Protocol of the Session on March 23, 2012

Umfassenden Gesundheitsschutz gewährleisten - Aufklärung über den Umgang mit EZigaretten vorantreiben

(Abg. Kuschel)

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/4035

Wünscht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Begründung? Bitte schön, Frau Fraktionsvorsitzende Siegesmund.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, namens meiner Fraktion möchte ich gern den Antrag vorstellen. Wir haben seit einigen Monaten eine umfangreiche Debatte zum Umgang mit E-Zigaretten. Die Landesregierung hat auf Anfrage meiner Fraktion festgestellt, dass sie diese als Arzneimittel einstuft, und nach geltender Rechtslage müsste analog zu anderen medizinischen Produkten eigentlich dafür eine Genehmigung vorliegen. Deswegen geht es uns darum, hier in diesem bislang rechtlich nicht geklärten Raum Rechtssicherheit herzustellen. Dazu brauchen wir die Landesregierung und dazu brauchen wir auch eine Diskussion. Die haben wir in Teilen im Ausschuss schon geführt, es gab einen Selbstbefassungsantrag von uns. Was wir vor allen Dingen aber brauchen, ist Aufklärung für viele Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Medien skandieren sehr oft, dass für viele Verbraucherinnen und Verbraucher einfach unklar ist, inwieweit das, was sie da konsumieren, auch tatsächlich rechtssicher geklärt ist. In NRW gab es einen entsprechenden Vorstoß und deswegen hier unser Antrag. Ich bitte alle Fraktionen um eine gute, eine sachliche Debatte im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher und kann schon jetzt für meine Fraktion ankündigen, dass es uns vorderhand darum geht, nicht ein Verbot auszurufen in irgendeiner Form, das wäre zu kurz gedacht und auch zu kurz gesprungen. Uns geht es darum, dass wir alle Risiken, alle Rechtsgedanken, die damit zusammenhängen, aufklären, dass wir das in Ruhe diskutieren und dann zu einer Regelung kommen, die für alle so transparent ist, dass sie wissen, woran sie genau sind. Darum geht es uns bei unserem Antrag.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Da die Regierung keinen Gebrauch von der Möglichkeit eines Sofortberichts macht, treten wir jetzt in die Aussprache ein. Ich rufe auf den Abgeordneten Manfred Grob von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe junge Freunde auf den Zuschauerrän

gen, hört genau zu, es kann euch vor vielem bewahren.

Frau Siegesmund, eines vorab: Wir werden heute keine Regelung finden, die jeden zufriedenstellt. Aber wenn ich einmal bei Ihnen bin, ich habe mich schon sehr gewundert, dass dieser Antrag von den GRÜNEN kam. Ich hatte Sie eigentlich eingeschätzt als kleine Fangruppe der Kiffer,

(Beifall und Heiterkeit CDU, DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Dr. Augsten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Als Nichtraucher.)

aber ich habe auch gedacht, vielleicht hat es auch damit zu tun, dass Sie die E-Zigarette so in einem Zug genannt haben mit der Elektromobilität der Leute.

(Heiterkeit im Hause)

Aber Spaß beiseite!

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ihnen würde es mal gut tun.)

Jetzt habe ich gesagt, Spaß beiseite.

(Heiterkeit SPD)

Also, wie bin ich zu der Elektro-Zigarette gekommen? Ich rede ja hier als bekennender Nichtraucher, als militanter, gut.

(Beifall DIE LINKE)

