Protocol of the Session on May 3, 2012

(Beifall FDP)

Es bleibt einem ja gar keine andere Wahl, als das hier auch einmal öffentlich anzusprechen, weil es offenkundig so ist, dass sich da nichts ändert und dass auch dieser Verhandlung, immerhin über den Haushalt und über Haushaltsregelungen - das ist nicht, ich will den Landwirten nicht zu nahe treten, aber nicht die 25. Veränderung der Futtermittelverordnung - über die wir hier diskutieren, dass es dann gerade einmal ein Minister schafft, der fachlich zuständig ist, dieser Beratung beizuwohnen, das spricht nicht dafür, dass alle Mitglieder der Landesregierung bis hin zu ihrer Spitze diese Aufgabenverteilung, wie sie in der Verfassung vorgesehen ist, verinnerlicht haben.

(Beifall DIE LINKE)

Ich würde mich freuen, wenn sich das irgendwann ändert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber es geht in dem Tagesordnungspunkt um die Bewirtschaftungsreserve - mal wieder. Die grundsätzliche Position in dieser Frage ist in meiner Fraktion unverändert. Wir sind der Meinung, dass die Bewirtschaftungsreserve, die der Minister tatsächlich wenige Stunden nach Beschluss des Haushalts hier im Landtag verhängt hat, den Betroffenen gegenüber durchaus ungerecht war und die Betroffenen sich auch zu Recht beschwert haben und zu Recht auch angegriffen gefühlt haben mit diesem Vorgehen. Sie war allerdings durchaus inhaltlich berechtigt, weil der Landtag einen Haushalt beschlossen hat auf Vorschlag der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, der in der Tat auf Kante genäht war und dem Finanzminister angesichts der Konjunkturunsicherheiten mit Blick auf Dezember wir müssen uns auch in die Situation damals noch einmal gedanklich versetzen - gar keine andere Wahl gelassen hat, als eine solche Bewirtschaftungsreserve auszusprechen, wenn er denn seinem selbst gesteckten Ziel, was ich auch durchaus unterstütze, nämlich einen vorsichtigen Kurs im Haushalt, in der Haushaltspolitik zu fahren, entsprechen will. Das ist seine Aufgabe, das so zu machen, das ist meine feste Überzeugung. Aber genauso fest ist meine Überzeugung, dass das Vorgehen mindestens mal ungeschickt gewesen ist und dass die Kritik am Vorgehen deswegen auch berechtigt gewesen ist. Aber man muss auch, das gehört zur Wahrheit dazu, dazusagen, dass all diejenigen, zumindest hier im Parlament, die sich über die Bewirtschaftungsreserve beschwert haben, die sich aufgeregt haben darüber, sich selbst fragen müssen, hätte ich denn etwas tun können, um sie zu verhindern. Die Frage muss man ganz klar mit Ja beantworten. Wir hätten einen Haushalt beschließen können, der so sparsam gewesen wäre, dass der Finanzminister nicht gezwungen gewesen wäre, auch unter dem Anlegen von Maßstäben von vorsichtiger und vorausschauender Haushaltsfüh

(Abg. Kowalleck)

rung eine solche Bewirtschaftungsreserve auszusprechen.

(Beifall FDP)

Wir haben viele Anträge unterbreitet. Die FDPFraktion hat mehrere hundert Anträge unterbreitet, mit denen auch große Einsparungsvolumen möglich gewesen wären. Leider sind diese Anträge fast vollständig abgelehnt worden. So bleibt festzuhalten, dass auch dieses Parlament die Schuld mit daran trägt, dass der Finanzminister zu diesem Mittel am Ende greifen musste.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Also das ist ja nun wieder völlig daneben.)

