und der Kollege Altmaier eines tun, sie ziehen am gleichen Strang, aber in unterschiedliche Richtungen, das ist das Hauptproblem in der energiepolitischen Diskussion.
Jetzt will ich zu den Fakten kommen. Die Fakten sind klar. Wir haben der Bundesregierung im Land, im Bundesrat an einer entscheidenden Stelle eine sehr klare Lektion erteilt. Ich bin schon ein bisschen länger in der Politik, aber dass bei einem nicht zustimmungspflichtigen Gesetz, der EEG-Novelle, eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat eine solche EEG-Novelle vonseiten der Bundesregierung ablehnt, das ist ein Novum, zeigt aber an der Stelle die Qualität der Gesetzesvorlage. Im Übrigen, Thüringen hat auch abgelehnt. Wir sind dann in den Vermittlungsausschuss gegangen, haben ein ordentliches Ergebnis erzielt, weil auch wir akzeptieren, Herr Kemmerich, dass natürlich Strom bezahlbar bleiben muss in den nächsten Jahren, wer wollte das denn bestreiten. Das ist wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sicherzustellen, das ist wichtig, damit Strom keine soziale Frage wird. All das ist richtig und unbestreitbar. Deswegen habe ich mich auch mit dafür eingesetzt, dass es zu der Deckelung der PV-Förderung bei 52 Gigawatt kommt, denn in der Tat, das EEG war vorgesehen als ein Programm zur Markteinführung. Wenn man da heute eine Durchsetzung zum Beispiel des Energiemarkts oder Strommarkts hat, wo wir bereits über 20 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien haben, dann ist der Anschub gelungen und wir müssen jetzt auch konsequent in den nächsten Jahren umbauen.
Die Frage ist, die man sich bei Ihnen immer stellt: Was meinen Sie eigentlich, meinen Sie eigentlich Umbau oder meinen Sie eigentlich Abbruch? Herr Lindner, der Fraktionsvorsitzende der FDP im Landtag in Nordrhein-Westfalen und auch andere in Ihrer Partei haben gefordert, ein EEG-Ausstiegsgesetz auf den Weg zu bringen. Dann müssen Sie es sagen, das steht in Ihrem Antrag nicht drin. Dann müssen Sie sagen, wir sind für ein EEG-Ausstiegsgesetz. Aber dann müssen Sie im Bundestag auch konsequenterweise gegen das stimmen, was aus dem Vermittlungsausschuss gekommen ist - dem haben Sie zugestimmt. Da passen bestimmte Dinge nicht zusammen. Da müssen Sie mal überlegen, was Sie eigentlich energiepolitisch wollen und wie das konsistent zusammenpasst. Mir geht es um eines, das will ich sehr deutlich sagen: Wenn wir über das Thema EEG reden, reden wir immer über zwei Dinge, natürlich reden wir über das Thema Erzeugung, aber wir reden auch über das Thema Industriepolitik. Ich will Sie mal an eine Kleinigkeit erinnern. Allein in Thüringen sind 14.000 Menschen im Bereich der Erneuerbaren-Energie-Branche beschäftigt. Man stelle sich vor, wir würden morgen ein Ausstiegskonzept aus dem EEG machen. Das hätte zur Konsequenz, dass 14.000 Arbeitsplätze in
Thüringen wegfallen würden. Ich weiß nicht, wer das verantworten will. Ich verantworte das nicht, um das klar zu sagen.
Deswegen bin ich in der Tat dafür, dass wir uns den Realitäten stellen. Ich will auch sagen, was das für mich heißt: Wir werden in den nächsten Jahren im Bereich des Energiemarkts über ein neues Marktdesign zu reden haben - ein Markdesign, das zwei Dinge miteinander verbindet, einen intelligenten Ausbau der erneuerbaren Energien möglichst ohne weitere Förderung und einen Zubau auch im Bereich von fossilen Energieträgern, etwa im Bereich von Gaskraftwerken. Dazu brauchen wir andere Marktimpulse. Das gestehe ich ausdrücklich zu. Das werden wir dann auch ab 2014 in der Bundesregierung tun. Wir brauchen dort Klarheit, damit Investitionssicherheit für beide Bereiche, für die erneuerbaren Energien und für fossile Kraftwerke, die wir als Grundlastkraftwerke brauchen; das muss sichergestellt sein.