Die Situation: Man sitzt vorm Fernseher, zappt herum, auf einmal, oh, kurz vor Weihnachten, man sucht noch ein Geschenk. Auf einmal bieten sie an eine Elektro-Zigarette und jemand in meiner Familie, ein bisschen engeres Mitglied, raucht noch. Das wäre doch ein Geschenk, das vernünftig wäre. Was alles versprochen wurde, war so einleuchtend, dass ich gesagt habe, jawohl, das bestelle ich, obwohl ich nicht so ein Besteller bin, aber ich habe gedacht, das machst du mal. Dazu kam, dass ich dann in einer Zeitung, in der man auch Creme für Knieschmerzen oder weiß ich was anbietet, las, 2012 ohne rauchen, diese neue Technologie kann Sie dabei unterstützen. Sie sieht aus wie eine Zigarette, sie fühlt sich an wie eine Zigarette, und wenn Sie daran ziehen, schmeckt sie sogar wie eine Zigarette. Hört sich genial an, ist es auch. Dank neuester Technologie können Sie die elektronische Zigarette genussvoll rauchen ohne Gesundheitsrisiko, ohne jedes Gesundheitsrisiko. Also sind wir schön raus. Beim Inhalieren leuchtet die Zigarettenspitze auf, ein rotes Lämpchen bringt sie zum Glühen, beim Ausatmen entsteht Dampf, was den Anschein und das Gefühl hervorruft, eine normale Zigarette zu rauchen. Kein Nikotin, kein Teer, kein Geruch, keine Asche, keine Kippen, das ist Rauchgenuss ohne Reue. Sehen Sie, und so etwas lesen Sie, daneben andere Artikel, die auch einleuchtend

(Präsidentin Diezel)

sind, und Sie lassen sich da blenden mit und sagen okay, das wäre etwas, um endlich aufzuhören.

Aber ich habe dieses Beispiel auch erlebt, dass jemand in der Gaststätte diese Elektro-Zigarette geraucht hat. Die Kellnerin sprang gleich hoch, lief auf den Menschen zu und sagte, hier drin dürfen Sie nicht rauchen und er lächelnd, das ist eine ElektroZigarette. Sie konnte damit gar nichts anfangen. Und so geht es uns, zumindest der Hälfte dieses Saales, die nicht wissen, wie so eine Zigarette eigentlich aussieht. Das ist das Problem dabei.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein Grund mehr, das im Ausschuss zu diskutieren.)

Also, ich denke schon, dass man das zum Schutz unter das Nichtraucherschutzgesetz stellen könnte. Andererseits sage ich mir wieder,

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da sind Sie ja auch dage- gen.)

heutzutage ist der Raucher bemüht, nach draußen zu gehen - weil es so vorgeschrieben ist - und draußen zu rauchen. Einer, der mit der Elektro-Zigarette drin sitzen bleiben darf, raucht vielleicht dann nur noch Elektro-Zigaretten und kommt damit zum Nichtraucher. Also, es ist ein zweischneidiges Schwert.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: So ein Quatsch! Weißt du nicht, dass es zwei Arten gibt, welche mit und welche ohne Nikotin?)

Ja, ja, ich bin ja noch gar nicht am Ende.

(Beifall FDP)

Das ist ja das Problem des Rauchens, das wissen wir ja. Es kann sein, dass es bei dem einen Langeweile ist, die Zigarette zu nehmen, bei dem anderen die Sucht nach Nikotin. Das ist ja auch der Fall. Also sind diese zwei Zigaretten genau dann auch in dem Fall abgestimmt. Aber wir haben in dem Ausschuss auch gehört, was Sie angeführt haben, dass diese Ausführungsbestimmung über geltende Rechtslage diskutiert werden soll und dass hier schon Diskussionen um die richtige Einordnung voll im Gange sind. Das ist das, was Sie eigentlich fordern. In Ihrem Antrag fordern Sie, die Ausführungsbestimmungen geltender Rechtslage und dann den Umgang zur gesundheitlichen Einschätzung immer zu prüfen, Jugendschutzgesetz prüfen und die Wirkstoffkartuschen zu prüfen. Das alles ist im Gange. Wir haben das im Ausschuss von der Ministerin gehört, dass das alles im Gange ist. Selbst die Information, das ist mir in die Hand gefallen, gibt es schon: Sonderinformationen vom Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz. Da geht es um Informationen an die Apothekerinnen und die Apotheker, darin wird beschrieben, wie sie mit dieser Elektro-Zigarette um

gehen sollen. Auch das ist im Gange. Ich denke mal, die endgültige rechtliche Zuordnung der Richtlinie, das ist eigentlich ein Prozess, der auf der EUEbene geschehen sollte, des Weiteren auch im Bund.