Der vorliegende Gesetzentwurf der Linksfraktion ist trotzdem abzulehnen, und zwar aus zwei Gründen aus unserer Sicht: Zum einen rein rechtlich, weil er, glauben wir, in unzulässiger Weise in die Aufgabenteilung zwischen Exekutive und Legislative eingreift. Wir als Parlament haben den Haushalt zu beschließen und zu vollziehen hat ihn - und das haben auch meine einleitenden Worte mit Blick auf die Verfassung bestätigt - die Landesregierung. Insofern ist das nicht möglich und auch nicht richtig, was die Linksfraktion an dieser Stelle beantragt. Er ist aber auch von der Intention her falsch, denn selbst wenn wir ihn annehmen, umsetzen und die Haushalte weiter so beschließen, wie wir das letztes Jahr gemacht haben, dann wird es nicht zur Problemlösung beitragen, denn dann wird auch in Zukunft, wenn sich die Haushalte so gestalten wie dieses Jahr, es auch notwendig sein, dass es wieder zu entsprechenden Haushaltssperren, Bewirtschaftungsreserven wie auch immer kommt. Was wir tun müssen, ist, dass wir einen Haushalt beschließen, der für deutliche Einsparungen sorgt, der diese Einsparungen in die Schuldentilgung steckt und der nur das Geld ausgibt, was wir auch wirklich haben und einnehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. Ich will aber zum Schluss noch einen Punkt ansprechen, von dem ich tatsächlich glaube, dass die Landesregierung auch ihre Kompetenzen immer wieder überschreitet, wenn es um den Haushalt geht. Es geht an dieser Stelle aber nicht um Minderausgaben, sondern es geht an der Stelle um Mehrausgaben. Die Thüringer Landeshaushaltsordnung schreibt in ihrem § 37 vor, dass für Mehrausgaben, die einen bestimmten Betrag überschreiten, ein Nachtragshauhalt verabschiedet werden muss. Die Grenze ist für 2012 - und das war 2011 genauso - auf 4 Mio. € festgelegt worden. Ausgenommen hiervon sind nur Rechtsverpflichtungen, die zu erfüllen sind, oder wenn Mittel von dritter Seite zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden.

Diese Regelung wird regelmäßig - das müssen wir immer wieder erleben missachtet und auch durchaus mit fragwürdigen Methoden im Haushaltsvollzug am Parlament vorbei Mehrausgaben in höheren Größenordnungen beschlossen. Ich denke an das Applikationszentrum in Ilmenau - mal ganz unabhängig von der Frage, ob der Landtag an dieser Stelle zugestimmt hätte, das hätte er wahrscheinlich sogar getan -, hier haben wir fast 10 Mio. € mehr ausgegeben als im Haushalt ursprünglich veranschlagt gewesen sind. Deshalb denke ich, dass es die richtige Gelegenheit ist, dass sich die Landesregierung in diesen Fällen daran erinnert, was die Landeshaushaltsordnung sagt und entsprechend verfährt. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat Abgeordneter Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Herr Präsident. Wir reden bei dem Antrag der LINKEN über eine Änderung mit, ich glaube, drei Sätzen - zwei sind es, gar nicht wahr -, die meiner Ansicht nach durchaus legitim und sogar legal sind. Der Landtag kann, wenn er will, ändern. Da würde ich Herrn Barth nicht zustimmen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP:...)

Ich freue mich immer, Herr Barth. Komischerweise haben Sie das Glück, dass wir Ihnen noch mehrfach zustimmen werden im Verlauf der Debatte heute und hier nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Die politische inhaltliche Steuerung ist das Recht des Landtags. Dass die politische inhaltliche Steuerung durch den Haushalt nur mit Obergrenzen zu gewährleisten ist und nicht auch mit der Frage, wo man einspart im laufenden Haushalt, diese Frage beantworten wir mit Ja, es ist möglich. Man kann, wie es DIE LINKE vorschlägt, § 41 so ändern, dass man auch Minderausgaben, mit denen regelmäßig inhaltlich gesteuert wird, hier durch das Parlament bringt. Deshalb sind wir der Meinung, dass der Antrag zunächst einmal legal ist. Legitim ist er übrigens auch. Wir als Oppositionspartei sehen das natürlich immer so.

