Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst mal darf ich mich bei den Abgeordneten, die sich in fünf Monaten Diskussion im Ausschuss hinreichend gut beteiligt haben an diesem Gesetz, ganz herzlich bedanken für die sehr gute und umfängliche Beratung dieses Gesetzes. Ich weiß, dass die Anhörung an sich ja schon außerordentlich groß und umfangreich war, und ich
sehe hier, dass sehr gründlich gearbeitet wurde, und kann gar nicht verstehen, wie Einzelne das jetzt so infrage stellen wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben so ein Stück weit hier verkehrte Welt. Während wir sonst bei allen politischen Themen von Relevanz auf der linken Seite dieses Hohen Hauses die Forderung haben, wir sollen die Bürger sofort und umfänglich in größter Art und Weise entlasten
ohne Rücksicht auf Kosten, Rechtslage und technische Möglichkeiten, und wir dies heute tun mit dem vorliegenden Gesetz und tun wollen, ist es heute eine ganz andere Diskussionslage.
Dann kommt dieselbe Fraktion, die sonst von der Entlastung der Bürger redet und überzeugt davon ist, dass wir hier alles tun sollten, und trägt wirklich Kleinst- und Kleinigkeiten als Bedenken vor. Meine Damen und Herren, ich bin darüber etwas verwundert, sagen wir es mal so. Wobei ich an dieser Stelle, das will ich auch sagen, es ist das demokratische Spiel, natürlich den Ingenieurverbänden …
Es ist die demokratische Sitte, dass der eine womöglich mal die Position eines anderen vertritt, ich freue mich ja, dass diesmal
das freie Spiel der Kräfte, vielen Dank, Herr Ramelow, für die Unterstützung. Ich bin über diese Frage etwas verwundert, wobei ich an dieser Stelle schon sagen möchte, ich bedanke mich ausdrücklich bei den Ingenieurverbänden auch für die vorgebrachten Bedenken. Ich will sie nicht nur in die Ecke stellen von reinen Lobbyinteressen, die jetzt an den Aufträgen interessiert sind, sondern selbstverständlich haben die Ingenieure ein Interesse, egal aus welcher speziellen Berufsgruppe sie sind, dass sie sagen, wir wollen natürlich das technisch Mögliche letztlich ausreizen, um hier eine hohe Qualität zu liefern.
Jetzt sind wir aber hier an einem Punkt angelangt, dass der technische Wandel letztlich dazu führt, dass wir hier sehen, es gibt offensichtlich andere Verfahren, die letztlich dem, was wir an öffentlichem Nutzen hier herausziehen wollen, besser Rechnung tragen, als wenn wir an alten Verfahren festhalten, die zwar ein hohes Maß an Qualität, an technischer Genauigkeit ermöglichen, aber gar nicht so erforderlich sind. Dieser technische Wandel, dass wir mit Geoproxy, mit Überfliegung ein hohes Maß an Genauigkeit bei der Erfassung von Ge
bäuden im Liegenschaftskataster gewährleisten können, führt dazu, dass wir überlegt haben, macht es denn dann Sinn, die Bürger zu belasten. Da will ich wirklich um Verständnis und auch um die Mehrheiten in diesem Haus werben. Dann macht es Sinn, wir müssen nicht überall technische Maßstäbe einhalten, soweit es eben geht, soweit sie möglich sind, sondern nur, soweit sie nötig sind. Und nötig, meine Damen und Herren, ist das Liegenschaftskataster mit der hohen Genauigkeit einer amtlichen Einmessung tatsächlich eher nur im Streitfall und notwendig ist die Erfassung im Liegenschaftskataster nur in dem Maße, wie wir sie auch haben, wie wir sie jetzt mit der Luftbilderfassung durchführen wollen.
Wir haben viele Argumente gehört. Da wurde mitunter etwas polemisch argumentiert, dass die Situation in Griechenland letztlich herbeigeführt worden wäre, weil die gar kein Liegenschaftskataster in der Form hätten. Das mag schon sein, meine Damen und Herren, ich will griechische Entwicklungen hier gar nicht in Abrede stellen, aber Tatsache ist doch: Wir haben die Gebäudeeinmessungspflicht in Thüringen 20 Jahre lang - ich glaube sogar im Einvernehmen aller Fraktionen - nicht amtlich durchgesetzt. Tatsächlich hat es dennoch eine gute Entwicklung in diesem Land gegeben. Das heißt, das Maß an Genauigkeit, das wir hier mit der Luftbilderfassung vorhalten, ist völlig ausreichend für das, was letztlich der öffentliche Zweck hier bringt. Das ist, glaube ich, auch der Hauptpunkt, meine Damen und Herren.
Wofür brauchen wir denn ein Liegenschaftskataster, vor allen Dingen mit der Erfassung der Gebäude? Das ist vor allem für die Bauleitplanung wichtig, für die Einsatzleitsysteme der Polizei, von Feuerwehr, Rettungsdiensten, für die künftige Grundsteuererhebung und dort reicht die Genauigkeit aus. Ich glaube, das ist eigentlich hinlänglich klar geworden und ich darf an dieser Stelle sehr dafür werben, dass wir hier diesem Paradigmenwechsel letztlich auch Rechnung tragen.
