Protocol of the Session on May 2, 2012

(Beifall CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Frau Enders, es ist auch sehr interessant, wie Sie hier um die Wahrheit kämpfen, buchen wir es ein bisschen unter die Rhetorik zum Wahlkampf. Aber eines muss ja gesagt werden, die überhastete Energiepolitik, -wende und die Festlegungen, die wir getroffen haben unter dem Eindruck von Fukushima, stellt uns genau vor das Problem, wo jetzt scheinbar keine Lösung da ist. Wir können eben hier nicht mit technischem Fortschritt von Zeit zu Zeit überprüfen und abwarten und die optimalen Lösungen für den Weg aufzeichnen, wie wir denn aus dem Atomzeitalter herauskommen, wie wir CO2-Ausstoß reduzieren, darüber spricht nämlich keiner mehr, und wie wir damit eine vernünftige Energiepolitik für die nächsten Jahre, Generationen, für die nächste Zeit aufbauen können. Die Zeit ist einfach nicht da,

(Beifall FDP)

weil wir eine Energiewende beschlossen haben, die weder ökologisch noch ökonomisch zu Ende gedacht worden ist. Vor diesen Problemen stehen wir gerade. Wir haben auch immer wieder bei den wiederholten Diskussionen hier im Hause über die 380-kV-Leitung gesagt, dass dieser Streckenverlauf mehr als ungünstig ist. Also er ist festgelegt worden von Rot-Schwarz kurz vor Ende der Periode der Großen Koalition. Dass wir vielleicht damit leben müssen, dass die Trasse so läuft, wie sie eben jetzt festgelegt worden ist, ich weiß nicht, ob das Verfahren aufzuhalten ist. Wir werden eben nicht die Möglichkeit haben, dieses Ultranet zu nutzen, was eine sehr erwägenswerte Tendenz ist, mit der wir sicherlich diese massiven ökologischen Eingriffe in den Thüringer Wald vermeiden können.

Vielleicht sollte man auch mal darüber nachdenken, eben nicht manchmal völlig sinnfrei an jeder Ecke dieses Landes Photovoltaik zu schrauben und dann

(Abg. Weber)

zu sagen, jetzt ist der Strom da, aber wie er von A nach B kommt, wissen wir nicht. Oder genau sinnfrei oftmals Windräder irgendwo hinzustellen und sagen, transportieren müsst ihr jetzt den Strom. Denn hier kommt zutage, wo das Problem ist, Strom transportiert sich eben nur über diese Leitungen und die Leitungen sind in einem langfristigen Investitionsplan entstanden und mal gebaut worden und ähnlich langfristig, Herr Weber hat es gesagt, 10 Jahre und mehr, dauert es, jetzt hier für Nachfolge zu sorgen. Wenn wir das nicht schneller machen, werden wir das Problem einfach so nicht lösen können, zu sagen, produziert wo ihr wollt, transportiert wo ihr wollt, aber bitte nicht vor meiner Haustür.

(Beifall FDP)

Für diejenigen, die dann am 6. Mai tatsächlich noch ihr Kreuzchen machen dürfen, müssen, können, steht bei Ihnen in der Gegend ja folgendes Schild: Gegen Atomstrom, für eine andere Energiepolitik, aber ohne 380-kV-Leitung. Also in diesem Widerspruch werden wir natürlich keine Verantwortung und keine Lösung finden.

(Beifall SPD)

Wenn es das ist, wie Sie Verantwortung tragen wollen, dann wird es halt schwierig.

(Unruhe im Hause)

Aber wir können ja vielleicht auch Mobilstrom oder Strom beim Drive-in mal entwickeln, vielleicht funktioniert es damit.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: De- zentrale Energiekonzepte, Herr Kemmerich, darüber sollte man mal nachdenken.)

Ich habe darüber nachgedacht, es geht um die Verantwortung zu sagen, wir bauen Windparks da hin und das haben Sie mitentwickelt. Sie fordern eine andere Energiepolitik, aber wie der Strom transportiert wird, das wird dem geneigten Leser überlassen. Aber da wird mit Angst Politik gemacht, Herr Weber hat es richtig zitiert, so werden wir nicht vorankommen in diesem Land. Nur mit Nein sagen, alternativlosen Konzepten werden wir hier nichts bewegen können. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Worm das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich danke erst einmal dem Herrn Kemmerich in zweifacher Weise. Erstens, dass er die Aufgeregtheit etwas nach unten gefahren hat und

zweitens, dass er klargestellt hat, wer für die Planung der 380-kV-Trasse durch Thüringen zuständig war. Das geht an den Kollegen Weber.

(Zwischenruf Abg. Weber, SPD: Ihr wart doch dabei.)