Der Aspekt, der mir dabei wichtig ist heute noch mal kurz zu betonen, ist die Tatsache, dass eigentlich auch die Koalition diesem Antrag zustimmen müsste nach meinem Verständnis, vor allem diejenigen der Koalition, die es ernst meinen mit dem Sparen, weil dieser Antrag dafür sorgen wird, dass die Legitimation und die Legitimität des Sparens

(Abg. Barth)

durch den Finanzminister erhöht werden würde gezwungenerweise, indem man nämlich sich immer hier hinsetzen müsste und mit Mehrheit dafür sorgen müsste, dass diese Haushaltssperren, Bewirtschaftungsreserven, was immer Ihnen noch an Ideen einfällt, auch inhaltlich mitgetragen werden müssen. Natürlich muss man dann gegen die Ressorts, gegen die eigenen Mitarbeiter, gegen die eigenen Abgeordnetenkollegen, gegen die eigenen Fachministerien argumentieren. Aber genau das führen doch alle hier im Mund und sagen, jawohl das wollen wir, wir wollen sparen, wir wollen dafür sorgen, dass wir in den nächsten fünf Jahren jedes Jahr 300 Mio. € weniger ausgeben. Wenn die Legitimität immer nur auf einer Person liegt, wenn wir Glück haben noch auf einer zweiten, die sie stützt, und nicht auf dem gesamten Parlament, zumindest auf der Mehrheit des Parlaments, dann wird es immer schwerer. Dass man das hier nicht sehen will, dass dieser Antrag genau dafür sorgt, dass er nicht uns als Opposition stützt, sondern eigentlich Sie als diejenigen, die den Haushalt sanieren wollen, das ist bedauerlich.

(Beifall DIE LINKE)

Das würde tatsächlich dafür sorgen, dass der Finanzminister gestärkt würde, und das ist eine seltene Situation, dass die Linkspartei den Finanzminister stärkt. Aber das wäre das, was meiner Ansicht nach passieren würde. Wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind der Ansicht, dass wir diesen Antrag gern an den Haushalts- und Finanzausschuss und den Justiz- und Verfassungsausschuss überwiesen hätten mit Federführung beim Haushalts- und Finanzausschuss. Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Pidde von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag ist aus unserer Sicht kurzsichtig und populistisch und meine Fraktion lehnt deshalb eine Weiterberatung in den Ausschüssen ab.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie haben den verkehrten Sprechzettel, den hat- ten Sie das letzte Mal schon.)

Ich will das begründen: Die Landeshaushaltsordnung, die seit über 20 Jahren besteht, hat sich in der Praxis bewährt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wo?)

Das hat gar nichts damit zu tun, dass das Haushaltsrecht das Königsrecht des Parlaments ist, das beißt sich überhaupt nicht. Der Landtag bestellt mit seinem Haushaltsbeschluss das Feld, er entscheidet, was gesät wird. Dann ist die Landesregierung an der Reihe und muss die Keime hegen und pflegen. Gemeinsam bringen wir dann die Ernte ein, mal eine bessere und mal auch eine schlechtere, je nach der Witterung.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Bis 2009 haben Sie etwas ganz anderes erzählt.)

Aber nur wegen eines Gewittergusses das Feld gleich umzupflügen wäre Blödsinn, und genau das wollen Sie, genau das will die Fraktion DIE LINKE.

(Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ist denn der Landwirt hier?)

