Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert …“. Mit dem Haushaltsplan entscheidet der Landtag, wie viel Geld in welchem Haushaltstitel eingestellt wird und damit auch, wie viel Geld maximal ausgegeben wird. Wir haben schon oft gehört, dass es sich hier um eine Ausgabenermächtigung handelt und keine Verpflichtung. So weit ist das auch alles klar. Wenn eine Maßnahme kostengünstiger oder wirtschaftlicher durchgeführt werden kann, dann muss das Geld eben nicht vollständig ausgegeben werden. Allerdings wird das Königsrecht des Parlaments dann berührt, wenn vorgesehene und beschlossene Haushaltsmittel vom Finanzminister zurückgehalten werden und Projekte und Maßnahmen dadurch gefährdet werden.
Dies, meine Damen und Herren, dürfen wir nicht zulassen. Es kann auch nicht im Interesse der die Regierung tragenden Fraktionen sein, dass mehrheitlich im Landtag gefasste Beschlüsse kurz danach von einer einzelnen Person, auch wenn es Herr Minister Dr. Voß ist, wieder kassiert werden können.
Königsrecht beim Haushalt heißt nämlich nicht, dass der Finanzminister der König ist, sondern das Parlament.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit der von uns vorgeschlagenen Änderung der Landeshaushaltsordnung wird klargestellt, dass derjenige, der den Haushalt beschließt, auch bei notwendigen Veränderungen zu entscheiden hat - nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Wenn der Finanzminister Erkenntnisse hat, dass der Haushalt nicht wie geplant bewirtschaftet werden kann, also wenn etwa die Einnahmen schlecht laufen, dann unterbreitet er dem zuständigen König, dem Parlament, einen Vorschlag und streicht nicht eigenmächtig nach Gutdünken.
Das einzige Problem, das der Finanzminister dabei hat, ist, dass er eine Mehrheit von gewählten Abgeordneten von seinem Vorschlag überzeugen muss. Aber Demokratie macht eben Mühe, wir alle wissen das.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, namens meiner Fraktion bitte ich um Überweisung des Gesetzentwurfs an den Haushalts- und Finanzausschuss, auch dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN könnte ich zustimmen und werde das mit der Fraktion besprechen. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Frau Keller. Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. Jetzt hat das Wort der Herr Minister Dr. Voß.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der LINKEN beabsichtigt, die Rechte des Parlaments im Haushaltsvollzug dahin gehend zu stärken, dass die Entscheidungsgewalt über die Bildung von Bewirtschaftungsreserven eben nicht mehr dem Finanzminister zusteht, sondern dem Parlament übertragen wird. Begründet wird dieses insbesondere, dass die Bewirtschaftungsreserve - Sie hatten es gesagt, Frau Keller - das Königsrecht des Parlaments berührt und hatten das so ausgeführt. Sie wissen, dass das Königsrecht des Parlaments durch die Bildung von Bewirtschaftungsreserven gerade nicht berührt wird. Insofern plädiere ich dafür, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Zunächst möchte ich auf den Grundsatz der Gewaltenteilung hinweisen, wie er Wesensmerkmal unserer bundesrepublikanischen, aber auch der Thüringer Verfassung ist, und das aus gutem Grund. Herr Pidde hatte das auch in das Zentrum seiner Rede gestellt. Danach ist es nun mal so, dass die Feststellung des Haushaltsplans aus guten Gründen der parlamentarischen Entscheidung unterliegt und der Vollzug der von Ihnen gegebenen Ermächtigungen der Exekutive obliegt. Sie geben die Zweckbindung fest, wofür knappe Haushaltsmittel, Steuermittel verwendet werden sollen. Diese Zweckbindung und diese Willensbildung, die dahintersteht, sind natürlich von der Exekutive einzuhalten. Insofern ist die Exekutive in der Tat etwas Ausführendes, während Sie Wertentscheidungen treffen.