Es ist richtig, in einer Veranstaltung im Landkreis Sonneberg, Kollegin Enders, und zwar konkret in Schalkau, hat sich die Ministerpräsidentin zum Thema 380-kV geäußert. Hier ging es natürlich auch um die Frage der Notwendigkeit des Baus der 380-kV-Leitung durch die betroffene Region mit all ihren Auswirkungen und die Ministerpräsidentin hat gesagt - und hier zitiere ich das „Freie Wort“ vom 19.04.2012, da ich selbst bei dieser Veranstaltung nicht zugegen war: „Baden-Württemberg und Bayern hätten erklärt, sich energieautark zu machen. Damit stelle sich wiederum die Frage, ob dann diese Leitungen wirklich gebraucht werden.“ Mit Blick auf die Auswirkungen solch eines Netzausbaus für die betroffenen Regionen ist diese Fragestellung durchaus legitim und nachvollziehbar.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Das finde ich auch.)

Denn natürlich muss geprüft werden, ob es die energiepolitischen Zielsetzungen der einzelnen Bundesländer durch eine entsprechende Koordination und Vernetzung überhaupt notwendig machen, die laut dena anvisierten 4.600 km an Netzausbau quer durch die Republik so zu realisieren. Ich sage hier an dieser Stelle auch sehr deutlich, dass das in diesem prognostizierten Umfang aller Voraussicht nach nicht notwendig sein wird. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine konkrete Abstimmung der Energiekonzepte zwischen den einzelnen Ländern im Bund. Genau das hat die Ministerpräsidentin auf dieser Veranstaltung ebenfalls deutlich gesagt, ich zitiere: „Eine koordinierte Energiepolitik zwischen den Bundesländern sei längst überfällig.“ Bei dieser Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht es nicht darum, wer, wo, welche erneuerbaren Energien erzeugt, sondern auch darum, wie diese Energie dann transportiert werden soll und in welcher Form - als Wechselstrom in den üblichen Leitungssystemen oder als Gleichstrom in HGÜ-Technik mit der Möglichkeit des doppelten Transportvolumens. Ob das allerdings bei der Umsetzung der geplanten 380-kV-Leitung Halle - Schweinfurt im zweiten und dritten Bauabschnitt wirklich eine Rolle spielen könnte, ist zumindest für mich fraglich, nicht nur weil wir uns hier in einem laufenden und keinem zukünftigen Verfahren befinden, sondern auch, weil ich weder von Bayern noch von BadenWürttemberg konkrete Aussagen dahin gehend kenne, dass sie bis zum Jahre 2015 energieautark sein wollen. Das wäre aber eine grundlegende Voraussetzung dafür, um den Weiterbau der 380-kVLeitung zu stoppen. Denn ich erinnere auch gern an die Aussage von Professor Jarass, der in sei

(Abg. Kemmerich)

nem Gutachten den mittelfristigen Ausbau bis zum Jahr 2015 nicht als notwendig erachtet. Der Umkehrschluss an dieser Stelle lautet für mich deshalb in dieser Frage, nach 2015 ist also der Ausbau notwendig, außer Bayern und Baden-Württemberg sind bis dahin energieautark. Genau das gilt es zu prüfen, nicht mehr und nicht weniger. Da ich hier durchaus meine Zweifel habe und denke, dass sowohl der zweite als auch der dritte Bauabschnitt umgesetzt werden wie vorgesehen, plädiere ich wie schon im Vorfeld oft genug gesagt - für eine Splittung der vier Systeme ab Altenfeld.

Was bei diesem Thema noch viel wichtiger ist, ist der Punkt, dass sich unsere Thüringer Bundestagsabgeordneten jetzt hinsetzen müssen und ganz konkret auf die Energienetzplanung von der dena und vom Bund schauen müssen, nicht dass wir in Zukunft über vier Systeme, die den Thüringer Wald kreuzen, reden müssen, sondern vielleicht über sechs oder über acht, denn das wäre tatsächlich in keinster Weise akzeptabel. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Abgeordnete Adams zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Weber, Sie haben gesagt „nichts Neues“ bzw. das haben Sie gefragt, ja Fragezeichen, Ausrufezeichen - das Einzige, was hier tatsächlich nicht neu ist, ist Ihr Spruch „nichts Neues“. Dabei merken Sie gar nicht, dass Ihnen die Ministerpräsidentin von der Fahne geht und sagt, wir müssen natürlich neu nachdenken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wenn Sie es aber im Kabinett …)