Meine Damen und Herren, eine Bewirtschaftungsreserve gab es im Landtag schon öfter. Der Kollege Kowallek hat darauf hingewiesen, dass dieses Instrument in Thüringen sehr gut funktioniert hat, mit Augenmaß angewendet worden ist und ein wichtiges Instrument zur Haushaltsdurchführung war und ist. Also ein ganz normaler Vorgang, wie es hier gesagt worden ist. Nur einmal nicht, nämlich im Dezember 2011, als nur wenige Tage nach dem Beschluss des Landtags zum Haushalt 20 Prozent auf ganz bestimmte Haushaltstitel gelegt worden sind, da blieb doch der fade Beigeschmack, dass das Parlament brüskiert worden ist.

Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage vom Abgeordneten Blechschmidt.

Ja, bitte.

Danke, Herr Präsident. Danke, Kollege Dr. Pidde. Sie wollen gerade deutlich machen, dass das 2011 ein Ausnahmezustand, was die Durchführung bzw. die Aktion des Finanzministers betrifft, gewesen sein soll. Können Sie ausschließen, dass das in den kommenden Jahren nicht mehr eintritt?

Ich will überhaupt nichts ausschließen, aber bisher gab es an den Bewirtschaftungsreserven, die ausgesprochen worden sind über die Jahre, keinerlei Kritik, sondern es war ein wichtiges Instrument für die Exekutive, um auch entsprechend reagieren zu können. Bei der jetzigen Bewirtschaftungsreserve, die angelegt ist, hat ja die Regierung nachgebessert. Ganz entscheidend ist, dass sie nicht mehr titelscharf ist, sondern dass die jeweiligen Summen

(Abg. Meyer)

aus dem entsprechenden Einzelplan erbracht werden müssen. Das bedeutet, dass die Ministerien selbst die Entscheidung treffen, wie sie die entsprechenden Einsparungen bringen. Damit waren die Problemfälle gelöst. Es sind jetzt auch nicht 60 Mio. € wie ursprünglich, sondern nur noch 41 Mio. € und ich sage noch einmal, es sind Gelder in einer Größenordnung, wie sie bei einem Jahreshaushalt von 9 Mrd. € am Jahresende sowieso übrig bleiben, also nichts Außergewöhnliches und gar kein Problemfall weiter. Wir werden sehen, ob die Mai-Steuerschätzung diese Vorsichtsmaßnahme dann überhaupt noch rechtfertigt. In ein paar Tagen sind wir schlauer.

Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, die Regelungen der Landeshaushaltsordnung sind gut. Sie geben der Regierung die Handlungsfreiheit bei der Wahl der entsprechenden Instrumente, um einen Haushaltsausgleich auch dann vorzunehmen, wenn einerseits die Ausgaben aus dem Ruder laufen und Mehrausgaben entstehen, oder wenn andererseits Einnahmen ausbleiben. Allerdings ist der Finanzminister gehalten, einen offenen und ehrlichen Umgang mit den ihm zur Verfügung gestellten Instrumenten zu pflegen. Ich sage es noch einmal, die Verfahrensweise des letzten Jahres hat nicht zur Vertrauensbildung zwischen Regierung und Parlament beigetragen. Ich hoffe, das wird in Zukunft nicht wieder der Fall sein und die Bewirtschaftungsreserven, die in Zukunft ausgesprochen werden, werden hier den Landtag nicht wieder beschäftigen. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Pidde. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Keller für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf trägt diesen trockenen Namen, der eben schon mehrfach gefallen ist: „Drittes Gesetz zur Änderung der Thüringer Landeshaushaltsordnung“, weil dies aus formalen Gründen eben nicht anders heißen kann. Eigentlich müsste es anders heißen, nämlich: „Gesetz zur Stärkung der Rechte des Parlaments“.

(Beifall DIE LINKE)

Und dann wären wir auch schon bei der Überschrift ganz klar dort, was im Kern die Aussage unseres Gesetzentwurfs ist, der Veränderung der Landeshaushaltsordnung. Und das hat eben gerade mit Exekutive und Legislative zu tun, Herr Barth, so wie Sie das auch angesprochen haben, aber ich kann mich da immer sehr gut an ein Zitat erinnern: „Die