Gespräche zwischen Land und Bund sind im Moment noch nicht abgeschlossen, das haben wir auch gehört im Ausschuss. Die Verfahrensweise mit der E-Zigarette wurde uns auch dargelegt. Umfassender Gesundheitsschutz ist so ein Begriff, den ich dann immer schlecht einordnen kann; umfassend, wie weit ist umfassend? Die Aufklärung der E-Zigarette wird vorangetrieben, das ist uns auch bestätigt worden, liebe GRÜNE, ich danke Ihnen trotzdem für die Anfrage und im Ergebnis dieser Diskussion, die wir hatten, im Ausschuss und heutige, bleibt es trotzdem, den Antrag nur abzulehnen. Ihnen steht es frei, dieses wieder aufzurufen in der nächsten Zeit, um abzufragen, wie weit wir sind mit der Aufklärung, aber, liebe junge Freunde, wenn Sie Zweifel haben, fangen Sie gar nicht erst mit Rauchen an. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Abgeordneter Bärwolff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Gäste, ob jung, ob alt, Rauchen ist nachweislich gesundheitsschädigend

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

ob mit Elektro-Zigarette oder ohne. Und weil wir gerade bei dem Thema sind, ich warte nur noch auf die Erfindung des Elektro-Joints, ich glaube, das wäre ein nachhaltiger Beitrag zur Gesundheitsförderung

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und zu einem entspannten Leben. Bitte?

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Du kannst auch an der Steckdose lecken.)

Nein, Herr Heym, Sie haben allem Anschein nach keinerlei Erfahrungen diesbezüglich, ich lade Sie gern mal dazu ein, dass Sie mal erfahren, wie das funktioniert.

(Heiterkeit im Hause)

Kiffen macht weder aggressiv noch in diesem Maße abhängig. Man hat noch nie davon gehört, dass jemand sich zu Tode gekifft hätte. Von daher ist das wesentlich besser als irgendwelche Alkohol-Orgien und Flatrate-Saufen.

(Abg. Grob)

Gut, aber wir sind ja beim Thema Elektro-Zigarette. Die Elektro-Zigarette breitet sich derzeit rasant aus, es gibt relativ wenig Wissen darüber, wir hatten ja im Ausschuss mit Frau Ministerin darüber intensiv diskutiert, viele spannende Dinge traten da zutage. Ich möchte denjenigen von Ihnen, die gesteigertes Interesse daran haben, noch mal die Drucksache 17/8772 aus dem Deutschen Bundestag empfehlen, das ist eine Kleine Anfrage, die die Linksfraktion zu diesem Thema gestellt hat. Dort werden sehr, sehr viele sehr spannende Dinge erörtert, beispielsweise die Frage der Inhaltsstoffe der Kartuschen, beispielsweise die Frage der direkt injizierten Nervengifte und so weiter und so fort. Also es ist ein Thema, was nicht nur spaßig ist, sondern es ist ein Thema, was durchaus auch ernst ist.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt eine Reihe von Studien, die sich teilweise auch sehr widersprechen. Es gibt eine Meta-Studie aus den USA, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Elektro-Zigarette ein gewaltiges Potenzial beim Kampf gegen …

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie können ja eine Studie machen.)

Frau Siegesmund, lassen Sie mich doch einfach ausreden, genau. Also, es gibt eine Studie aus den USA, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Elektro-Zigarette ein besonders guter Ansatz ist, um mit dem Rauchen aufzuhören. Es gibt andere Studien, die genau das Gegenteil darlegen, die also sagen, es gibt nach wie vor gesundheitliche Risiken und die Frage der Inhaltsstoffe und die Frage der Abhängigkeiten wird dagegen auch nicht geklärt. DIE LINKE hält natürlich die gesundheitliche Bewertung und rechtliche Klarstellung für zwingend erforderlich und DIE LINKE ist auch auf dem Standpunkt, dass es sich bei der Elektro-Zigarette um ein Arzneimittel handelt, welches zulassungspflichtig ist und welches auch nur über Apotheken abzugeben ist.