Das, was wir hier immer eingefordert haben, ist jetzt hartnäckig in Ihrem Nacken angekommen. Sie haben bisher nicht würdigen wollen, dass Bayern und zwar nicht erst seit Fukushima, sondern lange schon - darüber nachdenkt, seine Windkraftkapazitäten vollumfänglich zu nutzen und deshalb bei Windkraft im Wald zum Beispiel weit vorangegangen ist und damit auch Debatten angestoßen hat, die bis hier herüberschwappen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kemmerich, vielen Dank, zumindest in Teilen konnte ich Ihnen zustimmen. Wichtig, finde ich, ist es für die FDP, auch ein Stück Klarheit dann hervorzubringen, wenn Sie selbst immer sagen hier im Landtag, wir müssen über diese Leitung sprechen, sie ist nicht optimal gewählt - so habe ich Sie ver

standen, immer wieder verstanden -, dann müssen Sie das auf der Bundesebene auch einmal klarmachen und nicht dort auf der Bundesebene GRÜNEN-Bashing und LINKEN-Bashing betreiben und hier im Landtag sagen, natürlich wollen wir den Leuten im Thüringer Wald das nicht zumuten.

Herr Worm, an Sie habe ich eigentlich nur eine Frage: Sind Sie nun dafür oder dagegen, dass diese Anlage gebaut wird?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Reden, die einfach nur in Fragen sprechen, helfen den Menschen vor Ort überhaupt nicht weiter. Sie brauchen eine Positionsbestimmung

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der größten Landtagsfraktion hier in Thüringen. Die bleiben Sie seit Jahren schuldig, weil Sie immer wieder sagen, das sollen doch mal die Planer machen, das soll doch mal dieser oder jener machen, aber wir nehmen hierzu keine exakte Stellung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, DIE LINKE hat ein Thema auf die Tagesordnung gesetzt, das auf diese Tagesordnung gehört. Starke Eingriffe in unsere Natur und Landschaft brauchen gute Argumente, dies fortzuführen. Die Debatte heute hat wieder gezeigt, dass die guten Argumente wenig vorhanden sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie sagen, wir brauchen diese Anlage - ganz klar -, sagen wir, bitte rechnen Sie es vor, so dass wir es nachprüfen können. Die Daten dafür sind bis heute nicht da. Auch wenn es hilft, was 50Hertz jetzt gemacht hat im Internet, in einem Schaubild darzulegen, dass zum Beispiel am 01.04. für eine Stunde die Leitung, über die wir hier sprechen, mit über 70 Prozent belegt war. Das kann man dort nachsehen. Das ist gut, das ist mehr Transparenz, aber der Nachweis, dass wir diese Anlage, diese 380kV-Leitung brauchen, ist damit keineswegs erbracht. Bürgerbeteiligung - auch in der Debatte mehrfach angesprochen, aber es kann nicht oft genug gesagt werden. Derjenige, der versucht, ein solches Projekt durchzudrücken, indem er sagt, wir setzen Beteiligungs- und Planungsverfahren aus, indem wir ein Beschleunigungsgesetz einfügen und damit nicht mehr nach dem Grund für die Anlage hier konkret vor Ort fragen müssen, wer diesen Weg geht, wird immer eine Watschen bekommen, indem er nämlich überlange Planungszeiträume und das ist Effekt Ihrer Verweigerungshaltung, dass Sie diese langen Planungszeiträume haben - hat. Er wird auch eine Watschen bekommen des technischen Fortschritts, denn Amprion zeigt es auf. In der FAZ kommentiert, also nicht im ND oder der „Jungen Welt“, sondern in der FAZ, spricht Amprion, ein Netzbetreiber, also auch keine BI, davon, dass sie ein Verfahren haben, mit dem sie in kürzester Zeit ab 2017 große Mengen von Elektroener

(Abg. Worm)

gie Punkt zu Punkt übertragen können. Diese Alternativen zu prüfen, nicht mehr und nicht weniger, haben die Bürgerinitiativen hier eingefordert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dank gilt all denen, die sich hierfür lange engagiert haben. Ich persönlich füge hinzu: Sehr geehrte Frau Enders, vielen Dank für Ihr Engagement an der Stelle, wo auch immer Sie es fortführen werden, wünsche ich Ihnen dafür Erfolg. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Frau Enders hat sich für die Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet.

Es ist nicht mehr so viel Zeit, deshalb kann ich nicht alles, was ich gern hier sagen möchte, heute noch sagen, aber eines möchte ich noch richtigstellen. FDP und SPD - wieder mal an mich gerichtet und wieder mal Unterstellungen, dass das jetzt hier Wahlkampf usw. ist.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das war kei- ne Unterstellung, das war eine Feststellung.)

(Zwischenruf Abg. Weber, SPD: Na, was denn sonst.)

Ich muss Ihnen jetzt mal ganz ehrlich sagen, als ich hier gegen diese Leitung schon debattiert und gesprochen habe, war an die FDP noch überhaupt nicht zu denken.