Ein letzter Satz: Woran ich mich nicht beteilige, dass der Eindruck erweckt wird, die Strompreissteigerungen der letzten Jahre seien über das EEG verursacht worden.
Das hat mit der Realität nichts zu tun. Ich will Ihnen mal die Zahlen sagen. Ein Haushalt zahlt heute 26,4 Cent pro Kilowattstunde. Davon sind 3,6 Cent heute Anteil aus der EEG-Umlage, der Rest sind ganz andere Kosten. Das sind Steuern, das ist die Konzessionsabgabe, das sind Erzeugerpreise und Ähnliches. Das heißt, wenn der Eindruck erweckt wird, das EEG sei verantwortlich für die Strompreisentwicklung, dann ist das nicht wahr. Gestern war im Übrigen der Chef der EEX aus Leipzig bei mir, also der Strombörse. Ich habe den mal gebeten, mir zu sagen, welche Wirkung denn eigentlich das EEG auf die Strompreise hat. Die Antwort war, das EEG habe preisdämpfende Wirkung. Dann habe ich ihn gefragt, wenn es denn preisdämpfende Wirkung hat, warum es nicht weitergegeben wird. Die Antwort war sehr einfach, weil wir nach wie vor ein Oligopol haben im Deutschen Energiemarkt,
das dazu führt, dass bestimmte Preisentwicklungen an den Verbraucher nicht weitergegeben werden. Das müssen wir tun, weil das die Voraussetzung dafür ist, dass wir das magische Dreieck der Energieversorgung auch in den nächsten Jahren im Auge behalten. Das besteht daraus, dass es Versorgungssicherheit, dass es bezahlbare Preise gibt und dass wir das Thema Klimawandel im Auge haben.
Ich bin an einer intensiven Diskussion sehr interessiert. Ich sage auch, das ist eine Aufgabe von uns
allen, weil das kaum vermittelbar wäre, wenn wir beim Thema Energiewende nicht vorankommen oder beim Thema Energiewende scheitern. Da wird auch nicht mehr zwischen unterschiedlichen Parteien differenziert, dann hat insgesamt die politische Klasse in Deutschland versagt. Ich möchte gern, dass die Energiewende ein Erfolg wird, dass die Energiewende ein Modell wird auch für andere Länder in der Welt, denen wir zeigen, wie man durch einen intelligenten Umbau ohne Kernenergie mit hoher Energieeffizienz bei einer Reduzierung der CO2-Emission und einen hohen Anteil von erneuerbarer Energie ein wettbewerbsfähiger Industriestandort bleiben kann mit bezahlbaren Preisen. Ich halte das für eine große Aufgabe, im Übrigen auch für eine große Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland, weil ein solches Umbauprojekt zu einem führen wird: Wir werden in hohem Maße technologische Innovation in den nächsten Jahren auf den Markt bekommen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir ein intelligentes System der Energieversorgung und Energieproduktion in Deutschland auf den Weg bringen können. Ich verspreche der FDP eines, ich werde mich weiter intensiv an dieser Diskussion beteiligen, werde mich weiterhin auch für das Land einsetzen, die Landesregierung insgesamt, weil wir dieses zu einem Erfolgsprojekt machen wollen. Ich bitte Sie auch, Ihren Beitrag dazu zu leisten. Ein Beitrag wäre zum Beispiel, einmal mit dem Bundeswirtschaftsminister ein ernstes Wort zu reden, damit er endlich Vorschläge auf den Tisch bringt, die uns voranbringen und die nicht dazu führen, dass wir nach hinten schauen, und die vor allen Dingen nicht dazu führen, dass wir eine industriepolitische Leitbranchedie Erneuerbaren sind eine industriepolitische Leitbranche - in den nächsten Jahren gefährden. Das macht wenig Sinn. Dazu lade ich Sie herzlich ein. Herzlichen Dank und Glück auf.
Vielen Dank, Herr Minister Machnig. Es liegt mir jetzt kein weiterer Redebeitrag vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Es ist beantragt worden, diesen Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion der FDP. Gibt es Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Damit ist die Überweisung abgelehnt.
Wir stimmen jetzt ab über den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/4653. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion der FDP. Gibt es Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 22.
