu konkrete Berechnungsbeispiele vorgelegt, nach denen die Gebührenerhöhungen für Diskotheken durchschnittlich bei 400 bis 600 Prozent liegen, für Musikkneipen kommt es zu Verteuerungen von 1.000 bis 3.500 Prozent und selbst für Veranstaltungen, bei denen der Eintritt frei ist, kommt es immer noch zu viel zu hohen Tarifen. Ein Beispiel von der DEHOGA: Bei einem Veranstaltungsraum von 130 m² - und das ist nicht viel, das sind gerade mal 10 x 13 Meter, um es zu verdeutlichen -, wenn dort Live-Musik gespielt wird von abends um 8.00 Uhr bis nachts um halb zwei - das ist ein üblicher Zeitraum -, dann ist das jetzt eine Gebührenerhöhung von 230 Prozent und das ist einfach für die Veran
Die DEHOGA stellt dazu fest - und da zitiere ich jetzt aus einem Pressebericht der DEHOGA -: „Unter dem Vorwand, alles einfacher und gerechter zu gestalten, will die GEMA offensichtlich ihre monopolistische und marktbeherrschende Stellung missbrauchen, um auf willkürliche Art und Weise exorbitante und existenzgefährdende Tariferhöhungen im Markt durchzusetzen.“
Die FAZ vom 04.07.2012 schildert den Fall eines Musikclubs, der bisher im Jahr 8.000 € bezahlt hat und der nach der Neuregelung ab 01.01. nächsten Jahres nicht 8.000 €, sondern 90.000 € bezahlen muss. Die Süddeutsche Zeitung vom 28.06. tituliert: „Vom Künstleranwalt zum Raubritter“ und andere schreiben vom „selbstherrlichen Inkasso-Monster“.