Aber die Verfassung und die einschlägigen haushaltsrechtlichen Gesetze und übrigens auch Kommentare reden ganz bewusst von Ausgabeermächtigungen. Es handelt sich eben nicht um Ausgabeverpflichtungen. Insofern bleibt es auch der Exekutive überlassen, inwiefern Sie diese Ermächtigung ausschöpft. Wir haben einen klassischen Fall gehört. Es kann ja im Laufe des Jahres geschehen, dass das eine oder andere Ziel, was von Ihnen definiert worden ist, dann doch mit weniger Mitteln zu realisieren ist. Es wäre ja ganz töricht, dann eine Ausgabenpflicht hier zu sehen. Insofern gibt es keine Pflicht zur Ausschöpfung der Ermächtigungen. Es kann dann auch keine Gründe dagegen geben, wenn Sachverhalte auftreten oder so wahrgenommen werden, dass sie zumindest im Moment es nicht für geboten erscheinen lassen, und zwar wegen des gesamthaushalterischen Gleichgewichts, alle Dinge sofort auszuschöpfen. Das liegt nun mal nach der jetzigen Verfassung im pflichtgemäßen
Ermessen des Finanzministers. Also die Nichtinanspruchnahme von Ermächtigungen von der Einwilligung des Parlaments abhängig zu machen, da würde ich wirklich ein Fragezeichen hinmachen. Noch nicht mal die Ausgabeerweiterung machen Sie ja von Ihrer Zustimmung abhängig, sondern das Notbewilligungsrecht nach § 37 darf der Finanzminister ausüben im Rahmen der Grenze der 4 Mio. €, das muss gesagt werden. Aber insofern genügt Ihnen eine Mitteilung und keine Genehmigung. Wieso sollte denn dann eine Einschränkung, eine Nichtausschöpfung dem Parlament obliegen? Nein, es ist so, dass der Finanzminister nach der Verfassung verpflichtet ist, den Haushaltsplan und das Haushaltsgesetz einzuhalten. Nach Artikel 102 Thüringer Verfassung hat der Finanzminister dafür Rechnung zu legen und die Rechnung wird vom Rechnungshof geprüft und wird dann von Ihnen gegengelesen. Sie prüfen, Sie überprüfen mich, den Finanzminister, ob hier Ihre Willensbekundung, einen Haushalt zu fahren ohne Neuverschuldung, eingehalten worden ist. Insofern ist der Finanzminister nach jetziger Rechtslage geradezu verpflichtet zu handeln, wenn ihm Erkenntnisse vorliegen, die die Einhaltung der Gesetze nicht sicherstellt. Ja, es ist ein pflichtgemäßes Ermessen, es ist eine Abwägung, die man treffen muss. Man kann - und die Debatten haben dieses schon zu diesem Thema wiederholt gezeigt - kritisieren warum so kurzfristig, wieso, Herr Voß, was hat Sie bewogen, aber auch dieses habe ich mehrmals verdeutlicht und auch dargelegt. Es ist eine Einschätzung, zweifellos, aber die Rechte des Parlaments sehe ich hier nicht eingeschränkt. Man kann das kurzfristige Verfahren, ich sage es noch mal, kritisieren, aber den Finanzminister kann niemand befreien von der Pflicht, den Haushalt einzuhalten. Stellen Sie sich vor, es wäre ein wirkliches Defizit, was wir ja auch sehen werden dann in der Steuerschätzung, und es würde nicht gehandelt werden - Sie hätten ja geradezu eine Möglichkeit, mich zu verklagen. Das ist doch vollkommen klar.
Ich weiß das, aber ich erläutere ja - Herr Fraktionsvorsitzender Mohring, vielleicht du nicht, aber vielleicht andere.
Nein, nein, wir müssen, Herr Ramelow, wir müssen. Ich weiß, dass das alles unbequem ist, Herr Ramelow, und in dem Fall stehe ich auch nicht besonders gern hier, aber wir sollen, wir müssen das Recht schon ernst nehmen. Und im Falle eines Falles, Herr Ramelow, gilt genau das Recht, ganz genau. Das halte ich ein und insofern meine ich, dass wir den Gesetzesantrag ablehnen sollten. Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen herzlichen Dank, Herr Minister. Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir jetzt zur beantragten Ausschussüberweisung, und zwar wurde beantragt, den Gesetzentwurf zum einen an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus den Reihen von CDU und SPD. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann ist diese Ausschussüberweisung abgelehnt.
Weiterhin wurde beantragt, den Gesetzentwurf an den Justiz- und Verfassungsausschuss zu überweisen. Wer dem folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen von SPD-Fraktion und CDU-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.
Frau Präsidentin, ich würde doch gerne mal um eine Auszählung bitten an der Stelle. Ich habe momentan nicht ganz den Überblick.
Sie beantragen also die Auszählung. Dann wiederholen wir die Abstimmung zur Überweisung des Gesetzentwurfs zunächst an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Wir zählen jetzt auch. Gut, danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es sind 25 Stimmen dafür, 27 dagegen, jetzt sogar 28. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt. Die zweite Überweisung würden wir jetzt nicht noch einmal abstimmen lassen. Gut, vielen herzlichen Dank. Dann schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.
Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4336 ERSTE BERATUNG
Die Fraktion DIE LINKE wünscht das Wort zur Begründung. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Martina Renner.
Danke, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, ein paar Worte zur Begründung unseres Gesetzesvorschlags, mit dem wir in die Verfassung eine antifaschistische Klausel einfügen wollen. Unser Vorschlag stärkt die Wirkung des Artikel 1, des Menschenwürdegebots. Damit konkretisieren wir dieses zentrale Grundrecht, das in exponierter Stelle auch eine Schlussfolgerung aus den Verbrechen des Hitlerregimes darstellt.