Zeitgeschichtliche Kenntnisse Thüringer Jugendlicher Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/4666
Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Sehr verehrte Damen und Herren, am Ende des Monats Juni wurde eine Studie veröffentlicht, und zwar die Studie „Später Sieg der Diktaturen? - Zeitgeschichtliche Kenntnisse und Urteile von Jugendlichen“. Diese Studie kommt vom Forschungsverbund SED-Staat, und zwar der Freien Universität Berlin.
An dieser Studie nahmen 4.627 Jugendliche der Abschlussklassen und in einer Längsschnittuntersuchung 785 Schüler unter anderem auch aus Thüringen teil. Zusätzlich wurden in vier Berliner Gedenkstätten 60 Schulklassen der gleichen Jahrgangsstufe unabhängig von deren Herkunft befragt. Die Ergebnisse sind mitunter besorgniserregend, wenn man sich die Studie ansieht. Das ist auch in der Presse zu lesen. Wir haben diesen Antrag deshalb gestellt, weil wir denken, dass wir das hinterfragen müssen, warum Jugendliche heute, 20 Jahre nach der politischen Wende, immer noch nicht völlig ausreichend unterrichtet sind bzw. ein nicht ausreichendes Wissen über die Geschichte haben.
Es geht uns ausdrücklich auch hier nicht darum zu sagen, dass in Thüringen zu wenig gemacht worden ist in den letzten Jahren. Das sieht man unter anderem auch an der Antwort auf die Kleine Anfrage, die Frau Kollegin Meißner im Jahr 2008 zu diesem Thema gestellt hat, damals aus Anlass einer Umfrage zur DDR an Berliner Schulen. Aber wir müssen auch konstatieren, dass es tatsächlich so ist, dass noch nicht genügend Wissen über die Geschichte unseres Landes vorhanden ist und dass auch mit bestimmten Geschichten aufgehört werden muss bzw. viele Dinge falsch zu interpretieren. Spätestens dann, wenn wir merken, dass der Demokratiebegriff nicht klar ist und auch bestimmte Gesellschaftsformen nicht richtig eingeordnet werden können bei unseren Jugendlichen - es ging hier um Jugendliche der Abschlussklassen -, dann sollten wir das doch mal debattieren und hinterfragen. Das ist die Ursache, warum wir diesen Antrag gestellt haben, also die Ergebnisse der Studie. Ich freue mich sehr, dass die Landesregierung ange
Vielen Dank für die Begründung, Frau Abgeordnete. Die Landesregierung hat angekündigt, dass sie einen Sofortbericht zu Nummer I erstattet. Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Matschie das Wort.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, was leistet der Unterricht in Geschichte, Sozialkunde oder Wirtschaft und Recht für die zeitgeschichtlichen Kenntnisse und die politische Urteilsbildung von Jugendlichen? Bei dieser Frage sind wir mitten in der Diskussion, die durch die Befragung, die Frau Hitzing eben noch einmal kurz erläutert hat, ausgelöst wurde.
Glaubt man den Wissenschaftlern, die für die Auswertung verantwortlich zeichnen, dann sind die Ergebnisse erschreckend bis schockierend, so ist das beschrieben worden, und wahrscheinlich war das auch der Anlass dafür, einen etwas reißerischen Titel zu wählen, nämlich „Später Sieg der Diktaturen?“. Das Projekt des Forschungsverbundes SEDStaat, das auch von Thüringen mitfinanziert worden ist, hieß etwas neutraler, nämlich „Kenntnisse, Bilder und Deutungen - das zeitgeschichtliche Bewusstsein Jugendlicher in Deutschland“. Wir haben hier Geld investiert, um uns in Sachen historischer und politischer Bildung sachlich informieren zu lassen. Aber um das auch klar herauszustellen, es ist ein wichtiges Verdienst des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin, hier auf ein Vermittlungsproblem aufmerksam zu machen. Dieses Problem ist erstens ziemlich vielschichtig ich komme darauf zurück - und es kommt zweitens auch aus der Mitte unserer Gesellschaft. Es ist ein Problem, für das nicht allein der Schulunterricht verantwortlich gemacht werden kann. Die Studie macht allerdings unmissverständlich klar, es gibt eine starke Verbindung zwischen fehlenden Geschichtskenntnissen und mangelnder Fähigkeit zur politischen Urteilsbildung.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Ergebnisse zeichnen dabei kein einheitliches Bild. Gefragt wurde nach dem Wissen über vier Systeme, nämlich Nationalsozialismus, alte Bundesrepublik, DDR und das vereinigte Deutschland. Was wir sehen können in der Studie: Am meisten wissen Schüler über den Nationalsozialsozialismus, am wenigsten über das vereinigte Deutschland. Die Kenntnisse über die alte Bundesrepublik und die DDR sind im Vergleich zu denen über den National
sozialismus ebenfalls deutlich geringer. Die Zusammenfassung der Studie bestätigt uns ausdrücklich den Zusammenhang von historischem Wissen und Systembewertung. Also mit anderen Worten: Ein hohes systemspezifisches Wissen hilft Jugendlichen, die Trennlinie zwischen Demokratie und Diktatur zu erkennen, wie die Autoren schreiben. Etwa 40 Prozent der Jugendlichen können nicht durchgängig zwischen charakteristischen Merkmalen und Dimensionen von demokratischen und diktatorischen Systemen unterscheiden.