Vieles ist in der Diskussion schon gesagt worden von Frau Doht, von Frau Tasch, auch von dem Kollegen Untermann, genau, ich war jetzt schon bei der FDP, so ist das manchmal. Ich darf mich an dieser Stelle herzlich bedanken. Wir entlasten mit diesem Gesetz letztlich finanziell alle Bürgerinnen und Bürger, die ein neues Gebäude bauen. Wir entlasten die Wirtschaft, wir entlasten die Kommunen. Darüber hinaus leisten wir mit diesem Gesetz einen echten Beitrag zum Bürokratieabbau. Der Gebäudebestand wird auch zukünftig vollständig hinreichend aktuell und ausreichend genau im Liegenschaftskataster dargestellt werden. Herr Untermann, selbstverständlich kann man der Auffassung sein, dass alle anderthalb Jahre eine Überfliegung noch wünschenswerter wäre. Allein, wenn Sie mir einen Vorschlag machen, wie wir es finanzieren,
ohne an anderer Stelle einzusparen, bin ich auch gern bereit, darüber zu diskutieren. Es wird sicher nicht ganz einfach. Ich will vielleicht noch sagen, was auch wichtig ist. Letztlich bleibt die Möglichkeit der örtlichen Einmessung bestehen. Insofern, meine Damen und Herren, darf ich sehr um Unterstützung für dieses Gesetz werben.
Jetzt will ich an einer Stelle noch einmal aufräumen mit einer offensichtlichen Mär vom Maulkorb. Meine Damen und Herren, wenn die Mitarbeiter meines Hauses und der nachgeordneten Behörden an einem Gesetz mitarbeiten, dieses Gesetz erarbeiten und wir dieses Gesetz dann letztlich auch vorlegen, dann muss ich um Verständnis bitten, dann habe ich überhaupt kein Verständnis, wenn ein und derselbe Mitarbeiter sein Ehrenamt dann - mit einer dienstlichen Telefonnummer versehen - nutzt, um darauf aufmerksam zu machen, dass das, was er und seine Kollegen im Hause erarbeitet haben, hier nicht in Ordnung ist. Das ist ein Stück aus dem Tollhaus und da muss ich um Verständnis bitten: Wir sind hier in diesem Haus nicht in einer Krabbelgruppe und wir sind auch in einem Ministerium nicht in einer Krabbelgruppe,
sondern tatsächlich muss man die Dinge, die man erarbeitet, auch da durchhalten. Da handelt es sich nicht um einen Maulkorb, wenn ich diesem Mitarbeiter dann letztlich meine Missbilligung ausspreche, weil ich schon finde, dass jeder Mitarbeiter verantwortungsvoll mit Ehrenämtern und seinem Hauptamt umgehen muss und er sollte auch die Dinge zu trennen wissen. Wenn er es nicht versteht, dann gehört aus meiner Sicht diese Auffassung missbilligt. Da bitte ich einfach um Verständnis, da handelt es sich nicht um einen Maulkorb, sondern letztlich um eine entscheidende Funktionsbedingung dafür, dass unsere öffentliche Verwaltung in Thüringen ordentlich arbeitet. Ich werde auch in Zukunft so verfahren und da kann sich jeder Mitarbeiter darauf einstellen. Ich glaube, dass dieses Gesetz gut geeignet ist, letztlich den Bedürfnissen unserer Bürger an einem hochmodernen Liegenschaftskataster auf der einen Seite und auf der anderen Seite auf Entlastung ihres Geldbeutels hinzuwirken. Ich bitte um Zustimmung. Vielen herzlichen Dank.
Herr Minister Carius, Sie haben gerade zu dem Vorfall Stellung genommen und sich gerechtfertigt. Habe ich Sie richtig verstanden, dass dieser Mitarbeiter - das haben Sie nach meinem Verständnis gesagt - offensichtlich auch Kritik an dem Gesetzentwurf hat?
Ich habe Stellung genommen zu dem Vorwurf des Maulkorbs, weil ich ihn in der Sache für völlig ungerechtfertigt halte. Jeder Mensch kann seine Meinung sagen. Ich hätte mir gewünscht, dass diese Meinung dann auch bei der fachlichen Erarbeitung mitgeteilt wird. Hier ist aus meiner Sicht sogar in zwei Fällen von Mitarbeitern aus der öffentlichen Verwaltung der Eindruck erweckt worden, dass wir keine vernünftige Arbeitsweise hätten. Dem muss man, glaube ich, entgegentreten auch im Sinne einer fachlichen Bearbeitung eines guten Gesetzes.
Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Als Erstes wurde durch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entsprechend § 59 der Geschäftsordnung eine erneute Rücküberweisung an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr beantragt. Wer sich dieser erneuten Rücküberweisung anschließt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? Die Gegenstimmen kommen aus den Fraktionen SPD, CDU und FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Vielen Dank. Damit ist die Rücküberweisung abgelehnt.