Eine solche Klausel harmoniert mit dem antifaschistischen Grundgehalt des Grundgesetzes und trägt in besonderer Weise der historischen Verantwortung wie der aktuellen Herauforderung Rechnung und die unter dem Eindruck der politischen Wende 1989 in die Präambel der Thüringer Landesverfassung aufgenommene antitotalitäre Formel wird ergänzt. Dies ist notwendig, denn die dort gewählte Formulierung geht hinter den antifaschistischen Grundgedanken des Grundgesetzes zurück. Das ist aus dem Entstehungskontext der Landesverfassung erklärbar, aber enthebt uns nicht heute, eine Präzisierung in der Landesverfassung zu formulieren, die der Spezifik und der Singularität des Nationalsozialismus Rechnung trägt.
Meine Damen und Herren, eine Konkretisierung des Menschenwürdegebots, wie ich hier vorgestellt habe, ist nach unserer Auffassung politisch, verfassungsrechtlich und gesellschaftlich geboten. Gesellschaftlich geboten, weil wir auch angesichts des Naziterrors an prominenter Stelle hier in der Verfassung die Frage nach der Selbstverortung des Staates und der Stärkung widerständiger Bürgerinnen und Bürger beantworten müssen. Daher lautet unser Vorschlag: „Die Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts, die Verherrlichung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems und rassistische, fremdenfeindliche oder antisemitische Aktivitäten nicht zuzulassen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Verantwortung aller.“
Die Verteidigung der Menschenwürdegarantie gegen die faschistische Ideologie, insbesondere gegen die Annahme der Ungleichheit der Menschen und gegen rassistische Aktivitäten und Gewalttaten als staatliche und behördliche Selbstverpflichtung, aber eben auch als Handlungs- und Unterlassungsverpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ist konsequente und adäquate Antwort auf die Verbrechen des Nationalsozialismus und seiner ideologischen wie organisatorischen Nachfolger.
Jede Gesetzesinitiative fußt neben allgemeinen, politischen wie juristischen Überlegungen auch auf konkreten aktuellen Entwicklungen. Ich sage ganz deutlich, unser Vorschlag ist auch ein Signal in die Gesellschaft, dass der Gesetzgeber, die Politik sich Gedanken macht zu der Frage, wie verortet sich Staat und wie verorten sich Bürger und Bürgerinnen in der Auseinandersetzung mit der neonazistischen Gefahr und wie konkret betrachten und begegnen wir der Bedrohung elementarer Grundrechte potenzieller Opfer von Nazigewalt. Diese Frage stellt sich nicht erst seit dem November 2011. Aber seit diesem Datum haben wir allen Grund, auch als Gesetzgeber darüber nachzudenken, ob wir auch in dem, wie wir unser Selbstverständnis formulieren, nicht deutlicher und verbindlicher werden müssen. Eine Frage, der wir hoffentlich im Justizausschuss in einer Anhörung weiter gemeinsam kontrovers und offen nachgehen können.
Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Renner. Ich eröffne jetzt die Aussprache. Es liegen Wortmeldungen aus allen Fraktionen vor und zuerst hat das Wort Herr Abgeordneter Scherer für die CDUFraktion.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei dem Antrag der LINKEN handelt es sich um einen im Wortlaut gleichen Antrag, der schon in der 4. Legislaturperiode gestellt und damals abgelehnt worden ist. Es geht um ein Thema, das sehr empfindlich und auch sehr emotional besetzt ist, aber an den Gründen, die vor sieben Jahren zur Ablehnung des Entwurfs geführt haben, hat sich unseres Erachtens nichts geändert, auch nicht unter Berücksichtigung der Aufdeckung der Taten der Zwickauer Gruppe, was ersichtlich politisch zur erneuten Antragstellung hier instrumentalisiert werden soll. Wie schon vor sieben Jahren will ich als Erstes betonen, dass die CDU-Fraktion gegen die Verherrlichung des Nationalsozialismus ist, gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Das haben wir oft genug hier auch ausgesprochen.
Ich will es positiv ausdrücken, wie dies mit gutem Grund auch unsere Verfassung tut. Wir bekennen uns zu unserer Verfassung, zur Wahrung der Würde des Menschen, zur freien Entfaltung der Persönlichkeit und dazu, dass alle Menschen gleich sind.
stammung, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner sozialen Stellung, seiner Sprache, seiner politischen, weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung, seines Geschlechts oder seiner sexuellen Orientierung bevorzugt oder benachteiligt werden.“ Diese Verfassungsregelungen sind entstanden, ich darf aus der Präambel unserer Landesverfassung zitieren: „In dem Bewusstsein … seiner wechselvollen Geschichte, der leidvollen Erfahrungen mit überstandenen Diktaturen und des Erfolges der friedlichen Veränderungen im Herbst 1989.“ So sieht es die Präambel unserer Verfassung vor. All dem konnten und wollten Sie von der LINKEN damals im Parlament und auch auf der Wartburg nicht zustimmen.