Um auf die erste Frage einzugehen: Eine genaue Beurteilung des Geschichtswissens der Thüringer Schülerinnen und Schüler ist nur nach einer noch gründlicheren Auswertung der Studie möglich. Fest steht allerdings, vier Fünftel aller Befragten beziehen ihr Wissen über die deutsche Geschichte seit 1933 aus dem Schulunterricht. Daneben genutzte Quellen sind Kino, Internet, Bücher, Gespräche mit Eltern, Verwandten. Allerdings konnte nur ein Drittel der Schüler Wissensfragen auch richtig beantworten, z.B. „Was geschah am 17. Juni 1953?“ Bei Fragen zum Nationalsozialismus war die Quote höher, 61 Prozent konnten dort die Wissensfragen beantworten und offenbar spielen bei der Darstellung der NS-Zeit auch die Medien eine größere Rolle.
Wir setzen hier in Thüringen sehr stark auf die Vermittlung zeitgeschichtlicher Kenntnisse. Das zeigt sich insbesondere in den neuen Thüringer Lehrplänen in Geschichte, Sozialkunde für Regelschulen und Gymnasien. Die Inkraftsetzung ist mit Beginn des kommenden Schuljahres 2012/2013 vorgesehen. In beiden Fächern sind es Lehrpläne, die insbesondere gesellschaftswissenschaftliche und fachspezifische Kompetenzen ausweisen. Ausdrücklich thematisiert der Geschichtsunterricht die Gegenwärtigkeit von Geschichte im gesellschaftlichen und politischen Diskurs. Dabei wird am Beispiel von Gedenktagen, von Ausstellungen, öffentlichen Debatten, Kunst und Kultur eine reflektierte Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte geführt.
Zum zweiten Punkt: Auch der zeitliche Rahmen reicht aus, den Themenkreis „Deutsche Geschichte - deutsche Diktaturen - deutsche Demokratie“ angemessen zu bearbeiten. Für Geschichte sind in den Klassenstufen 7 bis 10 pro Doppeljahrgangsstufe drei Stunden vorgesehen. Außerdem stehen in den Fächern des gesellschaftswissenschaftlichen Bereichs, also in Geographie, Sozialkunde, Wirtschaft und Recht, aber auch Religionslehre und Ethik weitere Stunden für die schulinterne Planung bereit. Die können von den Schulen eigenverantwortlich genutzt werden auch für außerunterrichtliche Lernorte oder unterrichtsbegleitende Projekte. Besonders wichtig ist der fächerübergreifende Unterricht, zum Beispiel in Geschichte und Sozialkunde, Sozialkunde und Ethik, denn diese Brücken ermöglichen es, historische Kenntnisse und politi
sches Wissen zusammenzubringen. Nur wenn das gelingt, historische Kenntnisse und politisches Wissen zusammenzubringen, kann ein demokratisch bestimmtes Geschichtsbewusstsein gefördert werden. Der Geschichtslehrerverband verweist darauf, dass junge Menschen ihre Demokratiekompetenz aber auch anderswo erwerben, vor allem in schulischen Mitwirkungsgremien. Sie erfahren sich dort selbst als handelnde Subjekte in demokratischen Prozessen, die ihnen Teilhabe ermöglichen und sie zur Kompetenz- und Urteilsfindung befähigen.