Wir kommen jetzt direkt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 5/4033 in zweiter Beratung. Wer für den Gesetzentwurf stimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen SPD, CDU und FDP. Gibt es Gegenstimmen? Gibt es nicht. Gibt es Stimmenthaltungen? Diese kommen aus den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Somit ist der Gesetzentwurf angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben, wenn Sie
für den Gesetzentwurf sind. Vielen Dank. Gegenstimmen erheben sich bitte jetzt. Stimmenthaltungen tun es bitte jetzt. Vielen Dank. Damit ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung angenommen worden.
Drittes Gesetz zur Änderung des Thüringer Sparkassengesetzes Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4609 ERSTE BERATUNG
Mir ist bekannt, dass die Fraktion eine Einbringung wünscht. Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Lukin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte den Antrag der LINKEN zur Änderung des Thüringer Sparkassengesetzes kurz begründen. Sie können aber auch die Begründung nachvollziehen, wenn Sie sich die Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft Ihrer Bank anschauen bzw. am Ende des Monats auf Ihre Bankauszüge sehen. Während bei den Sparzinsen, beim Tagesgeld oder bei Kontoführungsgebühren das Motto „Geiz ist geil“ zu gelten scheint, endet diese Einstellung schlagartig bei den Kredit- und Überziehungszinsen Ihres Girokontos. Gerade zu unverständlich wird aber die überholte Zinspolitik der Banken und der Sparkassen an dieser Stelle, wenn man weiß, dass sich die Geldinstitute selbst Geld zu Niedrigzinsen bei der Europäischen Zentralbank oder untereinander leihen können. Bei ihren Privatkunden genehmigt sich die überwiegende Zahl der Banken und Sparkassen hohe Prozente meist im zweistelligen Bereich. Wir haben uns das mal für Thüringen angesehen; die Zahlen für Dispo- und Überziehungszinsen sind enorm. Da man ein Girokonto nicht ständig wechseln kann, nutzen die Geldinstitute diese Lage natürlich aus. Daran hat auch das im Jahr 2010 erlassene Gesetz zur Kopplung des Dispozinses an den Marktzins nichts geändert. Meine Damen und Herren, nach einer Untersuchung der Bundesbank nimmt jeder zehnte Bundesbürger einen Dispokredit in Anspruch. Laut Bundesbank betrug das Volumen der Überziehungskredite im Mai des oben genannten Jahres 41,6 Mrd. €. Der größte Teil davon waren Dispokredite. Man kann nur sagen, ein gutes Geschäft für die Banken, denn die Geldinstitute kassieren für jeden Prozentpunkt, um den sie den Zinssatz nicht senken, 416 Mio. € im Jahr. Wir reden also nicht über Kleinigkeiten. Auch das Bundesverbraucherschutzministerium wird hier mittlerweile mit einer Untersuchung der Dispozinsen aktiv
und will in den kommenden Monaten eine Studie dazu vorlegen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Lassen Sie uns also an dieser Stelle eine konkrete soziale Initiative ergreifen und eine Obergrenze für die Zinssätze bei Dispo- und Überziehungskrediten bei den Thüringer Sparkassen festsetzen. Denn gerade die Sparkassen haben eine ganz besondere gemeinwohlbezogene öffentliche Verantwortung, sowohl bei der Versorgung ihrer Kunden in der Region als auch bei der Förderung der Wirtschaft. Ich bin gespannt auf die Diskussion.
Vielen Dank, Frau Dr. Lukin. Ich eröffne jetzt die Aussprache. Das Wort hat Abgeordneter Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zum Dritten Gesetz zur Änderung des Thüringer Sparkassengesetzes ist von einer bemerkenswerten Kürze. Trotzdem steckt darin unserer Ansicht nach eine ganze Menge an Problemen. Wir haben uns zu dem Thema in der Fraktion kurz ausgetauscht und werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil wir glauben, dass grundsätzlich die Frage im Raum stehen muss, wie sich Marktpreise bilden. Herr Barth guckt schon ganz
interessiert. Das wäre auch meine Bemerkung dazu gewesen. Ich hatte gesagt, Sie schauen interessiert, das freut mich.
Hinter dem Antrag der LINKEN steht ausweislich Ihrer Begründung die Annahme, dass alle Menschen, die in Schwierigkeiten bei ihrer Bank geraten, das aus unverschuldeter Not heraus tun. Die Vorstellung, dass die Sparkassen beispielsweise ihren Dispositionszins für Dispositionskredite, sagen wir mal, um 3 oder 4 oder sogar 5 Prozent unter den derzeit marktüblichen Zinssätzen ansetzen, und das wäre jetzt ungefähr der Fall bei 0,75 Leitzins, 5 Prozent darüber sind 5,75, die aktuellen Zinsen liegen bei 10 irgendwas, 5 Prozent darunter. Ich vermute ganz stark, es würden Menschen zur Sparkasse gehen und ihr Konto aufmachen, die durchaus nicht nur aus unverschuldeter Not heraus in den Dispo rutschen.