Also nicht nur Lernstoff ist wichtig, auch die positiven Demokratieerfahrungen während der eigenen Schulzeit. Mit der Direktwahl der Schülersprecher, die wir in der neuen Schulordnung verbindlich geregelt haben, ist diese Partizipation noch ein wichtigeres Thema von Schulentwicklung geworden. So wird Schule auch zu einem Lern- und Erfahrungsfeld für Demokratie. In den Thüringer Schulen ist in den letzten Jahren eine ganze Menge auf diesem Weg erreicht worden, auch mit dem Bund-LänderProgramm „Demokratie lernen und leben“ und den KMK-Empfehlungen zur Stärkung der Demokratieerziehung. Unser Haus fördert darüber hinaus Projekte zur Stärkung des demokratischen Urteilsvermögens und zur Herausbildung toleranter Denkund Verhaltensweisen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Grunde ist jeder Pädagoge, jede Pädagogin, die Geschichte und Sozialkunde unterrichten, Demokratielehrer. Wer nach Studium und erworbener Lehrbefähigung vor Schülerinnen und Schülern steht, weiß um seine hohe Verantwortung. Wir haben das gestern auch noch mal diskutiert. Der Beutelsbacher Konsens ist dabei eine verlässliche Richtschnur. Die inhaltliche und fachdidaktische Qualität des Lehramtsstudiums in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern schafft Voraussetzungen für guten Unterricht. Dass dabei zeitgeschichtliche Inhalte einen wichtigen Stellenwert haben, versteht sich von selbst. Das spiegelt sich auch - und das können Sie nachverfolgen - in den zahlreichen Themen der zentralen schriftlichen Abschlussprüfungen wider. Was aber auch Thüringer Schulen noch stärker berücksichtigen müssen, Geschichtsbewusstsein ist nicht allein die Summe von Faktenwissen,
sondern es manifestiert sich in der komplexen Vermittlung der Vergangenheitsdeutung, Gegenwartserfahrung, aber auch Zukunftserwartung. Das bedarf neuer Lernformen auch unter Einbeziehung der Familienund der Alltagsgeschichte. Geschichtsunterricht, der primär zahlenorientiert ist, bringt wenig. Politische und historische Bildung darf nicht allein den Pädagoginnen und Pädagogen überlassen werden. In diesem Punkt - das muss man ein bisschen kritisch anmerken - ist die Studie
des Forschungsverbunds sehr schul- und lehrerzentriert. Geschichtswerkstätten, Workshops und Demokratieprojekte ersetzen nicht den geschichtsorientierten Diskurs zwischen den Generationen und zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen.
Auch Museums- und Gedenkstättenbesuche bringen wenig, wenn sie zur Routine geworden sind oder nicht gründlich vor- und nachbereitet werden. Darauf weist die Untersuchung uns übrigens ausdrücklich hin und kritisiert sogenanntes Gedenkstätten-Hopping als kontraproduktiv.
Die Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte ist ein wichtiger Eckpfeiler im Bildungsprogramm der Landeszentrale für politische Bildung. Dies betrifft die Veranstaltungsformate für Jugendliche ebenso wie die Publikationen. Ein sehr starkes Interesse gibt es bei Schülerinnen und Schülern für den Unterricht mit Zeitzeugen, gerade auch auf der Basis von regionalen Geschichtsquellen. Das wäre ein Punkt, wo man sicher noch stärker ansetzen kann.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die in der Studie von Prof. Dr. Schroeder festgestellten historischen Wissenslücken sind im Übrigen keine ganz neue Erkenntnis. Das zeigt auch ein Vergleich mit früheren Untersuchungen. Ähnliche Defizite wurden schon vor über 30 Jahren in der alten Bundesrepublik festgestellt. Mangelndes Fach- und Faktenwissen betrifft - das muss man vielleicht an der Stelle noch mal dazusagen - auch nicht nur das Fach Geschichte. Auch in anderen Fächern kann man natürlich mit Befragungen solche Wissenslücken nachweisen.